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Rübezahl: Sagen aus dem Riesengebirge
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Rübezahl: Sagen aus dem Riesengebirge
eBook241 Seiten3 Stunden

Rübezahl: Sagen aus dem Riesengebirge

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Über dieses E-Book

Rübezahl
Wer kennt ihn nicht, den Herrn der Berge?
So sind diese Sagen den Lesern sicherlich bekannt. Das Taschenbuch ist der Nachdruck eines Sagenbuches aus dem Jahr 1900. Die Frakturschrift wurde wortwörtlich abgeschrieben. Daher entbehren die Geschichten jedweder deutschen Rechtschreibreform. Auch die Sprache ist etwas anders, als die, die heute verwendet wird.
Damit ist dieses Buch eine Besonderheit, weil sie die Kultur von vor einhundert Jahren bewahrt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Feb. 2014
ISBN9783943948226
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    Buchvorschau

    Rübezahl - Verlag Saphir im Stahl

    dar.

    Erste Kapitel.

    Der Geist des Riesengebirges

    In uralten Zeiten hauste im Riesengebirge ein Erdgeist von gar gewaltiger Macht, wie sie nur eben Geistern zu Gebote steht. Zwar hatte noch kein Bewohner des Gebirges den mächtigen Geist gesehen, doch wußten alle von seiner Existenz. Ja, einige alte Leute wollten ihn sogar auf einsamen Wegen im Gebirge gesehen haben, aber sie fanden wenig Glauben mit solchen Erzählungen, denn da einer die äußere Erscheinung des Erdgeistes immer anders beschrieb als der andere, so fand eben keiner Glauben.

    Dennoch existierte der Geist. Er war aber kein Erdgeist, sondern ein Berggeist, der sich nur in seiner unterirdischen Behausung im Gebirge wohl fühlte, denn hier war er der eigentliche Herrscher auf vielen Meilen in der Runde, Tausende von Nixen und Gnomen waren ihm untertan und befolgten seine Befehle, und mit so königlicher Macht ausgestattet, konnte sich der Berggeist wohl behaglich fühlen in seinem Reiche, denn sein Anweisungen zu geben, wie sie es anzustellen hätten, daß alles in dem unterirdischen Reiche auch seinen richtigen Gang ging.

    Das war nun freilich nicht so leicht; denn da war gar vieles zu beobachten und zu regeln. Zunächst mußten die Bergadern täglich nachgesehen werden, welche die Kohle und Erze und sonst edles Gestein als Silber und Gold enthielten, damit sie den fleißigen Bergleuten auch den Lohn für ihre saure Arbeit sicherten. Dann wieder mußten die Gärten gut instand gehalten werden, damit oben im Gebirge die wunderbaren Heilkräuter nicht ausgingen, und schließlich mußten die Gnomen auch fleißig das Feuer schüren, denn nur so konnten die sprudelnden Heilquellen warm erhalten werden, die sich im Gebirge ergossen und zu denen alljährlich im Sommer viele Tausende von Kranken von weither pilgerten, um Genesung für ihre Leiden zu finden. Dann mußten wieder andere Quellen mit dem nötigen Salz versehen werden oder mit bitteren Kräutern, damit sie den Kranken die stärkende Arznei ersetzten.

    Kurz, der Berggeist hatte vollauf zu tun, wenn alles in seinem Reich ordnungsmäßig zugehen sollte, ob er gleich nur zu kommandieren nötig hatte. So kam es denn, daß er sich um das Getriebe auf der Erdoberfläche wenig kümmerte, denn was gingen ihn denn auch die Wesen an, die sich oben über ihm in dem Gebirge tummelten, und die doch nur ein so kurzes Dasein hatten, daß es für einen Berggeist und noch dazu für einen, der auf guten Ruf hielt, gar nicht lohnte, sich mit ihnen abzugeben.

    Nur aus Neugier verließ er wohl ab und zu sein Reich, um einen kleinen Abstecher auf die Erdoberfläche zu machen, wenn er aber dann das Treiben der Menschen sah, wenn er beobachtete, wie sie, einer auf den anderen neidisch, sich gegenseitig mit List und Tücke verfolgten, Freundschaft heuchelten, während sie doch Feindschaft im Busen nährten, dann war er immer froh, wenn er von solch einem Ausflug wieder in das Innere seiner Berge zurückgekehrt war.

