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Eine deutsche Pfarrfrau: Blätter der Erinnerung
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eBook132 Seiten1 Stunde

Eine deutsche Pfarrfrau: Blätter der Erinnerung

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Über dieses E-Book

Vorwort:
Nicht ohne inneres Beben und Widerstreben schicke ich mich an, diese Blätter zu veröffentlichen. Und doch habe ich meine Scheu überwinden zu müssen geglaubt. So viele, die die Vollendete gekannt haben, baten darum. Und keiner konnte solche Bitte erfüllen als der, der fast zwei Jahrzehnte Hand in Hand mit ihr eines jeden Tages Last und Lust getragen hat ...
Kein Lebensbild, keine Lebensgeschichte wollen diese bescheidenen Blätter bieten. Nur einige Züge von dem Bilde einer Frau und Mutter, die mit einer seltenen Fülle natürlicher Gaben ausgestattet und vielen, vielen zum Segen geworden, doch keinen höheren Ruhm kannte als den Paul Gerhardts:
“An mir und meinem Leben
Ist nichts auf dieser Erd;
Was Christus mir gegeben,
Das ist der Liebe wert.”
Abiit, non obiit.
Klein-Oschersleben, im Frühling 1907
Hermann Josephson

Inhalt:
Vorwort. Mein Leben. Zu ihrem Gedächtnis. Aus ihren Briefen. Aus ihren Tagebüchern. Aus ihren Gedichten. Ihr Heimgang.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum25. Apr. 2019
ISBN9783730925331
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    Buchvorschau

    Eine deutsche Pfarrfrau - Bertha Josephson-Mercator

    Vorwort

    Nicht ohne inneres Beben und Widerstreben schicke ich mich an, diese Blätter zu veröffentlichen. Und doch habe ich meine Scheu überwinden zu müssen geglaubt. So viele, die die Vollendete gekannt haben, baten darum. Und keiner konnte solche Bitte erfüllen als der, der fast zwei Jahrzehnte Hand in Hand mit ihr eines jeden Tages Last und Lust getragen hat ...

    Kein Lebensbild, keine Lebensgeschichte wollen diese bescheidenen Blätter bieten. Nur einige Züge von dem Bilde einer Frau und Mutter, die mit einer seltenen Fülle natürlicher Gaben ausgestattet und vielen, vielen zum Segen geworden, doch keinen höheren Ruhm kannte als den Paul Gerhardts:

    "An mir und meinem Leben

    Ist nichts auf dieser Erd;

    Was Christus mir gegeben,

    Das ist der Liebe wert."

    Abiit, non obiit.

    Klein-Oschersleben, im Frühling 1907

    Hermann Josephson

    Mein Leben

    Zu Anfang der neunziger Jahre hat die Entschlafene die nachfolgende Skizze ihres Lebens für die Schriftleitung eines christlichen Familienblattes auf deren Bitte verfasst. Nach ihrem Tode wurde sie mir auf meinen Wunsch wieder zugestellt. Sie wird hier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

    Am 11. Juni 1861 wurde ich als das erste Kind meiner Eltern in Solingen (Rheinprovinz) geboren. Mein Vater, Wilhelm Cremer, der Älteste aus einem kinderreichen Lehrerhause, war Elementarlehrer. Seine Brüder studierten; ihm fehlten die Mittel, doch arbeitete er im Stillen mit rastlosem Fleiß und gründete kurz nach meiner Geburt eine Töchterschule in Solingen. Meine Mutter, Auguste, geb. Wolters, war seine beste Lehrerin und Hülfe dabei. Sie, eine zarte, an keinerlei anstrengende Arbeit gewöhnte Frau, hat innerhalb zwölf Jahren sechs Kinder gehabt, ihren Haushalt musterhaft geführt und täglich 5-7 Stunden unterrichtet. Ihre Gesundheit ging dabei freilich zugrunde. Wir vier Kinder aber – zwei starben bald – haben eine sonnige Kindheit gehabt in der alten Schmiede-Stadt oben auf dem Berge!

    Bis zu meinem elften Jahr kannte ich nichts vom Leben als Liebhaben, Spielen, fröhlich Lernen, ein Jahr voller Feste, Erwarten, Sonnenschein, Umherstreifen, und immer wieder Sonnenschein.

    Dann aber stürmten die Sorgen und Anfeindungen übermächtig. Trotz meiner Jugend ließ Mutter mich das Meiste teilen. Ich wurde ein stilles Kind – lebte nach innen, schrieb auch heimlich Märchen auf. Als ich 12½ Jahr alt war, siedelten wir über nach Wetter an der Ruhr. Mein Vater hatte dort die Rektorstelle an einer Privat-Knabenschule erhalten. Wetter-Freiheit hieß der Teil des Dorfes, in dem unser altes, sagenumsponnenes, spukbewohntes Haus stand. Und frei wurde unsere Mutter dort von dem erdrückenden Zuviel ihrer häuslichen und amtlichen Pflichten, frei wurde auch ich von mancherlei. Ich war fertig gewesen mit der Selekta unserer Töchterschule – was man so fertig nennt. Ich war hindurchgeflogen, nachdem ich mit 4½ Jahren lesen gelernt, weil ich Vater halbtot quälte um Geschichten. Ich wollte, das alles wäre langsamer und gründlicher gewesen!

