eBook75 Seiten1 Stunde
Irrnisfuge
Von Peter Trawny
Bewertung: 0 von 5 Sternen
()
Über dieses E-Book
Über die Wildheit des Denkens
Die Diskussionen um Heideggers "Schwarze Hefte", jene vor Kurzem publizierten Aufzeichnungen aus dem Jahrzehnt zwischen 1931 und 1941, haben gezeigt, wie das extreme Denken Heideggers die öffentliche Verständnisfähigkeit an ihre Grenzen treibt. Woher stammt die Wildheit eines Denkens, das sich wissentlich jeder Normalisierung entzieht? Heidegger hat früh schon die gewöhnliche Auffassung der Wahrheit für eine in seinen Augen ursprünglichere aufgegeben: "Die Wahrheit ist in ihrem Wesen die Unwahrheit", heißt es einmal. Es kann sein, dass sich hier ein Weg öffnet, den die Demokratie der Vernunft und ihre Institutionen nur für einen gefährlichen Irrtum halten können. Peter Trawny versucht in diesem aufregenden Essay, der zeitgleich auf Französisch und Englisch erscheint, zu zeigen, dass das Irren zur Freiheit des Denkens gehört.
Die Diskussionen um Heideggers "Schwarze Hefte", jene vor Kurzem publizierten Aufzeichnungen aus dem Jahrzehnt zwischen 1931 und 1941, haben gezeigt, wie das extreme Denken Heideggers die öffentliche Verständnisfähigkeit an ihre Grenzen treibt. Woher stammt die Wildheit eines Denkens, das sich wissentlich jeder Normalisierung entzieht? Heidegger hat früh schon die gewöhnliche Auffassung der Wahrheit für eine in seinen Augen ursprünglichere aufgegeben: "Die Wahrheit ist in ihrem Wesen die Unwahrheit", heißt es einmal. Es kann sein, dass sich hier ein Weg öffnet, den die Demokratie der Vernunft und ihre Institutionen nur für einen gefährlichen Irrtum halten können. Peter Trawny versucht in diesem aufregenden Essay, der zeitgleich auf Französisch und Englisch erscheint, zu zeigen, dass das Irren zur Freiheit des Denkens gehört.
SpracheDeutsch
HerausgeberMatthes & Seitz Berlin Verlag
Erscheinungsdatum17. Sept. 2014
ISBN9783957570505
Mehr von Peter Trawny lesen
Ähnlich wie Irrnisfuge
Titel in dieser Serie (57)
Müdigkeitsgesellschaft Burnoutgesellschaft Hoch-Zeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenInkonsistenzen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEvidenzterror Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Wirken in den Dingen: Vier Vorlesungen über das Zhuangzi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie illusorische Gemeinschaft Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Adolf Hitlers "Mein Kampf": Zur Poetik des Nationalsozialismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEnlivenment. Eine Kultur des Lebens: Versuch einer Poetik für das Anthropozän Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlles und Nichts: Ein Pandämonium digitaler Weltvernichtung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPortrait des Managers als junger Autor: Zum Verhältnis von Wirtschaft und Literatur Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÖkologie der Angst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Recht als Hort der Anarchie: Gesellschaften ohne Herrschaft und Staat Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSokrates. Apologie der Pluralität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBRD Noir Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFreiheit oder Tod Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSplitter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Abenteuer. Der Freund Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Philosophie. Ein Dialog Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWissenschaft als Beruf: Eine Debatte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGefängnis des Alltäglichen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜber das Poetische Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Paradigma Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer nächste Mensch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTierisch beste Freunde: Über Haustiere und ihre Menschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWas ist deutsch?: Adornos verratenes Vermächtnis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenManifeste des Futurismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchönheit der Tiere: Evolution biologischer Ästhetik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAbfall: Das alternative ABC der neuen Medien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSubjekt und Wahrheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHegel, der Mensch und die Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFreundschaft in finsteren Zeiten: Die Lessing-Rede mit Erinnerungen von Richard Bernstein, Mary McCarthy, Alfred Kazin und Jerome Kohn Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Splitter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEvidenzterror Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenInkonsistenzen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAdyton Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenProflexionen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSokrates. Apologie der Pluralität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWarum ist nicht alles schon verschwunden? Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Was ist deutsch?: Adornos verratenes Vermächtnis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSubjekt und Wahrheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchiffbruch eines Propheten: Heidegger heute Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerlernen: Denkwege bei Hannah Arendt Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Starke Augenblicke: Physiognomie der Mystik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeidegger: Zur Selbst- und Fremdbestimmung seiner Philosophie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Ilias Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMedium und Revolution Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Religion des Kapitals Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHegel, der Mensch und die Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFreiheit oder Tod Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFetzen: Für eine Philosophie der Entschleierung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Paradigma Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAbfall: Das alternative ABC der neuen Medien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVom Schweben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIns Wasser geschrieben Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Der Weltgeist als Lachs Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Wirken in den Dingen: Vier Vorlesungen über das Zhuangzi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Abenteuer. Der Freund Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSkizzen Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Adolf Hitlers "Mein Kampf": Zur Poetik des Nationalsozialismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEuropas Zukunft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUntergangsprophet und Lebenskünstlerin: Über die Ökologisierung der Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Philosophie für Sie
Marcus Aurelius: Selbstbetrachtungen: Selbsterkenntnisse des römischen Kaisers Marcus Aurelius Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLexikon der Symbole und Archetypen für die Traumdeutung Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Also sprach Zarathustra Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Kunst des Krieges: Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Adorno in 60 Minuten Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Psychologie der Massen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Nietzsche in 60 Minuten Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Simone de Beauvoir. Frau - Denkerin - Revolutionärin: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsche Syntax: Ein Arbeitsbuch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDemian Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Tractatus logico-philosophicus (Logisch-philosophische Abhandlung) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSechs Bücher von Nietzsche Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Das Kapital: Band 1-3 (Mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Antichrist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Welt als Wille und Vorstellung: Band 1&2: Schopenhauers Hauptwerk über die Erkenntnistheorie, die Metaphysik, die Ästhetik und die Ethik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeister Eckhart: Textauswahl und Kommentar von Gerhard Wehr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychologie der Massen (Grundlagenwerk der Sozialpsychologie) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Kunst, Recht zu behalten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenI GING: Das Buch der Wandlungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRomantische Lieder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie fröhliche Wissenschaft: la gaya scienza Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTractatus Logico-Philosophicus (Chiron Academic Press - The Original Authoritative Edition) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Heilige Gral und Sexualmagie: Die Geheimlehre des Gral Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die praktische Anwendung der 7 hermetischen Prinzipien im Alltag Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Irrnisfuge
Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Irrnisfuge - Peter Trawny
»Todesfuge«
Die Bedeutung der Veröffentlichung der »Überlegungen«, der von Heidegger selbst sogenannten »Schwarzen Hefte«, ist noch offen. Doch sie haben klarer als alles zuvor von ihm Veröffentlichte gezeigt, dass das, was er 1961 am Anfang seines »Nietzsche« über diesen schreibt, dass »der Name des Denkers« »als Titel für die Sache seines Denkens« stehe, auch für Heidegger selbst gilt: »Die Sache, der Streitfall, ist in sich selbst Aus-einander-setzung.«¹ Heidegger – der Name steht für die Sache dieses Denkers, die immer schon als anstößig galt, nun aber durch die Veröffentlichung der »Überlegungen« ein unausweichlicher Streitfall geworden ist; unausweichlicher Streitfall für jeden, der Heideggers Denken begegnen möchte.
Heidegger hat keine Philosophie, keine Lehre, die zum Vorbild einer akademischen Schule werden könnte. Er hat das selbst einmal gesagt: »Ich habe keine Etikette für meine Philosophie – und zwar deshalb nicht, weil ich keine eigene Philosophie habe […].«² Die Annahme, es gäbe eine heideggersche Philosophie, setzt voraus, dass sie ein werkhaftes Gebilde ist, dass sie als Gegenstand zu erscheinen vermag, in Form eines Buches oder einer Gesamtausgabe. Doch mit ihrem Motto »Wege – nicht Werke«³ hat er das richtige Zeichen gesetzt. Die Schriften des Denkers sind offene Versuche. Selbst die geschlossensten Gebilde wie »Sein und Zeit« sind unvollendet geblieben.
Das zeigt sich auch an der Biografie. Als »Sein und Zeit« erscheint, ist Heidegger 38 Jahre alt. Nietzsche erreichte dieses Alter, als er bereits am ersten Teil des »Zarathustra« arbeitete. Schelling hatte mit 38 die Zeit der Veröffentlichungen hinter sich. Der Gedanke, dass es in seiner Philosophie um »Wege – nicht Werke« ging, ist keine Inszenierung, sondern eine treffende Selbstinterpretation. An Heidegger lässt sich lernen, dass Philosophie ein Philosophieren, immer eher ein Fragen als ein Antworten ist.