    Doch ganz ohne Nachteil sollten die Besuche, die der Berggeist der Oberfläche der Erde abzustatten pflegte, für ihn nicht bleiben. „Böse Beispiele verderben gute Sitten." Dieses Sprichwort sollte sich auch an dem Berggeist erfüllen. Durch seinen, wenngleich nur seltenen Rückkehr mit den Menschen, hatte er zuletzt, ohne daß er es selbst ahnte, viele Eigenschaften der Menschen angenommen, die sich mit dem Wesen eines rechtschaffenen Berggeistes gar nicht vertrugen. Indem er es bald dem einen, bald dem anderen Menschen gleichtun wollte, nahm er auch dessen Charakter an, und so war er denn bald eitel, bald bescheiden, bald gutmütig, bald hart und unbarmherzig, so daß er eigentlich einer Wetterfahne glich.

    Darunter hatten denn wieder die Gnomen schwer zu leiden, die ihrem Herrn nichts recht machen konnten. Bald hatten sie das Gestein und Erz nicht ordentlich abgeteilt, bald das Feuer für die warmen Quellen nicht gut genug geschürt, bald wieder die balsamischen, heilkräftigen Kräuter nicht gut gemischt, kurz, immer gab es Neues, worüber ihr Herr, der Berggeist, in Zorn geriet und sie rüffelte.

    Wenn er sich dann ordentlich ausgetobt hat, begab er sich meist auf die Erdoberfläche, um sich die Zeit zu vertreiben, denn so oft er auch bei den Menschen erscheinen mochte, immer fand er des Neuen gar viel, immer Leute, die er vorher nie gesehen hatte, immer Dörfer, die plötzlich neu erstanden waren.

    Das war aber ganz natürlich, denn des Menschen Erdenwallen währt nur kurze Zeit, während der Berggeist, da er ewig lebte, keine Zeit kannte, für ihn glichen hundert Jahre einer Minute, tausend Jahre zehn Minuten unserer Zeitrechnung. In tausend Jahren aber gehen gar gewaltige Veränderungen vor, und so war es kein Wunder, daß der Berggeist bei jedem Besuch auf der Erdoberfläche auch stets alles vollkommen verändert fand; selbst die Menschen, die nach Tracht, oft sogar der Sprache nach von denen verschieden waren, die er an der gleichen Stelle vorher gesehen hatte.

    Das aber war es, was den Berggeist reizte, seinen Besuch oft zu wiederholen, denn wenn er auch ein Geist war, liebte er doch die Abwechslung. Obgleich er im Grunde genommen die Menschen nicht besonders liebgewonnen hatte, hegte er doch schon lange den Wunsch, einmal unter ihnen zu leben, um sie genauer kennen zu lernen, denn da er als Geist die Macht hatte, überall einzudringen, sich auch jede Gestalt zu geben, wollte er die Menschen einmal im Umgange genau studieren, nicht nach dem Schein, sondern nach dem Sein urteilen, um ihnen nicht unrecht zu tun.

    Zweites Kapitel.

    Wie der Berggeist sich zuerst als Knecht, dann als Schäfer und darauf als Diener bei einem Richter verdingt, aber überall nur schlechten Dank für seine Mühe erntet.

    Kaum hatte der Berggeist diesen Entschluß gefaßt, als er sich auch auf die Erdoberfläche begab, um sein Vorhaben auszuführen. Das Glück war ihm günstig, denn kaum hatte er die Oberwelt betreten, als er auch ein großes Dorf erblickte, an einer Stelle, wo bei seinem letzten Besuche noch ein mächtiger Wald seine Baumriesen ausgebreitet hatte. Schmucke Bauerngehöfte, von saftigen Wiesen umgeben, zeugten von der Wohlhabenheit ihrer Besitzer, und ein der derselben stand eben am Scheunentor und beobachtete behaglich schmunzelnd, wie die Knechte und Mägde die goldene Ernte einfuhren.

    „Wirst es einmal mit diesem versuchen," dachte der Berggeist, während er sich in einen Knecht verwandelte und im nächsten Augenblick nach höflichen Gruß den Bauer um einen Dienst ansprach. Der Bauer ließ seine Blicke mit schlichtem Wohlgefallen auf dem stattlichen Knecht ruhen, der etwas Tüchtiges zu leisten versprach; bald waren beide über den Lohn einig und der Berggeist zog bei dem Bauer als Knecht ein.

