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Ein perfekter Abgang: Wein-Krimis
Ein perfekter Abgang: Wein-Krimis
Ein perfekter Abgang: Wein-Krimis
eBook219 Seiten2 Stunden

Ein perfekter Abgang: Wein-Krimis

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Über dieses E-Book

Es ist Sonntagabend. Ganz Deutschland sitzt vor dem Fernseher und fiebert mit den "Tatort"-Kommissaren. Ganz Deutschland? Nein! In der badischen Senioren-"Residenz am Rosengarten" proben fünf Alte den Aufstand. Punkt 20.15 Uhr versammeln sie sich, um einander mit weinseligen Mordsgeschichten einen höllischen Spaß zu bereiten. Stets begleitet von einem Schlückchen netten Rebensafts bringen sie abwechselnd teils haarsträubende Erzählungen zu Gehör, die anschließend ebenso kritisch beäugt werden wie die Befindlichkeit der Welt im Allgemeinen und des Alters im Besonderen.
Ruth Gleissner-Bartholdi liefert mit "Ein perfekter Abgang" eine sanfte Persiflage auf das Krimi-Genre, die an kriminalistischen Inhalten nichts zu wünschen übrig lässt. Mit liebenswürdigen, vollmundigen Charakteren und einer würzigen Note von Tod im Abgang.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum16. Okt. 2014
ISBN9783765021169
Ein perfekter Abgang: Wein-Krimis

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    Buchvorschau

    Ein perfekter Abgang - Ruth Gleissner-Bartholdi

    Inhaltsverzeichnis

    Das Buch

    Die Autorin

    Prolog

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    8

    9

    10

    Das Buch

    Was ein „perfekter Abgang ist, weiß jeder Weingenießer. Der doppelte Boden dieser Charakteristik erschließt sich höchst vergnüglich in den weinseligen Geschichten, mit denen sich fünf „Senioren den Sonntagabend vertreiben. Vier Damen und ein Herr, allesamt bekennende „Tatort-Verächter, erfreuen sich an Mordsideen, wie man einem lästig gewordenen Mitmenschen den Weg ins Jenseits ebnen kann. Natürlich hat dieser Weg seine Tücken und ist, wie Politiker gern sagen, nicht unbedingt „zielführend...

    Diese subtile Persiflage auf das Krimi-Genre folgt der Erkenntnis des Dichters Ringelnatz: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt."

    Die Autorin

    Ruth Gleissner-Bartholdi (*1937) ist Journalistin und Autorin mehrerer Romane, darunter „Die Katzenschule, „Die Mitternachtswette, „Der halbierte Baum und „Die Reise nach dem Morgen-Land. Sie lebt in Badenweiler, im Herzen des Markgräflerlandes.

    Über ihre Bücher sagt sie: „Ich schreibe für gestresste Menschen, die sich zur Entspannung eine leichte, aber nicht seichte Lektüre wünschen."

    Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.de abrufbar.

    © 2014 Der Kleine Buch Verlag, Karlsruhe

    Projektmanagement: Julia Prus, Der Kleine Buch Verlag, Karlsruhe

    Lektorat: Beatrice Hildebrand, Der Kleine Buch Verlag, Karlsruhe

    Umschlaggestaltung: röger & röttenbacher GbR, r2 | Büro für Gestaltung, www.roeger-roettenbacher.de

    Umschlagbilder:

    Weinglas: Sheli Jensen/shutterstock.com

    Fliege: Smit/shutterstock.com

    Tischdecke: Zerbor/shutterstock.com

    Satz & Layout: Satzpunkt Ursula Ewert GmbH, Bayreuth

    E-Book Konvertierung & Formatierung: Beatrice Hildebrand, Der Kleine Buch Verlag, Karlsruhe

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes (auch Fotokopien, Mikroverfilmung und Übersetzung) ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt auch ausdrücklich für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen jeder Art und von jedem Betreiber.

