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Das Geheimnis der goldenen Grasmücke
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eBook214 Seiten2 Stunden

Das Geheimnis der goldenen Grasmücke

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Über dieses E-Book

Tarvik, König im Land der Graszwerge, findet am Tag seiner Krönung ein fremdes Kind in seiner Schatzkammer. Ohne lang zu überlegen gibt er ihm den Namen Kjuro und zieht den Kleinen auf, als wäre er sein Bruder.
Als er erwachsen ist, macht sich Kjuro zusammen mit dem König auf den Weg, um etwas über seine Herkunft herauszufinden. Ihr einziger Hinweis ist ein altes Wappentuch, auf das eine goldene Grasmücke gestickt ist. Sie folgen dieser Spur zu einem verfallenen Königshof und damit beginnt eine gefahrvolle, abenteuerliche Reise. Was die beiden nicht ahnen – das eigentliche Problem sitzt zu Hause in Graslingen und bedroht in ihrer Abwesenheit das ganze Volk.

Spannend, zauberhaft und mit überraschenden Wendungen – aber ohne Blutvergießen. Dafür mit der Erkenntnis, dass Offenheit und Mut die wertvollsten Schätze im Gepäck eines Reisenden sind, der in die Fremde zieht.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpielberg Verlag
Erscheinungsdatum1. Mai 2015
ISBN9783954520671
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    Buchvorschau

    Das Geheimnis der goldenen Grasmücke - Ursula Muhr

    Goldenes Grashüpferland

    Das Grashüpferland ist das schönste Land der Welt. Da sind sich die Graszwerge ganz sicher. Denn die Graszwerge leben im Grashüpferland und sie lieben jeden einzelnen Grashalm, der dort wächst. Und Grashalme gibt es viele, denn das Grashüpferland ist eine weite Ebene, die ganz und gar von goldgelbem Gras bedeckt ist. Egal, wohin man schaut – überall wiegt sich das goldene Gras im Wind. Manchmal fühlen sich die Graszwerge wie mitten in einem goldenen Meer.

    Die Graszwerge sind klein, aber nicht winzig, sie sind braun gebrannt und kräftig, haben helles Haar, lange spitze Ohren und knubbelige Nasen. Wenn sie draußen sind, dann tragen sie große Hüte, die aus dem Gras der Ebene geflochten sind. Damit schützen sie sich gegen die Sonne. Außerdem hüllen sie sich in warme gelbe Umhänge, denn der Wind kann sehr kühl sein im Grashüpferland. Vor allem, wenn er aus dem Gebirge kommt, aus Norden oder Osten.

    Die meisten von ihnen leben als einfache Bauern oder Fischer, Fallensteller und auch Faulenzer. Sie sind friedlich und heiter und völlig zufrieden mit dem, was sie haben. Vor allem wenn sie satt sind. Kämpfen? Das käme den Graszwergen nie und nimmer in den Sinn. Warum auch? In der weiten Grasebene gibt es genug Kräuter, Wurzeln, Beeren und Grassamen für alle. Ab und zu fangen sie einen Hasen oder ein anderes Tier in Fallen und das Silberflüsschen im Süden der Grasebene hat Fische im Überfluss. Das Leben im Grashüpferland ist einfach und friedlich.

    Oder genauer gesagt – es könnte einfach und friedlich sein. Denn die Graszwerge haben ein Problem, und das sind die Felsengnome. Diese wohnen in den Rabenbergen, einem wilden zerklüfteten Gebirge mit schwarzen zackigen Felsenbergen und tiefen Schluchten. Wie ein riesiger Haken begrenzen die Rabenberge das Grashüpferland im Norden und im Osten.

    Natürlich gehen die Graszwerge niemals dorthin, denn sie fürchten sich vor den Felsengnomen. Wenn diese dunklen Gesellen in ihrem finsteren Gebirge bleiben würden, dann wäre alles in Ordnung. Aber sie bleiben nicht dort. Immer wieder überfallen sie das Grashüpferland und versetzen die Graszwerge in Angst und Schrecken. Sie schleppen fort, was sie finden können und verschwinden dann wieder. Manchmal, und das ist das Schlimmste, was den Graszwergen überhaupt zustoßen kann, erwischen sie einen von ihnen und bringen auch den in die Berge. Niemand weiß, was mit diesem armen Kerl dann passiert. Die Graszwerge denken am liebsten überhaupt nicht darüber nach. Höchstens in der Nacht, wenn der Wind aus den Bergen kommt und um die Ecken ihres Hofs heult, dann gruseln sie sich und kriegen eine Gänsehaut.

