Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf
Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf
Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf
eBook438 Seiten4 Stunden

Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Mariechen, ein 6 Wochen altes Baby verschwindet vom Grundstück ihrer Großtante Leonie Wolf in Gambach. Gleichzeitig wird Hasso, der weiße Schäferhund der Familie, vermisst. Eine Nachbarin will einen Wolf gesehen haben, der das Kind mit sich trug. Erster Kriminalhauptkommissar Alexander Henneberg vom K 10 in Friedberg setzt sofort alle Hebel in Bewegung, das Kind zu finden. Trotz einer unverzüglich eingeleiteten Suchaktion bleibt das Baby verschwunden. Henneberg und die einberufene Sonderkommission ermitteln in alle Richtungen. Tagelang tappen sie im Dunkeln.

Das Verschwinden des Kindes löst innerhalb der Familie Wolf eine Welle von gegenseitigen Anschuldigungen und Verdächtigungen aus. Jahrelang gehütete dunkle Geheimnisse werden aufgedeckt, die letztendlich zur Aufklärung mehrerer Verbrechen führen.
Nicht nur die Eltern des verschwundenen Babys leiden unter der Situation, auch die Ermittler stoßen an die Grenzen des Erträglichen. Erdmann, der Rauhaardackel von Kommissar Henneberg kann diesmal bei der Aufklärung des Falles nur wenig beitragen.

Auch in ihrem achten Roman, der wieder in dem historisch geprägten Münzenberg sowie in Butzbach, der Perle der landschaftlich wunderschönen Wetterau spielt, versteht es Jule Heck, eine spannende Geschichte über Lügen, Intrigen, Tod und Verderben zu erzählen, die den Leser von Anfang an in seinen Bann zieht.
Alles dreht sich am Ende um zwei Fragen: Wo ist Mariechen? Und lebt sie noch?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum29. Okt. 2020
ISBN9783960147671
Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf

Mehr von Jule Heck lesen

Ähnlich wie Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Tod im Schatten der Burg - Der tote Wolf - Jule Heck

    cover-front.jpg

    Nachdruck oder Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Verwendung oder Verbreitung durch unautorisierte Dritte in allen gedruckten, audiovisuellen und akustischen Medien ist untersagt. Die Textrechte verbleiben beim Autor, dessen Einverständnis zur Veröffentlichung hier vorliegt. Für Satz- und Druckfehler keine Haftung. 

    Impressum 

    Jule Heck 

    »Tod im Schatten der Burg – Der tote Wolf« 

    www.edition-winterwork.de 

    © 2020 edition winterwork 

    Alle Rechte vorbehalten. 

    Satz: edition winterwork 

    Umschlag: edition winterwork 

    Titelfoto (Wolf) 123rf - 36132280 - anolis01

    EBV und Covergestaltung: Atelier am Markt,

    Wolf Becker, Münzenberg

    Lektorat: Jens Willaschek, Münzenberg-Gambach 

    Druck/E-BOOK: winterwork Borsdorf 

    ISBN Print 978-3-96014-747-3 

    ISBN E-BOOK 978-3-96014-767-1

    Tod im Schatten der Burg 

    Der tote Wolf

    Jule Heck 

    edition winterwork

    Vorwort 

    Dieses Buch ist ein Kriminalroman. Die Handlung ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig und sind nicht beabsichtigt. 

    Bedanken möchte ich mich bei meiner Familie und bei meinen Freunden, die mich durch Anregungen, Hinweise, Tipps und kritische Anmerkungen unterstützen, mich zu meinen Lesungen begleiten, ganz besonders auch bei den Lesern, die mich immer wieder ermuntern, weiter zu schreiben. 

    Prolog 

    Anfang März 2010 

    Armin trat aus der Berghütte und blickte über die schneebedeckte Landschaft, die in der Sonne wie ein Meer aus Diamanten funkelte. Über Nacht hatte es noch einmal geschneit, so dass er heute endlich die neuen Skier mit einer schwungvollen Fahrt durch den Neuschnee hinab ins Tal ausprobieren konnte. 

    Die Müdigkeit, die einer langen, durchzechten Nacht mit seinem Bruder auf der Berghütte geschuldet war, verflog bei dem Anblick der atemberaubenden Berglandschaft und dem vor ihm liegenden Hang.  

    Sein Bruder Joachim stand auf der Holzveranda der Almhütte, zündete sich eine Zigarette an und hielt sein Gesicht in die warme Sonne.  