    ISBN 978-3-7650-2116-9

    Dieser Titel ist auch als Printversion erschienen: ISBN 978-3-7650-8803-2

    http://www.derkleinebuchverlag.de

    http://www.facebook.com/DerKleineBuchVerlag

    Für Angi, die mich auf die Idee brachte,

    und Ilona, ohne deren Zuspruch

    es bei der Idee geblieben wäre

    Prolog

    Wo sich alsbald herausstellt, dass

    fünf bejahrte „Tatort"-Boykotteure

    mörderische Phantasien entwickeln,

    wobei sie auch noch lachen

    „Ich pfeife auf den ‚Tatort‘! Es ist doch bescheuert, deshalb das Abendessen auf den Nachmittag vorzuverlegen!"

    So sprach, nein, rief Ellen Vingard aufgebracht in den Speisesaal, wo sich etliche Bewohner der Senioren-„Residenz am Rebhang" über ihre Teller beugten. Und da Ellen erstens mit ihrem Aufschrei abrupt die gediegene Ruhe unterbrach und zweitens statt pfeifen ein ausdrucksstärkeres Wort benutzte, das hier nicht wiedergegeben werden soll, war der Eklat perfekt.

    Köpfe wurden fassungslos geschüttelt, Hälse in Richtung der Störenfriedin gereckt, Messer und Gabeln fallen gelassen. Einige Herrschaften biblischen Alters wähnten sich offenbar dem Weltuntergang nahe und verließen erhobenen Haupts und betont langsam mit schrägem Blick auf Ellen den Raum.

    Nur einer hielt nicht an sich. Er lachte. Er lachte so laut und so erheitert, dass ein paar Herren, vor allem aber Damen (warum, wird später erklärt werden) ein Lächeln wagten, das hier und da an ein sattes Grinsen erinnerte: Willy Weimar, allseits bekannt für seinen Widerstand gegen Verordnungen, die er für Blödsinn hielt und auch ohne Hemmungen öffentlich als solchen bezeichnete, ergötzte sich offenkundig. Er lachte über den – wie er es nannte – neuesten Streich unserer hochverehrten Direktion. Die hatte nämlich vor zwei Wochen verfügt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner das sonntägliche Abendessen im Speisesaal eine Stunde früher als bisher, nämlich um 17:30 Uhr zu beginnen und spätestens bis 18:45 Uhr zu beenden hatten. Damit sollte dem Personal die Möglichkeit gegeben werden, pünktlich zum Fernseh-„Tatort" daheim oder in der hauseigenen Unterkunft zu sein.

    Wer es also nicht vorzog, sich in der Kochnische seines Appartements selbst zu beköstigen, war somit gehalten, sich die übliche Nachtsuppe, gefolgt von einem garnierten Wurst- oder Käsebrot sowie 1 Stück Obst, zu frühester Stunde einzuverleiben und damit, rein praktisch gesehen, auf die Nachmittagstorte zu stapeln.

    Die Mehrheit der Rebhänger, wie sie in der Stadt genannt wurden, schluckte diese Kröte schulterzuckend: Die Geräusche, die jeden Sonntagabend aus den Appartements auf die Gänge drangen, verrieten, dass auch sie sich mit Passion und vergnüglichem Grauen dem Mordsspektakel hingaben.

    Nur eine sehr übersichtliche Schar Renitenter wagte den Protest, natürlich vergeblich. Auch der Versuch, durch beharrliches Verweilen die Schließung des Speisesaals zu verhindern oder wenigstens hinauszuzögern, fruchtete nicht. Auch nicht an diesem Abend.

    „Das Personal will heim, um fernzusehen – dass ich nicht lache", meinte Frau von Treskamp etwas spitz zu ihrer Tischnachbarin, die Marie Mahler hieß und Fernsehen prinzipiell als überflüssig ablehnte.

    „Blödsinnige Idee", sagte diese dann auch kopfschüttelnd.

    „Personal durfte in unserem Haushalt jedenfalls nicht fernsehen", schob Frau von Treskamp hinterher.

    „Vermutlich, weil es damals noch kein Fernsehen gab", rief Willy Weimar, der einzig verbliebene Herr der abendlichen Essensrunde, aus der Ecke am Fenster hinüber. Worüber die beiden anderen noch bei Tisch sitzenden Bewohnerinnen natürlich lachten. Denn erstens lachten sie ohnehin gern und zweitens über alles, was Willy Weimar ebenso häufig wie scharfsinnig von sich gab.

