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LADY IM KREUZVERHÖR: Der Krimi-Klassiker!
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eBook266 Seiten3 Stunden

LADY IM KREUZVERHÖR: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Als zwei Polizeibeamte das Zimmer von Alan Kirby durchsuchen, ziehen sie aus dem Kleiderschrank eine unscheinbare Leinwandrolle. Sie entpuppt sich als ein echter Rubens, der aus einer Galerie gestohlen wurde. Obwohl alle Indizien gegen Kirby sprechen, ist der Londoner Anwalt Antony Maitland bereit, den undankbaren Fall zu übernehmen. Doch dazu kommt es nicht mehr: Kirby wird erschossen aufgefunden...

Sara Woods (eigtl. Lana Hutton Bowen-Judd, * 7. März 1922 Bradford, Yorkshire, England; † 5. November 1985 Toronto, Ontario, Kanada) war eine britische Kriminal-Schriftstellerin.

Der Roman Lady im Kreuzverhör erschien erstmals im Jahr 1982; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1987.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum11. Dez. 2020
ISBN9783748768029
LADY IM KREUZVERHÖR: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    LADY IM KREUZVERHÖR - Sara Woods

    Das Buch

    Als zwei Polizeibeamte das Zimmer von Alan Kirby durchsuchen, ziehen sie aus dem Kleiderschrank eine unscheinbare Leinwandrolle. Sie entpuppt sich als ein echter Rubens, der aus einer Galerie gestohlen wurde. Obwohl alle Indizien gegen Kirby sprechen, ist der Londoner Anwalt Antony Maitland bereit, den undankbaren Fall zu übernehmen. Doch dazu kommt es nicht mehr: Kirby wird erschossen aufgefunden...

    Sara Woods (eigtl. Lana Hutton Bowen-Judd, * 7. März 1922 Bradford, Yorkshire, England; † 5. November 1985 Toronto, Ontario, Kanada) war eine britische Kriminal-Schriftstellerin.

    Der Roman Lady im Kreuzverhör erschien erstmals im Jahr 1982; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1987.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    LADY IM KREUZVERHÖR

    »Wenn Ihr erröten

    und schuldig rufen könnt,

    Herr Kardinal,

    zeigt Ihr ein wenig Ehrlichkeit.«

    - König Heinrich VIII.,

    1. Akt, 2. Szene

    Jede Erzählung, deren handelnde Figuren alle gleich vortrefflich wären, würde schon allein aus diesem Grund als unfassbar langweilig verdammt werden. Deshalb kann keine Entschuldigung für die Niederträchtigkeit oder Torheit der in diesem Buch vorkommenden Menschen notwendig sein. Es dürfte überaus unwahrscheinlich sein, dass irgendeiner von ihnen Ähnlichkeit mit einer echten Person besitzt, sei sie tot oder lebendig. Jede solche Ähnlichkeit ist völlig unbeabsichtigt und ohne jede böse Absicht zustande gekommen.

    - Sara Woods 

      Prolog

    »Ich habe einen Mandanten«, erklärte Kevin O’Brien, Kronanwalt, so, als sei damit alles gesagt. Er sah seine Gastgeber der Reihe nach an, um ihre Reaktion auf diese Bemerkung zu registrieren. Er hatte sich bei den Maitlands zu einem Plausch nach dem Abendessen mehr oder weniger selbst eingeladen, und die Beiläufigkeit, mit der das geschehen war, hatte schon genügt, um Antony zu warnen. Jenny dagegen, die, eben aus dem gemeinsamen Sommerurlaub zurück, gerade das Auspacken hinter sich hatte, war vollkommen arglos.

    »Wenn man bedenkt, dass die Sitzungsperiode nach dem Michaelstag anfängt, also schon recht bald, hoffe ich das für dich auch«, meinte sie.

    Kevin belächelte die Art, wie sie ihn wörtlich nahm. Er war, ein hagerer Mann mit schmalen Schultern, Spezialist für aussichtslose Fälle.

    »Ich meine einen, der für Antony von besonderem Interesse sein müsste«, sagte er zu ihr. »Louise Chorley.«

    Antony Maitland stellte den Kognakschwenker, den er in der Hand hatte, hin und lehnte sich im Sessel zurück.

