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Monsterseelen: Morgen seid ihr alle tot.: SF-Horror
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Monsterseelen: Morgen seid ihr alle tot.: SF-Horror
eBook309 Seiten3 Stunden

Monsterseelen: Morgen seid ihr alle tot.: SF-Horror

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Über dieses E-Book

Ein Journalist stößt bei seinen Recherchen über die Organisation "Pandoras Gral" auf Vorgänge, die alle bisher dagewesenen Verbrechen in den Schatten stellen. Isobel Krylova hält den Schlüssel zur universellen Macht in ihren Händen; stirbt sie, dann ist die Menschheit dem Untergang geweiht. Macht euch bereit! Rennt um euer Leben! Verbarrikadiert euch! Betet! Ihr seid verloren. Morgen seid ihr alle tot. Denn sie kommen!

Ein packender Science-Fiction-Horror Roman.
SpracheDeutsch
HerausgeberAmrûn Verlag
Erscheinungsdatum22. Okt. 2014
ISBN9783944729183
Monsterseelen: Morgen seid ihr alle tot.: SF-Horror

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    Buchvorschau

    Monsterseelen - Jeamy Lee

    MONSTER

    SEELEN

    Jeamy Lee

    Morgen seid ihr alle tot.

    © 2014 Amrûn Verlag

    Jürgen Eglseer, Traunstein

    © 2013 Jeamy Lee

    jeamy.lee@monsterseelen.de

    Titelgestaltung: Jeamy Lee

    Alle Rechte vorbehalten

    epub ISBN – 978-3-944729-18-3

    Besuchen Sie unsere Webseite:

    http://amrun-verlag.de

    Inhalt

    1. Akt

    Fragment 1

    2 Isobell Krylova

    3 Rhet Carruaca

    4 Frank Abarell

    Fragment 5

    Fragment 6

    Fragment 7

    Fragment 8

    Fragment 9

    Fragment 10

    11 Subjekt S03051902

    12 Simon Yann

    Fragment 13

    Fragment 14

    2. Akt

    15 Statistik

    16 Auftrag

    Fragment 17

    18 PAX07B

    Fragment 19

    20 Mysteryvirus

    Fragment 21

    22 Krokodile

    Fragment 23

    24 Verschwörungen

    Fragment 25

    Fragment 26

    Fragment 27

    28 Entscheidung

    Fragment 29

    30 Spannerraum

    Fragment 31

    32 Archiv

    Fragment 33

    34 Christine

    Fragment 35

    36 Folterhandbücher

    Fragment 37

    38 Powergrid

    Fragment 39

    40 Das Amorph

    Fragment 41

    42 Glaspuppe

    Fragment 43

    44 Conchitas Spiel

    45 Irrtum

    46 Erwachen

    47 Garde

    48 Kontaktaufnahme

    Fragment 49

    50 Monsterseele

    51 Wendepunkt

    52 Pangäa

    53 Christines Spiel

    Fragment 54

    55 Kapitulation

    56 Auferstehung

    57 Überraschung

    3. Akt

    Fragment 58

    Fragment 59

    Fragment 60

    61 Abschied

    Fragment 62

    63 Offenbarung

    Fragment 64

    65 Wels

    66 Endzeit

    67 Epilog

    für miranda imgrid

    1. Akt

    Dummheit macht frei.

    Freiheit macht blind.

    Blindheit macht dumm.

    Fragment 1

    Ich traf sie auf der Straße, so um halb drei Uhr am Morgen. Was machte eine Rothaarige zu dieser Stunde auf der Straße; in diesem heruntergekommenen Viertel?

    Eine Nutte aus dem ›Rats‹.

    Sie war hübsch, ihr breites Becken und ihre prallen Brüste beflügelten meine Fantasie. Ich fühlte das Blut sofort nicht nur in meiner Stirn pochen, ihr kurzer Minirock und die enge Bluse taten ihr übriges.

    Sie machte einen Schritt zur Seite, senkte den Blick und wollte sich an mir vorbeischleichen. Das konnte ich nicht zulassen. Mein Arm schlang sich wie von selbst um ihre Taille. Ich presste sie mit aller Kraft an mich, meine Hand verschwand unter ihrem Minirock. Ich hatte es geahnt, sie trug keinen Slip. Sie wehrte sich nur kurz. Als meine Finger ihr Ziel erreichten, stöhnte sie auf und ergab sich ihrem Schicksal.