    „Was ist? Kommst du mit?", rief ihm Armin zu. 

    „Gleich, ich will nur zu Ende rauchen. Ich hole dich eh gleich wieder ein", antwortete Joachim selbstbewusst und nahm einen neuen tiefen Zug aus der Zigarette. Der angespannte Gesichtsausdruck des Bruders blieb Armin verborgen. 

    Armin stieß sich mit den Stöcken ab, bereit für die Abfahrt, die ihn mit Freude und einem Gefühl der Freiheit erfüllen würde. Elegant glitt er über die geschlossene Schneedecke. Ein Freudenschrei entrang sich seiner Kehle. Mit leicht gebeugten Knien und vorgeneigtem Oberkörper wedelte er in kurzen Schwüngen durch den tiefen Schnee.  

    Er war ein guter Skifahrer und die Neigung des Südhanges stellte für ihn kein Problem dar. Das Schneebrett, das sich plötzlich unter seinen Füßen löste, brachte ihn zu Fall. Durch das Gewicht seines Körpers hatte er selbst den Abgang einer Lawine ausgelöst. Massen von Schnee stürzten ins Tal und rissen ihn und alles, was im Weg stand, mit. 

    Joachim betrachtete von seinem sicheren Standpunkt auf der Veranda vor der Berghütte das tragische Schauspiel. Die Schneemassen verschluckten im Nu den Körper seines Bruders. Mit donnerndem Getöse suchten sich die ins Rutschen geratenen Schneeschichten einen Weg. 

    Der Wirt der Berghütte stürzte auf die Veranda. „So ein Idiot, schrie er, „ich habe euch doch gewarnt. Warum ist er trotzdem gefahren? 

    Joachim antwortete ihm nicht. Gebannt beobachtete er die abgehende Lawine, die nach wenigen Minuten endete. Der aufgewirbelte Schnee hing noch einige Zeit wie eine Staubschicht in der Luft. Als er sich endlich am Boden abgesetzt hatte, lag der Hang wieder still und friedlich vor ihm, so als ob nichts geschehen sei. Joachim hatte instinktiv die Luft angehalten. Jetzt, wo es endlich vorbei war, atmete er erleichtert aus. 

    Die alarmierte Bergrettung suchte in den Schneemassen nach Armin. Die mitgeführten Rettungshunde entdeckten nur die Mütze des verunglückten Skifahrers. Sein Leichnam wurde nicht gefunden. Man hoffte, dass die Schneeschmelze im Frühjahr seinen Körper freigeben würde. 

    Kapitel 1 

    Ende Juli 2015 

    Endlich trat sie aus der Tür und kam auf sein Auto zu. Ihr Anblick ließ sein Herz einen Moment höherschlagen, seinen Unmut über ihre Verspätung dennoch nicht vergessen. Dafür war die Sache zu wichtig und erlaubte keine Fehler. 

    „Warum hast du denn so lange gebraucht?", fragte er sie in einem vorwurfsvollen Ton, als sie endlich auf dem Beifahrersitz Platz nahm.  

    „Sorry, musste erst noch meine Mutter beruhigen, erklärte sie bereitwillig, ohne sich an seinem Vorwurf zu stören, „sie kann nicht verstehen, warum ich ausgerechnet jetzt für eine Weile verschwinden will. Sie befürchtet, dass das einem Schuldeingeständnis gleichkommt. 

    „Du kannst doch im Moment sowieso nichts machen", erwiderte er. 

    „Das habe ich ihr ja auch gesagt. Aber sie hat immer noch die Hoffnung, dass die ganze Angelegenheit ohne Gerichtsverhandlung geklärt wird." 

    „Das glaubt sie doch selbst nicht. Dieses miese Schwein wird seinen Fehler nicht zugeben." Seine Stimme troff vor Hohn. 

    „Das sehe ich auch so. Aber sie denkt, sie könnte meinen Chef umstimmen. Sie kennt ihn ja recht gut. Er schätzt ihre Meinung sehr. Aber sie rechnet nicht mit Felix Verlogen- und Durchtriebenheit." 

    „Na, umso besser. Dann wird dir das Geld, das du demnächst bekommst, nützen. Du kannst dir den besten Anwalt leisten, den es gibt." 

