ProLy. Triptychon prosaischer Lyrik. Band 1 Geliebtes
Von Jenny Jansen
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Die "ProLy-Reihe" erzählt von den Erlebnissen und Erfahrungen einer Frau, einer farbigen Deutschen, einem Heim- und Pflegekind, adoptiert von einer kath. Pfarrhaushälterin in den 60er Jahren. Jenny Jansen, die "Mischlings"-Frau, die in keine Schublade passt. Sie erlebt Rassismus von weißen Deutschen wie von schwarzen Amerikanern. Sie sucht ihren Ursprung, findet die leiblichen Eltern und verliert beide im Tod nach einem Sturm von Lügen und Halbwahrheiten. Ein Gentest deckt auf: Der Amerikaner war nicht ihr leiblicher Vater. Erneute Identitätssuche. Die Wissensträger schweigen bis ins Grab, Unterlagen verschwinden auf mysteriöse Art unter Nichtbeachtung des Menschenrechts auf persönliche Abstammung. Die Autorin erfährt: "Am schwersten wiegt die Ignoranz der Beteiligten, das menschliche Verstummen auf ihre berechtigten Fragen". Doch sie hat weiter geliebt und getrotzt, verziehen und die Hoffnung nie aufgegeben. Sie glaubt an die große Kraft der Liebe.
Diese Lebensinspiration führt zu den drei ProLy-Bänden, die für das "Triptychon" ihres "menschlichen Daseins" stehen: Geliebtes, Göttliches, Menschliches. Des Lebens Prosa und des Herzens Poesie vereinigen sich in der ProLy-Reihe zu einer Erzählung, die Wachstum und Werden wiedergibt, die Tränen und Freude zeigt und die Menschen an ihrem Leben teilhaben lässt. Ihre Texte sind eine Tür zum Herzen, ein Fenster zum Leben und eine Brücke zum Himmel.
ProLy, Band 1: Geliebtes
Dreißig Lebensbilder werden in nachdenklicher, aber auch vielfach humorvoller emphatischer Prosa erzählt und mit einem Lyrikteil zur jeweiligen Szene abgerundet.
Jenny Jansen
Jenny Jansen geboren in der Pfalz in der Nähe von Heidelberg, zweimal "adoptiert", hatte eine unglaubliche Kindheit in einer katholischen Eifelgemeinde in der Gemeinde Adenau in Deutschland namens "Die Eifel - Region". Eines Tages, im Mai 1970, sagten der Pfarrer und die Haushälterin der Gemeinde zu Jenny: "Nun bist du unser Kind". Wessen Kind war sie? Wer waren ihre Eltern? Die Autorin konnte ihr Leben nur rückwärts "entschleiern". Am schwierigsten war es für sie, gegen die Zeitlinie des Todes anzukämpfen, denn die Menschen, die Antworten geben konnten, waren bereits verstorben. Vor allem aber musste sie gegen die Ignoranz der beteiligten Wissensträger ankämpfen. Die Orte, an denen Jenny lebte, waren Frankenthal/Rheinland-Pfalz, Mannheim, Worms, Kirmutscheid bei Adenau/Eifel, Tüddern/Selfkant. Die Städte Köln und München bildeten die Lebensstationen für ihre ländliche und später großstädtische Entwicklung durch die Welt der Banken und Versicherungen. Eine ihrer Kernkompetenzen ist es "hypersensibel" zu sein. Die Menschen und ihre Fragen, Sorgen und Nöte stehen für sie im Mittelpunkt. Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben kämpft sie als "systemischer Lebens- und Business-Coach" und Autorin weiter für Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und die Unterstützung anderer, damit sie ihre Träume leben können. Unterstützung und Zufriedenheit findet sie in ihrem tiefen Glauben an die Kraft Gottes. Jenny Jansen born in the German region "Pfalz" near Heidelberg, twice "adopted", an unbelievable childhood at a Catholic Eifel personage located in Germany called "The Eifel – Region" in the municipality of Adenau. One day the pastor and the parish housekeeper said to Jenny: "Now you are our child" in May 1970. Whose child was she? Who where her parents? The author could only "unveil" her life backwards. The hardest thing for her was to fight against a timeline of death, people who could give answers had passed away already. Above all she had to fight the ignorance of the knowledge bearers being involved. The places where Jenny lived were Frankenthal/Rhineland-Palatinate, Mannheim, Worms, Kirmutscheid near Adenau/Eifel, Tüddern/Selfkant. The Cities Cologne and Munich formed the stations of life for her rural and later metropolitan development through the world of banks and insurance companies. One of her core competences is to be "hypersensitive". People and their questions, worries and needs are still her main concern. Being retired from business life, she still keeps on going to fight for justice, honesty and supporting others to be able to life their dreams as a "systemic Life and business coach" and author. She finds support and satisfaction in her deep faith in the power of God.