    Ich setzte sie auf eine Mülltonne, riss ihr die Bluse vom Körper, ihre Brüste sprangen mir förmlich entgegen. Ich konnte nicht anders, meine Hände begannen automatisch, sie zu kneten. Sie öffnete meine Hose, schlang ihre Arme um meinen Hals und zog mich zu sich, ich drang in sie ein.

    Ein Schrei. Ein grauenvoller Schrei. Eine Frau. Sie schrie immer noch. Sie musste dem Wahnsinn nahe sein. Die Rothaarige und ich sahen uns an. Sollten wir weitermachen? Sollten wir den Schrei einfach ignorieren?

    Ich seufzte.

    Natürlich nicht. So rasch es ging, zog ich die Hose an und lief in die Richtung, aus der die Schreie kamen. Die Rothaarige blieb zurück, sie suchte nach ihrer Bluse. Ich rannte direkt in die Arme einer anderen Rothaarigen. Ihre Schreie hatten etwas Unmenschliches an sich, ein eiskalter Schauer jagte über meinen Rücken. Ihr Gesicht glich einer Monsterfratze aus dem übelsten Horrorfilm. In ihren Augen glitzerte der Wahnsinn.

    »Was ist mit Ihnen?«, fragte ich leise.

    Sie schrie nur, brachte kein vernünftiges Wort heraus. Ich redete behutsam auf sie ein, versuchte sie zu beruhigen. Sie deutete in die Gasse, aus der sie gerade gekommen war.

    Meine Koitus-Interruptus-Partnerin hatte ihre Bluse gefunden, sie stand plötzlich neben uns. Sie sagte kein Wort, man konnte ihr auch so ansehen, dass die scheußlichen Schreie dieser Frau ihr schwer zu schaffen machten.

    »Pass auf sie auf, vielleicht bekommst du ja etwas aus ihr raus«, sagte ich zu ihr und ging auf diese Gasse zu.

    »Verdammt, warum muss die gerade jetzt in der Gegend rumbrüllen, warum muss gerade mir das immer wieder passieren?«

    Ich zögerte. Es war stockdunkel. Ich sollte die Polizei rufen. Ich gab mir einen Ruck und trat in die Gasse. Schritt für Schritt tastete ich mich vorwärts.

    »Es ist viel zu still hier«, jagte ein Gedanke durch mein Gehirn. Ein zweiter: »Warum ist hier nicht schon längst der Teufel los, diese Schreie müsste man doch noch drei Blocks weiter gehört haben«, »was ist, wenn das eine Falle ist, ahnungslose Touristen in eine Gasse locken und zack! …«, ein dritter.

    Schritte. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Ein Krachen und Knacken, als wäre jemand über einen Stapel Holzkisten gefallen. Eine Türe quietschte. Ein handbreiter Lichtstrahl warf bizarre Schatten in die Gasse. Das Blut gefror in meinen Adern. Wäre da nicht der verstümmelte schlanke Körper einer Frau gewesen, dieses Stück Fleisch an seinem einen Ende hätte ich nie und nimmer als Kopf eines menschlichen Wesens identifiziert.

    Zwei schwarze Löcher inmitten eines blutroten Fleischklumpens starrten mich an. Ich musste mich übergeben, ich konnte mich nicht einmal mehr rechtzeitig wegdrehen, der Inhalt meines Magens ergoss sich über den Körper der Toten. Ihr Bauch war aufgeschlitzt, ihre Arme und Beine abgetrennt worden. Gedärme und Gliedmaßen lagen fein säuberlich geordnet, soweit man Gedärme ordnen konnte, auf einer Plastikfolie.

    Ich schluckte. Es waren sechs Arme und sechs Beine. Das wurde mir zu viel. Ich drehte mich um und verließ die Gasse im Laufschritt.

    »Was gefunden?«, fragte die Rothaarige aus dem Bordell.

    »Und ob, wir müssen sofort die Polizei verständigen«, antwortete ich, »hast du hier irgendwo eine Telefonzelle gesehen?«

    »Nein.«

    Ich deutete auf die wimmernde Frau.