    Er war froh, Alina für das Projekt gewonnen zu haben. Auch wenn das bedeutete, dass es eine Mitwisserin gab und er einen Teil des Geldes an sie abgeben musste. Aber das war ihm die Sache wert. Er war so besessen davon, die Idee in die Wirklichkeit umzusetzen, dass ihm jedes Mittel recht war. Danach musste alles schnell organisiert werden. Hier entpuppten sich die Schwierigkeiten, in denen die Hebamme steckte, als glücklicher Zufall und große Hilfe. Sie war sofort auf sein Angebot eingegangen. Seit dem Zeitpunkt, als er von dem Besuch erfuhr, hatte er in der ihm üblichen Umtriebigkeit alles bestens vorbereitet. Der Plan war genial. Da kam keiner so schnell drauf. 

    „Weiß noch jemand von der Sache?" 

    „Nein. Wichtig ist vor allem, dass du dicht hältst. Du musst dein Handy abschalten und darfst in der nächsten Zeit absolut keinen Kontakt zu deiner Umwelt aufnehmen. Im Handschuhfach findest du ein Prepaid-Handy, über das wir kommunizieren können. Ansonsten bleibst du, wo du bist. Du hast eine Menge Möglichkeiten, dich dort abzulenken. Alles was du für das Vorhaben brauchst, habe ich besorgt." 

    „Kommt da auch keiner hin?" 

    „Das Grundstück liegt abseits der Straße. Das Haus ist von dort aus nicht zu sehen. Außer der Familie weiß niemand davon. Dort findet dich kein Mensch." 

    „Du hast mir doch erzählt, dass das Anwesen verpachtet ist. Kann der Pächter nicht auftauchen?" 

    „Keine Bange. Der ist beruflich ins Ausland gegangen und hat seine Familie mitgenommen. Der wird nicht mehr dorthin zurückkehren." 

    „Und der Besitzer? Interessiert sich der nicht für das Anwesen?" 

    „Nein. Der Pachtvertrag läuft bis Ende des Jahres. Also passiert auch nichts in den nächsten Wochen und Monaten." 

    „Ein bisschen Bammel habe ich aber schon", gab sie zu bedenken. 

    „Du musst keine Angst haben. Wenn irgendwas ist, rufst du mich auf dem Handy an. Falls ich nicht gleich antworte, melde ich mich schnellstmöglich. Ab und zu kann ich auch mal vorbeikommen. Wenn alles glatt läuft, wird das Kind morgen um drei Uhr bei dir sein. Danach bist du allerdings erstmal auf dich allein gestellt." 

    Sie nickte stumm. 

    „Und noch was, sein strenger Ton verriet die Ernsthaftigkeit seiner Worte, „glaube nicht alles, was du in den nächsten Tagen in den Medien siehst und hörst. 

    Kapitel 2 

    „Schön, dass ihr da seid", begrüßte Leonie ihre Schwägerin Birte und deren Schwiegertochter Carola. Sie umarmte die beiden Frauen überschwänglich. 

    „Und da ist ja auch Marie. Mein Gott, ist die süß. Sie betrachtete das schlafende Baby. „Komm, wir schieben sie mit dem Kinderwagen in den Durchgang zwischen Haus und Garage. Da ist es schön schattig. Da stört auch niemand. Da kann die kleine Maus noch ein bisschen schlafen. 

    „Ich will ihr erst noch ein Fläschchen geben. Es ist jetzt ihre Zeit", entgegnete Carola. 

    „Klappt es nicht mit dem Stillen?", fragte Leonie. 

    „Leider nicht, bedauerte Carola aufrichtig. „Aber ansonsten ist sie sehr pflegeleicht, schläft viel. 

    „Setzt euch schon mal auf die Terrasse. Ich hole nur den Kaffee und den Kuchen", bot Leonie ihren Gästen an. 

    „Ich helfe dir", sagte Birte in ihrem unverwechselbaren holländischen Akzent an, den sie, obwohl sie seit fast dreißig Jahren in der Wetterau lebte, nicht abgelegt hatte. Sie folgte ihrer Schwägerin ins Haus. Der in Weiß gehaltene Wohnraum machte einen sauberen, fast sterilen Eindruck. Das konnten auch die bunten Bilder, die Leonie selbst gemalt hatte, nicht ändern. Auch die Küchenschränke waren weiß und ließen keine Spuren von Fingerabdrücken erkennen. Auf der Arbeitsfläche stand nur die Kaffeemaschine und der selbstgebackene Kuchen. 