    »Von Interesse natürlich«, sagte er, »aber mich geht die Sache doch wohl nichts an.«

    »Vielleicht doch«, gab O’Brien zurück.

    »Wenn du vorhast, mich als Mitverteidiger einzusetzen...«

    »Keine Spur.«

    »...sage ich dir ganz offen, dass sie für mich keine Chance hat.« Maitland war ebenfalls Kronanwalt, ungefähr ebenso lange wie O’Brien.

    »Sogar für den Schlechtesten von uns lässt sich etwas vorbringen«, betonte Kevin ernster, als man es bei ihm gewöhnt war. »Aber das klingt, als ob du mit dem Fall etwas besser vertraut bist als die Öffentlichkeit.«

    »Ja, natürlich interessiere ich mich besonders dafür«, gab Antony zu. »Ich begreife nur nicht, woher du das weißt.«

    »Ich weiß so gut wie nichts. Erzähl schon.«

    »Ihr Ehemann sollte soeben wegen Mordes verhaftet werden, als sie ihn erschoss. Du wirst nun vermutlich sagen, dass das zum Teil an mir lag«, meinte Maitland widerstrebend. »Die Verhaftung, meine ich, nicht die Tötung.«

    »Ist das alles, was du weißt?«

    »Hm, nein. Sie legte ein Geständnis ab. Ich glaube, sie rief sogar selbst die Polizei.«

    »Und...«

    »Ich kannte vertrauliche Einzelheiten einer Darstellung, die sie an den Courier verkauft hat. Der darf sie natürlich nicht bringen, ehe das Urteil gefällt ist... falls du vorhast, auf Nicht schuldig zu plädieren, meine ich.«

    »Aber gewiss habe ich das.«

    »Verstehe.« Sein zweifelnder Tonfall strafte das Wort Lügen. »Du brauchst dir jedenfalls keine Sorgen zu machen, Kevin. Die Anklage hat keinerlei Aussicht, damit vor Gericht durchzukommen.«

    »Ich mache mir keine Sorgen«, erwiderte Kevin gelassen. »Ich werde das auf jeden Fall schon selbst vorbringen.«

    Maitland legte eine Pause ein, um darüber nachzudenken. Jenny kannte den Fall so gut wie er, und da es den Anschein hatte, dass auch Kevin O’Brien eingeweiht war, hinderte ihn nichts daran, laut zu denken.

    »Es ging da um einen Ring von Kunstdieben, in den ihr Mann aufgenommen worden war. Nach ihren Worten ist der Drahtzieher, also der Anstifter des Ganzen oder wie man ihn nennen will, seit Jahren ihr Liebhaber gewesen. Sie habe befürchten müssen, dass ihr Mann plaudern und diesen Mann bloßstellen werde. Deshalb habe sie ihn erschossen.« Er verstummte und sah den Besucher zweifelnd an. »Glaubst du wirklich, dass Geschworene oder Richter Mrs. Chorley deswegen mehr Verständnis entgegenbringen werden?«, fragte er.

    »Nicht nach deiner Schilderung. Wir werden behaupten, dass sie völlig den Verstand verloren habe und die ganze Geschichte eine reine Erfindung von ihr sei. Nicht schuldig, weil nicht zurechnungsfähig.«

    »Ja-a«, sagte Maitland gedehnt. »Ich sehe ein, dass das der einzige Weg für euch ist.«

    »Der wäre dir auch aufgegangen, wenn du mit ihr als Mandantin geschlagen wärst«, sagte Kevin wohlwollend. »Und für den Fall, dass dich das bedrückt, Jenny: Ihre Geschichte ist so, wie sie sie erzählt, einfach nicht glaubwürdig, und bei unseren Gesprächen mit ihr hat sie nie erkennen lassen, dass sie bei Verstand wäre. Nicht dass sie etwa tobte... Aber das ist nicht der Punkt, über den ich mit Antony reden wollte.«

    »Du willst doch nicht, dass ich aussage?«, fragte Antony erschrocken.

