Vergiss die Liebe nicht: Leni Behrendt Bestseller 74 – Liebesroman
Von Leni Behrendt
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Mit kühnem Schwung nahm der Zweisitzer die Kurve, die von der Straße zu der großen Tankstelle führte, und fuhr unverweilt durch das große Tor in die riesige Garage, die in Boxen aufgeteilt war. Gleich darauf wurde der Schlag geöffnet, eine Dame stieg aus und grüßte freundlich zu dem Mann hin, der eilfertig nahte. »Guten Tag, Borwe, sieht arg aus, mein ›David‹, wie?« »Bei dem Dreckwetter gar kein Wunder, gnädiges Fräulein. Soll aber wieder bald in Glanz erstrahlen, unser Guter. Wird er morgen gebraucht?« »Nein, da kann er genauso faulenzen, wie es Frauchen zu tun gedenkt. Also können Sie sich mit der Verschönerung Zeit lassen.« Während sie sprach, ließ sie ein Geldstück in der braunen Männerfaust verschwinden, gewissermaßen als Privileg für den biederen Alten, der sich neben seiner Rente noch einen Nebenverdienst in der Tankstelle geschaffen hatte. »Denn schönen Dank auch, gnädiges Fräulein.« »Bitte, gern geschehen.« Auch das waren immer die gleichen Worte, die diese beiden verschiedenen Menschen am Wochenende zu wechseln pflegten. Zwar waren diese fünf Mark für die Sekretärin Kirsten Sörlund auch Geld, doch sie gab es gern, weil sie dafür ihren »David« in zuverlässiger Betreuung wußte. Ganz leicht war es ihr nicht gefallen, den bescheidenen Wagen anzuschaffen, der ja nicht nur den Kaufpreis erforderte, sondern darüber hinaus Benzin, Garage und Pflege kostete. Aber sie wollte sich lieber einschränken, als auf die Bequemlichkeit eines eigenen Fahrzeuges verzichten. So richtig vom Schicksal bevorzugt kam sich Kirsten Sörlund wieder einmal vor, wenn sie an ihr schmuckes Heim dachte, das sie bald wie mit linden Armen umfangen würde. über ihren Etat, aber dafür hatte sie das Renommee, nicht mit »Krethi und Plethi« unter einem Dach hausen zu müssen, was für die Sekretärin des Seniorchefs der Firma Bronthusen und Söhne, ein großes Unternehmen von Ruf, nur von Nutzen sein konnte. Die Untergebenen waren stolz, sich zu ihm zählen zu dürfen, weil nur einwandfreie Mitarbeiter darin geduldet wurden.
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Vergiss die Liebe nicht - Leni Behrendt
Leni Behrendt Bestseller
– 74 –
Vergiss die Liebe nicht
Leni Behrendt
Mit kühnem Schwung nahm der Zweisitzer die Kurve, die von der Straße zu der großen Tankstelle führte, und fuhr unverweilt durch das große Tor in die riesige Garage, die in Boxen aufgeteilt war. Gleich darauf wurde der Schlag geöffnet, eine Dame stieg aus und grüßte freundlich zu dem Mann hin, der eilfertig nahte.
»Guten Tag, Borwe, sieht arg aus, mein ›David‹, wie?«
»Bei dem Dreckwetter gar kein Wunder, gnädiges Fräulein. Soll aber wieder bald in Glanz erstrahlen, unser Guter. Wird er morgen gebraucht?«
»Nein, da kann er genauso faulenzen, wie es Frauchen zu tun gedenkt. Also können Sie sich mit der Verschönerung Zeit lassen.«
Während sie sprach, ließ sie ein Geldstück in der braunen Männerfaust verschwinden, gewissermaßen als Privileg für den biederen Alten, der sich neben seiner Rente noch einen Nebenverdienst in der Tankstelle geschaffen hatte. »Denn schönen Dank auch, gnädiges Fräulein.«
»Bitte, gern geschehen.«
Auch das waren immer die gleichen Worte, die diese beiden verschiedenen Menschen am Wochenende zu wechseln pflegten. Zwar waren diese fünf Mark für die Sekretärin Kirsten Sörlund auch Geld, doch sie gab es gern, weil sie dafür ihren »David« in zuverlässiger Betreuung wußte.
Ganz leicht war es ihr nicht gefallen, den bescheidenen Wagen anzuschaffen, der ja nicht nur den Kaufpreis erforderte, sondern darüber hinaus Benzin, Garage und Pflege kostete. Aber sie wollte sich lieber einschränken, als auf die Bequemlichkeit eines eigenen Fahrzeuges verzichten.
