Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL: Der Krimi-Klassiker!
DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL: Der Krimi-Klassiker!
DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL: Der Krimi-Klassiker!
eBook255 Seiten3 Stunden

DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL: Der Krimi-Klassiker!

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Chefinspektor Bill Cromwell von Scotland Yard ist noch übler gelaunt als sonst, weil ihn ein dringender Auftrag aus London in die winterlich verschneite Grafschaft Surrey führt: Maurice Hatherton ist aus dem Gefängnis entflohen. Fassen konnte man den Dieb und Mörder vor drei Jahren nur aufgrund der Aussage von Sir Kenneth Parsloe, Herr auf Higham Top, dem Hatherton deshalb Vergeltung schwor. Die Polizei zweifelt nicht, dass er dies in die Tat umsetzen will.

Cromwell, sein Assistent Johnny Lister und Inspektor Catchpole von der Grafschaftspolizei sollen Sir Kenneth warnen und schützen...

 

Der Roman Die Spuren im Schnee von Victor Gunn (eigentlich Edwy Searles Brooks; * 11. November 1889 in London; † 2. Dezember 1965) erschien erstmals im Jahr 1956; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1958.

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum3. Nov. 2022
ISBN9783755424765
DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL: Der Krimi-Klassiker!

Mehr von Victor Gunn lesen

Ähnlich wie DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL

Ähnliche E-Books

Mystery für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    DIE SPUREN IM SCHNEE - EIN FALL FÜR CHEFINSPEKTOR CROMWELL - Victor Gunn

    Das Buch

    Chefinspektor Bill Cromwell von Scotland Yard ist noch übler gelaunt als sonst, weil ihn ein dringender Auftrag aus London in die winterlich verschneite Grafschaft Surrey führt: Maurice Hatherton ist aus dem Gefängnis entflohen. Fassen konnte man den Dieb und Mörder vor drei Jahren nur aufgrund der Aussage von Sir Kenneth Parsloe, Herr auf Higham Top, dem Hatherton deshalb Vergeltung schwor. Die Polizei zweifelt nicht, dass er dies in die Tat umsetzen will.

    Cromwell, sein Assistent Johnny Lister und Inspektor Catchpole von der Grafschaftspolizei sollen Sir Kenneth warnen und schützen...

    Der Roman Die Spuren im Schnee von Victor Gunn (eigentlich Edwy Searles Brooks; * 11. November 1889 in London; † 2. Dezember 1965) erschien erstmals im Jahr 1956; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1958.

    Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

    DIE SPUREN IM SCHNEE

    Erstes Kapitel

    »Ich begreife nicht, warum man wegen dieser Bagatelle einen so wichtigen Mann hierherschickt«, schnaufte Inspektor Catchpole atemlos.

    »Nett, zu hören, dass man ein wichtiger Mann ist«, brummte Bill Cromwell. »Für Ihr Kompliment möchte ich mich gern verbeugen, aber in dieser Sardinenbüchse kann man sich ja nicht rühren.«

    Seine gehässige Bemerkung galt dem schnittigen Alvis-Sportwagen Johnny Listers. Sie war wirklich nicht angebracht, zumal der junge Detektivsergeant auch noch einen freien Nachmittag geopfert hatte, um seinen Chef nach Surrey zu fahren. In Reigate hatten sie dann noch Inspektor Catchpole von der Grafschaftspolizei mitgenommen. Der Anblick dieses Gentlemans gemahnte unwillkürlich an einen großen Teddybären. Seine Rundungen füllten fast den ganzen Rücksitz aus. Sogar die Federn des Wagens machten unter dem Gewicht des behäbigen Polizeibeamten einen bedenklich gedrückten Eindruck.