    »Was ist mit ihr?«

    »Sie steht unter Schock. Die Rettung ist unterwegs.«

    »Die Rettung?«

    Sie gab mir ihr Handy.

    »Du wolltest doch die Polizei rufen.«

    Zwanzig Minuten später war hier die Hölle los. Dutzende Streifenwagen blockierten die Straßen und Hunderte Polizeibeamte durchkämmten den Bezirk. Ich war mir sicher, dass diese Suche vollkommen sinnlos war, der Täter längst über alle Berge. Nach endlosen Befragungen durften wir beide endlich gehen. Es war sechs Uhr am Morgen, was lag also näher, als ein üppiges Frühstück zu uns zu nehmen.

    Es war mir unverständlich, dass ich nach diesem Erlebnis überhaupt noch etwas essen konnte, doch der Hunger war riesengroß. Ich verzehrte sechs Scheiben Toast, eine Bratwurst und zwei Eier und verspürte danach immer noch ein kleines Hungergefühl. Eines, das sich in tieferen Gefilden manifestierte, ein Hungergefühl nach einer Rothaarigen. Die Rothaarige, Isobel, begnügte sich mit einem Kaffee.

    »Und jetzt?«, fragte sie nach einer halben Stunde, in der sie kein Wort gesprochen, mir nur beim Essen zugesehen hatte. In ihren grünen Augen loderte die pure Lust. Ich schüttelte den Kopf. »Grüne Augen?«

    Ich sah einer Frau immer zuerst in die Augen und ich war mir fast sicher, heute Nacht hatte sie noch Braune gehabt. Wahrscheinlich die Dunkelheit, die Erregung.

    »Vorschlag?«, fragte ich ebenso knapp zurück.

    »Folge mir!«

    »O. K.«

    Ich hatte heute ohnehin nichts Besonderes vorgehabt, warum nicht den Tag mit einer Rothaarigen verbringen. Konnte sicher spannend werden.

    »Ganz sicher wird es spannen«, spielte sich ein Gedanke in den Vordergrund und aktivierte heute zum zweiten Mal meine Fantasie.

    2 Isobell Krylova

    War ein langer Tag und eine noch längere Nacht. Gestern. Lange keinen so guten Sex …

    Ich öffnete die Augen, fühlte eine Überdosis Blut in die Beckengegend strömen und ein angenehm kribbeliges Gefühl machte sich im Körper breit.

    Das Kribbeln wurde …

    Ich drehte mich zur Seite.

    »Verfluchte Scheiße, wenn ich etwas auf dieser Welt mehr hasse, als Männer, die sich vor dem Frühstück aus dem Staub machen, dann sind es Männer, die sich vor dem Frühstück aus dem Staub machen, nachdem sie mich so richtig geil gemacht haben.«

    Ich warf die Handschellen wütend erregt an die Wand.

    Der nächste Mann bleibt ans Bett gefesselt, bis ich gefrühstückt habe.

    Ich stellte mich unter die Dusche, es war der aussichtslose Versuch, mich ein wenig abzukühlen.

    Ich könnte …

    Doch die Erfahrung hatte mich gelehrt: Mechanisch-technische Prothesen waren nach solchen Nächten kein befriedigender Ersatz, bewirkten meist das Gegenteil. Ich trank einen Kaffee. Kaffee mit einem Schuss Wodka, das brachte den Kreislauf in Schwung.

    Auf eine andere Weise.

    Die Zeitung. Jeden Morgen: Korrupte Politiker, Gesetzeshüter, Richter, Geschäftsleute, Männer von der Straße, … Zutreffendes bitte ankreuzen.

    Mehr als zweihundert Tote bei Flugzeugabsturz. Ursache unbekannt.

    Augenzeugenberichte sprechen von …

    Militär?

