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Macaronküsse in Paris: Frankreich-Liebesroman
Macaronküsse in Paris: Frankreich-Liebesroman
Macaronküsse in Paris: Frankreich-Liebesroman
eBook291 Seiten3 Stunden

Macaronküsse in Paris: Frankreich-Liebesroman

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Über dieses E-Book

Sie könnte alles gewinnen, wovon sie je geträumt hat – wenn sie dazu bereit ist, ihr Herz zu verlieren.

Luisa ist Konditormeisterin und Influencerin, die von der großen Karriere träumt. Endlich hat sie die einmalige Möglichkeit, auf die sie immer gehofft hat: Sie darf an dem Wettbewerb der renommierten Backschule Lécole de curie in Paris teilnehmen.

Gleich an ihrem ersten Abend in der Stadt der Liebe begegnet sie dem attraktiven Franzosen Eric und verbringt eine leidenschaftliche Nacht mit ihm. Das böse Erwachen lässt allerdings nicht lange auf sich warten: Eric stellt sich als Ehemann der taffen Leiterin der Backschule und deren Miteigentümer heraus.

Gezwungen, ihre Emotionen zu verbergen, tritt Luisa in den Wettbewerb ein. Intrigen und überraschende Wendungen erwarten sie im hitzigen Konkurrenzkampf. Doch während Eric ihr immer wieder die Kraft gibt, sich allen Herausforderungen zu stellen, wird es schwieriger, ihm fernzubleiben. Luisa hat nie an die wahre Liebe geglaubt, doch jetzt fragt sie sich, ob sie ihre Träume damit in Einklang bringen kann, was ihr Herz will.

 

Ein berührender Liebesroman, so süß und einzigartig wie französische Macarons. Lass dich für unvergessliche Lesestunden in die Stadt der Liebe entführen!

SpracheDeutsch
HerausgeberZeilenfluss
Erscheinungsdatum5. Okt. 2023
ISBN9783967143102
Macaronküsse in Paris: Frankreich-Liebesroman

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    Buchvorschau

    Macaronküsse in Paris - Melody Rose

    Eins

    Das hier war die Stadt der Liebe – und ich mittendrin, um meine Leidenschaft, die ich zur Berufung gemacht hatte, weiter auszubauen. Ich strich mir mit der Hand über die schweißnasse Stirn. Der schwarze Mantel, den ich mir gekauft hatte, war dicker als erwartet, und die Menschen um mich herum sorgten dafür, dass mir wärmer wurde. Bekannt war ich vor allem für Ideen, die nicht der Logik entsprachen. Deshalb stand ich hier an der Metrostation des Tour Eiffel mit dem achtzehn Kilo schweren Hartschalenkoffer. Immerhin wollte ich den Eiffelturm unbedingt noch sehen, bevor ich ins Hotel eincheckte. Mein Flug aus Stuttgart war vor vier Stunden gelandet. Bis ich jetzt angekommen war, vergingen etliche Minuten in der Metro, und ich bereute es ein wenig, mir keinen Shuttle gebucht zu haben. Das hätte mir zumindest das Problem mit den vielen Menschen abgenommen, doch im Nachhinein war man immer schlauer.

    Einen kurzen Moment, in dem die Werbetafel den schwarzen Bildschirm zeigte, spiegelte ich mich darin. Der Mantel flog im Wind, als die nächste Metro ankam. Meine blonden Haare hatte ich zu einem Knoten zusammengebunden, weil diese mir sonst bis fast zu den Ellenbogen reichten. Ich hatte mich nicht geschminkt. Die Müdigkeit wurde nicht von einem Produkt überlagert, das mir hoch und heilig versprach, mich mindestens dreißig Jahre jünger aussehen zu lassen.

    Als mich Werbung für eine Dating-App anstrahlte und mir der Bagel, den ich als Frühstück hatte, drohte wieder hochzukommen, visierte ich die Rolltreppe an und ging zu ihr hinüber. Es gab einen Eisenfachwerkturm zu besichtigen. 