    »Übrigens ist meine Aufgabe gar nicht so unbedeutend, wie Sie anzunehmen scheinen«, fuhr Chefinspektor Cromwell stirnrunzelnd fort. »Hatherton ist ein gefährlicher Bursche. Darum legte der Chef Wert darauf, dass jemand vom Yard persönlich Parsloe einen sanften Fingerzeig gibt. Sie haben wir vor allem deshalb mitgenommen, damit ein einheimischer Beamter bei der Unterredung zugegen ist. Sie wissen ja selbst, es ist schwierig, mit diesem Landadel zurechtzukommen. Oft lehnen die Leute jeden noch so gutgemeinten Rat ab, wenn er von jemandem stammt, der nicht in der gleichen Gegend lebt wie sie. Als Polizist erntet man wirklich nur Undank.«

    »Nehmen Sie seine letzten Worte nicht allzu ernst, lieber Inspektor«, warf Johnny Lister augenzwinkernd ein. »Mein hoher Chef nörgelt fortwährend. Ignorieren Sie ihn einfach. Sie haben ja gehört, wie er sich über meinen Wagen mokiert. Und dabei wandern die Reisespesen natürlich in seine Tasche.«

    »Ein Assistent, der sich eine derartig kostspielige Himmelfahrtskutsche leisten kann, ist natürlich ganz nützlich. Das leugne ich nicht«, räumte Cromwell sarkastisch ein. »Aber bei diesem Glatteis hätte ich doch lieber den Zug nehmen sollen.«

    Der eisige Nordost trieb unter einem bleigrauen Himmel winzige Schneeflocken vor sich her. Er fegte sie wirbelnd über die Landstraße, nur an den geschützteren Stellen blieben sie liegen und bedeckten den hartgefrorenen Untergrund mit einer dichten weißen Decke.

    Im Innern des Kabrioletts war es angenehm warm. Ironsides - alias Cromwell - hatte also wirklich keinen Grund für irgendwelche geringschätzige Feststellungen. Er schien es auch nicht ganz ernst gemeint zu haben, denn nachdem er seine Pfeife gestopft und dicke Rauchschwaden vor sich hin gepafft hatte, legte er behaglich seinen Arm auf die Rückenlehne und wandte sich an Catchpole.

    »Erinnern Sie sich noch an den Mordfall Easton?«

    »Ich hörte davon«, erwiderte der Inspektor, dessen Stimmbänder so in Fett eingebettet waren, dass seine Antwort wie ein dumpfes Brummen klang.                               

    »Aber es geschah doch in Ihrem Bezirk...«

    »Vor drei Jahren war ich noch nicht hier«, unterbrach Catchpole den Chefinspektor. »Und genauso lange ist es doch her, dass Easton ermordet wurde, nicht wahr? Damals hatte ich gerade einen Sondereinsatz. Oben im Norden, in den Schiffswerften.«

    »Hm! Der Fall schien klipp und klar«, brummte Cromwell nachdenklich vor sich hin. »Der millionenschwere Bankier Warner Hope Easton wurde in seinem Büro ermordet. Sein Privatsekretär - ein gewisser Maurice Hatherton - für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Ein schöner, abgerundeter Fall. Ohne Sensationen. Allerdings wurde Hatherton nur auf Grund einer einzigen Aussage verurteilt - der Aussage eines Augenzeugen. Alles Übrige waren Indizienbeweise.«

    »Ja, ich erinnere mich daran«, nickte Catchpole, und sein dreifaches Doppelkinn wackelte gefährlich. »Easton hatte Verdacht geschöpft, dass der junge Mann systematisch Unterschlagungen beging. War es nicht so?«

    »Ganz recht. Easton stellte ihn daraufhin zur Rede, und es gab einen gewaltigen Krach. Hatherton soll völlig außer sich gewesen sein. Trotzdem wollte Easton die Sache nicht an die große Glocke hängen. Wollte einen Skandal vermeiden, weil Hatherton aus einer angesehenen Familie stammt. Anstatt die Unterschlagungen anzuzeigen, entließ er seinen Sekretär fristlos. Am gleichen Abend wurde Easton ermordet.«

    »Dieser Augenzeuge - wer war das doch gleich? Wenn ich mich nicht täusche, irgendein hohes Tier hier aus der Gegend...?«

    »Ganz recht«, knurrte Cromwell. »Wir fahren geradewegs zu ihm. Sir Kenneth Parsloe - Eastons Geschäftspartner. Warum ein Mann mit derartig viel Geld ausgerechnet in Higham Top wohnt, wo sich die Füchse gute Nacht sagen, ist mir allerdings schleierhaft. Warum lebt er nicht in London?«