    »Keineswegs. Es scheint keinen Anlass zu geben, weshalb Anklage oder Verteidigung sich überhaupt mit David Chorleys Straftaten befassen sollten, sieht man von einer knappen Mitteilung der Polizei ab, dass eine Festnahme unmittelbar bevorstand. Als meine Mandantin davon erfuhr, verlor sie gänzlich den schon sehr dürftigen Kontakt zur Wirklichkeit«, sagte O’Brien so feierlich, dass Antony sofort begriff, woher die Worte stammten: aus dem Schriftsatz des beauftragenden Solicitors.

    »Wenigstens das bleibt mir erspart. Von meiner Verbindung mit dem Fall Seiden weiß niemand, und ich möchte, dass es auch dabei bleibt.«

    »Falls du jetzt von der Angelegenheit mit der Spiritistin sprichst, die wegen Betrugs verklagt wurde...«

    »Man stellte damals sehr hohe Schadensersatzansprüche, weil eine Frau namens Emily Walpole Selbstmord begangen hatte, angeblich wegen einer Mitteilung bei einer Séance«, sagte Antony. »Dann kam jedoch heraus, dass Mrs. Walpole vielmehr ermordet worden war.«

    »Schon, aber das war ein Fall von Sir Nicholas«, wandte O’Brien ein.

    »Ich hatte mich auch damit zu befassen.«

    »Das hätte ich mir denken können.« Es klang vor allem resigniert. »Mit der Sache Seiden hat das jedenfalls gar nichts zu tun. Ich höre gerüchteweise, dass du auch einen Mandanten hast.«

    »Wie du wohl auch; sogar mehrere. Aber du denkst doch an einen ganz bestimmten, oder? An wen denn?«

    »Einen jungen Mann namens Alan Kirby.« Er sah Maitlands verständnislosen Blick und fügte ein wenig ungeduldig hinzu: »Bist du denn seit der Rückkehr aus dem Urlaub noch nicht einmal in der Kanzlei gewesen?«

    »Doch, natürlich. Ich wollte unbedingt sehen, was für Gräuel Mallory während unserer Abwesenheit in meinem Namen angenommen hat. Aber Alan Kirby... soweit ich mich entsinne, war das nichts sonderlich Bedeutsames. Anklage wegen Hehlerei.«

    »Hast du mit deinem Klienten gesprochen?«

    »Nein, ich habe nur den Schriftsatz von Geoffrey Horton gesehen. Die Polizei war offensichtlich nicht der Meinung, auch Diebstahl beweisen zu können.«

    »Also«, sagte O’Brien so geduldig, als spreche er mit einem Kind, »was für gestohlene Ware soll er in Empfang genommen haben?«

    »Ein Gemälde, glaube ich, das aus der Galerie Sefton gestohlen worden war. Ich habe mich mit der Sache noch nicht näher befasst. Soviel ich sehe, steht die Verhandlung noch lange nicht an. Und Kirby ist gegen Kaution freigelassen worden. Dafür hat Geoffrey gesorgt.«

    »Du gebrauchst dein Gehirn nicht, Antony.« Maitland war während des Gesprächs, von Unrast getrieben, aufgestanden und hatte sich mit dem Rücken an den offenen Kamin gestellt. Scheite waren auf dem Rost aufgehäuft, aber nicht angezündet worden. Wie O’Brien war er ein hochgewachsener Mann, dunkelhaarig, mit schmalem, intelligentem Gesicht. Der humorvolle Ausdruck darin war in der Regel sehr ausgeprägt. Bei offiziellen Anlässen hielt er es allerdings für klüger, ihn zu unterdrücken. »Ein Kunstdiebstahl«, erklärte O’Brien mit Nachdruck. »Hast du denn keine Verbindung hergestellt, da du schon so viel über die Vorgänge im vergangenen März weißt?«

    »Du hast eben gesagt...«

    »Vergiss die Seldens und die Walpoles und den ganzen Verein bis auf die Chorleys. Und geh davon aus, dass eine Bande am Werk ist, die sich auf Kunstdiebstähle spezialisiert hat.«

    »Willst du mir einreden, Kirby könnte der unbekannte Liebhaber sein? Ich muss darauf hinweisen, dass er erst Mitte Zwanzig ist und Historiker, soviel ich weiß, nicht Kunstexperte«, sagte Maitland, dessen oberflächliche Lektüre der Akten offenbar doch nachhaltiger gewirkt hatte, als er zugeben wollte.