    Die Graszwerge leben im nördlichen Teil des Grashüpferlandes. In den südlichen Teil jenseits des Silberflüsschens kommen sie nie, das ist ihnen viel zu weit. Sie nennen dieses Gebiet ein bisschen geringschätzig ›Das Südliche Grasland‹. Wenn ein Graszwerg vom Südlichen Grasland spricht, dann hört sich das an, als ob er vom Ende der Welt reden würde. Dabei sieht es im Südlichen Grasland ganz genauso aus wie im Grashüpferland. Und es soll dort auch Graszwerge gegeben haben, vor langer Zeit. So erzählen es wenigstens die Alten, wenn sie abends alle zusammensitzen. Aber im Grashüpferland hat man schon seit langer Zeit nichts mehr von den angeblichen Verwandten im Süden gehört. Die Alten behaupten, die Waldgrimme hätten sie vertrieben. Die Waldgrimme sind ein Volk, das in den Dunklen Hügeln ganz tief im Süden leben soll, weit jenseits des Silberflüsschens. Manche behaupten auch, die Felsengnome hätten sie in die Rabenberge verschleppt. Aber die meisten glauben, dass es die Südlichen Graszwerge gar nicht gegeben hat. »Das sind doch alles nur Märchen, die uns die Alten erzählen, damit wir uns ein bisschen gruseln«, sagen sie. »Es gibt auf der ganzen Welt nur uns, die Graszwerge im Grashüpferland, und sonst niemanden.«

    Die alten Graszwerge ärgern sich, wenn die Jungen ihnen nicht glauben. Sie wollen nicht als Märchenerzähler dastehen. Außerdem wäre es schön, wenn es die Südlichen Graszwerge gäbe. Aber die Jungen lassen sich nicht überzeugen. Das einzige Volk, das es neben den Graszwergen gibt, das sind die Felsengnome. Die haben sie schon oft genug gesehen. Oder besser gehört, denn die Felsengnome lassen sich nicht sehen, sie sind immer hinter einem eigenartigen Nebel verborgen. Aber hören kann man sie, sie heulen und jaulen ganz schauerlich. Und die Spuren ihrer zottigen Bergponys, auf denen sie aus den Rabenbergen geritten kommen, die sehen die Graszwerge auch, wenn sie sich wieder aus ihrem Hof hinaustrauen.

    Doch die meiste Zeit zerbrechen sich die Graszwerge nicht den Kopf darüber, wie es um ihr Land herum aussieht. Solange es genug zu essen und zu trinken gibt, sind sie völlig zufrieden. Warum sollten sie sich Gedanken machen über Graszwerge, die seit Jahren keiner mehr gesehen hat? Oder über diese seltsamen Waldgrimme, die viele Tagesreisen weit entfernt leben? Eben. Sie sind sowieso am liebsten zu Hause und machen niemals weite Reisen. Denn so schön wie im Grashüpferland ist es nirgendwo sonst, davon sind sie fest überzeugt. Warum also woanders hingehen?

    Der König im Grashüpferland – denn natürlich gibt es dort einen König – heißt Tarvik und lebt in Graslingen, dem Königshof der Graszwerge. Er ist ein recht junger König, denn sein Vater wurde von den Felsengnomen verschleppt, als Tarvik noch ein Junge war. Einige Jahre haben die Graszwerge abgewartet, ob ihr König vielleicht wieder auftauchen würde. Aber er kam nicht zurück. Nichts kam von den Felsengnomen jemals zurück. So wurde Tarvik schon an seinem sechzehnten Geburtstag zum König des Grashüpferlandes gekrönt.

    Seine Krönung war ein Fest, von dem man in Graslingen noch lange Zeit sprach. Nicht nur, weil die lustigsten Lieder gesungen wurden, die je ein Dichter sich ausgedacht hatte. Auch nicht, weil so lange getanzt wurde wie noch nie zuvor auf einem Fest der Graszwerge. Nein, das hatte einen ganz anderen Grund.