    Außer der sonntäglichen Vorverlegung des Abendessens war noch etwas neu: Es durfte dazu grundsätzlich kein Wein mehr ausgeschenkt werden. Die Begründung der Direktion, vertreten durch die Hausdame Madame Belfour (sie war mit einem Elsässer verheiratet und ungemein stolz auf ihren französischen Namen), bestand aus zwei dürren Sätzen: Erstens sei es zu früh am Tage für Alkohol und zweitens verleite Weingenuss zum Verweilen im Speisesaal, wodurch das ohnehin geplagte Personal zusätzlich belastet werden würde. (Letzteres erklärte Madame Belfour nur auf drängende Nachfrage und unter vier Augen.) Publik wurde diese Regelung, die nicht am Schwarzen Brett oder durch Rundbrief an die Bewohnerschaft bekanntgegeben worden war, am ersten Tag ihrer Inkraftsetzung.

    Frau von Treskamp war indigniert. „Wenn ich ein Glas Wein wünsche, muss es mir serviert werden. Schließlich bezahle ich dafür, und vermutlich einen überhöhten Preis, und außerdem bin ich alt genug, um selbst zu entscheiden, was mir gut tut und was nicht." Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf, was ihr hochgestecktes weißes Haar als Aufforderung ansah, sich ein wenig Freiheit zu gönnen. Ein entschlossener Treskampscher Zugriff stellte die Ordnung wieder her.

    „Ich trinke nie Alkohol, meldete sich Marie Mahler, die als Naturfee von manchen im Haus belächelt wurde, „aber selbst ich bin gegen dieses Verbot. Sie warf dabei einen heimlichen Blick auf Willy Weimar, der – was alle wussten – ein Freund guten Weins war und den sie keinesfalls mit einer Bemerkung im Sinne von Alkohol gehört sowieso verboten verprellen wollte.

    Willy Weimar hielt Wein nicht für Alkohol, also jugend- und seniorengefährdend, sondern für eine Gabe Gottes und konnte aus dem Stegreif ein knappes Dutzend Bibelstellen zitieren, in denen der Rebensaft gepriesen wurde.

    Hildegard Boesing, die auch zum Kreis der Renitenten zählte, trank gern Wein, wenn er ihr von jemandem spendiert wurde; ihr angeborener Geiz ließ es auch nicht zu, sich in den eigenen vier Wänden bescheidenen bacchantischen Freuden hinzugeben – es sei denn, sie hatte Gäste eingeladen, die ihn mitbrachten.

    Ellen Vingard, eine weitere Protestlerin, war eine Frohnatur aus dem Rheinland, die nach eigenem (unter Alkoholeinfluss erfolgtem) Geständnis Wein bereits mit der Muttermilch aufgesogen hatte. Sie platzte jetzt mit „Ihr seid doch bescheuert!" heraus, womit sie die Direktion meinte und Madame Belfour als deren einzig greifbarer Vertreterin einen vernichtend gemeinten Blick zuwarf. Diese hatte sich, wohl zur allgemeinen Warnung, kurz in der Tür gezeigt. Sie zuckte die Achseln und verschwand. Punkt 18:45 Uhr – die überdimensionale, digitale Wanduhr zeigte es an – erschien Madame erneut und klatschte tatsächlich in die Hände.

    Nein, Huschhusch ins Körbchen, Kinder rief sie nicht, aber mahnte unüberhörbar: „Herrschaften, es ist Zeit. Der Saal wird geschlossen. Wer nicht fertig mit Essen ist, darf den Rest mit nach oben oder ausnahmsweise in den ,Salon am See‘ nehmen."

    Letzteres war eine kleine Sensation, denn in besagtem Salon war es offiziell untersagt, Speisen und Getränke zu konsumieren. Es gab auch weder Stühle noch geeignete Tische, sondern zierliche Sessel und Beistellhocker, auf denen Lampen standen. Allerdings hätten nicht nur jene Bewohner, die sich mit Krücken, Gehstock, Rollator oder Rollstuhl fortbewegten, gewisse Schwierigkeiten gehabt, die Reste ihres Essens in den Salon zu balancieren. Auch die letzten fünf Speisesaalvertriebenen, die dem Leser bereits bekannt sind, taten sich schwer damit. Als die ersten Garnierungen in Gestalt eines erschöpften Salatblatts mitsamt einem Tomaten- und Eiviertel, die beide schon bessere Zeiten gesehen hatten, zu Boden gingen, hatte Madame Belfour – kurz Mambell genannt – ein Einsehen und organisierte zum Transport zwei Teewagen aus der Küche, die anschließend als Tische missbraucht wurden.