    »So viel ich weiß, hat er in London auch eine Wohnung«, schnaufte Catchpole. »Higham Top ist übrigens gar nicht so eine Klitsche, wie Sie denken. Einer der schönsten Landsitze in Surrey. Ein prächtiges altes Schloss. Viele Leute kommen zwar nicht hin, das stimmt. Besonders seit Eastons Tod scheint Parsloe sich zurückgezogen zu haben. Wir dürften übrigens schon ziemlich nahe sein. Wurde Hathertons Todesstrafe nicht in lebenslänglich Zuchthaus abgeändert?«

    »Ja. Er legte natürlich Berufung ein, und als diese abgelehnt wurde, vollführte er auf der Anklagebank eine Szene. Er tobte und stieß Verwünschungen und Drohungen aus, bis man ihn endlich abführte. Er schwor, auszubrechen und mit Sir Kenneth Parsloe abzurechnen. Schließlich hatte allein Parsloes Aussage sein Alibi umgeworfen. Sämtliche Indizien sprachen zwar gegen ihn, aber sie hätten für eine Verurteilung nicht ausgereicht. Erst als Parsloe in den Zeugenstand trat, neigte sich das Zünglein an der Waage. Hatherton blieb hartnäckig bei seiner Behauptung, an dem fraglichen Abend nicht in der Nähe von Eastons Büro gewesen zu sein. Parsloe hingegen wollte ihn nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt in seinem Wagen sitzen gesehen haben - und zwar zur Tatzeit! Hathertons Verteidiger gab sich natürlich alle erdenkliche Mühe, diese belastende Aussage zu entkräften. Als dann trotzdem das Schuldig verkündet wurde, gab es immer noch eine ganze Anzahl Leute, die an der Richtigkeit dieses Urteils zweifelten. Und wenn ich mich nicht täusche, zweifeln sie auch heute noch. Sie können natürlich nicht wissen, was ich weiß.«

    »Und was wissen Sie, Mr. Cromwell?«

    »Dass Hatherton der gewalttätigste Verbrecher ist, der jemals nach Dartmoor kam«, antwortete Ironsides ergrimmt. »Sohn achtbarer Eltern, gute Erziehung, Universitätsstudium und so weiter. Ändert aber alles nichts an der Tatsache, dass er von Anfang an ein störrischer, gewalttätiger Gefangener war. Gleich nach seiner Einlieferung erklärte er dem Direktor rundheraus, für ihn gäbe es nur ein Ziel, nämlich auszubrechen und mit Sir Kenneth abzurechnen.«

    »Hm. Sieht also ganz so aus, als wäre er zu Recht verurteilt worden.«

    »Wenn man ihn nach seinem Temperament beurteilt, schon«, nickte der Chefinspektor. »Der arme Easton wurde ja offensichtlich im Streit erschlagen, und Hatherton hat mehr als einmal seinen schrecklichen Jähzorn bewiesen. Die ganze Angelegenheit war reichlich unerquicklich für Parsloe, der schließlich nur seine Pflicht tat. Nicht angenehm, der einzige Belastungszeuge zu sein. - In den ersten sechs Monaten seiner Haft unternahm Hatherton einen Fluchtversuch nach dem andern. Dabei schlug er zwei Wärter bewusstlos. Er brachte es einmal sogar fertig, bis über die Mauer zu kommen. Als man ihn dann wieder ergriff, tobte er wie ein Wahnsinniger.«

    »Wurden die Wärter schwer verwundet?«

    »Hatherton hieb ihnen die Faust unters Kinn - einen kräftigen linken Haken. Während seines Studiums in Oxford galt er als guter Boxer.« Cromwell zuckte die Schultern. »Na ja, Sie können sich ja denken, was dann kam. Einzelhaft, alle Vergünstigungen gestrichen und so weiter und so fort. Nützte aber nichts. Nicht im Geringsten. Noch bevor ein Jahr um war, versuchte er erneut zu fliehen. Diesmal brach er einem Wärter den Arm und schlug einem zweiten die Zähne ein. Danach schien er zu resignieren. Nach einiger Zeit führte er sich sogar recht gut. Man gelangte darum zu dem Schluss, er habe sich in sein Schicksal ergeben. Aber keine Spur!«, fügte Cromwell gereizt hinzu. »Er ist gerade wieder ausgebrochen - und diesmal über alle Berge!«