    Nun stand ich also hier. Vierundzwanzig Stunden, bevor der Backwettbewerb starten würde, war ich vor dem dreihundertdreißig Meter hohen Ungetüm, und es war fast ein wenig furchteinflößend. Vielleicht lag das aber an dem Nebel, der an dem herbstlichen Septembertag um die Spitze tanzte. Ich zog den Mantel dichter um mich, jetzt wurde es doch ein wenig kühler. Ich umklammerte den Griff des Koffers fester, während ich mit der anderen Hand in meiner Jackentasche nach dem Handy fischte, um ein Selfie zu schießen. Schminken wäre wohl doch die bessere Wahl gewesen. Mit einem Filter konnte ich das Licht jedoch so verändern, dass man die Augenringe weniger erkennen würde. Ich wollte meine fast einhunderttausend Follower mit auf die Reise nehmen. Klar, Stillschweigen war selbstverständlich. Immerhin war ich für den Wettbewerb der größten Backschule Europas hierhergereist. Mein Aufenthaltsort und die Reise zur Stadt der Liebe waren dennoch eine Storyerwähnung wert. Das würde ich später im Hotelzimmer auf jeden Fall erledigen. Normalerweise zeigte ich meine Tortenkreationen dort, doch manchmal mogelten sich Selfies darunter. 

    Auf einmal rempelte mich jemand an und der Koffer fiel auf den grauen Asphalt. Ich konnte förmlich hören, wie die Kratzer sich in der Hartschale verewigten. 

    »Pardon«, hörte ich nur, bevor die Frau weitereilte, und ich seufzte. Das war wohl der Wink des Schicksals, mich ins Hotel zu begeben. Die Sightseeingtour wird leichter werden ohne den Koffer. 

    Ein Vier-Sterne-Hotel. Das erste Mal in meinem Leben wurde ich von einem Pagen begrüßt und mir wurde sofort das Gepäck abgenommen. Verwirrtheit musste meinen Blick gespiegelt haben, als er mir die Tür aufhielt, während ich auf dem roten Teppich hineinging und von einer angenehmen Wärme geküsst wurde.

    »Hier vorne können Sie den Check-in vornehmen, das Gepäck bringen wir auf Ihr Zimmer.«

    Perfektes Deutsch mit nur leichtem Akzent sprach der rund dreißigjährige Page und verabschiedete sich dann von mir, um davonzueilen. Ich hatte nicht einmal mehr Zeit, um Merci zu sagen, da war er schon verschwunden und ich ließ die Lobby auf mich wirken. Wir waren zehn Kandidaten im Backwettbewerb, zumindest waren das die Informationen, die sie bisher durchsickern lassen hatten. Alle waren hier untergebracht, doch vor Beginn der Competition sollte niemand wissen, wer teilnehmen würde. Ich hatte gegoogelt und mich schlaugemacht, doch die fünfstellige hohe Summe, die man bei Vertragsbruch begleichen musste, sorgte dafür, dass alle die Klappe hielten. Und wenn ich nur nach den Social-Media-Kanälen ginge, wäre meine Konkurrenz ins Unermessliche gestiegen.

    Es konnte sein, dass der Typ hinten im Eck mit der Baseballkappe und den ausgelatschten Sneakern einer der Kontrahenten war. Er passte so gar nicht in die Welt des Luxus, den dieses Hotel versprühte, doch es konnte mir egal sein. Es waren nur zehn Kilometer von hier bis zur Backschule, zumindest wenn ich Google Maps Glauben schenken konnte, und das war praktisch. Selbstverständlich war ich als Konditormeisterin frühes Aufstehen gewohnt, doch gerne machte ich es trotzdem nicht. Der Wurm und ich waren eher so auf dem Kriegsfuß miteinander, wir tolerierten uns maximal, von Freundschaft keine Rede.

    »Madame, darf ich Sie zum Check-in bitten?« Aus meinen Gedanken gerissen, sah ich die Dame vor mir an. Ihre Haare waren zu einem akkuraten Dutt gebunden, das Halstuch war perfekt zu einer Schleife gedreht. Ich nickte und folgte ihr zum Tresen. Zum Glück sprach ich Französisch, was an meiner Mutter lag, die in diesem Land geboren wurde und genau wie ich zweisprachig aufgewachsen war. Hach, Maman, wenn du sehen könntest, dass ich heute hier stehe, du wärst stolz, oder?