    Im Salon am See entlud sich der Ärger in bissigen Kommentaren.

    „Un-ge-heu-er-lich, dieses Diktat, schimpfte Frau von Treskamp und sah wütend in die Runde. „So etwas hätte es früher nicht gegeben! Wobei offen blieb, was sie mit früher meinte und welchen dazugehörigen Ort sie dabei im Visier hatte.

    „Da gab es auch keine Residenzen für Senioren, sondern höchstens Altenverwahranstalten", warf Willy Weimar ein und grinste. Er war sich nicht bewusst, dass er angesichts der neuerlich gefährdeten Frisur der Dame von Treskamp automatisch in den eigenen, allerdings weitgehend imaginären Schopf griff: Ihm waren nur ein paar weiße Strähnen geblieben, die er nach Altherrensitte sorgsam quer über den Schädel drapierte. Böse Zungen behaupteten, er zähle seine Haare jeden Tag vor dem Spiegel, was natürlich stark übertrieben war.

    „Das mit dem Wein ist nicht so schlimm, meldete sich Ellen Vingard, die Mühe hatte, ihren schütteren, gelblich-weißen Kopfschmuck in eine Frisur zu zwingen. „Schlimm finde ich, dass man uns zum frühen Essen verurteilt, bloß damit das Personal fernsehen kann.

    „Gibt es da sonntags überhaupt was?", erkundigte sich Marie Mahler, die, wie wir wissen, Fernsehen für überflüssig hielt.

    „Sonntag ist ,Tatort‘-Abend, erklärte ihr Hildegard Boesing kopfschüttelnd, „dass weiß doch jeder!

    „Ich bin nicht jeder, schoss Marie zurück. Worauf ihr Hildegard Boesing ein „Das gehört schließlich zur Allgemeinbildung an den Kopf warf.

    „Allgemeinbildung oder nicht, liebe Frau Boesing, mischte sich Ellen Vingard ein, die das oe von jeher gestört hatte, weil es nach ihrem Rechtschreibempfinden nach einem simplen ö verlangte, ja, mehr noch, geradezu schrie (sie war eine pensionierte Lehrerin für Deutsch und Leibesübungen). Aber die Boesing lehnte das mit einem indignierten „Pfff ab.

    „Tatsache ist, fuhr Ellen Vingard fort, „dass es im Fernsehen von Kriminalfilmen geradezu wimmelt. Da wird gemordet auf Deubelkommraus, und je gemeiner, desto besser. Zu lachen gibt’s da nichts.

    „Wollen Sie etwa über Morde lachen?", fragte Frau von Treskamp peinlich berührt.

    „Das nicht direkt, jedenfalls nicht immer, bekannte Ellen, um Schadensbegrenzung bemüht. „Aber muss denn alles so detailliert grausam sein? Gibt es nicht auch Geschichten aus dem Alltag, in denen wir an Situationen klammheimlich Spaß haben, weil sie uns an gewisse eigene Wünsche, ja womöglich Mordgelüste erinnern?

    „Soso, die Dame hat Mordgelüste", stellte Willy Weimar schmunzelnd fest. Er wehrte erfolgreich einen Einwurf von Hildegard Boesing ab, die gerade tief Luft geholt hatte, um ihre Meinung kundzutun.

    Alle fünf des Speisesaals Verwiesenen machten es sich auf den Sesselchen und dem (einzigen) Minisofa bequem. Marie Mahler hatte nach Beendigung der Restmahlzeit das Geschirr ordentlich gestapelt und auf einen der Teewagen gestellt, und nun herrschte eine gewisse Erwartungshaltung. Die vier Damen sahen den einzigen Herrn in der Runde an, als ob dieser die Erwartungen zu erfüllen hätte. Und, siehe da, er tat es.

    „Ein Gelüst habe ich allerdings auch, gab er zu. „Mir fehlt etwas Wesentliches, nämlich ein Abendtrunk. Mein Hals ist trocken. Ich geh hinauf zu mir, um eine Flasche Wein zu holen. Wer mag auch einen?

