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Wenn Liebe stark macht
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eBook398 Seiten5 Stunden

Wenn Liebe stark macht

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Über dieses E-Book

Nachdem Richard Max verlassen hat, fällt er in ein tiefes Loch, aus dem er kein Ent-kommen sieht. Seine Freunde sind für ihn da, verstehen Richard nicht. Nach all den Beteuerungen, dass er Max liebt, ist die Behauptung, Max nie geliebt zu haben, unglaubwürdig. Max ist zu gekränkt, um darauf einzugehen. Er lenkt sich mit Liebschaften ab und muss selbst erkennen, dass Richard darauf getroffen reagiert. Als Richard von seinem Freund verprügelt nach Hause kommt, kümmert sich Max um ihn. Richard gesteht, dass er ihn vermisst und sucht förmlich seine Nähe, woraufhin sich Max eingestehen muss, dass es doch noch einen Funken Hoffnung gibt. Allerdings weiß Max, dass Richards Freund alles andere als harmlos und verständnisvoll ist. Nie würde er eine erneute Trennung einfach so hinnehmen. vor allem aber hat Richard viel zu viel Angst vor ihm. Max bleibt nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren, da alle Versuche, Richard davon zu überzeugen, dass Taylor nicht gut für ihn ist, scheitern. Jedenfalls augenscheinlich. Richard hat längst für sich beschossen, Taylor endgültig zu verlassen. Doch mit welchen Folgen? Max zittert um eine Chance und um Richards Leben.
SpracheDeutsch
HerausgeberHimmelstürmer
Erscheinungsdatum1. Jan. 2015
ISBN9783863614652
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    Buchvorschau

    Wenn Liebe stark macht - Jenna Oellrich

    Nach der Trennung

    Wie es dazu kommen konnte, verstand ich nicht.

    Es hatte doch so gut angefangen. Vielleicht etwas holprig, zugegeben. Nach all unseren anfänglichen Schwierigkeiten, als wir noch nicht ahnten, dass wir füreinander Gefühle hatten, waren wir uns doch so schnell näher gekommen.

    Und Richard hatte seinem Exfreund Taylor doch ein für alle mal den Rücken zugekehrt. Es war toll gewesen. Wir hatten Spaß gehabt. Als Paar. Als Freunde. Mit unseren Freunden und der Band, die endlich mehr war, als nur eine Hobby-Band. Wir hatten die Möglichkeit öfter aufzutreten, super. Aber würde das jetzt noch was werden?

    Vielleicht hätte ich mich nicht so zieren dürfen, aber ich hatte ihm doch alles gegeben. Im Laufe der Zeit jedenfalls. Wohl aber doch zu spät.

    Verwirrt blinzelte ich vor mich her und sah verschwommen, wie sich meine Beine bewegten. Ein Fuß setzte ich vor den anderen, automatisch.

    Wie konnte Richard mir nur so etwas antun? Aber eigentlich hatte ich es ja schon lange befürchtet. Irgendwie. Tief in mir drin. Taylor hatte nicht aufgegeben. Er hatte alles versucht. Erst hatte er mir Claus auf den Hals gehetzt. Dann war da Daniels Unfall, für den ich Taylor immer noch verantwortlich machte, auch wenn es offensichtlich keine Beweise dafür gab. Und dann hatte er sich plötzlich wieder mit Richard getroffen.

    Aber warum hatte Richard beteuert, dass ich mir keine Sorgen machen soll? Warum hatten wir ein so schönes Wochenende gehabt? Warum hatte er gesagt, er liebt mich, wenn er mich nur wenig später wegen Taylor verlässt ... Mitten auf der Straße. Im Beisein von anderen. Er hatte mich einfach stehen lassen.

    Erst in meinem Zimmer wurde ich ruhiger. Ich hatte keine Ahnung, wie Joshua es geschafft hatte, mich zu mir zu bringen. Aber hier waren wir nun, auf meinem Bett. Ich lehnte gegen die Wand, während Joshua vor mir saß und mir unentwegt über mein Knie strich.

    „Soll ich dir was zu trinken holen?", fragte er besorgt.