    „Was ist mit Gregor? Hatte der keine Lust mitzukommen? Oder ist er mit seinem Vater unterwegs?", wollte Leonie wissen. 

    „Gregor ist mit dem Motorrad on tour. Und Joachim vergnügt sich wahrscheinlich mal wieder mit seiner Geliebten", sagte Birte so, als ob es das Normalste von der Welt sei, dass ihr Mann sie mit anderen Frauen betrog. 

    „Stört dich das denn gar nicht?", fragte Leonie verwundert. 

    „Warum sollte es? So kann ich ebenfalls machen, was ich will." 

    „Ja, aber du gehst nicht fremd", stellte Leonie fest. 

    „Wieso denn nicht? Was Joachim kann, kann ich schon lange", Birte lachte süffisant. 

    Leonie sah die Schwägerin entsetzt an. „Heißt das, du hast einen Lover?" 

    „Nee", kam es knapp zurück. 

    „Da bin ich ja beruhigt." 

    „Da hast du was falsch verstanden, meine Liebe. Ich habe keinen Lover. Mein Verhältnis trägt einen BH." 

    Leonie schaute verständnislos. „Das verstehe ich nicht." 

    „Stehst du auf dem Schlauch? Wer trägt einen BH?" 

    „Na, eine Frau. Plötzlich hieb sich Leonie vor die Stirn. „Du meinst, du hast eine Geliebte?, fragte sie nach Fassung ringend. 

    „Genau, ich habe eine Geliebte." 

    „Ich wusste gar nicht, dass du lesbisch bist." 

    „Bin ich auch nicht. Sei bi und die Welt steht dir offen. Ich probiere es jetzt mal mit einer Frau." 

    „Du spinnst", rief Leonie empört. 

    „Du glaubst gar nicht, wie aufregend es ist, mit einer Frau zu schlafen", erklärte Birte. 

    „Das kann ich mir nicht vorstellen", entgegnete Leonie immer noch empört. 

    „Was ist eigentlich mit deinem Liebesleben? Gibt es da wieder jemanden?", versuchte Birte abzulenken. 

    „Nein, mich interessiert kein Mann mehr. Ich kann Armin nicht vergessen. Für mich lebt er immer noch", antwortete Leonie leise. 

    „Meine Liebe, jetzt musst du aber langsam mal loslassen, riet Birte. „Auch wenn man bis heute seine Leiche nicht gefunden hat, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er noch lebt, gleich Null. 

    „Mein Verstand sagt, er kann nicht mehr leben. Aber mein Herz sagt, ich kann ihn nicht vergessen." 

    „Du sollst ihn ja auch nicht vergessen. Das verlangt kein Mensch. Wir denken alle gern an ihn und sind traurig über seinen Tod." 

    „Wenn man seine Leiche gefunden und ihn begraben hätte, dann könnte ich endlich Abschied nehmen. Aber diese Ungewissheit, ob er nicht doch noch irgendwo existiert, lässt mich nicht zur Ruhe kommen." Eine Träne löste sich und zog eine Spur über ihre Wange. 

    „Aber du musst doch irgendwann mal wieder an etwas anderes denken, dein Leben ein bisschen genießen", riet ihr Birte. 

    „Du machst mir Spaß. Wie soll ich denn an etwas anderes denken? Und wie soll ich etwas genießen? Dazu benötigt man Geld. Und Geld habe ich keins." Leonie war regelrecht aufgebracht. 

    „Aber wieso, das verstehe ich nicht. Joachim hat dich doch nach Armins Tod abgefunden. Das waren doch sicher ein paar Millionen." 

    „Mensch Birte, wie naiv bist du denn?, Leonie sah ihre Schwägerin böse an. „So lange Armin nicht für tot erklärt wurde, habe ich jeden Monat einen festen Betrag von der Firma erhalten. Damit konnte ich ganz gut leben. Doch vielleicht erinnerst du dich daran, dass mich dein Mann immer wieder gedrängt hat, Armin endlich für tot erklären zu lassen. 

    „Ja und?" 

    „Nachdem diese traurige Angelegenheit endlich geklärt war, hat mir dein Mann mitgeteilt, dass er nicht in der Lage ist, mich auszuzahlen und hat mich mit diesem Haus und dem Anwesen im Vogelsberg abgespeist. Durch die Einnahmen aus der Verpachtung bin ich gerade so über die Runden gekommen." 

    „Aber das kann doch gar nicht sein. Die Firma steht doch hervorragend da", beteuerte Birte. 