    „Warum nicht?" (Frau von Treskamp)

    „Oh, wie nett." (Ellen Vingard)

    „Darf man hier überhaupt trinken?" (Hildegard Boesing)

    „Hier ist Essen und Trinken verboten, und außerdem gibt es gar keine Gläser." (Marie Mahler)

    Willy Weimar lachte, stand auf, griff sich den freien Teewagen und verschwand.

    „Fernsehkrimis gehen mir auf den Geist, nahm Ellen Vingard den Faden wieder auf. „Es ist doch immer dasselbe: Mord, tatütata, die Polizei guckt ratlos, bis der Kommissar oder die Kommissarin – ekelhaft, solche Frauen – den Täter aus dem Zylinder zieht. Oder so ähnlich. Amüsant ist da nix.

    „Mord soll ja auch nicht amüsant sein, stellte Hildegard Boesing klar, „sondern lehrreich.

    „Genau! Damit wir lernen, wie wir’s machen sollen."

    Es war Willy Weimar, der – eine Flasche im Arm und einen Karton mit Gläsern auf dem Teewagen – den Salon betrat. Er räumte die Lampe vom Beistellhocker neben seinem Sessel, stellte die bereits geöffnete und wieder zugekorkte Flasche und fünf Probiergläser daneben, die ein Zehntele fassten, wie man in Baden sagt, und so robust waren, dass man sie umwerfen konnte, ohne dass sie zu Bruch gingen.

    „Wir sollen hier doch nicht…", begann zögernd die gute Marie, woraufhin ihr Willy Weimar das erste Glas in die Hand drückte und damit zum Schweigen brachte. (Sie schaute allerdings trotzdem rasch aus der Tür, um sich zu vergewissern, dass Mambell nicht unterwegs war.)

    Willy Weimar füllte unterdessen seelenruhig Glas für Glas.

    „Was ist das für ein Wein?", fragte Hildegard Boesing nicht ohne gewisse Skepsis in der Stimme. Männern und Wein näherte sie sich prinzipiell etwas misstrauisch, weil man bei beiden nicht wusste, wie der Morgen danach aussehen würde. Sie hatte einige diesbezügliche Erfahrungen mit ihrem Gatten gemacht, der nach reichlichem Genuss des Rebensafts – es mögen auch einige Williamsbirnen dabei gewesen sein – aus einem Fenster des Hochparterres gefallen und auf dem Bürgersteig irgendwie doch glückselig verschieden war.

    „Dies ist ein Gutedel, erklärte Willy Weimar. „Ein frischer, fruchtiger, leichter Weißer, der keine Kopfschmerzen macht.

    „Na denn, wagen wir’s getrost", sagte Ellen Vingard mit einem Blick auf Willy Weimar, der ihm zu sagen schien: Weil du’s bist.

    „Ganz ordentlich, befand dann auch Frau von Treskamp. „Und wo kommt der Gutedel, oder wie der heißt, her?

    „Das ist eine Rebsorte, die ursprünglich aus Ägypten stammt und von den alten Römern ins Markgräflerland eingeschleppt wurde. Und das Markgräflerland finden Sie so etwa zwischen Freiburg und Basel."

    „Nicht schlecht", urteilte auch Ellen Vingard.

    Hildegard Boesing versank schweigend in Erinnerungen, und Marie, die Gute, platzte mit „Die spinnen, die Römer" heraus. Sie hatte ihr Glas in zwei Zügen geleert und stellte sich vor, wie die alten Lateiner auf ihren gepolsterten Liegen geschmaust und wacker gebechert hatten. Das schien ihr zu imponieren.

    Alsbald entspann sich eine lebhafte Diskussion über die Frage, ob ein von jenseits der Alpen durch römische Kohorten eingeschleppter Wein hierzulande überhaupt heimisch sei, und es war zum Erstaunen aller die gute Marie, die zur Debatte stellte, ob dieser Wein angesichts seines Migrationshintergrunds als deutsch bezeichnet werden dürfe.

    In das folgende gedankenschwere Schweigen warf Willy Weimar eine ganz banale und völlig überflüssige Frage ein: „Es ist kurz nach acht, in zehn Minuten beginnt der ,Tatort‘. Will den jemand sehen?"

    Keine der vier Damen machte Anstalten, den

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