    »Na schön! Es ist ein weiter Weg von Dartmoor nach hier«, schnaufte Catchpole. »Gewiss, es dürfte angebracht sein, Sir Kenneth zu warnen, aber deshalb hätten Sie nicht extra von London hierherkommen müssen.«

    »Der Chef scheint anderer Meinung zu sein, und ich möchte ihm sogar beipflichten«, beharrte Cromwell. »Hathertons Flucht zeugt von außerordentlicher Gerissenheit. Und vor allem: Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Es besteht kein Zweifel, dass er sich nicht mehr im Moor aufhält.«

    »Aber der Mann müsste doch wahnsinnig sein, wenn er schnurstracks nach Surrey käme«, widersprach Catchpole. »Welcher normale Mensch würde so handeln? Sicher wird Hatherton erst einmal abwarfen und für ein oder zwei Wochen untertauchen.«

    »Das wissen wir nicht. Aber dass er impulsiv ist, rücksichtslos und vor allem gefährlich, das wissen wir nur zu gut. Er gehört zu denen, die ohne mit der Wimper zu zucken die unmöglichsten Dinge fertigkriegen. Und darum muss ich Sir Kenneth Parsloe persönlich sprechen und ihn warnen.«

    »Einen Augenblick bitte!«, rief Johnny dazwischen. »Wieso wurde Hathertons Flucht gar nicht in den Zeitungen erwähnt?«

    »Die Gefängnisverwaltung hielt es so für besser«, erwiderte Cromwell. »Und der Chef schloss sich dieser Meinung an. Außerdem wollte man Parsloe wohl nicht unnötig aufregen. Schließlich rechnete man fest damit, Hatherton bald wiederzuhaben. Aber das stellte sich leider als Irrtum heraus.«

    »Nun, wir werden auf Higham Top bestimmt hochwillkommen sein«, grinste Johnny Lister. »Mit dieser fröhlichen Botschaft! Der alte Knabe wird Himmel und Hölle verfluchen, und über dein Haupt wird sich sein Zorn ergießen, Old Iron.«

    »Und wenn schon«, brummte Cromwell gleichmütig. »Ich bin es gewöhnt, dass mir die Leute Grobheiten sagen.«

    »Ich glaube nicht, dass Sir Kenneth grob werden wird«, meinte Inspektor Catchpole. »Schließlich trifft Sie keine Schuld, und Scotland Yard kann auch nichts dafür.« Er legte seine Stirn in strenge Falten. »Schwierig zu sagen, wie er es aufnehmen wird. Ich kenne ihn nicht persönlich, über man erzählt sich die komischsten Sachen von ihm. Besitzt Säcke voll Geld, hat alles was das Herz begehrt und ist trotzdem, oder gerade darum, etwas exzentrisch. Er geht kaum aus dem Haus und empfängt noch seltener Gäste. Ich sah ihn einmal in Reigate. Ein großer, ungeschlachter Mann mit riesigem Vollbart und buschigen Brauen. In der Tat, Parsloe und der alte Simon Biggintree aus Topley Down galten als die bärtigsten Männer in ganz Surrey.«

    Ironsides nickte.

    »Ja, davon habe ich schon gehört. Die ganze Gegend hat sich darüber lustig gemacht. War’s nicht so?«

    »Stimmt genau. Aber das ist nun schon lange her. Biggintree starb vor einem halben Jahr. Seitdem gibt es zu Sir Kenneths Bart in der ganzen Grafschaft kein Gegenstück mehr. - He, anhalten, Sergeant«, fügte der Inspektor hastig hinzu. »Wir kommen jetzt nach Higham St. Andrew. Fahren Sie langsam um diese Ecke. Dann an der Kreuzung links ab.«

    Inzwischen war die Dunkelheit hereingebrochen. Der Schnee fiel in immer dichteren Flocken. Als Cromwell die verschwommenen Umrisse einer Telefonzelle bemerkte, zupfte er Johnny Lister am Arm.