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ProLy. Triptychon prosaischer Lyrik. Band 1 Geliebtes - Jenny Jansen
13)
LEBENSBILD 1
November 1986
München, Tüddern im Selfkant
Ich bin der Typ, der alte Dinge mag. Meine Adoptivmutter lebte in einem Haus von alten Wertsachen umgeben. Nein, es waren nicht Reichtümer unter den Begriff der Wertsache zu definieren. Aber ich lernte den Wert einer Sache mit Vergangenheit zu schätzen.
Die antike Glasvitrine war mein Schatz. Ich gestehe, dass mir das Staubwischen und Deckchenrücken trotz verbalisierter Proteste 14-täglich jeden Samstag insgeheim Freude bereitet hatte. Jedes Stück in diesem Schrank hatte eine Geschichte. Im Laufe der Zeit hatte ich einige von meiner Adoptivmutter erfahren. Mich hat tief beeindruckt, dass mein Lieblingsgeschirr, das nur im Schrank stand und nie benutzt wurde, sogar einmal während des 2. Weltkrieges vergraben war. Meine Adoptivmutter war die Tochter einer Deutschen und eines Holländers. Sie wuchs bei ihren alten Tanten im Rheinland auf. Die Mutter muss wohl wieder geheiratet haben. Ihr Bruder, der holländische Piet, besuchte uns einmal. Die Erinnerung an ihn und besonders an seinen kleinen schwarzen Sportwagen blieb lange haften. Er war sehr lebensfroh und lustig, übrigens blond mit blauen Augen, die mich auf eine Spazierfahrt im offenen Wagen durchs Dorf einluden. Ich war so stolz an diesem Nachmittag. Mit Onkel Piet war das Leben heiter und auf der Sonnenseite. Warum er nie mehr erwähnt wurde, habe ich nie erfahren. Geblieben ist in meinem Herzen nur ein Bild von dir: „Goedendag! Hoe gaat het? Tot ziens! Hallo, wie geht’s, bis bald, Oom Piet (Onkel Piet)."
Dies Geschirr war für uns so wertvoll, dass es auch für Oom Piet nicht auf den Tisch kam. Es hatte kleine rosa Blümchen auf hauchdünnem Porzellan aufgemalt. Die Tasse stand auf einem Unterteller, mit einem kleinen hochgezogenen Rand. Romantisch und zart, durchsichtig das Porzellan. Dieses zarte Geschirr hatten die Tanten im Garten eigenhändig vergraben vor dem anrückenden Feind. Nachdem der Garten der alten Tanten von Bombeneinschlägen im rheinländischen Würm verschont geblieben war, stand dem Wiedergebrauch nach erfolgreichem Ausbuddeln nichts mehr im Wege. Zur Erinnerung stand es in unserm Wohnzimmerschrank, und ich hatte das Versprechen meiner Adoptivmutter bei guter „Führung" meinerseits es aus ihren Händen zu erhalten. Eine ähnliche Geschichte hatte auch das Teeservice mit silbern aufgemaltem Streifendekor. Auf einer silbernen Schale strahlten zwei Teetassen, ein Milchkännchen, eine Zuckerdose und die Teekanne mich beim Putzservice an. Ich liebte diese kleinen Kostbarkeiten und hütete sie wie einen Augapfel. Ich liebte unser Antiquariat. Verstaubt und verschroben.
Im Flur stand ein Bücherschrank, zwei Seitenteile als Tür, in der Mitte das Fensterglas. Oben lebte Dante. Es war ein schwarzer Schrank, auf dessen Mitte die Kopfstatue von Dante im schwarzen Lack angebracht war. Nachdem ich die anfänglichen Ängste vor diesem Mann mit dem strengen, klugen Gesichtsausdruck überwunden hatte und wusste, er ist nicht der „Allwissende", der da auf unserem Schrank alles beobachtet, konnte ich wieder befreit den Flur, auf dem ein weinroter Langläufer lag, erobern.
