Liebe ist manchmal so: Es war einmal 1993
Von Andrea Kochniss
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Über dieses E-Book
Patrizia ist schon gefühlt ihr ganzes Leben in Kilian, den besten Freund ihres älteren Bruders verliebt. Alle aus der Clique scheinen das zu wissen, nur Kilian nicht. Und als dann auch noch Patrizias ehemals beste Freundin Lena zu ihrer ärgsten Konkurrentin wird, scheint alles noch komplizierter.
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Buchvorschau
Liebe ist manchmal so - Andrea Kochniss
1
Mir war sofort klar, was meine Mutter mit ihren Anspielungen bezweckte.
„Ich weiß wirklich nicht, wo mir der Kopf steht! Gisela ist krank und Brenda dafür in deren Gruppe eingesprungen. Ich bin also mit allen fünfundzwanzig Kindern allein." Meine Mutter machte ihre Verzweiflung noch deutlicher, indem sie sich mit einem tiefen Seufzer auf einen der Küchenstühle fallen ließ.
Es war keineswegs so, dass meine Mutter mit ihren mehr als dreißig Jahren Berufserfahrung als Erzieherin nicht dazu fähig gewesen wäre, allein eine vollbesetzte Kindergartengruppe zu betreuen. Es war vielmehr so, dass sie sich wünschte, dass ich beruflich mal in ihre Fußstapfen trete, und allein aus diesem Grund überlegte sie sich immer wieder Ausreden, mich in die heiligen Hallen des katholischen Kindergartens in Görnbeek zu bekommen. Obwohl ich mir dieser Tatsache bewusst war, spielte ich mit.
„Aber Mom, nachmittags sind noch nie alle fünfundzwanzig Kinder da gewesen. Warum sollte das gerade heute so sein?"
„Im Normalfall natürlich nicht. Aber Bjarne Bender hat im Morgenkreis in seiner unglaublich jovialen Art erklärt, dass er beschlossen habe, seinen heutigen Geburtstag nicht zuhause, sondern in der Marienkäfergruppe mit allen zur Gruppe gehörenden Kinder zu feiern, weil halt alle seine Freunde wären und er sich nicht entscheiden könne, wen er zu sich nach Hause einlädt. Eine dreistöckige Geburtstagstorte war nur ein Versprechen, was er dabei machte." Meine Mutter schlug sich theatralisch die Hand vor die Stirn.
Okay, unter diesen Umständen gab ich mich geschlagen. Bjarne Bender an sich war schon anstrengend genug, aber an seinem Geburtstag mit solch einer Ankündigung noch mal eine größere Nummer. Ich schluckte Moms Köder mit einem inneren Grinsen.
„Au weia! Das erklärt natürlich alles. Du könntest Hilfe gebrauchen, stimmts?"
„Kann man wohl sagen. Aber wo soll ich so schnell jemanden finden, der aushilft?" Mom sah mich flehend an.
„Okay, Mom. Wann soll ich im Kindergarten sein?"
„Du möchtest mir wirklich helfen, Schatz? Das ist aber schön! Am besten wäre es, wenn du schon kurz vor zwei kommst und den Tee für die Kinder kochst."
„Dann habe ich ja noch über eine Stunde Zeit." Ich trank den letzten Schluck meines O-Saftes aus und stand auf.
„Was hast du vor?", fragte Mom.
„Ich gehe noch in den Co-Op, was zu knabbern holen. Ich wollte mich noch kurz mit Betty treffen, um für die Mathe-Arbeit zu lernen. Um kurz vor zwei bin ich dann pünktlich im Kindergarten."
„Willst du dich denn nicht vorher noch umziehen? Mit dieser fürchterlichen Jeans bist du kein gutes Beispiel für die Kinder!"
Ich winkte ab. Wie gewohnt, wenn es um meinen eigenwilligen Klamotten-Stil ging. „Mir gefallen die Löcher!", sagte ich noch und trat im Anschluss aus der Haustüre.
Ich betrat den kaum belebten kleinen Supermarkt der Straße unseres malerischen Hafenstädtchens Görnbeek.
„Hallo Patrizia!" Kilian saß an der Kasse. Er lächelte sein unglaublich süßes Lächeln, welches mir einfach immer wieder die Knie weich werden ließ.
„Hi!", rief ich etwas zu laut und lächelte zurück. Dabei rannte ich eine ältere Frau um, die ich leider erst bemerkte, als das Missgeschick schon passiert war. Oh Mann, wie peinlich!
„Min Deern, pass doch auf, wo du hinläufst. Hast du denn keine Augen im Kopf?", fragte die Dame, die sich nach meinem Rempler gerade noch so am Packtisch festhalten konnte.
Ich sah sie betreten an. „Entschuldigung! Es tut mir wirklich furchtbar leid. Ich habe Sie nicht gesehen."
Die Dame schaute mich erst wütend an, dann entspannte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie schaute abwechselnd von mir zu Kilian und grinste wissend. Ich senkte den Blick. War das denn wirklich so offensichtlich?
Die Dame schmunzelte immer noch, als sie ihre Einkaufstüten griff und im Anschluss den Laden verließ.
„Na, Prinzesschen? Was hast du heute so vor?", fragte Kilian.
Ich hasste Prinzessinnen, aber ich liebte es, wenn Kilian mich so nannte.
„Ich arbeite heute Nachmittag im Kindergarten. Meine Mom kommt mit den Plagegeistern allein nicht klar, und deshalb springe ich ein."
Sobald ich in Kilians grüne Augen sah, versank ich beinahe darin. Ich war mal wieder auf dem Weg ins Land der Träume.
„Ist Benedikt zuhause?", fragte Kilian.
Ich wurde schneller aus meinem Traumland herausgezogen, als mir lieb war. Benedikt, Benedikt! Immer wieder Benedikt! Konnte Kilian nicht einmal zur Abwechslung an Kilians kleine Schwester denken?
„Muss er arbeiten?"
Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Weiß ich nicht." Ich verließ Kilian und suchte im Regal mit dem Knabberzeug nach einer Tüte Frit-Sticks. Wieso hätte ich ihm erzählen sollen, dass Benedikt heute kurzfristig frei bekommen hat? Die beiden würden sowieso nur mit ihren Motorrädern herumfahren und mich allein zuhause lassen. Außerdem, als sein bester Freund müsste Kilian eigentlich wissen, wann mein Bruder frei hatte, oder nicht? So eng konnte die Freundschaft zwischen den beiden ja dann wohl