    Der Bauer konnte sich zu dem neuen Knecht wohl gratulieren, denn kein anderer Knecht im Dorfe konnte auch nur den zehnten Teil von dem schaffen, was der neue Knecht leistete. Jeder im Dorfe beneidete den Bauer um einen so guten Knecht. Der Bauer aber tat, als merke er nichts davon, ja er entließ noch zwei andere Knechte, so daß der neue Knecht nun die Arbeit für drei zu verrichten hatte. Das schien aber den außerordentlich fleißigen Knecht gar nicht anzustrengen, denn spielend verrichtete er die Arbeiten, alles ging ihm leicht von der Hand, und es war, als ob ein Segen auf allem ruhte, was er verrichtete.

    Das war aber seinem Herrn sehr recht, denn nun durfte er selbst faulenzen und konnte sich am Tage in der Scheune umhertreiben und die Zeit beim Spiel vergeuden, weil er ja wußte, daß die Arbeit daheim doch verrichtet und der Acker zu seiner Zufriedenheit bestellt wurde. Da er aber den ganzen Tag nur damit zubrachte, sein Geld zu verprassen, so kam es daß er seinem braven Knecht nicht einmal den sauer verdienten Lohn zahlen konnte.

    Das war nun dem Knecht nicht recht, der deshalb den Dienst verließ und gerade keinen guten Begriff von der Dankbarkeit der Menschen aus dieser ersten Stelle mitnahm. Aber da er die Menschen doch nicht gern nach einem einzigen beurteilen wollte, so beschloß er noch einen anderen Dienst anzunehmen, wozu sich ihm auch bald Gelegenheit bot.

    Der Nachbar des Bauern, bei dem der Berggeist eben so böse Erfahrungen gemacht hatte, suchte um diese Zeit gerade einen Hirten für seine Scharfherde. Flugs bot sich der Berggeist für diesen Dienst an, und da er als fleißig und ehrlich bekannt war, wurde er auch sogleich angenommen. Wieder versah der Berggeist als Hirt sein Amt mit Umsicht und Treue, und es war, als ob auch in dem neuen Dienst ein Segen auf allem ruhte, was er unternahm. Die Herde, die ihm anvertraut war, gedieh unter seinen Händen. Er wußte die besten Stellen im Gebirge aufzufinden, die die saftigsten Kräuter boten, so daß die Schafe nicht nur gediehen, sondern auch die beste und feinste Wolle versprachen. Seitdem der Berggeist die Schafe hütete, stürzte keines mehr im Gebirge ab, auch wurde kein Schaf von einem Wolfe zerrissen, was vordem nur zu oft vorgekommen war.

    Da glaubte denn der Knecht, sein Herr würde sich dankbar zeigen für die treuen Dienste, die er ihm leistete. Doch das war weit gefehlt. Der Bauer war wohl mit seinem neuen Hirten sehr zufrieden, aber er ließ sich das nicht merken, weil er gern am Lohn feilschen wollte. Er war nämlich ein Geizhals, einer von den Menschen, die nie genug haben, sondern nur immer darauf bedacht sind, einen Gulden zum anderen zu fügen, um sich an dem angesammelten Reichtum zu erfreuen. Deshalb sann er nur darauf, wie er den treuen Hirten um seinen Lohn betrügen konnte. Da er keinen Grund dafür fand, so stahl er eines Tages den besten Widder aus der Schafherde und zog den Wert desselben dem Hirten von seinem kümmerlichen Lohn ab.

    Da war der Berggeist sehr zornig, denn er hatte nun bereits zum zweiten Male eine gar böse Erfahrung mit den Menschen gemacht, so daß er begann, die Menschen insgesamt für schlecht und treulos zu halten. Doch er mochte nicht zu schnell urteilen, deshalb sagte er sich:

    „Bisher hast du nur die Bauern auf dem Dorfe kennen gelernt, die doch eigentlich ganz ohne Unterweisung in Tugenden aufwachsen, vielleicht sind die Menschen in den Städten besser geartet. Ich werde es einmal mit ihnen versuchen."

    Das Glück war ihm günstig, denn kaum hatte er diesen Vorsatz gefaßt, als er auch hörte, daß der Richter in Hirschberg einen Polizeigehilfen suchte. Flugs meldete er sich für diesen Posten. Da er von großer, kräftiger Gestalt war, so daß man schon glauben konnte, daß er den Dieben, Räubern und Wegelagerern Furcht einflößen würde, nahm ihn der Richter sofort an, setzte ihn in das neue Amt ein, daß der Berggeist nun mit Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit versah, so daß das Diebesgesindel bald aus der Gegend verschwand, da ihm die Bekanntschaft mit dem Galgen doch zu bedenklich schien.