Aber es gab noch eine Lampe. Eine Lampe bestehend aus einem großen Geweih, an dessen Mitte eine Laterne in der Hand von einem Waldgeist, einem Wichtel, angebracht war. Wenn man mich auf dem Arm trug, drehte ich ihnen immer den Rücken zu. Die sehen mich an, die sehen in mein Inneres, dachte ich als Kind. Wenn ich endlich diese beiden Köpfe, also den „strengen Mann und den „grinsenden Wichtel
passiert hatte, konnte ich mutig die „Treppe des Schlafes" erklimmen. Nur noch die alte schwarze Standuhr mit dem tiefen Gongschlagwerk. Endlich oben, endlich im Schlafzimmer. Hier war ich allein, hier war nur ich. Tür zu. Decke über den Kopf. Das Antiquariat hinter mich gelassen für heute. Bis zum nächsten Morgen.
Meine Römer waren meine größten Schätze. Zwölf bunte Römer in allen Farben hatten es mir mächtig angetan. Auch sie warteten in der Vitrine mit den zwölf Likörgläschen auf mich. Als ich enterbt wurde, habe ich echt um diese Freunde geheult. Mein Dante kam abhanden, angeblich. Meine Zwergen-Lampe wurde nie mehr gesehen. Meine Römer wurden von modernen „Grabräubern" übernommen.
Wer alles gesehen wurde, Gegenstände aus dem Haus tragend, bekam ich später, leider zu spät vom allgemeinen Dorfklatsch doch noch mit. Ich war nicht schnell genug für meine Römer, sie hatten „Beine" bekommen. Meine Vitrine war komplett mit jedem Detail, das ich jahrelang meisterlich abgestaubt hatte, wie vom Erb- richtigerweise Erdboden verschluckt.
Da wurde ich selbst zur Antiquität. Irgendwie „angestaubt fühlte ich mich, obwohl ich mehrfach „abgestaubt
worden war. In der letzten Ecke stand ich im Regal, im Land der Vergessenen, der Übersehenen. Dann verstand ich meinen Wert. Den einer Antiquität. Auf einem „Antiquitätenmarkt für edle Exponate" sah ich, wie die Kenner alter Gegenstände zärtlich über das von ihnen entdeckte Objekt strichen, die Samthandschuhe anlegten und einen zarten Aufschrei der Freude ausstießen, als sich die rußgeschwärzte Patina löste und den echt goldfarbenen Anstrich unter der billigen Restaurierung ahnen ließ.
Ich war kein Irrtum der Natur, ich war ein Meisterwerk meines Schöpfers und irgendwo da draußen würde mein Liebhaber sein und mich suchen. Er würde die verkannte Kunst erkennen und dem wahren Wert des antiken Meisterstückes zum Leben verhelfen.
Modernes Antiquariat
Ich bin Mann, sagte die Frau.
Ich bin Frau, sagte der Mann.
Versuch zu leben:
Miteinander – Auseinander.
Die Rollen getauscht.
Er ist Mutter und stark.
Sie ist Vater und schwach.
Wie gefällt Euch die Welt?
Von außen verlacht und meist verkannt,
es lebt sich drinnen; nach innen gekehrt.
Ich bin ich, sagte die Frau.
Ich bin ich, sagte der Mann.
Wir sind wir, sagen wir.
Versuch zu leben:
Miteinander – Getrennt.
Man sagt heutzutage, abgegrenzt.
Der Eine tut dies, der Andere tut das.
Man trifft sich, man trennt sich,
wenn’s einem grad’ passt.
Ist sie nicht toll
diese Art von Toleranz?
Wir sind wir, sagen wir.
Wollen meinen:
Frau ist Frau.
Mann ist Mann.
Wir sind eben
so
wie wir sind.
LEBENSBILD 2
November 1986
München
Eigentlich müsste ich glücklich sein. Ich wurde ausgesucht. Von einer Frau, die mich zur Tochter machte. Ich wurde adoptiert. Aber hätte ich mir nicht lieber diese Frau selber gesucht? Wen hätte ich dann gewählt? Als Kleinkind, so wurde mir erzählt, habe ich im Waisenhaus gestanden, meine Ärmchen sehnsuchtsvoll der Frau, die mich begutachtete, ob ich das passende Kind sei für sie, entgegengestreckt und „Tante, nimm mich, nimm mich mit" geschrien. Wer hat wen ausgesucht? Habe ich damals nicht generell weggewollt und wäre ich nicht mit jedem Menschen mitgegangen, der mich hier, an dem Ort, wo ich überhaupt nicht sein wollte, weggeholt hätte? Ich wurde mitgenommen.
Ich habe dieses Spiel später wiederholt. Um den Wirrungen und dem unglückseligen Zustand meiner Jugendtage zu entfliehen, wäre ich eigentlich am liebsten rasch verheiratet gewesen. Das Baby passte, brav und formbar, knuddelig und nett, ein süßes Kleid und Hütchen, das Paradekind war fertig. Die