    „Dann hat Joachim mich belogen und die Bilanzen waren gefälscht", schluchzte Leonie. Birte schüttelte ungläubig den Kopf. 

    „Hallo, wo seid ihr?, hörten sie Carola rufen. „Marie schläft und ich habe Appetit auf Kuchen. Birtes Schwiegertochter erschien in der Küche, bemerkte sofort, dass die Stimmung nicht besonders gut war. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, wurde sie vom Klingeln des Telefons aufgehalten. 

    „Entschuldigt mich bitte einen Moment. Leonie verließ die Küche und meldete sich auf dem Festnetzapparat, der sich auf einer großen weiß gestrichenen Kommode befand. „Wolf, sagte sie kurz in die Muschel. 

    „Hallo Mama, ich bin es. Wollte mich nur mal kurz melden und dir mitteilen, dass alles in Ordnung ist bei uns. Aber wir werden in den nächsten Wochen kaum Zeit haben. Also sorge dich nicht, wenn du von uns nichts hörst." Pauls Stimme war so laut, dass auch Birte und Carola, die ins Wohnzimmer getreten waren, die Mitteilung hören konnten. 

    „Das ist schön, mein Schatz. Passt gut auf euch und die Kinder auf", sagte Leonie warmherzig zu ihrem Sohn. 

    „Sind Birte und Carola bei dir?", kam es zurück. 

    „Ja, wir trinken gleich Kaffee. Das Baby ist unglaublich süß. Schade, dass ihr nicht da seid, um es zu sehen", bedauerte Leonie. 

    „Wir werden Marie bestimmt noch öfter sehen. Aber sperr Hasso in den Zwinger. Nicht, dass er die Kleine ansabbert. Du weißt doch, wie sehr er Kinder mag", bat Paul. 

    „Das mache ich gleich. Mach´s gut und grüß Peter. Wo steckt der eigentlich?" 

    „Der ist draußen. Er begrüßt die Kinder. Die treffen jetzt nach und nach ein."  

    „Dann viel Spaß." Birte und Carola wünschten ihm ebenfalls lauthals viel Spaß. 

    „Gruß zurück an euch drei." Dann wurde aufgelegt. 

    Mit Kaffee und Kuchen traten sie in den Garten hinaus.  

    „Hasso, wo bist du? Der weiße Schäferhund aus einer Schweizer Aufzucht war nirgendwo auf dem weitläufigen Gelände zu sehen. „Hasso, rief sie erneut, „komm sofort hierher. Es dauerte eine Weile, bis der weiße, ausnehmend schöne und gepflegte Hund um die Ecke geschossen kam. „Brav, mein Guter. Aber du gehst jetzt in den Zwinger. Sie griff in sein flauschiges Fell und führte ihn dort hin, schloss die Gittertür. Hasso sah ihr traurig hinterher. Er ließ sich knurrend auf dem Boden nieder. 

    Kapitel 3 

    Er stellte den Motor aus, ließ den Wagen im Leerlauf den Hang hinunterrollen. Es hatte seit Tagen nicht geregnet. Der Boden des Feldweges war trocken. Die Reifen wirbelten Staub auf. 

    Neben der Garage stoppte er das Fahrzeug, öffnete leise den Schlag und stieg aus, bemüht, kein Geräusch zu verursachen. In gebückter Haltung schlich er die wenigen Meter zu dem Törchen, das sich zwischen dem Haus und der Garage befand. Niemand war auf der Straße zu sehen. Auch auf dem gegenüberliegenden Grundstück war alles still.  

    Er drückte die Klinke und ging zu dem Kinderwagen, der wenige Meter entfernt stand. Das Baby schlief tief und fest, atmete ruhig. Er nahm es auf und drückte es an seine Brust. Die Zudecke blieb an dem Verdeck hängen. Er zog daran. Der Kinderwagen neigte sich zur Seite. Mit dem Fuß gelang es ihm, den Aufprall abzubremsen. Es blieb jedoch keine Zeit, ihn wiederaufzurichten. 

    Der Hund schlug an, donnerte mit seinen Vorderpfoten gegen das Gitter des Zwingers. „Hasso, hörte er eine weibliche Stimme rufen, „sei still. Du weckst das Kind auf. Für einen Moment blieb es ruhig. Dann fing der Hund erneut an zu bellen. Er musste sich beeilen, bevor jemand auf ihn aufmerksam wurde.  