So richtig vom Schicksal bevorzugt kam sich Kirsten Sörlund wieder einmal vor, wenn sie an ihr schmuckes Heim dachte, das sie bald wie mit linden Armen umfangen würde. Zwar ging die Miete der Wohnung auch
über ihren Etat, aber dafür hatte sie das Renommee, nicht mit »Krethi und Plethi« unter einem Dach hausen zu müssen, was für die Sekretärin des Seniorchefs der Firma Bronthusen und Söhne, ein großes Unternehmen von Ruf, nur von Nutzen sein konnte. Die Untergebenen waren stolz, sich zu ihm zählen zu dürfen, weil nur einwandfreie Mitarbeiter darin geduldet wurden.
Ebenso wie in dem Haus, wo Kirsten in der zweiten Etage ihre kleine Wohnung hatte. Daß sich da keine zwielichtigen Elemente einschleichen konnten, dafür sorgte ein Portier mit Umsicht und Strenge.
Also mußte sich auch die junge Dame eines gründlichen Verhörs unterziehen, die in diesem behüteten Haus Einlaß begehrte. Und die Fragen des Gestrengen hätten sich wohl gummibandartig ausgedehnt, wenn die dazukommende Kirsten ihnen nicht ein Ende gesetzt hätte. Erst ein Zögern, ein Stutzen, und dann der freudige Ruf: »Ja, Birthe, darf ich meinen Augen trauen? Bist du es wirklich?«
»Geliebte Base, hab’ Erbarmen und zweifle auch du nicht noch an meiner Echtheit, wie der Herr da«, kam es lachend zurück. »Ich bin wahr und wahrhaftig deine Base Birthe Sörlund, ehelich geboren, einundzwanzig Jahre, absolut nichts auf dem Kerbholz, zweimal mit Erfolg geimpft…«
»Und mit einem flinken Zünglein behaftet«, fiel Kirsten in das hellklingende Lachen ein. »Mädchen, was habe ich doch bloß für eine Mordsfreude, dich endlich wieder vor mir zu sehen.«
»Also«, warf die so freudig Anerkannte dem ›Zerberus‹ einen schiefen Blick zu, »werden Sie mich auch jetzt noch an die frische Luft setzen, wie Sie es liebend gern getan hätten?«
»I bewahre«, wehrte er schmunzelnd. »Ich heiße im Gegenteil die Dame herzlich willkommen. Und nichts für ungut.«
Wohlgefällig sah er den beiden Mädchen nach, die leichtfüßig die Treppe emporstiegen. Dann zog er sich beruhigt mit dem Bewußtsein zurück, seine Pflicht und Schuldigkeit getan zu haben.
Indes hatten die Damen auch die letzten Stufen erklommen und standen nun in einem Flur. Ein roter Läufer lag auf dem Linoleumboden, und in rotem Schleiflack prunkte auch die kleine Garderobe.
»Sehr hübsch«, meinte der Gast anerkennend. »Wenn die andern Räume das halten, was der Korridor verspricht.«
Und sie hielten es. Waren zwar einfach, aber behaglich eingerichtet.
»Nun, wie gefällt es dir bei mir?« fragte Kirsten die Base. »Es ist klein, aber mein.«
»So wohnst du hier allein?«
»Gott sei Dank. Doch nun wollen wir mal erst die Mäntel ausziehen und es uns dann gemütlich machen.«
Man tat’s in den Sesseln, die nebst der Couch einen niederen Tisch umstanden, und nun nahm Kirsten die Base erst einmal näher in Augenschein.
»Mädchen, du bist in den zwei Jahren, da wir uns zuletzt sahen, noch hübscher geworden«, stellte sie sachlich fest. »Ist das nicht unbequem?«
»Mich stört es nicht. Aber beklagen werde ich mich, da du so selten schriebst. Und dann auch immer nur eine Karte irgendwie aus der Weltgeschichte, dazu noch ohne Absender, so daß ich dir nie antworten konnte.«
»Die Antwort hätte mich nie erreicht, da ich ein wahres Zigeunerleben führte, indem ich mit meinem arbeitsbesessenen Chef heute hier, morgen dort war. Und das wäre auch heute noch der Fall, wenn der Mann, der mit seinen Kräften förmlich Raubbau trieb, nicht eines Tages schlappgemacht hätte.
So mußte er denn notgedrungen in die Heimat zurück, wo er denn auch bald starb. Doch vorher legte er mich seinem guten Freund Bronthusen gewissermaßen noch warm ans Herz, sonst hätte ich wohl den Posten in dem Betrieb nicht bekommen, der nur erstklassige Kräfte einstellt.