    Damit war aber dem Richter gar nicht gedient, denn er hatte oft genug mit den Dieben gemeinsame Sache gemacht, die Beute mit ihnen geteilt und sie, wenn sie erwischt wurden, laufen lassen. Dadurch hatte er seinen Sold derart aufgebessert, daß er mit der Zeit ein wohlhabender Mann geworden war. Diese Einnahmequelle wurde ihm aber nun durch den Rechtssinn des neuen Polizeidieners sehr zu seinem Schaden geschmälert, weshalb er demselben wenig Dank wußte.

    Das merkte der Berggeist denn auch nur zu bald, er sah, daß der Richter käuflich war und das Recht beugte, wenn er dadurch Vorteil für sich erzeugen konnte, und deshalb gab er dienst als Polizeidiener auf, verließ die Stadt und nahm sich vor, gar nicht mehr mit den Menschen in Berührung zu kommen, die er für schlechte Geschöpfe hielt. Ja, als er auf seinem Wege, hoch vom Gebirge aus, die Blicke über die Welt schweifen ließ, die blühenden Gefilde, Berg und Tal überschaute, die blumigen Wiesen und klarsprudelnden Quellen, da mochte er gar nicht begreifen, daß eine so schöne Welt einem so verderbten, treulosen Geschlecht wie den Menschen zu eigen gegeben worden war, mit denen er noch eben so böse Erfahrungen gemacht hatte. Uebellaunig ob dieser bösen Erfahrungen, wollte er sich in sein unterirdisches Reich zurückziehen, um dasselbe nie wieder zu verlassen, als ihn plötzlich ein ganz sonderbares Abenteuer aufhielt und in seinem Entschluß wankend machte.

    Drittes Kapitel.

    Wie der Berggeist die reizende Tochter des Herzogs von Schlesien erblickt, in Liebe zu der wunderholden Prinzessin entbrennt und sie in sein unterirdisches Reich entführt.

    Als der Berggeist eben von Menschenhaß erfüllt, in sein Reich zurückkehren wollte, stand er plötzlich wie geblendet vor einem Bild, wie er es ähnlich noch nie erschaut hatte, und das ganz dazu geschaffen war, ihn wieder mit der Oberwelt auszusöhnen; denn der Anblick, der sich ihm bot, war so entzückend, so berauschen, daß er sich nicht davon zu trennen vermochte, und ein süß-sehnendes Gefühl in seinen Herzen einzog, wie er es bis dahin nie gekannt hatte, so daß er immer und immer wieder das bezaubernde Bild betrachten mußte.

    Um diese Zeit regierte in Schlesien ein stolzer Herzog, dem ein großer Teil des Landes Untertan war. Der Herzog hatte ein mächtiges Heer, besaß viele Städte und Schlösser, wie auch unermeßliche Schätze; der herrlichste Schatz aber war ihm in seinem einzigen Kinde, der lieblichen Prinzessin Emma beschieden, die von so seltener, bezaubernder Schönheit war, daß es fast schien, als wäre sie ein Engel, direkt vom Himmel herniedergestiegen, um die Menschen durch ihren Anblick zu entzücken.

    Wie alltäglich nahm die liebreizende Prinzessin in einem silberklaren Bach ein Bad, während ihre Gespielinnen sich in heiteren, unschuldsvollen Scherzen in der Nähe des Baches fröhlich tummelten, um die holde Gebieterin zu erheitern. Wie nun der Berggeist die liebliche Prinzessin erblickte, da war es ihm, als ob er sich nie wieder von ihr trennen könne. Und dennoch mußte er sich mit Schmerz gestehen, daß die liebreizende Jungfrau nie sein werden könne, da ihm ja jede menschliche Eigenschaft abging.

    Weil er aber fürchtete, dass die wunderholde Prinzessin könnte durch seinen Anblick aus dem Bache verscheucht und er so um den bezaubernden Anblick gebracht werden, verwandelte er sich in einen Raben, flog auf einen Baum und gedachte nun unbemerkt das liebliche Mädchen zu beobachten. Aber er hatte eines nicht bedacht. Mit der Verwandlung hatte er nicht nur seine äußere Gestalt verändert, sondern auch die natürlichen Eigenschaften eines Raben angenommen, wie die diesem Vogel angeborenen Triebe. So empfand er denn auch wie ein Rabe, und eine Waldmaus hatte für ihn mehr Reiz als die liebreizende Prinzessin.