    Es dauerte nicht einmal zwanzig Minuten, bis ich in meinem Zimmer stand und den Mund vor Staunen nicht mehr verschließen konnte. Hotels waren für mich schon immer etwas Besonderes gewesen. Immerhin war ich auf einem Dorf aufgewachsen. Dort gab es mehr Kühe als Einwohner. Wenn ich ehrlich war, dann gab es im Schwabenland meist nicht den Hauch von Luxus. Hier hingegen konnte ich meinen Vater vor dem inneren Auge sehen, der ausrechnete, was der Wasserhahn gekostet hatte. Von dem riesigen Spiegel über dem Bett mal abgesehen.

    »Luisa, du drehst schon durch. Die Nervosität steigt dir zu Kopf, du wirst keine Zeit haben, um einer Bettgeschichte nachzugehen.«

    Selbstverständlich waren meine Gedanken in diese Richtung gegangen, als ich an die Decke geblickt hatte, das musste vom Hotel so gewollt sein.

    Natürlich hatte die Stimme recht. Ich hatte keinerlei Minute, um mich auf etwas anderes als den Wettbewerb zu konzentrieren.

    L´école de curie war die größte Backschule Europas. Jährlich bewarben sich rund dreihundert Leute für einen Ausbildungsplatz dort. Von diesen wurden nur acht pro Jahrgang angenommen.

    Jährlich gab es einen Wettbewerb, bei dem zehn Teilnehmer auserwählt wurden. Der Gewinner hatte die Chance auf eine der heißbegehrten Lehrerstellen. Die neuen Konditoren von morgen ausbilden, das wäre der Wahnsinn. Man musste eine einjährige Weiterbildung als Ausbilder absolvieren. Es war wie das goldene Ticket im Kinderfilm Charlie und die Schokoladenfabrik. Sobald man die l´école nur erwähnte, hätte man bei jedem Job Europas ein offenes Ohr. Es war für mich als kleines Dorfmädchen nicht nur ein Sprung ins kalte Wasser. Es war die einmalige Chance, aus dem Dorf herauszukommen.

    Mein Handy vibrierte, und als ich Papas Foto und ein blaues Herz auf dem Display entdeckte, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.

    »Na, alter Herr?«, ging ich ran und konnte hören, wie er empört nach Luft schnappte.

    »Mein kleines Mädchen wird immer frecher«, antwortete er. Ich erwähnte nicht, dass ich in vier Jahren schon dreißig wurde. »Bist du gut angekommen?«

    Ich verdrehte die Augen. Er hatte die Whatsapp-Nachricht, die ich ihm direkt nach der Landung geschickt hatte, nicht gelesen. Es wäre einem Wunder gleichgekommen. »Ja, Papa. Ich hatte dir doch geschrieben.«

    Ich verstand nicht, was er daraufhin in seinen Bart nuschelte. Wir sprachen ganze drei Minuten, was für ihn und mich wahrlich an einen Rekord erinnerte. Danach nutzte ich die Gelegenheit, um kurz meine Stiefeletten von den Füßen zu streifen und das Vier-Sterne-Luxusbett zu testen.

    Als ich aufwachte, war es dunkel geworden.

    »Verdammt«, murmelte ich und raffte mich auf, für einen Moment musste ich mich erst einmal orientieren, um herauszufinden, wo ich war. Es dauerte nur kurz, bis mir der morgige Wettbewerb wieder Hummeln in den Bauch setzte und die Nervosität durch meine Blutbahn pumpte.

    Ein Blick aufs Handy zeigte mir die Uhrzeit. Es war kurz vor achtzehn Uhr, ich hatte mehrere Stunden geschlafen. Die Sightseeingtour war damit gestorben. Ärger durchflutete mich. Ab morgen würden wir täglich von acht bis siebzehn Uhr in der Backstube stehen. Der Wettbewerb sollte sich über insgesamt sechs Wochen ziehen. Nur eines war klar: Das Ziel war es, zweiundvierzig Tage hier verbringen zu dürfen. Das würde bedeuten, dass ich eben nicht in den ersten Runden schon rausflog.

    Ich musste etwas unternehmen, sonst würde mich die Aufregung in die Knie zwingen, und da ich jetzt schon vorgeschlafen hatte für die Nacht, konnte ich mich für einen Abend in das Pariser Nachtleben stürzen. Vielleicht würde es mich über die verlorene Zeit des Sightseeings hinwegtrösten. Erst einmal brauchte ich eine Dusche, ein anständiges Make-up und das richtige Outfit. Erst dann konnte das Projekt der Stadt der Liebe starten.