    »Ich will genau das Gegenteil. Er könnte völlig unschuldig sein. Was weißt du sonst noch über ihn?«

    »Er hat einen guten Leumund, heißt es. Nie in Schwierigkeiten gewesen. Nein, im Ernst, Kevin, ich hatte noch keine Zeit, mich einzuarbeiten. Und wenn du denkst, ich nähme die Sache zu leicht«, fuhr er ein wenig steif fort, »ich bin mir völlig im Klaren darüber, was eine Verurteilung für ihn bedeuten könnte, wenn er wirklich unschuldig ist.«

    »Ich habe nie etwas anderes angenommen«, gab Kevin beschwichtigend zurück.

    »Und wie kommst du darauf, dass er unschuldig ist?«, fragte Antony scharf.

    »Durch eine Äußerung von Louise Chorley.«

    »Da du dich heute Abend praktisch selbst eingeladen hast«, sagte Maitland unliebenswürdig, »wirst du mir vermutlich anvertrauen, worum es sich handelt.«

    »Ganz gewiss. Sie hatte von der Anschuldigung gehört und hielt sie für reinen Unsinn; Alan würde so etwas niemals tun. Das gehörte zu den wenigen vernünftigen Worten, die sie im ganzen Gespräch von sich gegeben hat, kann ich dir verraten. Aber angesichts ihrer Behauptung vermutete ich, sie könnte wirklich informiert sein, und zog ein paar Erkundigungen ein.«

    »Und was haben deine Erkundigungen ergeben?«

    »Alan Kirby hat einen Onkel Daniel Kirby, der angeblich die beste Kunstsammlung in England besitzt, wenn man die königliche Sammlung ausnimmt.«

    »Steht er mit seinem Neffen auf gutem Fuß?« Maitlands Tonfall war schärfer geworden.

    »Ja, ich glaube schon.«

    »Du lässt durchblicken, dass Daniel Kirby Mrs. Chorleys Liebhaber sein könnte. Spräche dann nicht mehr als weniger dafür, dass sein Neffe einer seiner Helfershelfer sein könnte?«

    »Ich kann dir nur mitteilen, was sie gesagt hat. Ich hatte in diesem Augenblick sehr stark den Eindruck, dass sie die Wahrheit sagte, wie sie sie sah. Dann verstummte sie und wollte kein Wort mehr hinzufügen. Aber ich war der Meinung, dass du das wissen solltest.«

    »Die Frau ist deine Mandantin, O’Brien.«

    »Der Haken bei dir ist, dass du moralisch einfach unantastbar bist, Maitland«, antwortete Kevin ebenso förmlich.

    »Das mag sein, auch wenn dir da wohl nicht alle recht geben würden. Aber du erklärst mir, dass du ihre Geschichte glaubst - eine Geschichte, die sie gegen Bares an den Courier verkauft hat - und nicht an ihre Unschuld wegen Unzurechnungsfähigkeit?«

    »Ich glaube an deine Diskretion, Antony.« O’Brien sah Jenny an, und sein Gesichtsausdruck wurde etwas milder. »Es gibt Leute, die ich umsonst verteidigen würde«, sagte er, »aber Louise Chorley gehört nicht dazu.«

    Antony kam der Gedanke, dass auf der ganzen Welt Jenny vielleicht die einzige Person war, deren Meinung dem anderen genug bedeutete, um sich zu dieser Bemerkung veranlasst zu sehen. »Trotzdem werde ich mich an die Anweisungen von Bellerby halten«, fuhr Kevin fort. »Sie lauten so, wie ich schon sagte, und damit ist der Fall erledigt.« (Bellerby war ein Solicitor - Maitland kannte ihn gut -, dessen gütige Einstellung gegenüber Mandanten bei seinen Kollegen wohlbekannt war und sie oft verärgerte.)

    »Aber wenn du recht hast... wenn Louise Chorley dir wirklich die Wahrheit gesagt hat, wie ist dann das Riesengemälde in Alan Kirbys Besitz gelangt?«

    »Das ist deine Sache. Es könnte ihn ja zum Beispiel jemand gebeten haben, es für ihn aufzubewahren«, meinte Kevin vage.