    „Erklär mir, was das war", forderte ich, ohne auf seine Frage einzugehen.

    „Ich weiß nicht, was in Rich gefahren ist", er schüttelte mit dem Kopf, während mir erneut Tränen über die Wangen liefen.

    „Max, hör auf zu heulen", sagte er mitleidig und zog mich in seinen Arm. Ich klammerte mich an ihn, heulte gegen sein Shirt. Eigentlich war ich nicht so. Ich zeigte nicht gerne, wenn ich traurig war und mit Joshua hatte ich zwar ein gutes Verhältnis, aber innig war es nie gewesen. Doch er war gerade der Einzige, der hier war.

    „Was war das?, fragte ich schluchzend, „Wieso ist er mit ihm gegangen? Wieso ...?

    „Ich weiß es nicht, sagte Joshua leise, „aber Taylor ...

    Ich schubste Joshua von mir, wohl etwas unsanft, aber ich konnte mich nicht beherrschen. Nicht bei diesem Namen! Ich stand auf, trat gegen meinen Schreibtischstuhl, der hart gegen meinen Schreibtisch krachte.

    „Max, hör auf!, rief Joshua laut, „beruhig dich.

    „Wie denn?! Wie würdest du dich fühlen, wenn du Christa mit ihrem aggressiven Exfreund sehen würdest? Wenn sie die Beziehung zu dir ohne eine Erklärung beenden würde?! Scheiße Mann, du weißt doch, was hier los ist?! Sag es doch!"

    „Ich weiß, dass Taylor jeden bequatschen kann. Aber ich hab keine Ahnung, was bei Rich im Kopf vorgeht!", sagte Joshua nun etwas fester.

    Ich schaute ihn mit feuchten Augen an und merkte, wie die Tränen wieder aus meinen Augen traten. Unbeholfen setzte ich mich auf meinen Schreibtischstuhl.

    Ich war eingeschlafen, während Joshua mir etwas zu trinken geholt hatte. Erst der Wecker hatte mich aus dem Schlaf gerissen. Verwundert über ein Glas Wasser und zwei Tabletten auf meinem Nachttisch, hatte ich etwas gebraucht, um aufzuwachen. Doch dann überkamen mich die Erinnerungen an den letzten Tag. Oder war es doch nur ein Traum gewesen?

    „Max?, meine Mum öffnete meine Tür und spähte vorsichtig hinein. „Willst du zur Schule gehen?

    Es war also kein Traum gewesen. Wenn meine Mum mich das schon fragte, musste etwas passiert sein. Und natürlich wusste ich auch was. Ich senkte meinen Blick, schaute dann aber wieder schnell zu meiner Mum: „Wieso nicht?"

    „Josh hat erzählt, was passiert ist, sagte sie und kam nun zu mir. Sie setzte sich auf mein Bett, strich sanft über meinen Arm. „Wenn du etwas Zeit brauchst, dann sag es.

    „Nein, sagte ich kopfschüttelnd. „Ich ... Ich geh zur Schule. Ich ...Will nicht alleine in meinem Zimmer sitzen.

    „Okay. Dann solltest du aufstehen. Damit du nicht zu spät kommst."

    Ich nickte. Als sie weg war, stand ich auf, zog mir frische Klamotten an, ging mir schnell die Zähne putzen und ging mit meinem Rucksack zum Auto. Ich musste noch Daniel abholen. Er hatte sich nicht gemeldet, was bedeutete, dass er keine Ahnung hatte, was passiert war. Weshalb er davon ausgehen musste, dass ich ihn wie immer abholen würde.

    Und so war es auch. Als ich vor dem Haus der Browns Halt machte, kam Daniel aus der Tür. Es schmerzte, vor dem Haus zu stehen, in dem ich so viele Erinnerungen hatte. Vor allem aber konnte ich es immer noch nicht verstehen. Verdiente ich denn nicht einmal eine Erklärung?

    „Erde an Max", fuchtelte Daniel mit seiner Hand vor meinen Augen rum.

    Ich blinzelte verwirrt und schaute ihn dann an.

    „Hast du heute morgen nicht geduscht? Deine Haare stehen kreuz und quer ab", bemerkte er.