    Selten war ich so froh, die Ausgehklamotten nach einem längeren inneren Monolog mit mir selbst eingepackt zu haben. So hatte ich ein kleines Schwarzes dabei und sogar die passenden Schuhe. Die High Heels brachten mich dann auf fast 1,66 Meter. Ich tupfte den burgunderfarbenen Lippenstift auf, als mein Handy erneut vibrierte. Meike, meine beste Freundin, meldete sich mit einem roten Alarmsignal. Schnell stellte ich den Stift zurück auf das Regal, denn ich wusste genau, was das bedeutete.

    Ich wählte ihre Nummer, und nach einem halben Piepton ging sie schon ran.

    »Meiers?«, fragte sie, als könnte sie die Nummer nicht erkennen, und ich heulte augenblicklich los.

    »Meine Katze, sie … Lucy, sie ist weg. Du musst kommen, ich …« Ein Schluchzen durchfuhr den Hörer.

    Meike reagierte direkt. »Es tut mir leid, ich muss los. Ein Notfall bei meiner besten Freundin, ich melde mich.«

    Ich ließ ein weiteres Heulen los, als sie ihre Sachen zusammenpackte. Es dauerte drei Minuten, bis ich endlich anfangen konnte zu lachen.

    »Du bist schuld, dass ich nochmal die Wimperntusche erneuern muss, Mensch. Wie schlimm war es?« Das rote Alarmsignal-Emoji war unser Zeichen dafür, dass einer von uns in einer aussichtslosen Situation feststeckte und gerettet werden musste. Wir hatten das bei den Dates irgendwann begonnen, als die Katastrophen sich häuften.

    »Er war rund zehn Jahre älter als auf seinem Profilbild.« Sie schnaufte. »Als ich sagte, dass ich Vegetarierin bin, wollte er mir Rindermaultaschen bestellen, weil damit haben ja schon die Nonnen die Pfarrer veräppelt.«

    »Also eine Zehn-von-zehn-Katastrophe?«

    »Elf, Luisa, elf

    Ich legte sie auf Lautsprecher und tupfte die Wimperntusche unter meinen Augen weg. Während sie mir von ihrem chaotischen Spontan-Tinder-Reinfall erzählte, erneuerte ich die schwarze Farbe auf den Wimpern. Onlinedating war nie meins gewesen, ja, es waren ein paar nette Männer dabei, doch den Glücksfang konnte ich bisher nicht angeln. Man musste aber dazu sagen, dass Meike deutlich aktiver im Kennenlernen war als ich. Single sein war in Ordnung, es war sowieso schwer, mit meinen Arbeitszeiten als Konditorin auszugehen. Die Zeit zum Dating war begrenzt.

    Außerdem hatte ich mit Social Media, meinem Vater und dem Backen genug zu tun.

    »Hast du dir deinen Mann jetzt eigentlich endlich backen können?«, fragte mich mein Papa andauernd, weil er langsam, aber sicher mit Mitte sechzig auf Enkelkinder wartete, und ich musste immer verneinen. Der Zeitpunkt würde schon kommen, und wenn nicht, dann war das eben so. Immerhin gab es keinerlei Ablaufdatum für die Liebe, oder doch?

    »Ich gehe jetzt heim, ziehe mir meinen schwarzen Tanga, der mir den ganzen Abend schon im Hintern hing, aus und lege mich mit Amy und Jack auf die Couch. So ein Mist aber auch.«

    Ich konnte die Enttäuschung in der Stimme meiner besten Freundin hören.

    »Brooklyn Nine-Nine ist immer eine gute Abendunterhaltung«, antwortete ich, um sie ein wenig aufzumuntern. Wir hatten die Comedyserie über die Polizeiwache in Brooklyn gemeinsam entdeckt. Mittlerweile wusste ich nicht mehr, wie oft wir sie gesehen hatten.

    »Sag mir bitte, dass dein Abend unterhaltsamer aussieht.«

    »Das Pariser Nachtleben wartet auf mich, nachdem ich den gesamten Mittag verpennt habe.«

    »Ich bleibe wach, bis du wieder im Hotel bist.«

    »Affenemoji bis spätestens zehn Uhr?«

    »Halb Elf.«

    Wir verabschiedeten uns. Das Affenemoji war das Gegenteil der Alarmglocke, es signalisierte, dass alles okay war und man beruhigt schlafen gehen konnte. Wir hatten beide nachts das Internet aus, doch zur Not schickte man dann das Alarmsignal per SMS. Es war schon oft dazu gekommen, dass aus einem Affen eine Signalleuchte wurde. Heute war ich guter Dinge, dass dies nicht passieren würde. Paris war die Stadt der Liebe und der Leidenschaft.