    Es passierte, als die beiden Diener des Königs in die Schatzkammer gingen, um dort die Königskrone und den Krönungsumhang zu holen. Wie die Hüte der Graszwerge war auch die Krone aus dem goldenen Gras der Ebene geflochten. Sie war sehr alt und sah schon ein bisschen zerzaust aus, aber das war den Graszwergen nicht wichtig. Der König würde sie sowieso nur für eine kurze Weile tragen und dann wieder seinen bequemen Grashut aufsetzen. Auch den Krönungsumhang, einen dunkelroten Mantel, würde er schnell wieder ablegen und in die Schatzkammer zurückbringen lassen. Aber gerade in dem Moment, als die Diener sich nach Krone und Mantel bücken wollten, sahen sie etwas, das ganz und gar nicht in die Schatzkammer gehörte. Die beiden standen wie vom Donner gerührt – mitten zwischen den Königsschätzen war ein Körbchen mit einem kleinen Graszwerg darin.

    Der Kleine – es war ein Junge, höchstens ein Jahr alt – lag friedlich da, lutschte an einem Grashalm und brabbelte vor sich hin. Er konnte noch nicht allzu lange in der Schatzkammer sein, sonst hätten ihn die Diener schon bei den Vorbereitungen für das Fest bemerkt. Aber wie war er überhaupt hineingekommen? Der Königshof wurde doch ständig bewacht! Niemand konnte an den Wachen vorbei, ohne dass er bemerkt worden wäre! Und dennoch – irgendjemand musste den Korb mit dem kleinen Graszwerg in die Schatzkammer geschmuggelt haben.

    Die Diener des Königs vergaßen ganz, dass sie ja eigentlich die Krone holen sollten und trugen den Jungen gleich in den Thronsaal zu König Tarvik. Dort wartete das ganze Volk auf die Krönung. Aber als die Wachen das Körbchen vor Tarvik hinstellten, interessierte sich kein einziger Graszwerg mehr für den Festakt. Jeder wollte nur wissen, wer der Junge war und wie um alles in der Welt er in die streng bewachte Schatzkammer des Königshofs gekommen war.

    »Schnell, schickt mir die Wachen!«, schimpfte König Tarvik. »Wahrscheinlich liegen sie vollgefressen hinter den Heuschobern und schnarchen wie die Grasratten!« Aber die Wachen waren keineswegs vollgefressen und sie schworen, dass niemand, nicht einmal eine Grasmaus, ungesehen in die Schatzkammer hinein- und wieder herausgelangen konnte. »Nicht einmal eine Grasmaus! Auch keine ganz winzige!«, brüllte der Hauptmann der Wache immer wieder. Der Grasbüschel auf seinem Hut zitterte dabei vor Empörung. Er war ein guter Wachmann und ein treuer Untertan seines Königs. Niemals würde er seine Pflicht vernachlässigen. Schlafen im Dienst, und das am Krönungstag – das war ganz und gar unvorstellbar!

    Aber irgendwie war der Junge in die Kammer gebracht worden und jetzt saß er vor König Tarvik. Unüberhörbar. Denn inzwischen hatte er Hunger bekommen und schrie ganz energisch nach Essen. Einer von den Wachsoldaten rannte los und brachte von den Resten des Festmahls, was er noch erwischen konnte: Gebratene Grashüpfer, Grasspinat, marinierten Sauerampfer und einen Becher mit sprudelnder Graslimonade.

    Tarvik nahm den Jungen auf seinen Schoß und fütterte ihn. Wie der kleine Kerl essen konnte! Als hätte er seit Tagen nichts bekommen. Dann trank er noch den Limonadenbecher leer, rülpste laut, sah sich um und grinste frech.

    Das gab ein Gejohle! Der junge König lachte, bis ihm die Tränen kamen, die Kinder hüpften wie die Flöhe herum und die Frauen stießen sich an und sagten anerkennend: »Schaut euch den an – rülpst unserem König mitten ins Gesicht! Was für ein Frechdachs!«

    Aber als sie genug gelacht hatten, wurden sie wieder ein bisschen nachdenklich. Wo war der kleine Graszwerg hergekommen? Tarvik und sein Vetter Arjan untersuchten den Jungen und sein Körbchen ganz genau. Vielleicht war ja irgendein Hinweis über seine Herkunft zu finden? Aber die Kleidung des Jungen war völlig normal, eine etwas zerfranste Hose, ein Hemdchen, das auch schon einige Löcher hatte und ein winziger gelber Umhang. So sahen im Grashüpferland alle kleinen Graszwerge aus.