    »Ich denke, Geoffrey Horton hätte davon gehört, wenn es so gewesen wäre.«

    »Es sei denn, dass Familienloyalität eine Rolle gespielt hat«, betonte O’Brien. »Es ist deine Sache, was du daraus machst, Antony«, fuhr er fort; dabei wusste er, wie Jenny etwas wehmütig dachte, sehr wohl, wie das ausgehen würde. »Aber an deiner Stelle würde ich vor der Verhandlung wenigstens ein Gespräch mit ihm führen.«

    »Das habe ich auch vor«, sagte Antony und fröstelte plötzlich. »Mich fröstelt«, entschuldigte er sich mit einem Blick auf seine Frau. »Was hältst du davon, das Feuer anzuzünden, Schatz?«

    »Wenn du möchtest.« Jenny hatte sich nicht bewegt und wirkte durchaus ruhig, aber er bemerkte auf einmal eine gewisse Verkrampfung. Erst später, als das Feuer loderte, als eine zweite Runde von dem eigentlich für Sir Nicholas reservierten Kognak getrunken war und O’Brien sich verabschiedet hatte, sprach sie aus, was in ihr vorging. »Ich weiß, du hast gesagt, niemand wüsste von deiner Verbindung mit dem Fall Seiden, Antony, aber glaubst du nicht, dass Louise Chorley ihrem Liebhaber von den Fragen berichtet haben wird, die du gestellt hast?«

    »Kevin sagt, es gibt ihn nicht«, erwiderte Antony so gelassen, wie es ihm möglich war.

    »Ja, schon, aber er glaubt nicht daran, und du bestimmt auch nicht. Wenn er weiß - wer er auch sein mag, und es kann durchaus sein, dass er dieser Daniel Kirby ist, von dem Kevin sprach -, wenn er weiß, dass du dich für seine Angelegenheiten noch stärker interessierst, glaubst du nicht, dass ihn das dann stören würde?«

    Antony, wieder an seinem Lieblingsplatz auf dem Kaminvorleger, blickte voll Zuneigung zu ihr hinüber. Jenny hatte sich von dem Tag an, als das Zimmer eingerichtet worden war, eine bestimmte Sofaecke ausgesucht. Eine eitlere Person hätte in den Verdacht geraten können, dass sie bewusst dort sitzen wollte, wo der Lampenschein auf ihre braunen Locken fiel und sie auf eine sehr kleidsame Weise vergoldete. Niemand, der Jenny kannte, wäre aber jemals auf diesen Gedanken verfallen; sie war so unbefangen, wie man das als menschliches Wesen nur sein konnte.

    »Ich habe nur gesagt, dass ich mit meinem Mandanten reden würde«, antwortete Antony sanft.

    »Ja, schon, aber... Ich glaube nicht, dass Onkel Nick das gutheißen würde«, sagte Jenny und legte ihre Trumpfkarte auf den Tisch. Sir Nicholas Harding war Antonys Onkel, der Chef der Anwaltskanzlei im Inner Temple, der Maitland angehörte, und Besitzer des Hauses am Kempenfield Square, wo Antony und Jenny in einer durchaus nicht abgeschlossenen Wohnung die beiden oberen Stockwerke zur Verfügung hatten. Seitdem Sir Nicholas nach einem Leben als Junggeselle die Rechtsanwältin und Strafverteidigerin Miss Vera Langhorne geheiratet hatte, war nicht viel mehr als ein Jahr vergangen. Antony, der dazu neigte, Schwierigkeiten zu sehen, wo es keine gab - das hätten die meisten seiner Freunde jedenfalls behauptet -, war der Ansicht gewesen, es sei vielleicht die Zeit gekommen, dass ihre Wege sich trennten. Zum Glück für die Gemütsruhe aller Beteiligten hatten die Umstände ihn aber eines Besseren belehrt, bevor er etwas Unwiderrufliches hatte tun können; falls Sir Nicholas, kaum einer der Gleichmütigsten, nicht eine seiner Launen hatte, war im Haus stets bestes Einvernehmen vorherrschend gewesen, und daran änderte sich durch Veras Einzug nichts. Jenny hätte sogar behauptet, dass die neue Lady Harding einen Einfluss auf das zahlenmäßig kleine Hauspersonal ausübte, den vorher auszuüben niemand versucht hatte, und dass es deshalb viel behaglicher geworden sei...

