Ritchie und das Ende der Realität
Von Traska
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Buchvorschau
Ritchie und das Ende der Realität - Traska
Kapitel 1
In einer jener durchweichten Nächte, als der Regen auf die Dächer klatschte wie ein trauriger Refrain in einem der Songs von Jimmy Eat World, saß ich allein in meinem trostlosen Apartment, irgendwo zwischen den Deichtorhallen und der Speicherstadt. Umgeben von den bunten Lichtern der City und dem bedrückenden Grau der Betonmauern, fühlte ich mich verloren, wie eine Fremde in meiner eigenen Haut. Der Raum um mich herum schien die Last vergangener Tage zu tragen, als ob die Wände unter dem Gewicht der Erinnerungen stöhnten. Die Neonlichter zitterten unsicher, warfen schäbige Schatten auf die ausgeleierten Teppiche, deren einst lebhafte Muster längst von der Zeit zerfressen waren. Als wollten die Wände mir in jedem Schatten unentwegt ihre schmutzige Realität entgegenhalten, zeigten sie die Spuren einer vernachlässigten Existenz.
Die Fenster, durch die der Regen in silbernen Fäden hinabrieselte, waren nicht nur schützende Barrieren gegen die Außenwelt, sondern auch Risse in meiner Privatsphäre. Das Klatschen des Schauers auf den Fensterscheiben vereinigte sich mit dem gedämpften Echo meines eigenen Herzschlags. Jeder Tropfen schien eine Erinnerung zu tragen und sich seinen Weg durch die unsichtbaren Narben meiner Seele bahnen zu wollen.
In der Luft hing eine bleierne Einsamkeit, die man förmlich schmecken konnte – ein Geschmack von Bitterkeit und zugleich Vertrautheit, wie der letzte Zug an einer erloschenen Zigarette. Als Verlorene fühlte ich mich gefangen zwischen den Fugen der Vergangenheit, in diesem Raum aus Beton und verblasstem Schein. Während draußen der Regen seine schmerzvolle Serenade spielte, dachte ich an die Zeit mit Billy.
Billy, mein kleiner Havaneser, war ein Stückchen Leben in dieser verrosteten Welt. Nicht viel größer als ein Gedanke, aber mit einem Herzen so groß wie der verlassene Himmel über einer staubigen Stadt. Sein Fell war ein Mosaik aus Brauntönen, das im Neonlicht der heruntergekommenen Straßen wie vergoldet schimmerte – verriet mehr Geschichten als meine rauchgeschwängerte Wohngemeinschaft.
Billy hatte eine Ausstrahlung von Unverfrorenheit, die einem alles andere als kalt ließ. Inmitten von Beton und Schwermut verkörperte er das, was die Welt vergessen hatte – pure Lebendigkeit. Er hatte das Talent, die Tristesse zu durchbrechen und einen Hauch von Wärme in mein Herz zu bringen. Bis vor zwei Tagen klapperten seine Pfoten über die alten Holzdielen.
Billy war mehr als nur ein Hund. Er war ein Teil von mir, ein Kamerad der mir klar gemacht hatte, wie lange ich vergessen hatte, wie man lächelt. Sein treuer Blick durchbohrte meine innere Unruhe, als würde er mir sagen wollen: Hier sind wir, Amina, in dieser Scheißwelt, aber wenigstens sind wir nicht allein.
Die Havaneser sind kein Modeaccessoires. Sie sind Überlebende, wie wir alle. Sie halten ihre Nase in die Luft, als würden sie den Rauch der verbrannten Träume erschnüffeln, und bellen dem Schicksal entgegen. Billy tat genau das. Inmitten meines Durcheinanders zeigte er mir, dass es in Ordnung ist, das Leben zu feiern, selbst wenn es einem, wie der letzte Dreck vorkommt.
Die Welt draußen war ein Sturm, aber mit diesem kleinen Havaneser an meiner Seite schien sie einen Hauch von Hoffnung zu tragen. Seine Anwesenheit war berauschend und tröstlich zugleich. Ich brauchte Billy genauso sehr wie er mich brauchte. Aber jetzt, jetzt hockte ich da, mit verheulten Augen und dem Rest von Billy in einer Urne in meiner Hand.
Kapitel 2
Die Stille um mich herum war so laut, dass sie meine Gedanken übertönte.