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Willkommen auf der roten Couch: Von Einer, die Platz nahm, das Fürchten zu verlernen
Willkommen auf der roten Couch: Von Einer, die Platz nahm, das Fürchten zu verlernen
Willkommen auf der roten Couch: Von Einer, die Platz nahm, das Fürchten zu verlernen
eBook90 Seiten1 Stunde

Willkommen auf der roten Couch: Von Einer, die Platz nahm, das Fürchten zu verlernen

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Über dieses E-Book

Mona hat Angst. Nicht Angst vor dem Dunkeln oder vor dem bösen Wolf, nein, Mona hat Angst vor Menschen und Situationen, in denen sie mit Menschen zu tun hat, wie bei Elternabenden, in Einkaufsschlangen und bei Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln. Und irgendwann hat sich auch Angst davor, mit Freunden in gemütlicher Runde zusammenzusitzen…
"Gutes Ankommen!“, wünscht die nette Ärtzin in der Klinik am See, in die sie sich schließlich begeben - Mona und ihre Angst. Um sich beim Steinefeilen, Körper-orientieren und in Gesprächsrunden neben Frau Schildkröte, Frau Absatz und anderen Mitpatienten eine Auszeit zu gönnen. Und sich einmal so richtig unter die Lupe zu nehmen.
SpracheDeutsch
HerausgeberFe-Medienverlag
Erscheinungsdatum17. Juli 2014
ISBN9783863570972
Willkommen auf der roten Couch: Von Einer, die Platz nahm, das Fürchten zu verlernen

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    Buchvorschau

    Willkommen auf der roten Couch - Constanze McKinney

    ...«

    Eine Woche später

    »Und, Frau S., was haben Sie heute gemacht?«

    »...!«

    Ein Dutzend Augenpaare richteten sich auf Frau S., die den Kopf unter ihrem gewölbten Rücken einzog. Scheu lugte sie unter mausigen Haarsträhnen hervor in die Runde.

    »Sie waren in der Ergotherapie, nicht wahr?«

    »...!!«

    Ratloses Schulternzucken, als hätte man sie nach einer geheimen Formel gefragt. Sie drehte sich minimal nach rechts und nickte in Richtung ihres Nebensitzers, gab weiter. Frau Schildkröte, so nannte Mona sie heimlich. Kurze aufgedunsene Arme und Beine, ein runder Panzerrücken, trübe Augen unter schweren Lidern. Außerdem, waren Schildkröten nicht auch schweigsam, faltig und wirkten traurig? Noch immer sahen alle auf Frau S. Aufmunternde, mitleidige, gleichgültige und ungeduldige Blicke. »Sie waren halt da, Frau S., gell?«, so erlöste der Gesprächsrundenleiter die Schweigsame in tätschelndem Ton. »Dann noch einen schönen Abend.« » ....«, sagte Frau Schildkröte. »Schönen Abend«, murmelte es rundum im Chor. Und weiter ging es. Alle Augen fuhren zum nächsten Stuhl, auf dem eine hübsche junge Frau mit ihrem übergeschlagenen Bein wippte und ihre perlmuttfarben schimmernden Fußnägel betrachtete.