    Aufgeregt und schwitzend entfernte er sich, ließ das Tor offen zurück, legte das Kind vorsichtig in die Tragetasche auf der Rückbank. Für einen kurzen Moment empfand er so etwas wie Zuneigung für das kleine Wesen. Doch die Angst entdeckt zu werden, verhinderte weitere zärtliche Gefühle.  

    Er zog die Fahrertür heran, ohne sie zu schließen, löste die Handbremse. Der Wagen rollte weiter den Weg hinab. Am Ende des Hangs zog er die Tür ins Schloss und startete den Motor. Durch einen kurzen Blick nach links und rechts überzeugte er sich, dass er freie Fahrt hatte. Er gab Gas und fuhr auf die Bundesstraße. Das Auto schlingerte. Er nahm den Fuß vom Pedal, reduzierte die Geschwindigkeit.  

    Im Rückspiegel sah er plötzlich ein Motorrad gefährlich nah auf sich zukommen. Es befand sich direkt hinter seinem Wagen. Erschrocken gab er Gas, vergrößerte den Abstand zwischen sich und dem Bike. Als er die leichte Linkskurve vor Ober-Hörgern erreichte, verschwand das Motorrad aus seinem Blickfeld. 

    Kapitel 4 

    Das Wetter war bestens geeignet für den ersten Ausflug mit ihrem neuen Motorrad. Die Strecke von Butzbach nach Lich musste sie alleine zurücklegen. Dort wollte sie sich mit einer Frauengruppe treffen, die gemeinsame Fahrten mit ihren Bikes unternahmen. Sie war froh, dort Anschluss gefunden zu haben. Mit mehreren Fahrern machte die Sache viel mehr Spaß und man fühlte sich sicherer. Außerdem konnte sie von den Frauen noch etwas lernen. Das hatte sie ganz schnell bei dem Biker-Stammtisch, den sie letzte Woche erstmalig besucht hatte, gemerkt.  

    Die B 488 war frei, nur wenige Autos begegneten ihr. Die Maschine lief gut. Hinter dem Kreisel in Gambach drehte sie die Maschine auf. Sie liebte dieses Geräusch, das man weithin hören konnte. Endlich konnte sie die Maschine richtig ausfahren, ohne die ständige Ermahnung ihres Fahrlehrers.  

    In Höhe des Autohauses schoss plötzlich ein dunkler Kleinwagen von links aus einem Feldweg auf die Bundesstraße direkt vor ihre Maschine. Obwohl der Fahrer sofort beschleunigte, kam sie ganz dicht an den Wagen heran. Vor Schreck riss sie den Lenker nach links, um das Fahrzeug zu überholen. Doch der Wagen entfernte sich schnell. Das Überholmanöver misslang. Beim Einscheren auf ihre Fahrspur verlor sie die Kontrolle über die Maschine. Sie hatte ihr Fahrvermögen vollkommen falsch eingeschätzt und konnte das schlingernde Bike nicht halten. Die Maschine kippte. Ihr Körper rutschte auf dem heißen Asphalt entlang.  

    Kapitel 5 

    Hasso hörte nicht auf zu bellen, sprang ständig gegen die Einzäunung des Zwingers. 

    „Was ist denn nur mit dem Hund los? Ich verstehe das gar nicht. Er ist doch sonst so lieb und geduldig", gab Leonie zu bedenken. 

    „Der will halt nicht eingesperrt sein, gab Carola zu verstehen, „lass ihn doch raus. 

    „Ich habe nur Angst, dass er Marie weckt." 

    „Durch sein Gekläffe wird er das bestimmt erreichen", mischte sich Birte nun ein. 

    Leonie stand auf und befreite den Schäferhund aus seiner Behausung. „Du benimmst dich, Hasso. Du bleibst schön bei mir sitzen." Der Hund folgte aufs Wort und ließ sich neben ihrem Sessel nieder, eine weiße Fellmasse, die ihr Frauchen aufmerksam beobachtete. 

    Von der Bundesstraße war das Aufheulen eines Motorrades zu hören. 

    „Wieder ein Selbstmörder auf zwei Rädern unterwegs, Birte schüttelte den Kopf, „ich hoffe nur, dass Gregor nicht so rast. 

    „Das hoffe ich auch", stimmte Carola ihr zu, „mir gefällt es gar nicht, dass er ständig mit dieser Höllenmaschine unterwegs ist. 

