Der Krankenwagenfahrer (1)
Von Jörg Röske
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Über dieses E-Book
Jörg Röske
Jörg Röske studierte, unterrichtet heute Kunst und kreatives Schreiben. Er schreibt Romane und Gedichte und Erzählungen.
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Buchvorschau
Der Krankenwagenfahrer (1) - Jörg Röske
Inhaltsverzeichnis
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Impressum
1
Ein Mann griff zum Telefon.
„Hier die Feuerwehr, was kann ich für Sie tun?"
„Kommen Sie bitte schnell, ich habe einen Herzinfarkt."
„Wir schicken einen Wagen. Sagen Sie eben noch Name und Adresse."
Der Mann nannte die Daten.
„Wir sind unterwegs."
„Danke."
Man legte auf. Sehr schnell kam der Krankenwagen von der Feuerwehr. Allerdings musste man die Haus- und die Wohnungstür aufbrechen, denn der Mann lag auf dem Boden und konnte nicht mehr.
Der Krankenwagenfahrer und der Notarzt kamen herein.
„Wie geht es denn so?", fragte der Notarzt.
„Ich habe einen Herzinfarkt.", sagte der auf dem Boden Liegende.
„Welche Symptome haben Sie?"
„Zwei mit Erdbeer und eines mit Kirsche."
„Sie haben Symptome mit Erdbeer und Kirsche im Herzen?"
„Nein, im Kühlschrank."
„Sie haben Symptome im Kühlschrank?"
„Nennt man das nicht so?"
„Ich denke, sie meinen die Joghurts in Ihrem Kühlschrank."
„Ach, das heißt Joghurt?"
„Könnte auch Quark sein."
„Mit Sicherheit nicht, ich mag keinen Quark."
„Verstehe. Dann nehmen wir Sie mal mit, aber den Joghurt lassen wir im Kühlschrank."
„Sie können gerne einen haben."
„Vielen Dank, ich bin im Dienst."
Man packte den Mann auf eine Bahre, denn aufgrund seines Geschwafels hielt man ihn schon für scheintot. Er wurde in den Krankenwagen verfrachtet, und die Fahrt zum Krankenhaus ging los.
Natürlich fuhr der Krankenwagenfahrer, wer sonst. Mit Tatütata und Gebrause, wie es sich für einen richtigen Krankenwagen gehört. Man war sozusagen im Sturmtempo unterwegs.
„Wir hätten da abbiegen müssen.", sagte der Notarzt.
„Ich fahre ins andere Krankenhaus.", sagte der Krankenwagenfahrer.
„Da müssen wir aber über die Brücke."
„Ich weiß."
„Die kann aber hoch gezogen sein."
„Nur wenn ein Schiff kommt. Heute kommen keine Schiffe."
„Woher willst du das wissen?"
„Ich weiß es einfach."
Man erreichte die Brücke, sie war hoch gezogen, denn es kam ein Schiff. Man musste warten. Der Notarzt schaute den Krankenwagenfahrer strafend an.
„Man sich doch mal vertun, oder?", meinte der Fahrer.
„Und in der Zeit krepiert der Notfall!", sagte der Notarzt.
„Entschuldigung wegen krepiert!", rief der Notarzt nach hinten.
„Kein Problem!, rief der Notfall, „Ich vermisse meine Symptome!
„Sie kriegen gleich einen Joghurt!"
„Mit Erdbeer?"
„Werden Sie jetzt bloß nicht ohnmächtig!"
„Ich hatte doch nur Erdbeer gesagt!"
„Bei einem Herzinfarkt muss man sehr vorsichtig sein!"
„Verstehe! Ich verzichte auf die Erdbeeren!"
„Weiser Entschluss!"
Dann wandte sich der Notarzt an den Krankenwagenfahrer.
„Du kannst weiter fahren.", sagte der Notarzt.
„Wieso?"
„Man hupt schon hinter uns."
„Das ist das, was ich an Großstädten hasse! Es wird ewig gehupt!", beschwerte sich der Fahrer und gab Gas.
Man erreichte das Krankenhaus. Das wurde gerade abgerissen, denn es war schon in die Jahre gekommen. Der Notarzt schaute den Krankenwagenfahrer an.
„Tut mir leid, man kann sich doch mal vertun, oder?", fragte der Fahrer.
„Diesen Spruch hatte ich schon mal gehört.", sagte der Notarzt.
„Dann müssen wir wieder über die Brücke."