    Vierzehnjährige vergewaltigt und brutal gefoltert. Den schweren Verletzungen …

    Schneidet ihnen die …

    Leichenteile gefunden. Drei Frauen. Müllsäcke. Todesstrafe. Lottogewinner. Nervenheilanstalt. Selbstmord. Kein Glück. Fünfzehnjährige seit acht Jahren … Vom Vater. 100 Millionen Kinder verhungern. Jährlich. Papstbesuch in Westafrika. Weiht morgen neue Kathedrale … Volk spendet eine Milliarde … Restbetrag 0,5 Milliarden stellt Regierung. Friedliche Demonstration. Mehr Freiheit. Acht Tote im Kugelhagel der … Bürgerkrieg in … Menschenjagd. Hunderte Tote. Reichster Mann: 120 Milliarden. Kauf von 42 Jagdbombern endlich bewilligt. Mehr Sicherheit. 40 Milliarden.

    Zwei gratis?

    Das Telefon klingelte. Falsch verbunden.

    Kein Problem. Diesen Morgen kann mir niemand mehr versauen, er ist es schon.

    Ich blickte von meiner Wohnterrasse im siebten Stock auf die Straße, die Stadt. Sie war leer. Ein typischer Sonntagmorgen. Die Menschen hatten an so einem Tag, um halb acht, Besseres zu tun, als die Straßen zu füllen. Die meisten schliefen sicher noch.

    Würde ich wohl auch, wenn nicht …

    Es klopfte an der Tür. Die Klingel war immer noch defekt.

    Wird die Nachbarstochter sein. Wie heißt sie noch gleich? Sandra. Sie bringt mir jeden Morgen frische Milch, Gebäck und Orangensaft. Seit ich hier eingezogen bin. Vor vier Monaten. Keine Ahnung, warum sie das tut, habe sie nie darum gebeten. Ich sollte mich mal erkenntlich zeigen, sie einladen, auf irgendwas, irgendwohin.

    Nettes Mädchen, fünfzehn, sechzehn? Intelligentes Blitzen in ihren Augen; ist noch nicht verloren.

    Ich zog mir einen Morgenmantel über und öffnete die Tür. Sandra grüßte höflich und überreichte mir lächelnd eine Einkaufstüte. Lächelnd, wie an jedem Morgen.

    »Komm doch rein.«

    Sie machte zögernd zwei Schritte, sah sich schüchtern um. Ich verstand.

    »Es ist niemand hier, ich bin alleine. Mach es dir im Wohnzimmer bequem, ich richte uns rasch einen Kaffee, bin gleich zurück.«

    Sie setzte sich auf die Ledercouch, nahm die Fernbedienung zur Hand und …

    Ich verschwand in der Küche, bereitete Kaffee zu und einige Toastbrote. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, stellte ich zu meiner Überraschung fest, Sandra hatte es sich wirklich gemütlich gemacht, lag ausgestreckt auf der Couch, begraben unter einigen Kissen, sah fern, im Body. Jeans und den dicken Pullover hatte sie ausgezogen und elegant am Boden verteilt.

    »Ich habe dich wohl falsch eingeschätzt«, sagte ich lächelnd und stellte das Frühstück auf den Tisch, setzte mich zu ihr.

    »Danke, ein schöneres Kompliment hättest du mir nicht machen können, ist so beabsichtigt.«

    »Warum?«

    »Ich denke, diese Frage ist rein rhetorischer Natur, du weißt es doch selbst am besten. Die Antwort ist einfach: Überfordere deine Mitmenschen nicht über Gebühr, sie könnten es dir übel nehmen.«

    »Habe schon so etwas vermutet, dieses Blitzen …«

    »Genau der Grund, warum ich zu dir komme, ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, es gibt da jemanden, der mich versteht, eventuell sogar weiß, was ich …«

    Sie sah mir in die Augen und mir wurde mit einem Mal klar, wer mir da in die Augen sah: ich! Sie sah mir nicht nur verdammt ähnlich, kurz geschnittenes rötlich schimmerndes Haar, grüne Augen, ihre Figur, so musste, so hatte ich in ihrem Alter ausgesehen. Auch ihre Gedankengänge hätten die meinen sein können.

    Ein eiskalter Schauer jagte über meinen Rücken, ich befürchtete das Schlimmste, wäre ich heute bloß im Bett geblieben, hätte ich sie bloß nicht in meine Wohnung gelassen.

    Sie senkte den Blick.

    »Tut mir leid, ich wollte dich nicht daran erinnern, vielleicht war es ein Fehler, ich dachte, du würdest mich … Ich gehe jetzt besser.«

    Sie griff sich den Pullover, richtete sich auf.