    »Und, Frau D., was haben Sie heute gemacht?«

    »Also, eigentlich hatte ich einen guten Tag. Bis jetzt.« Schlanke, manikürte Hände fuchtelten vor schräg stehenden, wimpergetuschten Augen. »Heute Morgen hatte ich ein Gespräch. Lief ziemlich gut.« Fuchtel, fuchtel. »In der Mittagspause ging ich nach Hause und machte ein bisschen Haushalt, fütterte die Katze.« Fuchtel. »Heute Nachmittag war ich in der Gartengruppe. War auch interessant.« Fuchtel. »Und jetzt habe ich eben bemerkt, dass ich zwei Pickel bekommen habe.« Dramatische Pause, dann fuchtel, fuchtel (doppelt so schnell). »Auf jeder Wange einen, wie schrecklich!!« Fuchteln stoppte abrupt. Braungebrannte Zeigefinger mit perfekt geformten Nägeln deuteten auf hoch stehende Wangenknochen. Auf die nun alle starrten, um die Verursacher der schrecklichen Nachricht zu erspähen; kaum zu erkennen unter makellosem Make-up. Mona lachte. Laut, schrill und als einzige. Strafende Blicke trafen sie. »Na, wenigstens sind die Pickel symmetrisch, auf jeder Seite einer.« Der Leiter der Runde lächelte verständnisvoll. Und richtete seine Augen auf den nächsten in der Runde, der erläutern durfte oder sollte, wie er oder sie den Tag verbracht, welche Erfahrungen er oder sie gesammelt hatte und wie er oder sie sich fühlte. Mona hatte noch zwei Personen vor sich, dann war sie an der Reihe. Ihr war heiß, ihr Herz tickte in ihren Ohren wie eine Zeitbombe, die Wellen der Angst in Hochfrequenz aussandte. Sie hasste Stuhlkreise; hatte sie schon im Kindergarten gehasst. Damals war sie regelmäßig ausgebüchst. Um umgehend wie eine Gefangene zurückgezerrt zu werden. Zurück in die Grashüpfergruppe, wo sie zwischen die anderen Grashüpfer auf einen Stuhl gesetzt wurde und »Zeig her deine Füße« singen musste; ohne zu hüpfen. Hüpfen durfte sie nur zu vorgegebenen Zeiten. Dem Drang zu entfliehen widerstand sie hier. Sie war schließlich 35 Jahre älter. Und aus freien Stücken hier. Hier war eine psychiatrische Tagesklinik, in die ihre Therapeutin sie gesandt hatte. »Ich mache mir Sorgen um sie«, hatte sie gesagt. »Probieren Sie es aus, Sie können jederzeit abbrechen.« Das war, nachdem Mona ihr erzählt hatte, wie sie auf dem Weg zur Arbeit Halt gemacht und in den Fluss gesehen hatte. Sie hatte sich vorgestellt, wie sie sich ihrer Kleidung entledigen, diese ordentlich auf einem großen Stein zusammenfalten und sich ins Wasser begeben würde. Sie unterließ es zu erwähnen, dass sie für so eine Tat viel zu nett war. Denn irgendein armes Schwein würde sie ja finden müssen. Nackig und aufgedunsen. Ehrlich gesagt hätte sie dieses Detail auch gar nicht erwähnen können, denn an jenem Morgen hatten die netten Gedanken über Nacht das sinkende Schiff verlassen. Sie konnte es ihnen nicht verübeln, irgendwann war das Maß voll. Und sie waren nicht die ersten, die genug von ihr und ihren trostlosen Phasen hatten, sich andere Territorien suchten oder einfach verflogen. Zurück blieb der Schmerz. Bei jedem Atemzug sog sie ihn in ihren Körper hinein, wo er sich rasend schnell verbreitete; wie ein hochwirksames Gift, das die Gliedmaßen lähmte und die Sinne vernebelte.

    Tatsache war, sie galt als instabil und würde in Kürze von den Blicken der Betreuer und Mitpatienten aufgespießt werden. Eine Meute fremder Menschen, vor denen sie berichten sollte, wie sie den Tag verbracht hatte und wie es in ihr aussah. Die Frau neben ihr skizzierte stichwortartig das Layout ihres Tages. Auch nicht viel anders, als der der anderen. Frühstück, Morgengymnastik, Therapie, Mittagessen, Therapie, »allen einen schönen Abend«. »Schönen Abend«, hallte es wider. Sie war an der Reihe. Alle starrten auf ihre verschränkten Arme, ihre umeinander geschlungenen Beine, ihr erhitztes Gesicht. Es gab kein Entkommen. Sie schloss die Augen, wünschte sich unsichtbar. Es hatte all die Jahre nicht funktioniert. Wieso sollte es ausgerechnet an diesem Tag funktionieren? Weil sie nicht dorthin gehörte. Weil sie ab sofort nie wieder ihres Lebens müde sein würde. Oder es zumindest niemandem erzählen würde. Weil sie die traurigen Gedanken und Gefühle wieder unter den Teppich mit dem Muster »Annahme verweigert!« kehren würde. Und die Sorgen und Ängste gleich dazu, runter damit. So, die letzten Krümel weggefegt, Lächeln drüber. War doch alles wunderbar, wie bisher. Sie öffnete ihre Augen. »Und, Frau M., was haben Sie heute gemacht?«

    »............?«

    Es funktionierte auch dieses Mal

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