    »Ich werde Sir Kenneth anrufen und ihn auf unseren Besuch vorbereiten«, sagte er erklärend. »Sicher besser, als so mir nichts, dir nichts bei ihm hereinzuplatzen.«

    Der eisige Wind nahm ihm den Atem, als er aus dem Auto kletterte. Mit eingezogenem Kopf überquerte er die Straße und verschwand in der Telefonzelle. Er hatte nicht die Absicht, Sir Kenneth über den wahren Grund seines Besuches zu unterrichten. Er wollte ihm lediglich mitteilen, dass er ihn zu sprechen wünsche. Es stellte sich gleich heraus, dass dieser Anruf nützlich war.

    »Hier bei Sir Kenneth Parsloe auf Higham Top«, meldete sich eine ruhige Stimme.

    »Ich möchte gern Sir Kenneth sprechen.«

    »Bedaure, Sir Kenneth ist nicht anwesend.«            

    »Nicht anwesend?«

    »Sir Kenneth nimmt das Abendessen bei Doktor Trumper in Lower Martin ein. Vor fünf Minuten fuhr er mit dem Wagen fort.«

    »Aber ich rufe jetzt an - und nicht früher«, sagte Cromwell kurz. »Wer sind Sie? Der Butler wahrscheinlich.«

    »Ganz recht, Sir. Beale ist mein Name.«

    »Und wann erwarten Sie Sir Kenneth zurück?«

    »Das ist leider schwer zu sagen. Sir Kenneth und Doktor Trumper sind Junggesellen, und wenn sie abends zusammensitzen...«

    »Schon gut. Ich muss Sir Kenneth sofort sprechen. Ich rufe aus einer Telefonzelle in Higham St. Andrew an. Wie komme ich von hier nach Lower... Dingsda?«

    »Sie meinen Lower Martin, Sir?« Die Stimme des Butlers klang unbeirrt höflich. »Das nächste Dorf, Sir. Sir Kenneth kommt allerdings nicht durch Higham St. Andrew. Er fährt direkt zum Brückenhaus, dem Wohnsitz von Doktor Trumper. Sie halten sich am besten an der Kreuzung rechts, Sir. Es steht ein Wegweiser da. Nach Lower Martin sind es ungefähr zehn Kilometer. Sind Sie mit dem Wagen da, Sir?«

    »Ja.«

    »Dann müssten Sie ungefähr gleichzeitig mit Sir Kenneth am Brückenhaus eintreffen.« Die respektvolle Stimme zögerte kurz. »Darf ich mich erkundigen, wie die Straßenverhältnisse sind?«

    »Übel. Warum?«

    »Ich hoffe, dass Sir Kenneth gut ankommt«, sagte der Butler besorgt. »Ich habe dem gnädigen Herrn dringend geraten, sich von Edwards in der großen Limousine hinbringen zu lassen, aber davon wollte er nichts wissen. Sind sie sehr schlüpfrig, Sir? Die Straßen meine ich natürlich«, stotterte er verlegen.

    »Sie scheinen ja nicht allzu viel von den Fahrkünsten Ihres Herrn zu halten«, brummte Cromwell leicht amüsiert. »Es ist wenig Verkehr. Viel passieren kann ihm also nicht.«

    Missmutig hängte er den Hörer auf und ging zum Wagen zurück.