    Nun bekam ich noch hie und da eine Stunde von den Eltern und einer kinderlosen Dame, im Übrigen half ich Mutter morgens in Haus und Küche, ja, kochte bald ebenso feuer-eifrig, wie ich sonst gelernt hatte. Nachmittags aber ging ich, so wahr die Sonne schien, mit meinen Jungens, d. h. meinen beiden kleinen Brüdern, in den Busch, den Wald, auf die Ruhrwiesen – irgendwohin, wo wir nach Herzenslust tollen, spielen, und wenn wir müde waren, Geschichten ausdenken konnten. Unser Schwesterlein war lieber zu Hause, wir waren ihr zu unternehmend. O! Ich kann noch keine wilde Kamille sehen, ohne wieder zu fühlen wie damals, wenn wir drei im Grase lagen, die Gesichter mit Kamillen überschüttet, zwischen den weiß und goldnen Sternen in den blauen Himmel sahen und einander etwas vorträumten!

    Als ich fast 15 Jahre alt war, wurde ich konfirmiert – viel zu früh und unreif. Gleich danach kam ich nach Stuttgart in ein englisches Pensionat, dessen Vorsteherin eine Freundin meiner Eltern war. Da hatte die goldene Freiheit ein jähes Ende. Ich war in abhängiger Stellung dort, nicht wie die andern Mädchen, und empfand dies mehr, als jemand ahnte. Hätte sich nicht eine der ältesten Pensionärinnen, eine fromme ernste Engländerin, die später Schwester wurde, meines verschmachtenden Herzens angenommen, ich wäre fast gestorben vor Heimweh. Ich verdanke ihr mehr, als ich jemals wusste. Sie hatte engelhafte Geduld mit der unfertigen kleinen Deutschen, die eine andere Pensionärin begeistert anschwärmte, sie, Jessie, aber nur lieb hatte und sich bei ihr ausweinte.

    Endlich war meine Zeit um; doch nicht nach Wetter, sondern nach Moers kehrte ich ins Elternhaus zurück. Dort war meinem Vater inzwischen die Stelle eines Königlichen Kreisschulinspektors übertragen – die einzige in Rheinland und Westfalen, die nun ein früherer Elementarlehrer bekleidete. Er war so dankbar und glücklich in seinem schönen Amt und erwarb sich in dem langgestreckten Kreise bald den Namen: Der Lehrervater. Von meinem 16.-26. Jahre lebten wir in Moers. Jahre, denen die Sorgen und das Leid wahrhaftig nicht fehlten.

    Kind, das ist das Gewicht an der Uhr, sagte Mutter. Meine Schwester fand ihr zweites Heim in England. Unser Haus beherbergte allerlei Pensionäre: englische Ladies, deutsche Gymnasiasten, englische Jünglinge, gutartige und bösartige, komische und tragische, passierten ein und aus. Im zweiten Jahre nach unserer Übersiedlung erkrankte Mutter schwer, und seitdem war sie nie mehr gesund. Anderthalb Jahr lang kam mein liebes Schwesterlein zurück, dann wirtschaftete ich wieder alleine und war stolz, wenn mich die Leute zuweilen für des alten Schulinspektors junge Frau hielten. Aus meinen Herzensjungen wurden Gymnasiasten, die ihre Bengel- und Flegel-Jahre redlich durchmachten. Aber ich musste ihnen doch noch manche Geschichte erzählen; so erzählte ich ihnen auch die vom Kind aus Israel, und auf Hans, des Ältesten, Bitten schrieb ich sie auf. Ich tat es heimlich in lauter alte, nicht ausgefüllte Schulhefte und schrieb den ganzen Winter und Frühling vor meinem 19. Geburtstag daran. Erst 1½ Jahr später getraute ich mich, es Mutter nach einem ihrer schweren Krankheitsanfälle vorzulesen. Sie meinte: Kind, das ist besser als deine Märchen, das wird noch mal gedruckt. Vorläufig aber schickten mehrere Verleger den kleinen unbekannten Mercator wieder nach Hause, und das Kind aus Israel blieb bei Muttern. Mercator nannte ich mich, weil die Cremers direkte Nachkommen des Geographen Mercator sein sollen.

    Mein Kopf war immer voll Gedanken und Lust zum Schreiben, doch fehlte mir immer die Zeit; ich hatte so rechten Kinderschlaf, was ich mir heut abzog, musste ich morgen nachholen. Das war wohl kein Unglück – weder für die Welt noch für mich. Es sind gesegnete Jahre gewesen. Was rechte Mädchenfreundschaft ist, ließ mich der liebe Gott auch finden und schmecken. War ich gleich Vaters Nönnchen, dem die große Welt ein verschlossenes Buch war – ich lebte in meiner eigenen Welt ein bewegtes Stilleben, wenn ich so sagen darf.

    Im Herbst 1882 erkrankte ich an Rippenfellentzündung und konnte mich gar nicht erholen. Ich kam im Frühling danach einige Monate nach Bonn zu Verwandten; es stand so mit mir, dass sie alle glaubten, ich würde den Winter nicht wieder erleben. In jener Zeit schickte man ohne mein Zutun das Kind aus Israel an Perthes und – er nahm es an. Das war eine Freude für mich! Als meine lieben Eltern mich im Sommer nach Hause holten, fand ich dort ein sonniges Zimmer ganz für mich eingerichtet, auch einen Schreibtisch

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