    Nur eines war außergewöhnlich: Ganz unten im Korb lag zusammengefaltet eine reich bestickte Decke. Auf ihr war ein Wappen, das einen goldenen Vogel zwischen zwei Türmen zeigte. »Der Vogel ist eine Grasmücke«, überlegte Tarvik. »Aber was bedeuten die Türme? Solche Türme gibt es nirgendwo im Grashüpferland.« Er grübelte eine Weile vor sich hin, aber schließlich zuckte er mit den Schultern, stand auf und schrie laut: »Ruhe! Ich möchte etwas sagen!«

    Die Graszwerge verstummten nach und nach. Neugierig sahen sie ihren König an. »Der Junge wird an unserem Hof bleiben«, verkündete der entschlossen. »Ich weiß zwar nicht, wer er ist, aber er ist ein Graszwerg wie wir. Vielleicht erfahren wir eines Tages, wo er hergekommen ist. Bis dahin soll er Kjuro heißen. Ich werde ihn aufziehen, als ob er mein kleiner Bruder wäre. Nur, damit ihr Bescheid wisst.«

    Kjuro – das bedeutet in der Sprache der Graszwerge ›Sei willkommen‹. Dass Tarvik dem fremden Kind diesen Namen gegeben hatte, wurde von allen anderen jubelnd begrüßt. Das heißt – von fast allen. Tondor, der Ratgeber des alten Königs, der jetzt auch der Ratgeber des jungen Königs war, Tondor jubelte nicht. Er sah finster vor sich hin und verschwand dann bald. Aber niemand vermisste ihn, denn er war ein griesgrämiger Geselle, den keiner so recht leiden mochte. Manchmal flüsterte einer von ihnen, wenn der Alte gerade mal wieder besonders finster schaute: »Ich glaube, Tondor ist gar kein richtiger Graszwerg.« Das war nicht ernst gemeint, aber es zeigte, dass ihnen Tondor ein bisschen unheimlich war.

    Wenn sie mit dem alten König darüber reden wollten, sagte der immer: »Dieser Tondor ist mindestens ebenso übellaunig wie klug. Und da er ganz außergewöhnlich übellaunig ist, ist er ein außergewöhnlich kluger Ratgeber. Man darf sich nur die Laune nicht von ihm verderben lassen. Also macht euch keine Gedanken.«

    Sich keine Gedanken zu machen über unheimliche Dinge, das konnten die Graszwerge sehr gut. Der alte König pickte aus Tondors finsteren Ratschlägen die richtigen heraus und traf weise Entscheidungen für sein Volk. Damit waren sie alle zufrieden und sie waren überzeugt, dass sein Sohn Tarvik es genauso halten würde. Aber da irrten sie sich gewaltig.

    Der Königshof Graslingen

    So war also Kjuro zu den Graszwergen gekommen und wurde am Königshof aufgezogen, als ob er der kleine Bruder des Königs wäre.

    Nun darf man sich den Königshof Graslingen nicht so vorstellen wie ein Schloss. Tarvik lebte nicht einmal in einer Burg. Graslingen war einfach ein großer Bauernhof. Er bestand aus vier langgestreckten hohen Häusern, die im Viereck um einen geschlossenen Innenhof angeordnet waren. In den oberen Stockwerken und unter dem Dach wohnten die Graszwerge. Im nördlichen Haus befand sich ein großer Versammlungssaal, wo sie sich zum Essen und Feiern treffen konnten. In den anderen Gebäuden waren die Ställe und Scheunen, in den Kellern lagerten die Vorräte. Das Torhaus, der einzige Eingang in den Innenhof, befand sich im südlichen Gebäudeteil; dort standen auch einige Kutschen. In der Mitte eines jeden Hofes befand sich ein tiefer Ziehbrunnen, der die Graszwerge mit frischem Wasser versorgte.

    Alle Gebäude hatten nach außen hin weit herabgezogene Dächer, die mit dicken Bündeln aus getrocknetem Gras gedeckt waren. An den Außenseiten der Gebäude gab es nur winzige

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