    Was sollte hier schon schiefgehen?

    Zwei

    Die engen Straßen wirkten ein wenig furchteinflößend, als ich das Hotel verließ. Die Fassaden der Gebäude waren an manchen Stellen abgebröckelt, die Farben der Häuser, die mal intensiv gewesen sein musste, nur ein trübes Bild ihrer selbst. Dennoch war es ein eigener Charme und umso mehr ich in Richtung Stadtmitte kam, desto mehr wurde aus dem Paris meiner Vorstellung die wahre Stadt der Liebe.

    Die Musik strömte aus den verschiedensten Bars und ich hörte in mich, um zu erfahren, ob ich heute bereit dafür war, mich so ins Nachtleben zu stürzen, wie ich es gegenüber Meike dargestellt hatte. Nein, ich hatte weder vor, mir einen Kater einzufangen, noch meine Bauchschmerzen, die von Nervosität stammten, zu ertränken. Eine gemütliche Bar, in der ich zeitgleich etwas essen konnte, war genau das Richtige, um meine Aufregung in die Ecke zu drängen.

    Ich brauchte eine Weile, bis ich fand, was ich gesucht hatte. Das lag vor allem daran, dass ich immer wieder stehen blieb, um die Pariser Nacht für meine Instagram-Story einzufangen. Die Leute waren heute früh so begeistert gewesen und die Hardcore-Verfolger hatten schon die ersten Mutmaßungen angestellt, dass ich Teilnehmerin des Wettbewerbs sein könnte. Meine Follower waren eben echte Füchse. Zuhause hatte ich genug Content für die nächsten Wochen vorgeplant, um nicht jeden Tag aktiv selbst ranzumüssen, doch die Story wurde vom täglichen Leben beherrscht. Und auch wenn die sozialen Medien ihre Schattenseiten haben, war es für mich ein Hobby, welches ich zu gerne ausführte.

    Deshalb landete ich dann wegen eines Google-Tipps vor einem kleinen Pub. Er hatte 4,2 von 5 Sternen und wenn ich das mit meinem schnellen Blick erkennen konnte, dann war es sogar so, dass man dort etwas zu futtern bekam. Ich öffnete die quietschende Eingangstür und musste mir ein Lachen verkneifen, als eine Glocke meine Ankunft ankündigte. Das erinnerte mich an die kleine Tankstelle zuhause, die wir immer Schlotzertankstelle, auf Hochdeutsch Lollitankstelle, nannten. Dort bekam man nicht nur, nachdem die Glocke einen ankündigte, einen Lolli in die Hand gedrückt, sondern für kleines Geld konnte man sich eine bunte Tüte mit Süßigkeiten zusammenstellen. Die Schlümpfe waren im jungen Alter mein Favorit gewesen, heute blieben sie zwischen den Zähnen hängen. Es passierte oft, dass mich Kleinigkeiten an die damalige Zeit erinnerten und mich wehmütig werden ließen. Maman war gestorben, als ich siebzehn war, und Papa war seitdem nicht mehr derselbe gewesen. Es war fast so, als hätte der Verlust seiner großen Liebe dafür gesorgt, dass sämtliches Licht in seinem Leben verblasste. Ich schüttelte den Kopf, es war der falsche Zeitpunkt, um mich mit meiner Trauer auseinanderzusetzen. Ich war schon immer Meisterin darin gewesen, die Themen, die mich belasten könnten, nach hinten in die Ecke zu schieben und die Schublade, in der sie lagen, gleich doppelt zu verschließen.

    »Bienvenue«, rief es auf einmal aus Richtung der Theke und erst da fiel mir auf, dass ich einfach in der Tür stehen geblieben war.

    Zuerst stach mir die schwarz lackierte Holztheke ins Auge, die sich durch den gesamten Raum schlängelte. Dahinter waren die verschiedensten Flaschen an der Wand befestigt und der Barkeeper trug ein dunkles Hemd, welches er bis zur Mitte seiner Brust aufgeknöpft hatte. Es war ein schräges Bild zu seinem Vollbart und der roten Kappe auf dem Kopf. Ich ging in seine Richtung. Die Theke war schon immer der Ort gewesen, an dem ich mich am wohlsten fühlte. Es lag nicht nur daran, dass immer ein Barkeeper in der Nähe war, wenn ein Typ doch mal zu aufdringlich wurde, sondern war eher der Tatsache geschuldet, dass ich nicht die geduldigste Person war.

