Das Schloss Dürande: Novelle
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Über dieses E-Book
Marseille, kurz vor der Französischen Revolution: Der Jäger Renald hat am Sterbebett seiner Mutter geschworen, auf die Ehre seiner jungen Schwester Gabriele zu achten. Als er sie des Nachts zusammen mit einem Liebhaber, dem jungen Grafensohn Dürande, antrifft, steckt er sie in ein Kloster. Gabriele flieht, und Renald macht sich auf die Verfolgung ...
Coverbild: © Linda Bestwick / Shutterstock.com
Joseph von Eichendorff
Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857) ist einer der wichtigsten Schriftsteller der deutschen Romantik. Seine Werke sind bis heute Klassiker und werden von Literaturkennern bis heute geschätzt.
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Buchvorschau
Das Schloss Dürande - Joseph von Eichendorff
Joseph von Eichendorff
Das Schloss Dürande
Novelle
BookRix GmbH & Co. KG
81371 München
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Joseph von Eichendorff
Das Schloss Dürande
Coverbild: © Linda Bestwick / Shutterstock.com
Das Schloss Dürande
In der schönen Provence liegt ein Tal zwischen waldigen Bergen, die Trümmer des alten Schlosses Dürande sehen über die Wipfel in die Einsamkeit herein; von der andern Seite erblickt man weit unten die Türme der Stadt Marseille; wenn die Luft von Mittag kommt, klingen bei klarem Wetter die Glocken herüber, sonst hört man nichts von der Welt.
In diesem Tale stand ehemals ein kleines Jägerhaus, man sah's vor Blüten kaum, so überwaldet war's und weinumrankt bis an das Hirschgeweih über dem Eingang: In stillen Nächten, wenn der Mond hell schien, kam das Wild oft weidend bis auf die Waldeswiese vor der Tür.
Dort wohnte dazumal der Jäger Renald, im Dienst des alten Grafen Dürande, mit seiner jungen Schwester Gabriele ganz allein, denn Vater und Mutter waren lange gestorben.
In jener Zeit nun geschah es, dass Renald einmal an einem schwülen Sommerabend, rasch von den Bergen kommend, sich nicht weit von dem Jägerhaus mit seiner Flinte an den Saum des Waldes stellte.
Der Mond beglänzte die Wälder, es war so unermesslich still, nur die Nachtigallen schlugen tiefer im Tal, manchmal hörte man einen Hund bellen aus den Dörfern oder den Schrei des Wildes im Walde.
Aber er achtete nicht darauf, er hatte heut ein ganz anderes Wild auf dem Korn. Ein junger, fremder Mann, so hieß es, schleiche abends heimlich zu seiner Schwester, wenn er selber weit im Forst; ein alter Jäger hatte es ihm gestern vertraut, der wusste es vom Waldhüter, dem hatt' es ein Köhler gesagt.
Es war ihm ganz unglaublich, wie sollte sie zu der Bekanntschaft gelangt sein? Sie kam nur sonntags in die Kirche, wo er sie niemals aus den Augen verlor. Und doch wurmte ihn das Gerede, er konnte sich's nicht aus dem Sinn schlagen, er wollte endlich Gewissheit haben. Denn der Vater hatte sterbend ihm das Mädchen auf die Seele gebunden, er hätte sein Herzblut gegeben für sie.
So drückte er sich lauernd an die Bäume im wechselnden Schatten, den die vorüberfliegenden Wolken über den stillen Grund warfen.
Auf einmal aber hielt er den Atem an, es regte sich am Hause, und zwischen den Weinranken schlüpfte eine schlanke Gestalt hervor; er erkannte sogleich seine Schwester an dem leichten Gang; o mein Gott, dachte er, wenn alles nicht wahr wäre!
Aber in demselben Augenblick streckte sich ein langer dunkler Schatten neben ihr über den mondbeschienenen Rasen, ein hoher Mann trat rasch aus dem Hause, dicht in einen schlechten grünen Mantel gewickelt, wie ein Jäger.
Er konnte ihn nicht erkennen, auch sein Gang war ihm durchaus fremd; es flimmerte ihm vor den Augen, als könnte er sich in einem schweren Traume noch nicht recht besinnen.
Das Mädchen aber, ohne sich umzusehen, sang mit fröhlicher Stimme, dass es dem Renald wie ein Messer durchs Herz ging:
»Ein' Gems auf dem Stein,
Ein Vogel im Flug,
Ein Mädel, das klug,
Kein Bursch holt die ein!«
»Bist du toll!«, rief der Fremde, rasch hinzuspringend.
»Es ist dir schon recht«, entgegnete sie lachend, »so werd' ich dir's immer machen; wenn du nicht artig bist, sing' ich aus Herzensgrund.«
Sie wollte von Neuem singen, er hielt ihr aber voll Angst mit der Hand den Mund zu. Da sie so nahe vor ihm stand, betrachtete sie ihn ernsthaft im Mondschein.
»Du hast eigentlich recht falsche Augen«, sagte sie; »nein, bitte mich nicht wieder so schön, sonst sehn wir uns niemals wieder, und das tut uns beiden leid.
Herr Jesus!«, schrie sie auf einmal, denn sie sah plötzlich den Bruder hinterm Baum nach dem Fremden zielen.
Da, ohne sich zu besinnen, warf sie sich hastig dazwischen, sodass sie, den Fremden umklammernd, ihn ganz mit ihrem Leibe bedeckte.
Renald zuckte, da er's sah, aber es war zu spät, der Schuss fiel, dass es tief durch die Nacht widerhallte.
Der Unbekannte richtete sich in dieser Verwirrung hoch empor, als wär' er plötzlich