Der Notarzt schaute genervt. Es ging wieder zurück.
„Wie geht es dahinten?", fragte der Notarzt.
„Ich glaube, ich sterbe."
„Halten Sie durch!"
„Das wird schwierig."
„Wieso?!"
„Hier gibt es keinen einzigen Joghurt in Ihrem Fahrzeug."
„Reden Sie lauter, ich kann Sie nicht verstehen!"
„Es gibt in Ihrem Krankenwagen keinen einzigen Joghurt!"
„Wieso?! Ich hatte doch mir welche eingepackt!"
„Die sind schon alle!"
„Sie haben meine Joghurts gegessen?!"
„Die schmeckten abscheulich, waren mit Aprikose. Aber wie heißt es doch so schön? In der Not isst der Teufel fliegen."
„Reden Sie lauter! Ich kann Sie nicht verstehen!"
„Ich habe Fliegen gegessen!"
„Sind Sie der Teufel?!"
„Ich wusste, dass man mich falsch verstehen wird.", sagte der Notfall zu sich selbst.
„Wieso antworten Sie nicht?!", rief der Notarzt.
„Ich sag' gar nichts mehr.", meinte der Notfall beleidigt zu sich selbst.
„Ey, Fahrer!", sagte der Notarzt zum Fahrer.
„Was gibt 's?"
„Ich glaube, der Notfall ist gestorben."
„Das passt gut, die Brücke ist wieder hoch gezogen worden."
„Welche Leichenhalle nehmen wir?"
„Wo wir hätten abbiegen müssen."
„Na endlich hörst du mal auf mich."
„Ich mache das nur, um dich loszuwerden."
„Was?"
„Da ist doch diese hübsche Krankenschwester, mit der du immer 'rum turtelst."
„Lizzy?"
„Ah, du weißt, wovon ich spreche."
„Ich habe nichts mit der."
„Noch nicht."
Der Notarzt schwieg. Das Schiff fuhr durch, die Brücke wurde wieder herunter gelassen. Man gab nicht mehr Gas, denn der Notfall war tot. Das Tatütata wurde ausgeschaltet, denn es eilte nicht mehr. Aber der Notfall hatte Hunger und hatte auch die Wurstbrote des Notarztes aufgegessen.
Dann war er gesättigt und legte sich zurück und schlief ein.
2
Man erreichte das Krankenhaus.
„Was gibt es?", fragte der Mann an der Pforte.
„Wir haben einen Notfall.", sagte der Krankenwagenfahrer.
„Das habe ich mir gedacht. Wieso ist das Tatütata aus?"
„Der Notfall ist leider verstorben."
„Warst wohl nicht schnell genug, oder was?"
„Da war eine Brücke."
„Das Krankenhaus auf der anderen Seite wird doch gerade abgerissen."
„Mir sagt ja keiner was."
„Na ja, weißte wo die Leichenhalle ist?"
„Ja. Ich war schon mal hier."
„Du bringst immer nur Leichen."
„In meinem früheren Leben war ich Leichenwagenfahrer."
„Merkt man. Schönen Tag noch."
„Ist Lizzy da?"
„Wer will das wissen?"
„Mein Kollege hier."
Der Notarzt schaute den Krankenwagenfahrer giftig an.
„Was ist? Ich will dir nur helfen.", sagte der Fahrer zum Notarzt.
„Auf deine Hilfe kann ich verzichten. Fahr lieber die Leiche in die Leichenhalle.", sagte der Notarzt.
Aber der Fahrer ließ sich nicht den Mund verbieten.
„Hat Lizzy heute Spätschicht?", fragte der Fahrer den Mann an der Pforte.
„Wieso fragst du, wenn du es doch weißt?", fragte der Pfortenmann.
„Wunderbar, Spätschicht. Danke auch, und passe auf das Krankenhaus auf."
„Wenn du da bist, wird es schwierig."
„Das habe ich nicht gehört.", sagte der Fahrer und gab Gas.
Und bremste mit quietschenden Reifen vor der Leichenhalle.
„Du weißt schon, dass der Notfall tot ist?", fragte der Notarzt.
„Deswegen bin ich ja auch zur Leichenhalle gefahren."
Der Notarzt rollte mit den Augen und stieg aus. Ebenso der Fahrer. Aus dem Krankenwagen holte man den Notfall. Der rührte sich nicht, weil er schlief. Der Notarzt zog die Decke über den Kopf des