Und du, mein Liebes? Ich hätte mir nach unserer lieben Lilimutz’ Tod bestimmt Sorgen gemacht, wenn ich dich bei deinem Vormund nicht in den besten Händen gewußt. Wie geht es dem prächtigen alten Herrn?«
»Er starb vor einer Woche.«
»Aber mein Gott, Birthe, dann stehst du jetzt ja ganz allein«, sagte Kirsten betroffen. »Wie gut, daß ich mich aufraffte und dir vor einigen Wochen den Brief schrieb, obwohl ich mir die Zeit dafür förmlich abstehlen mußte, sonst hättest du mich ja gar nicht finden können.«
»Und hätte dann wirklich nicht gewußt, wohin ich mich wenden sollte, denn du bist ja meine einzige Zuflucht«, entgegnete das Mädchen leise, während ihm die hellen Tränen über das Gesicht liefen.
Doch schon sprach eine Stimme tröstend: »Weine nicht, mein Kleines, du bleibst jetzt bei mir. Kannst die Wirtschaft führen, während ich Brötchen verdiene.«
»Na, dazu kann ich wahrlich meinen Teil beitragen«, lachte Birthe schon wieder, während ihr die Tränen noch an den Wimpern hingen. »Denn so dumm bin ich nun auch wieder nicht, wie du anzunehmen scheinst. Habe ja schließlich mein Abitur gemacht, die Handelsschule absolviert, also die gleiche Ausbildung wie du, und habe außerdem noch meinen Vormund beerbt. Er hatte nämlich schon einige Monate vorher seine Praxis verkauft, weil ihm das Herz zu schaffen machte. Und da er keine Angehörigen besaß, vermachte er seiner langjährigen Wirtschafterin die Wohnung nebst einigen tausend Mark und mir das andere Geld.«
»Nun machen wir uns guten Kaffee.«
Man ging nach der Küche, die zwar klein, aber schmuck war. Kirsten stellte den blanken Kessel auf die Gasflamme, tat Bohnen in die Mühle und reichte sie der Base.
»So, mein Herzchen, nun nuddle mal fleißig. Zur Feier des Tages sind es drei Bohnen mehr. Bist du hungrig?«
»Nicht sehr, ich aß im Speisewagen Mittag.«
»Sehr vernünftig. Überhaupt vernünftig, am Sonnabend zu erscheinen, weil der Nachmittag frei ist. An andern Tagen hättest du mich kaum vor sechs oder gar sieben Uhr hier angetroffen.«
In dem Moment pfiff der Kessel, und Kirsten brühte den Kaffee, während Birthe unter ihrer Anleitung im Zimmer den Tisch deckte. Kuchen fand sich in einer Büchse auch noch vor, also konnte das Schmausen beginnen.
*
Eine Woche weilte Birthe Sörlund nun schon im Heim ihrer Base, das mancherlei Änderungen erfahren hatte. So wurde denn ein Bett sowie ein Schrank gekauft, was beides im Schlafzimmer Platz hatte. Geschirr mußte ergänzt werden und anderes mehr.
Birthe war glücklich, eine so traute Unterkunft gefunden zu haben, und Kirsten freute sich, daß sie diesem ihr so lieben Menschenkind ein solches bieten konnte.
Die Arbeitsbeschaffung für Birthe wollte immer noch nicht so recht klappen. Und zwar deshalb, weil Kirsten den gestrengen Herrn, der für die Einstellung der Lehrlinge kompetent war, immer noch nicht unter vier Augen sprechen konnte.
Doch heute schien es endlich zu klappen. Es war bereits nach Feierabend, als Kirsten den Gestrengen in seinem Arbeitszimmer verschwinden sah, und schon ging sie ihm nach. Allerdings unter Herzklopfen, was sie jedoch damit beschwichtigte: Ach was, den Kopf wird’s schon nicht kosten.
»Herein!« klang es markig auf ihr Klopfen, schon ein Zeichen, daß diese Stimme keinem Schwächling gehören konnte.
Und das war er auch wirklich nicht, der Graukopf von untersetzter Statur und energischem Gesicht. Über die Lesebrille hinweg lugten zwei scharfe Augen der Eintretenden entgegen, doch dann umzuckte ein Schmunzeln den schmalen Mund.
»Ei, sieh da, das charmante Fräulein Chefsekretärin. Man immer hereinspaziert in die gute Stube. Platzieren Sie sich und erleichtern Sie Ihr Herz. Wo zwickt’s denn, hm? Ist er wenigstens Ihrer wert?«
»Falsch getippt«, lachte Kirsten so hellklingend, daß wieder das vergnügte Schmunzeln sichtbar wurde.
