Flarandil Grünauge: Der Wichtel aus dem Hammawald
Von Ralf Feldvoß
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Buchvorschau
Flarandil Grünauge - Ralf Feldvoß
Kapitel 1 - Flarandil und der Hammawald
Es war einmal ein kleiner Wichtel namens Flarandil Grünauge. Er lebte nördlich der Burg Hamma, die von der Königsfamilie Fuchswiese bewohnt wurde. Flarandil tat alles, um nicht entdeckt zu werden. Warum konnte er selber nicht sagen, es war ein inneres Gefühl, dass ihn dazu trieb sich zu verstecken.
Dort, nördlich der Burg, befand sich ein großer Wald, in dem Flarandil zu Hause war, der Hammawald. Durch diesen Wald floss ein Fluss, die Tarels. Flarandil wanderte gerne am Flussufer entlang, vorbei an der Burg, bis hin zum Dörfchen Halmingen im Süden der Burg. Stets blieb Flarandil aber im Schutz der Bäume.
Am Inneren des nahezu kreisrunden Waldes standen große und alte Laubbäume, Buchen und Eichen hauptsächlich mit starken Ästen und dicken Stämmen. Der äußere Rand des Hammawaldes bestand aus hohen Nadelbäumen, Kiefern und Fichten im Wesentlichen. Diese Nadelbäume waren es, die dem Wald ein stetes, saftiges grün verliehen, so als kehrte niemals der Herbst in den Wald ein.
Ziemlich genau in der Mitte befand sich eine natürliche Lichtung, gute zehn Meter im Durchmesser. Am Rand dieser Lichtung hatte sich Flarandil sein Heim gebaut. Es sah aus wie ein Fuchsbau, nur eben größer und geräumiger, damit er sich dort drinnen aufrecht bewegen konnte und nicht kriechen musste. Außerdem hatte so ein Erdloch auch seine Vorteile. Man musste keine Fenster reinigen, man hatte es im Winter einigermaßen warm und im Sommer war es verhältnismäßig kühl.
Flarandil war ein lustiger Geselle. Er lief gerne fröhlich pfeifend durch den Wald und beobachtete dabei die Waldbewohner, wie sie auf der Suche nach Futter durch das Unterholz schlichen, oder friedlich grasten. Er selber ernährte sich ebenso, wie die Tiere, ausschließlich von den Wurzeln und wild wachsendem Gemüse, von allem was der Wald halt so hergab.
Flarandil war nicht sehr groß, vielleicht gerade mal etwas mehr als einen Meter hoch, was für einen Wichtel ungewöhnlich viel war. Die weiter entfernt wohnenden Genossen kamen doch höchstens auf achtzig Zentimeter, manche gar nur sechzig. Allerdings lebte der nächste Wichtel mehrere Tagesmärsche von Flarandil entfernt.
Flarandil hatte große, strahlend grüne Augen, aus denen seine Spitzbübigkeit sprühte und denen er seinen Namen verdankte. Seine langen, leicht gelockten, knallroten Haare wippten stets im Takt seiner Bewegungen unter seinem braunen Hut. Sein Bart, der ihm fast über die Knie reichte, war etwas heller, als seine Haare. Im Sommer, bei starkem Sonnenschein, schimmerte der Bart in einem kräftigen orange.
Unter seiner beigen Latzhose trug er stets einen türkisfarbenen Pullover mit quitschgelben Saumen. Seine Füße steckten in schwarzen, ledernen Stiefeln. Die Stiefel waren sein ein und alles. Er hegte und pflegte sie, wo und wann er nur konnte und versuchte sie so glänzend, wie möglich zu halten, was natürlich durch den Wald nicht immer leicht war.
Während seiner Spaziergänge machte Flarandil häufiger eine Pause. Dabei versteckte er sich in der Nähe der Burg auf einem Baum, es war immer dieselbe Buche. Oben auf seinem Lieblingsast sitzend beobachtete er dann das Treiben auf dem Burghof. Irgendetwas, einer inneren Stimme gleich, zog ihn unerklärlicherweise immer wieder dorthin.
Die meiste Zeit seiner Tage verbrachte Flarandil Grünauge jedoch damit, dass er faul vor seinem Bau lag. Am liebsten in der Sonne, so sie denn schien, was hier, in diesen nördlichen Landen leider nicht sehr häufig der Fall war. Zu essen suchte er sich meist erst zum Abend hin etwas.
Er genoss seine Zeit und dachte viel nach. Über Dieses und Jenes. Doch in letzter Zeit kam immer mehr ein unbestimmtes Gefühl dazu. Er glaubte dass er nicht der war, der er zu sein schien. Flarandil konnte sich dies nicht erklären. Es gruben sich Gedanken in seinen Kopf, wie aus einer fernen Welt, einem früheren Leben.
So suchte er häufiger das Gespräch mit seinem einzigen Freund, den er im Hammawald hatte, dem weißen Einhorn Capriala. Flarandil hegte die Hoffnung, dass sie ihm weiter helfen konnte, und sei es auch nur durch das einfache Zuhören. So war es auch heute.
„Sag Flarandil, was bedrückt Dich?" Capriala lag neben ihm auf dem weichen, mit Moos bedecktem Boden. Ihr schneeweißes Fell glänzte in dem Sonnenlicht und ihr Horn schimmerte dazu silbrig grau. Gemeinsam genossen sie die ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne in diesem Jahr.
„Ach Capriala, wenn ich das doch nur wüsste!", seufzte Flarandil. Er senkte gedankenverloren den Kopf. Er wusste einfach keine Antwort, grübelte er doch schon einige Zeit lang darüber, warum er nicht mehr so fröhlich war, wie sonst.
„Jedes Mal, wenn ich in die Nähe der Burg komme, beschleicht mich so ein seltsames Gefühl. So, als wenn ich dazu gehören würde, verstehst Du? Als wäre ich ein Teil der Familie, oder zumindest des Gesindes." Flarandil machte einen leicht verzweifelten Eindruck auf Capriala. So kannte man ihn gar nicht. Sie legte sanft ihren Schweif um seine Schulter, um ihn ein wenig zu trösten.
„Ach Flarandil, wenn ich Dir doch nur helfen könnte." Capriala atmete tief ein und stieß die Luft hörbar schnaufend wieder aus ihren Nüstern. Sie legte ihren Kopf auf die Vorderläufe und schloss die Augen.
So verweilten die beiden eine Weile stumm nebeneinander im Moos liegend, Flarandil lehnte an dem kräftigen Körper von Capriala. Um sie herum waren nur die Laute des Waldes zu hören.
„Hier herumsitzen bringt auch nichts!, rief Flarandil plötzlich und sprang förmlich auf. „Ich werde einen Spaziergang machen, mich auf meinen Baum setzen und die Burg beobachten. Vielleicht hilft es ja und mir kommt dabei eine Idee. Magst Du mitkommen, Capriala?
Flarandil griff nach seinem abgewetzten Wanderstock, bereit