    Ich verdrehte die Augen, griff auf die Rückbank und zog mir eine Mütze auf. Dann fuhr ich los.

    „Noch keinen Kaffee gehabt?", fragte Daniel.

    Den hatte ich tatsächlich nicht gehabt. Ich hatte es komplett vergessen.

    „Max? Ist was passiert?", fragte Daniel.

    „Wie kommst du drauf?"

    Es war das Erste, das ich heute zu ihm sagte. Sonst wurde er mit einem ‘guten Morgen’ begrüßt, vielleicht etwas grummelig, aber immerhin. Ich hätte einen dummen Kommentar bezüglich meiner Haare abgegeben. Und wegen dem Kaffee hätte ich vorgeschlagen zu Starbucks zu fahren. Natürlich musste er darauf kommen, dass etwas nicht stimmte.

    „Ist in deinem Kopf heute auch Leben?", fragte er.

    „Was? Sorry", meinte ich.

    „Was ist los?, fragte Daniel erneut. „Ich rede und rede und du starrst vor dich her.

    „Hast du nicht mit Rich gesprochen?", fragte ich vorsichtig. Seinen Namen auszusprechen, tat weh.

    „Nein, er ist nicht da. Ich bin davon ausgegangen, dass ihr beide bei uns seid. Dann dachte ich, er ist bei dir. Ist er das nicht?", fragte Daniel leicht verwundert.

    Ich schüttelte mit dem Kopf und kämpfte wieder mit den Tränen.

    „Er ist dann wohl bei Taylor."

    „Was?, fragte Daniel ungläubig. „Wie kommst du da drauf?

    Während ich den Wagen parkte, erzählte ich Daniel was passiert war. Wie Richard und ich noch den Tag zusammen verbracht hatten, sogar das ganze Wochenende. Und wie er mich dann einfach verlassen hatte. Nicht aber mit einem Gespräch, wie man es erwarten sollte. Nein, er hatte einfach auf offener Straße seinen Exfreund geküsst und mich für ihn verlassen.

    Genau wie ich, schien Daniel das nicht glauben zu wollen. Er schüttelte mit dem Kopf, sagte lange nichts. Schaute mich dann bedrückt an: „Wie geht’s dir?"

    „Was denkst du?", fragte ich leicht lachend. Keine Ahnung, wo das gerade her kam, aber ich musste wirklich grinsen.

    „Das kann doch nicht sein?! Ich wusste immer, dass Rich auf Taylor rein fallen könnte. Aber ich dachte, jetzt da du da bist ... Ich hätte das nie gedacht", faselte Daniel.

    „Können wir erst mal nicht darüber reden? Ich will den Tag irgendwie hinter mich bringen", meinte ich leise.

    „Ja, klar", nickte Daniel und stieg aus.

    Bis zur Pause ging es. Daniel hatte Alicia erklärt, was passiert war und danach wurde nicht weiter über Richard gesprochen. Immer wieder schaute Alicia mich zwar an, als würde sie mich in den Arm nehmen wollen, aber sonst war alles beinahe wie immer. Bis auf dass die Stimmung gedrückt war. Aber das würde sie wohl eine ganze Weile sein. Zumindest solange, bis ich eine Erklärung bekommen hatte, die ich einfordern würde. Ganz sicher. Irgendwann.

    „Max!", rief Claus, als wir auf dem Weg zur Mensa waren.

    Der hatte mir gerade noch gefehlt.

    „Was willst du?", fragte ich. Es war mir egal, was jetzt kommen würde. Vielleicht, oder sogar wahrscheinlich würde er mir wehtun, aber ich konnte meine Wut auch endlich raus lassen. An jemanden, bei dem es mir egal war, ob ich ihn verletzen würde.

    „Ich wollte fragen, wie es dir geht, meinte er lachend. „Ich hab gehört, dass dein Lover zurück zu Taylor ist. Ich war letzte Nacht bei ihm und ich konnte kein Auge zu tun.

    „Halt die Klappe, Claus", mischte sich Alicia ein.

    Ich schaute Alicia an, als wäre sie verrückt geworden. Sie konnte sich nicht einfach gegen Claus stellen, auch wenn sie beliebt war. Mein Blick war deutlich.