    »Schon gut. Komm zu mir.«

    Ich nahm ihre Hand, zog sie zu mir. Sie setzte sich zögernd auf meinen Schoß, umarmte mich, legte ihren Kopf an meine Brust. Ich drückte sie an mich, drückte sie, wie eine Mutter ihr Kind, hielt sie fest und wartete. Ich ahnte ihre nächsten Worte, hoffte, sie würde sie nie aussprechen.

    Ich kannte sie kaum, trotzdem war sie für mich in diesem Augenblick zum Inbegriff der Vertrautheit geworden, war sie mir wichtiger, als es je ein Mensch gewesen war.

    Ich hatte Angst.

    »Ich habe mich entschlossen zu gehen«, sagte sie nach schier endlosen Minuten. »Ich muss es tun. Jetzt.«

    »Warum?«, fragte ich. »Warum dieser Schritt? Du hast dein Leben noch vor dir. Wir werden einen anderen Weg finden. Gemeinsam. Bitte.«

    »Warum du?«, war ihre Antwort, »Du hattest dein Leben auch noch vor dir. Und du lebst immer noch, warum also nicht auch ich?«

    »Ja, ich lebe. Trotzdem hat sich für mich seit damals nicht viel geändert, ich bin immer noch ich. Und damals, glaube mir, damals war es etwas Anderes.«

    »Zwanzig Jahre sind doch keine Ewigkeit.«

    »Doch. Vieles hat sich inzwischen geändert. Zum Negativen. Du hast jetzt mich, du musst es nicht tun. Ich hatte niemanden, ich hatte keine Wahl.«

    »Ich hatte auch niemanden, damals mit sieben, als mich mein Vater nach dem Tod meiner Mutter zu sich, und mich nahm. Jahrelang. Meine stummen Schreie blieben ungehört, bis du kamst, vor vier Monaten; und mit dir die Hoffnung. Nur aus diesem Grunde komme ich zu dir und will mit deiner Hilfe versuchen, diese Welt zu retten.«

    »Hoffnung? Dieser Weg ist ohne Hoffnung. Auch ich dachte damals, es wäre der einzige Weg. Flucht. Das Leben hinter sich lassend, jeden Tag aufs neue Sterben. Heute denke ich anders. Wir werden gemeinsam den für dich Richtigen finden. Alles, was wir brauchen, ist Zeit, gib uns nur ein wenig Zeit. Ein paar Wochen. Wir schaffen es. Ich habe Angst um dich, verstehst du?«

    »Ich verstehe, doch du weißt selbst am besten, dass es keinen anderen Weg gibt.«

    »In sechs Monaten«, sagte sie stockend. »Wenn ich in sechs Monaten noch nicht zurück bin, holst du mich da raus. Egal was inzwischen geschieht. Bitte!«

    Ich schüttelte den Kopf.

    »Du wirst es nicht überleben.«

    »Warum?«

    »Wir sind uns ähnlich. Ja. Du bist stark. Doch ich sagte dir ja schon, die Zeiten haben sich geändert, die Menschen schrecken heutzutage vor nichts mehr zurück. Und sie werden auch vor Mord nicht zurückschrecken, wenn sie herausfinden …«

    »Ich muss.«

    »Ich werde dich nicht aufhalten, trotzdem solltest du auf mich hören und bleiben. Denke darüber nach, wenigstens eine Nacht.«

    »Mein Entschluss steht fest. Ich habe gestern die Bestätigung bekommen, ich weiß jetzt, wo sie sich aufhalten.«

    »Du hast den Kontakt schon hergestellt?«

    »Ja. Mit deiner Hilfe.«

    Resignierend ließ ich meine Schultern hängen. Nun war jedes Wort eines zu viel.

    »Mit meiner …«

    »Wirst du mich da rausholen? In sechs Monaten, egal was mit mir passiert?«

    Ich atmete tief ein und stieß einen allen Schmerz mit sich reißenden Seufzer gen Himmel.