    »Was darf ich dir bringen?«, fragte er und erneut war ich froh, dass die Sprache keine Barriere darstellte. Ich überflog kurz die Speisekarte und hielt gleichzeitig nach Getränken Ausschau.

    »Noch einen kleinen Augenblick, bitte.«

    Er nickte und ging derweil zu den anderen Tischen. Es war nicht sonderlich viel los, an den Wänden hingen verschiedenste Plakate von Fußballclubs, von denen ich mal gehört hatte. Für diesen Sport hatte ich mich nie interessiert, deshalb nahm ich nur am Rande wahr, dass in der Ecke ein Fernseher hing, auf dem irgendein Spiel übertragen wurde. Die Entscheidung fiel auf einen Cocktail, ein wenig Alkohol würde mir hoffentlich nicht schaden und weil ich von dem Namen nie was gehört hatte, wurde es der: Kentucky Mule.

    Eine Mischung aus Gingerbeer, Jim Beam und Limette.

    »Guter Geschmack, junge Dame«, meinte der Barkeeper nur, zwinkerte mir zu und machte sich dann an die Arbeit. Ich sah mir derweil die Speisekarte an und zog den Mantel von den Schultern, um ihn auf den Barhocker neben mir zu legen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis vor mir ein frisch zubereiteter Cocktail auftauchte.

    »Ich hätte dann gerne noch den Chickenburger«, gab ich meine Essensbestellung auf und der Barkeeper, auf seinem Namensschild stand »Jack«, wie ich erkannte, nickte und ging dann wieder fort. Ich nahm den Strohhalm zwischen meine Lippen und probierte den ersten Schluck des Getränks. Es schmeckte herb, hatte eine Ingwernote, die mich begeisterte, und war nicht vom Alkoholgeschmack überladen. Ich freute mich sehr darüber und genoss mit dem ersten Geschmack des Cocktails im Mund den Abend. Es war an der Zeit, sich umzusehen, jetzt wo mein Essen bestellt war und ich etwas zu trinken hatte. Der Boden war aus dunklem Holz, generell die gesamte Atmosphäre eher düster. In der Ecke an einem der normalen Tische saß ein Pärchen, das seine Finger ineinander verschränkt hatte.

    »Süß, dieses junge Glück, nicht wahr?«, hörte ich auf einmal eine Stimme neben mir und zuckte zusammen. Schamesröte stieg mir ins Gesicht und ich konnte nur hoffen, dass mein Make-up ausreichte, dass man mir die tomatige Farbe nicht ansah.

    Ich wollte nicht starren, das war gar nicht die Intention gewesen, doch dabei so schonungslos erwischt worden zu sein, war mir aus irgendeinem Grund peinlich. Deshalb sah ich in Richtung der Stimme, die mich angesprochen hatte, und sie gehörte zu einem durchaus attraktiven Mann.

    Zuerst fielen mir seine braunen Haare auf, die wild vom Kopf standen, als könnte er sie nicht dazu bringen, in Form liegen zu bleiben. Seine dunklen Augenbrauen zogen sich nach oben, als er bemerkte, wie ich ihn betrachtete. Ich ignorierte es. Immerhin hatte er mich angesprochen, dann durfte ich mir den Moment genehmigen, um ihn zu mustern, oder?

    Seine hellen Augen, die Farbe konnte ich durch das schummrige Licht nicht erkennen, strahlten und sein Bart, er war ein wenig voller als ein Dreitagebart, gefiel mir. Er trug ein schwarzes Hemd zu einer hellen Jeans und dazu dunkle Schuhe. Am Handgelenk trug er eine Uhr mit goldenem Ziffernblatt und Lederband, was nicht zu dem sonst modernen Typ passte.

    »Wow – du bist echt gut darin, andere Leute zu mustern, aber langsam wird es echt unangenehm.« Er lachte verlegen und fuhr sich durch die Haare. Wahrscheinlich sahen sie deswegen leicht unordentlich aus.

    »Sorry.« Ich grinste nur, betont

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