»Dieser Er ist vorläufig noch ein Vexierbild und macht mir daher keinen Kummer. Aber meine Base Birthe Sörlund ist’s.«
Damit sprach sie auf ihn ein, der aufmerksam zuhörte. Erst als sie schwieg, fragte er: »Ist die Kleine hübsch?«
»Leider. Sogar von einer gefährlichen Schönheit.«
»Schon faul. Denn Sie wissen ja, was für Schürzenjäger wir im Betrieb haben, den schönen Sigesmund an der Spitze. Ist die Kleine kokett?«
»Bestimmt nicht, Herr Wörler. Sie ist ein herzfrohes Menschenkind, an dem alles blitzblank ist.«
»Hm, das läßt sich schon eher hören. Abitur hat sie, Handelsschule auch, dazu bei einem Anwalt halbjährige Praxis. Wissen Sie zufällig den Namen des Herrn und seine Anschrift?«
»Ja, hier ist sie, ich habe sie mir auf alle Fälle geben lassen.«
»Ausgezeichnet. Na, dann wollen wir mal…« Er griff nach dem Telefonhörer und stellte die Verbindung her, die auch gleich kam. Und da die Sache einen guten Verlauf nehmen sollte, meldete sich der Anwalt persönlich.
»Herr Dr. Grammert? Klappt ja großartig. Hier spricht Wörler, ein Prokurist der Firma Bronthusen. Ist Ihnen bekannt. Um so besser. Ich hätte nämlich gern eine Auskunft über Fräulein Birthe Sörlund. Aber bitte ohne Schönmalerei, kurz und präzise. Sie möchte hier nämlich als Lehrling eintreten.«
Und dann lauschte er der Stimme am andern Ende.
Dann endlich, endlich sprach Wörler wieder:
»Also wirklich keine Schönfärberei, auf Ehre nicht? Nun, das dürfte dann ja wohl genügen. Schicken Sie bitte der Kleinen ein Zeugnis zu, so der Ordnung halber. Besten Dank für die Auskunft, Herr Doktor.«
Lachend legte er den Hörer auf und blinzelte Kirsten zu.
»Mädchen, Sie machen ja Angstaugen wie eine schüchterne Maid vor dem ersten Kuß. Bin ich denn so ein Baubau?«
»Es geht an«, gab sie lachend zurück. »Aber augenblicklich scheint die hohe Laune gut zu sein. Also muß ich das Eisen schmieden, solange es noch warm ist. Wie war die Auskunft?«
»Ausgezeichnet. Und ich möchte sie sogar für bare Münze nehmen, da der Mann sachlich blieb. Warum haben Sie mir übrigens verschwiegen, daß die Kleine Geld hat?«
»Ich hielt es für unwichtig.«
»Hm. Auch, daß Ihre Birthe bereits zwei Körbe austeilte?«
»Tatsächlich?« gegenfragte sie aufs höchste überrascht. »Davon weiß ich wirklich nichts.«
»Also ein Zeichen, daß die Kleine keine Angeberin ist, sonst hätte sie sich bestimmt damit gebrüstet.
Und nun hören Sie mal zu, Fräulein Sörlund: Ich will es mit Ihrer Base versuchen. Allerdings kann ich ihr bei der Prüfung nichts schenken. Im Gegenteil, ich muß sie noch strenger führen als gewöhnlich, damit man uns keine Protektion nachsagen kann. Kapiert?«
»Und wie. Ich danke. Ihnen, Herr Wörler.«
»Schon gut. Bringen Sie die Kleine morgen mit, und nun ab mit Ihnen.«
Damit schob er sie aus der Tür, und Kirsten machte sich vergnügt auf den Heimweg. Als sie die Tür aufschloß, stieg ihr ein lieblicher Duft in die Nase.
Und dann stand sie zuerst einmal sprachlos vor einer Ente, die Birthe gerade tranchierte. Allerliebst sah sie aus mit der weißen Kittelschürze und dem malerisch um den Kopf geschlungenen bunten Tuch. Die Wangen glühten vor Eifer, die Augen strahlten.
»Ja, Mädchen, was fällt dir denn ein«, fand Kirsten endlich die Sprache wieder.
»Der Festtagsschmaus hat schon seine Richtigkeit, Geburtstagskind«, lachte Birthe lustig.
»Ach du liebes bißchen, den hatte ich ja ganz vergessen!«
»Aber ich nicht. Geh