    »Ja.«

    »Versprich es!«

    »Ich verspreche es. Auch wenn es dein lebloser Körper sein wird.«

    Sie lehnte ihren Kopf wieder an meine Brust, ihre Köperhaltung entspannte sich. Nach Jahren hatte sie endlich wieder das Gefühl, geliebt zu werden. Und diesmal täuschte das Gefühl sie nicht, sie wurde geliebt.

    3 Rhet Carruaca

    Drei Leichen und keine Spur, so etwas mochte er am liebsten. Er, Rhet Carruaca, der sich früher, viel früher, als er noch zur Schule ging, vor dreißig Jahren etwa, sehr oft die Frage gestellt hatte, was seine Eltern sich bloß dabei gedacht haben mochten, ihm diesen verrückten Namen zu geben. Vor allem, da sie selbst ganz stinknormal und einfach Luke und Leia Smith hießen.

    Die banale Antwort war wohl die: gar nichts. Seine Alten gehörten der 68er-Generation an, der Name, wie auch er, vermutlich ein Ich liebe euch alle Findelkind.

    Drei Leichen und keine Spur. Er, ein Bulle, nicht nur beruflich, von einem Mann, dunkelhäutig, mit strahlend blauen Augen, die sich nicht und nicht in sein äußerliches Schlägertyperscheinungsbild einfügen wollten, setzte sich in den kühlen Ledersessel.

    Die Köpfe verstümmelt, keine verräterischen Gesichtszüge sollten der Nachwelt erhalten bleiben, die Augen ausgestochen und vermutlich an streunende Hunde verfüttert, die Zähne professionell gezogen, vor oder nach Eintritt des Todes würde sich bald zeigen, Finger und Zehen entfernt, Magen und Gedärme mit einigen präzisen Schnitten aus den Bauchhöhlen geholt, in einer Salzlösung gewaschen und penibel gereinigt, als befürchtete der oder die Täter, die Speisereste könnten eventuell wichtige Hinweise liefern.

    »Da waren Profis am Werk.«

    »Ich weiß, aus diesem Grund habe ich alle Fleischer dieser Stadt vorsorglich verhaften lassen.«

    Simon Yann, Rhets Kollege und langjähriger Freund, ewiger Freund, seit damals, als dieser ihm beim Spielen im Sandkasten mit einer Spielzeugschaufel einen Zahn ausgeschlagen hatte und er dafür als Belohnung ein blaues Auge einfing.

    Vergangenheit …, er lachte kurz auf, blieb ihm auch nichts anderes übrig, in Anbetracht der Lage, dieser Fall …, drei zu Schaschlik verarbeitete Frauen …, keine zwanzig. Ohne den nötigen Abstand, und den bekam man am effektivsten mit der nötigen Portion Humor, wenn auch schwarzem, ekelerregendem und oft menschenverachtendem, … doch war er das wirklich? Im direkten Vergleich, Tat, Täter, Humor, was war schlimmer? … wären sie beide längst gekochtes Gemüse, reif für die Psychiatrie.

    Drei junge Frauen, Opfer eines offensichtlich Geistesgestörten. Was muss in den Köpfen …

    Sind höchstwahrscheinlich nicht aus dieser Stadt, zumindest gehen sie niemandem ab.

    »Sieh dir das an. Wo haben die bloß das Material her? Schrecken auch vor gar nichts mehr zurück, Hauptsache eine dicke Schlagzeile. Je abstoßender …«

    Diese schrecklich verstümmelten Leichen eines perversen Täters wurden in der Nacht auf Montag von einer Prostituierten in einer Seitenstraße der …

    »Soll ich mich dranhängen?«

    »Schade um die Zeit, ist ohnehin zu spät. Die Bilder sind über den Äther, die Einschaltquoten im Himmel, ein weiterer Sieg im glorreichen Kampf gegen übermäßige Großhirnrindenaktivität, die Hemmschwelle erfolgreich auf Prästeinzeitniveau gedrückt. Bald sind wir am Ziel. Auf ein Neues. Wer bietet mehr? Massenvergewaltigung, Hexenverbrennung, Menschenverstümmelung live? Säugling auf dem Grill …«

    Der dritte Fall in diesem Jahr. Polizei tappt weiterhin im Dunkeln. Die Staatspolizei wurde …

    »Warten wir auf den Abschlussbericht unserer Leichenzergliederer. Eines

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