    Warum habt ihr ihm das nicht verboten?", wandte sie sich an ihre Schwiegermutter. 

    „Einem Wolf kann man nichts verbieten. Das müsstest du doch nun auch schon gemerkt haben", antwortete ihre Schwiegermutter lakonisch. 

    Hasso hatte sich zu Leonies Füßen niedergelassen. Aber er war seltsam unruhig. Während die Frauen sich unterhielten, winselte er ununterbrochen, stieß sein Frauchen ständig mit der nassen Schnauze an. Leonie tätschelte seinen Kopf. „Hasso, was ist denn heute nur mit dir los?" 

    Die Sondersignale eines Polizeiautos unterbrachen das Gespräch der Frauen. Es war von der Bundesstraße aus zu vernehmen. Wenig später folgte das Martinshorn eines Rettungsfahrzeuges. Jetzt war Hasso nicht mehr zu halten. Er rannte zur Hecke, die am unteren Ende das Grundstück begrenzte.  

    „Auweia, da hat es wohl einen Unfall gegeben, stellte Leonie fest, „deshalb ist Hasso auch so unruhig. 

    „Das war bestimmt der Organspender auf zwei Rädern, der seine Maschine so hochgezogen hat", behauptete Birte. 

    „Du hast wirklich eine beruhigende Art, liebe Schwiegermama. Carola verdrehte die Augen, stand auf und ging zur Hausecke, lauschte einen Moment und kehrte auf die Terrasse zurück. „Von Marie ist nichts zu hören.  

    Doch das Gespräch kam nicht mehr richtig in Gang. Weitere Sondersignale von Feuerwehr und Rettungsfahrzeugen versetzten die Frauen in Aufregung. Auf Hasso achteten sie nicht mehr.  

    Kapitel 6 

    „Wo kommt denn der Hund plötzlich her?", Hauptkommissar Schön von der Dienststelle in Butzbach betrachtete das ungewöhnliche Tier, das aufgeregt zwischen den Rettungsfahrzeugen hin und her lief. Weiße Schäferhunde waren äußerst selten. 

    „Weiß jemand, wem der Hund gehört?", fragte der Einsatzleiter der Feuerwehr. 

    „Könnte der Hund der Familie Wolf sein. Die haben einen weißen Schäferhund. Die wohnen da oben", antwortete einer der Feuerwehrleute. Er zeigte auf ein mit hohen Hecken umgebenes Haus in ca. 500 Meter Entfernung oberhalb der Bundesstraße. 

    „Ruf die mal an. Die sollen hierherkommen und das Tier einfangen", befahl der Einsatzleiter. Er versuchte, den Schäferhund, der sich wie wild gebärdete, am Halsband festzuhalten. Doch es gelang ihm nicht, das Tier zu bändigen. Es riss sich los und rannte in Richtung Ober-Hörgern davon.  

    „So ein Mist. Der Hund wird gleich den nächsten Unfall verursachen", fluchte der Mann. 

    „Meinst du, er ist für den Tod der jungen Frau verantwortlich?", fragte Schön. 

    „Könnte sein, dass er vor dem Motorrad auf die Fahrbahn gelaufen ist. Die Frau wollte ausweichen, hat dabei den Lenker verrissen und ist gestürzt, mutmaßte der Einsatzleiter, das würde auch erklären, warum es keine weiteren Unfallbeteiligten gibt. 

    „Das muss der Gutachter anhand der Spuren klären. Wir müssen jetzt erst mal das Tier einfangen. Die Bundesstraße ist ab der Abzweigung nach Münzenberg gesperrt, aber wenn er weiterläuft, besteht die Gefahr, dass er auf die Autobahn gerät. Nicht auszudenken, was dann passieren kann", erklärte Schön. 

    „Ich habe Frau Wolf erreicht, der junge Feuerwehrmann trat zu den beiden Männern, „es ist tatsächlich ihr Hund. Er ist seit ein paar Minuten verschwunden. Sie kommt sofort, aufgeregt sprach der junge Feuerwehrmann zu dem Einsatzleiter. 

    „Einer muss mit ihr dem Hund hinterherfahren. Könnt ihr das veranlassen?" Der Einsatzleiter der Feuerwehr hatte die Situation im Griff. 