    Daniel sah ihn, weshalb er Alicia an die Hand nahm und sie wegzog. Das letzte, was ich wollte, war, dass Daniel und Alicia mit reingezogen würden. Es reichte, dass ich am Boden war.

    Claus schaute ihnen nach, mit einem erhabenen Grinsen. Dann sah er wieder zu mir. „Taylor hat’s Richard richtig besorgt."

    Auch wenn ich wusste, dass er mich provozieren wollte, tat es verdammt weh. Darüber nachdenken zu müssen, dass sie Sex hatten, ließ mich verzweifeln.

    Plötzlich merkte ich, dass ich auf Claus zurannte, ihn gegen die Spinds schubste und meine Faust in sein Gesicht schlug, doch prompt bekam ich selbst eine Faust ab.

    Ich hatte keinen Boden mehr unter den Füßen. Claus hatte mich gepackt und schleppte mich die paar Meter nach draußen, wo er mich unsanft auf den Boden fallen ließ und mir in den Bauch trat. Keuchend stützte ich mich ab und schaute nach oben, sah gerade noch, wie Claus’ Faust erneut auf mich zuraste. Schmerz durchzog mein Gesicht, ich spürte, wie meine Lippe aufplatzte.

    „Wag es nicht nochmal, mich anzugreifen", zischte Claus.

    Erneut zog er mich an meiner Jacke hoch und drängte mich gegen die Wand. Dann sah er zur Straße. Und ich auch. Was ich sah, zog mir den Boden unter den Füßen weg. Taylor und Richard standen mit Leon und Jeph auf der anderen Straßenseite. Aber im Gegensatz zu Leon und Jeph, die zu uns schauten, knutschten Taylor und Richard.

    Claus grinste. „Jetzt weißt du, was du davon hast, dich mit Taylor anzulegen. Stress und Schmerz. Ich hab dich gewarnt."

    Voller Wut rammte ich ihm meine Faust in den Magen, wurde direkt danach von ihm zu Boden geschleudert. Er trat mir in den Magen, packte in meine Haare – die Mütze hatte sich während dem Sturz verabschiedet – und schlug meinen Kopf noch mal auf den Boden, ehe er auf mich spuckte und rein ging.

    Eine Weile blieb ich einfach liegen und ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich weinte aus Schmerz. Dabei war das, was Claus mit mir gemacht hatte, harmlos. Als ich mich etwas beruhigt hatte, nahm ich mein Handy, schrieb Daniel, dass ich nach Hause gehen würde und stieg ins Auto.

    Ich stellte das Auto unachtsam in die Einfahrt und rannte ins Bad. Sofort stürzte ich mich über die Toilette und übergab mich. Fertig mit der Welt hing ich da, weinend, hustend. Es dauerte eine Weile, bis ich mich gefangen hatte und beschloss, zu duschen.

    Warmes Wasser prasselte auf meinen Körper, der voller blauer Flecken waren. Alles tat mir weh. Vor allem, als ich mir die Haare waschen wollte und das Shampoo in meinen Haaren verteilte, brannte es stark über meinem Ohr. Allerdings interessierte es mich kaum, auch wenn ich mir sicher war, dass ich dort eine Wunde haben musste. Auch meine Lippe brannte, aber es war egal. Das Einzige, dass mir nicht egal war, war Richard. Der lieber bei Taylor war. Dieser Gedanke machte mich so fertig, dass ich mich hinsetzen musste. Das Wasser prasselte in mein Gesicht, so dass ich nicht wusste, ob ich weinte oder nicht. Es fühlte sich so an, jedoch war ich mir sicher, dass ich keine Tränen mehr übrig hatte.

    Die nächsten Tage war mein Bett mein einziger Freund. Ich wollte von niemanden etwas hören, mit niemanden sprechen. Ich wollte einfach nur alleine sein. Mein Zimmer verließ ich nur, wenn ich ins Bad musste.

    Meine Mum machte sich Sorgen, auch wenn sie wusste, was los war. Sie versuchte gar nicht mit mir zu reden, stellte aber immer wieder etwas zu essen vor meine Tür. Meistens ignorierte ich es, da ich einfach keinen Hunger hatte.