    Kaum hatte er diese Entdeckung gemacht, als er auch einen Ausweg aus der Verlegenheit fand, indem er die menschliche Gestalt annahm und sich in einen selten schönen Jüngling verwandelte, der sicher das Wohlgefallen der lieblichen Prinzessin erregen würde.

    Kaum hatte der Berggeist diese Verwandlung vorgenommen, als auch in seinem inneren Wesen eine menschliche Umwandlung sich vollzog, er fühlte plötzlich wie ein Jüngling und fand sich von dem Liebreiz der holden Prinzessin derart angezogen, daß er nur einzig daran dachte, wie er die liebliche Maid in seinen Besitz bekommen könne, um sie nie mehr von sich zu lassen. Unwiderstehlich zog es ihn zu dem Bach, in welchem die Prinzessin ihre elfenartige Gestalt in anmutsvollen Windungen untertauchen ließ, während die silberhellen Wellen die zierliche Jungfrau umspielten. Gern wäre er aus seinem Versteck gesprungen, um die Prinzessin zu überraschen und die Wehrlose mit hinunter zu nehmen in sein Reich. Doch die Scheu davor, durch solches Gebaren die Gunst des lieblichen Wesens zu verlieren, noch bevor er sie gewonnen hatte, hielt ihn davon ab.

    So beschloß er denn, sich in Geduld zu fassen und sich vorläufig mit dem Anblick der wunderschönen Prinzessin zu begnügen, bis es ihm gelingen würde, sie in seine Netze zu ziehen. Aus diesem Grunde fand er sich täglich in der Nähe des Waldbaches ein, in dem die Prinzessin zu baden pflegte. Doch viele Tage mußte er vergeblich in seinem Versteck lauern, ohne das liebliche Mädchen zu erblicken.

    Während Prinzessin Emma sonst täglich in dem klaren Waldbach ein Bad zu nehmen pflegte, hatte sie, einer Mädchenlaune folgend, durch mehrere Tage auf diese Erfrischung verzichtet, und so war es erklärlich, daß der Berggeist nach dem Anblick des liebreizenden Herzogskindes sich sehnend, fast irdischen Schmerz empfand.

    Endlich an einem schwülen Tage eilte Emma in Begleitung ihrer Gespielinnen wieder zu dem Waldbach, um im Bade Kühlung zu suchen. Wie erstaunte sie aber, als sie die Verwandlung wahrnahm, die seit ihrem letzten Besuch mit dem Waldbach und seiner nächsten Umgebung vorgegangen war. Alles hatte wie durch einen Zauber eine andere Gestalt angenommen. Die Felsen, inmitten deren sich der Waldbach befand, waren mit dem kostbarsten Marmor und Alabaster verkleidet, die Wasser, welche sonst mit tobendem Geräusch sich in den Waldbach ergossen, rauschten nun mit sanftem Murmeln dem kostbaren Marmorbassin zu, und in der Mitte des Waldbaches stieg eine Fontäne auf, deren feine duftspendende Strahlen in allen Farben des Regenbogens spielten und so ein reizvolles, immer wechselndes Bild zeigten.

    Dazu bot die Umgebung des Waldbaches so ein wunderbar duftiges Bild, daß der Beschauer davon schier berauscht wurde. Auf den noch vor wenigen Tagen fast kahlen Abhängen wuchsen Rosenhecken, welche die Gegend umher mit süßem, berauschenden Duft erfüllten: Veilchen, Nelken, Jasmin schienen darin zu wetteifern, die Umgebung des Baches mit Wohlgeruch zu durchdringen, während ganze Beete von Vergißmeinnicht dem trunkenen Auge einen lieblichen Halt boten.

    Zu beiden Seiten des Waldbachs sah man in prächtige Grotten, welche von Bergkristall gebildet, einen wunderbaren Anblick boten, farbenprächtig, funkelnd und schimmernd, wie die Prinzessin und ihre Gespielinnen es bisher nie ähnlich gesehen hatten; dazu war auch für leibliche Erfrischungen gesorgt, denn in

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