    „Ich werde die Verfolgung mit ihr aufnehmen, sobald sie hier ist, erklärte sich Hauptkommissar Schön bereit, „inzwischen informiere ich die Kollegen aus Lich, damit sie die A 45 ab der Anschlussstelle Münzenberg in beide Richtungen befahren und die Radiosender über den freilaufenden Hund rund um Münzenberg informieren.  

    Kapitel 7 

    Das weiße Tier lief immer weiter die Straße entlang, wechselte am Ortsausgang von Ober-Hörgern auf den Radweg. Mehrere Radfahrer wichen ihm staunend und fluchend aus. Weiße Schäferhunde waren äußerst selten und der ungeübte Blick könnte durchaus einen Wolf in dem Tier vermuten lassen. Auf einer abschüssigen Strecke hinter Eberstadt kam eine Frau mit dem Rad ins Straucheln, als der Hund in großen Sprüngen direkt auf sie zulief. Sie bremste so abrupt, dass sie über den Lenker flog und zu Boden fiel. Im Fallen versuchte sie instinktiv sich mit den Händen abzustützen. Ihr hinterherfahrender Mann sah aus sicherer Entfernung, wie seine Frau zu Boden stürzte. Um dem herannahenden Tier auszuweichen, hielt er an und blieb am Rand des Radweges stehen. Ängstlich sah er zu, wie die weiße Muskelmasse, wie von einem unsichtbaren Verfolger gejagt, an ihm vorbeiflitzte.  

    Ungläubig schaute er dem fliehenden Tier hinterher, zweifelnd, ob es sich hierbei um einen Wolf gehandelt haben könnte. Schließlich eilte er zu seiner Frau, die stöhnend am Boden lag. Er informierte die 112 über das Unfallgeschehen und die seltsame Erscheinung und forderte umgehend einen Rettungswagen an. 

    Kapitel 8 

    „Die Feuerwehr hat gerade angerufen. Hasso läuft auf der Bundesstraße herum. Ich muss sofort da runter, rief Leonie ihrer Schwägerin zu, als sie mit dem Handy in der Hand aus dem Haus gerannt kam, „bleibt ihr hier. Falls Hasso wiederauftaucht, ruft mich sofort an. Sie verschwand durch das Loch in der Hecke, durch das Hasso vermutlich ausgebüxt war und rannte den Grasweg hinunter zur Bundesstraße. Sie musste noch mehrere hundert Meter laufen, bis sie die Unfallstelle erreichte. Sie nahm einen Körper, der unter einer weißen Decke lag, wahr.  

    Polizeioberkommissar Schön kam auf sie zu. „Frau Wolf?, Leonie nickte ihm schweratmend zu. „Kommen Sie! Mehr war nicht nötig, damit Leonie dem Streifenbeamten, vorbei an mehreren Einsatzfahrzeugen, folgte. Sie hatte kaum auf dem Beifahrersitz Platz genommen, als Schön mit quietschenden Reifen startete.  

    „Wir haben die Kollegen aus Lich informiert, ebenso die Radiosender, erklärte Schön seiner Beifahrerin, die immer noch um Luft rang. „Haben Sie eine Ahnung, wo der Hund hinläuft?, er sah die Frau von der Seite an. 

    „Keine Ahnung", prustete sie, „ich kann mir das gar nicht erklären.  

    „Kommen Sie erst mal wieder zu Atem. Nicht, dass Sie mir noch kollabieren." An der Abbiegung nach Münzenberg hielt er und sprach mit dem Streifenbeamten, der die Durchfahrt nach Ober-Hörgern sicherte. Ein zweiter Beamter sprach mit den Fahrern der Autos, die sich von Lich aus der Abzweigung näherten. 

    „Hast du einen weißen Schäferhund gesehen?", rief ihm Schön zu.  

    „Nee, weder einen weißen noch einen braunen, nur eine Menge wütender Autofahrer, die jetzt alle einen Umweg fahren müssen, war die Antwort. Schön gab Gas und fuhr weiter vorbei an der Auffahrt der A 45 in Richtung Hanau, unterquerte die Autobahnbrücke, und ließ auch die Auffahrt in Richtung Gießen hinter sich. Hinter Eberstadt sah er auf dem Radweg mehrere Personen, die um eine auf dem Boden liegende Frau herumstanden. In diesem Moment meldete sich eine Stimme über den Polizeifunk: „Der entlaufene Hund wurde auf dem Radweg in Richtung Lich gesehen. Er hat dort einen Unfall mit einer Radfahrerin verursacht. 

    Schön reagierte

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1