    »Onkel Nick würde es billigen, dass ich meine Berufspflichten ausübe, so gut ich kann«, erklärte Antony entschieden.

    »Selbst wenn sich daraus Schwierigkeiten ergeben?«, fragte Jenny.

    »Weißt du«, antwortete Antony nach einer kurzen Überlegungspause, »ich glaube, sogar dann, wenn man es ihm richtig klarmachte. Er würde sich natürlich schrecklich aufregen, aber das sind wir ja gewohnt, nicht?« Er wandte sich ab und blickte kurz ins Feuer, als könne er dort eine Botschaft lesen. »Ich glaube, du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen, Liebes«, sagte er schließlich. »Kevins Idee ist doch Unsinn. Jedenfalls gibt es keinen Grund, weshalb Onkel Nick je ein Wort davon erfahren sollte.«

    »Onkel Nick erfährt alles«, sagte Jenny entschieden.

    Er drehte sich wieder um und sah sie an.

    »Ja, das weiß ich. Sein Freund Bruce Halloran hat den besten Nachrichtendienst von allen Kollegen. Aber das spielt gar keine Rolle. Worauf es ankommt, ist, dass du dir Sorgen machst, Jenny, und das macht mir Sorgen. Ich glaube aber, dass dazu überhaupt kein Anlass besteht.«

    »Mag sein«, bestätigte Jenny fügsam. Sie erwähnte das Thema an diesem Abend nicht mehr, aber ihr Mann machte sich keine Illusionen darüber, dass es aus ihren Gedanken völlig verbannt sein konnte.

      Teil I

    Sitzungsperiode Herbst 1972

    Freitag, 29. September

    Als Maitland um ein Gespräch mit seinem Mandanten Alan Kirby bat, reagierte Geoffrey Horton ein wenig gereizt.

    »Wenn du nur die Akten lesen würdest«, wandte er ein.

    »Das habe ich getan«, sagte Antony. Zur Abwechslung einmal entsprach das sogar der Wahrheit.

    »Ich weiß, du hast eine Schwäche dafür, alles aus erster Hand zu hören«, fuhr Geoffrey fort, ohne auf die Bemerkung einzugehen, »aber in diesem Fall kann es nichts helfen. Die ganze Verteidigung ist keinen Pfifferling wert.«

    »Du meinst, wir sind schuldig?«

    »Das sind nicht meine Informationen«, stellte Horton pedantisch fest. »Ich meine, es gibt nichts, was wir für ihn vor Gericht vorbringen können. Wenn man einen Diebstahl hätte nachweisen wollen, sähe die Sache anders aus, dann hätten wir etwas in der Hand, aber Hehlerei... das Bild befand sich in seinem Zimmer, es war ganz gewiss gestohlen - und was sollen wir da tun?«

    »Ich möchte ihn trotzdem sprechen«, sagte Antony hartnäckig.

    »Ach, meinetwegen! Ich werde tun, was ich kann«, gab Geoffrey mürrisch zurück. Maitland wunderte sich aber nicht, als sein Freund im Verlauf des Tages anrief, um mitzuteilen, dass für den folgenden Vormittag ein Termin vereinbart sei.

    Maitlands Büro in der Kanzlei war lang und schmal und selbst an sonnigen Tagen düster. Jenny hatte sich bei seinem Einzug erboten, die Wände heller zu streichen und vielleicht auch neue Vorhänge anzubringen, aber Sir Nicholas hatte entschieden sein Veto eingelegt. Sogar Antony hätte als erster zugegeben, dass es bei Gelegenheit von Vorteil war, wenn die Umgebung nicht ablenkte. Es fiel ohnehin schwer genug, sich zu konzentrieren. An diesem Freitagmorgen, als Willett, der jetzt nur noch den alten Mallory über sich hatte, die beiden Besucher hereinführte, wünschte Antony sich von ganzem Herzen, nie zugelassen zu haben, dass Kevin O’Brien ihm diese Verrücktheit einredete. Er sah lediglich nichts Gescheites dabei herauskommen; die Verunsicherung, die sein Gespräch mit Kevin bewirkt hatte, war inzwischen längst verflogen.

    Geoffrey Horton hatte rote Haare, die

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