Die Wege, die Heideggers Denken gegangen ist, sind dunkel. Ernst Jünger, der sich nicht besonders für Philosophie interessierte, hat einmal den »Wald« als »Heideggers Heimat« bezeichnet: »Dort ist er zu Hause – im Unbegangenen und auf den Holzwegen.«⁴ Die Wege des Denkens führten ins Unsichere, ins Wilde, auch in die Gefahr. Als er in seinem Vortrag »Vom Wesen der Wahrheit« – diesem Wendepunkt in der Philosophie Anfang der dreißiger Jahre – erläutert, inwiefern zum Ereignis der Wahrheit auch die »Irre« gehört, hat er den Charakter seines Denkens am besten getroffen.
»Im Unbegangenen« »zu Hause« sein – wahrscheinlich hat Jünger mit Absicht das Unvereinbare enggeführt. Wollte Heidegger in seinem Denken im Unheimischen heimisch sein? Angenommen, es wäre so: Könnte sich daraus erklären, dass es beinahe rettungslos nicht nur auf »Holzwege«, sondern zuweilen auch auf Abwege geriet? Hat sich dieses Denken nicht auch in Bereichen bewegt, in denen es kaum noch etwas zu denken gab? In denen Heidegger auf seine Art zu sagen wagte, was nicht hätte gesagt werden müssen? Gibt es eine Grenze für das, was zu sagen ist, was gesagt werden darf?
Die Grenze, nach der im Anschluss an die Veröffentlichung der »Überlegungen« zu fragen ist, ist nicht die des Unsagbaren. Sie war Heidegger bekannt. Er hat sie mit Worten bedacht, die im 20. Jahrhundert einzigartig sind. Doch um sie geht es nicht. Es handelt sich vielmehr um die Grenze, die das Gute vom Bösen »scheidet«; das »Scheiden in Gut und Böse«, das zum »Unterschied« und der »Entscheidung«⁵ gehört. Darf, ja kann das Denken diese Grenze ignorieren? Darf es sich neutral zu ihr verhalten, das Böse anerkennen, weil es zum Sein gehört? Ist Nietzsche nicht der Meister all derer, die das wagten und wagen? War er Heideggers Meister?
Womöglich hat Jünger Recht, in Heideggers Denken das Gegenstrebige der Heimat und des Unbegangenen zu betonen. Hier setzt die Katastrophe an, die der Denker in der Moderne, ja als Moderne erkannte. Und konnte nicht besonders er, der die Heimat zuweilen so unsentimental darstellen konnte, dass sich auch oder gerade in ihrem provinziellen Charakter Bedrohliches zeigte, die Entfremdungen des 20. Jahrhunderts erfahren? Die dialektische Erklärung scheint nahezuliegen. Doch wir haben inzwischen erfahren, dass das Ganze komplexer ist. Wir haben nicht nur gesehen, dass und wie der »Planet in Flammen« stand und »das Wesen des Menschen aus den Fugen«⁶ war. Wir sehen auch, wie das Denken in seinen Fugen erschüttert wird und sich dieser Erschütterung fügt.
Es durchquert »die Irrnisfuge der Lichtung«⁷. »Irrnisfuge«, ein klangvolles Wort, ein eigener Fund, ohne Anspielung.⁸ »Irrnis«, der Ort oder besser die Ortlosigkeit der Irre, eine Landschaft der Ortlosigkeiten, eine A-topographie, die als »Fuge« erscheint. Die »Fuge«, das ist für Heidegger das, was fügt, was ein Gefüge ermöglicht. So spricht er einmal von der »Irrnis-gefügten Lichtung«⁹. Sie, die »Lichtung«, ist das Hauptwort für die Wahrheit, für das Ereignis der Wahrheit – denn Wahrheit geschieht, ereignet sich. Das bedeutet aber, dass eine »Fuge« der »Irrnis« – ein Abirren des Denkens in jene ortlose Landschaft – die »Lichtung«, die sich ereignende Wahrheit, um es unelegant zu sagen, geradezu baut. Wie ist das möglich?
Die Formulierung von der »Irrnisfuge der Lichtung« – wir kennen das von Heidegger – betont den Genitiv in beide Richtungen. Nicht, dass »Irrnis« einseitig »Lichtung« hervorbringt. Wie sollte aus »Irrnis« »Lichtung« entstehen? Vielmehr entstammt die »Irrnis« der »Lichtung« so, wie sie diese fügt. Die »Lichtung«
Gefällt Ihnen die Vorschau?
Seite 1 von 1