    »Ich hätte doch vom Yard aus anrufen sollen«, murrte er und knallte die Tür hinter sich zu. »Ausgerechnet heute Abend ist er zu einem Dinner eingeladen. Befindet sich auf dem Weg nach diesem gottverlassenen Loch - Lower Martin heißt es wohl, wenn ich mich richtig erinnere. Zehn Kilometer von hier. Kennen Sie einen Doktor Trumper in dem Nest, Catchpole?«

    »Ja, dem Namen nach schon, aber das ist auch alles«, bedauerte der Inspektor. »Fahren Sie jetzt rechts herum - nicht links, wie ich Ihnen vorhin sagte«, wandte er sich an Johnny. »Halten Sie es für richtig, bei dem Arzt einfach so hineinzuplatzen, Mr. Cromwell?«

    »Was glauben Sie denn! Soll ich vielleicht in der Kälte hocken und warten, bis der alte Knabe wer weiß wann einmal nach Hause kommt?«, entgegnete Cromwell unwirsch. »Fahr zu, Johnny. He, aber nicht so schnell«, fügte er erschrocken hinzu, als der Wagen mit einem Satz vorwärtsschoss. »Seit zwei Monaten haben wir Winter, ohne dass bisher eine einzige Schneeflocke gefallen ist. Aber ich brauche nur einmal über Land zu fahren, und schon stecke ich im schönsten Schneesturm drin.« Der junge Sergeant kannte Cromwells unaufhörliche Nörgelei und lächelte darum nur vor sich hin. Er konzentrierte sich mit ganzer Aufmerksamkeit auf die Straße und erreichte Lower Martin ohne Zwischenfall.

    »Pass auf, ob du nicht so etwas Ähnliches wie eine Brücke siehst«, knurrte Cromwell und starrte angestrengt durch die schneeverkrustete Windschutzscheibe. »Hm, wie ausgestorben. Wenn jemand kommt, frag nach dem Weg. Zum Brückenhaus wollen wir. - Sieht das da vorn nicht wie eine Brücke aus?« Ein großes Haus ragte aus der Dunkelheit hervor. Johnny hielt an. Ein zufällig vorbeikommender junger Mann belehrte sie indessen, dass Dr. Trumpers Haus noch anderthalb Kilometer entfernt läge. Es stünde direkt am Rand des Dorfes.

    »Zum Donnerwetter, warum nennt es sich dann Brückenhaus?«, polterte Cromwell los.

    Dieser scheinbare Widerspruch klärte sich schnell. Nach kurzer Fahrt erreichten sie eine zweite Brücke, die über ein kleines Flüsschen führte. Das Haus des Doktors schien groß und geräumig, dahinter duckten sich einige Nebengebäude wie gigantische weiße Gespenster. Von der Straße führte eine kurze Zufahrt bis vor die Haustür. Das Gartentor stand weit offen.

    »Wir sind sogar eher da als Sir Kenneth«, stellte Cromwell fest, als er keine Reifenspuren im Schnee entdecken konnte. »Zu dumm. Jetzt wird der gute Doktor wissen wollen, wer wir sind und was uns herführt.«

    »Und nachdem wir ihm das gesagt haben, wird er uns höchstwahrscheinlich hineinbitten und uns etwas Trinkbares anbieten.« Johnny Lister besaß die beneidenswerte Eigenschaft, von jeder Situation die gute Seite zu sehen.

    Der Wagen hielt mit knirschenden Reifen, und im selben Augenblick wurde auch schon die Haustür weit aufgerissen. Eine Flut gelben Lichtes ergoss sich über die schneebedeckten Stufen. Ein großer Mann mit strubbeligem Haar stand geduckt auf der Schwelle. Hinter den dicken Brillengläsern kniff er die Augen zu einem schmalen Spalt zusammen.

    »Wer ist da?«, fragte er barsch. »Hallo... Was wollen Sie?«

    »Sie sind Doktor Trumper, Sir?«, fragte Ironsides und kletterte aus dem Wagen.

    »Der bin ich. Was wünschen Sie?«

    Dr. Trumper schien so aufgeregt, dass er augenscheinlich vergaß, wie lebensgefährlich glatt die Stufen waren. Er kam ins Schlittern, und nur Bill Cromwells blitzschnelles Zugreifen verhinderte ein Unglück. Seine Gelenkigkeit verblüffte immer wieder aufs Neue, zumal er fortwährend über seine steifen Glieder jammerte und wie sehr ihn das Reißen plage.

    »Allmächtiger!«, keuchte der Doktor. »Ich hätte mir den Hals brechen können. Vielen Dank, Sir. Wer denkt denn auch, dass

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1