    Ich ging nicht zu den Proben, die wir für Dienstag und Mittwoch angesetzt hatten. Wieso auch? Die Band existierte wahrscheinlich nicht mehr. Und wenn doch, dann würden sie ohne mich weiter machen. Ich hatte vor Richard nur Daniel als Freund, wieso sollten Bob und Joshua weiterhin etwas mit mir zu tun haben wollen?

    Mein Handy hatte ich ausgestellt, um keine Nachrichten zu bekommen, die mich tiefer in mein Loch fallen ließen, auch wenn ich hoffte, dass Richard sich melden würde.

    Meine Vorhänge hielt ich geschlossen. Ich lebte in der Dunkelheit, lag auf meinem Bett und starrte meine Decke an. Oder aber ich schlief.

    Es klopfte. Mitten in der Nacht? Ich schaute auf meine Uhr. Es war Mittag. Freitag.

    „Max?", hörte ich eine Frauenstimme.

    Es war aber nicht meine Mum, was mich stutzig machte.

    „Max, kann ich rein kommen, bitte?", fragte sie weiter.

    „Alicia?", fragte ich irritiert.

    „Ja, sagte sie, „kann ich rein kommen?

    „Nein", meinte ich kalt. Ich wollte niemanden sehen. Das bisschen, das ich bis jetzt gesagt hatte, hatte mir schon alle Kraft geraubt.

    „Max, du bewegst jetzt deinen Hintern aus deinem Bett und machst die Tür auf, sonst hol ich Bob, der die Tür mit Leichtigkeit eintritt! Such es dir aus!"

    Ich machte große Augen. Bei jedem anderen hätte ich geglaubt, dass es nur ein Spruch war. Bei Alicia wusste ich, dass sie ernst machte.

    Also quälte ich mich aus dem Bett, ging langsam zur Tür, schloss meine Tür auf und ging zurück ins Bett, ohne darauf zu achten, ob Alicia rein kam, oder nicht.

    „Wie geht’s dir?", fragte Alicia vorsichtig.

    Ich schaute sie nur an. Was sollte ich ihr sagen? Nicht umsonst hatte ich nur vor mich her vegetiert, auch wenn ich wusste, dass das falsch war.

    „Was machst du hier? Solltest du nicht in der Schule sein?", fragte ich stattdessen. Immerhin war es selten, dass Alicia nicht in der Schule, dafür aber bei anderen zu Besuch war.

    „Du bist seit Tagen nicht mehr in der Schule. Dein Handy ist aus und das Einzige, das wir wissen, ist, dass du am Montag nach Hause gefahren bist. Warum? Was ist passiert?"

    „Claus hat mich rausgezerrt und ..."

    „Zusammen geschlagen?", fragte Alicia vorsichtig.

    „Auch, zuckte ich mit der Schulter. „Aber ... Rich und Taylor standen an der Schule und ... Ich konnte das nicht. Ich will nicht. Ich will im Bett liegen und ...

    „Und was?, fragte Alicia. Sie stand auf und zog die Vorhänge etwas beiseite. Sofort wurde mein Zimmer heller. Außerdem öffnete sie das Fenster, schaute mich dann an. Sie schüttelte den Kopf und sah mich besorgt an. „Du siehst echt verdammt kacke aus. Was ist mit deiner Lippe?

    „Claus", zuckte ich mit der Schulter.

    Alicia atmete tief durch und setzte sich zu mir aufs Bett. Ohne Vorwarnung zog sie mich in eine Umarmung, strich mir liebevoll über den Rücken und hielt mich für eine Weile fest. Ich hatte anfangs Probleme, sie ebenfalls zu umarmen, aber als ich meine Arme um sie geschlungen hatte, war ich froh darüber, dass sie da war. Dankbar dafür, dass sie mich umarmte. Es war doch etwas anderes, von einem Mädchen umarmt zu werden, als von einem Kerl.

    „Pass auf, sagte Alicia, als sie sich von mir löste und mich anschaute. „Du gehst jetzt duschen und wirst etwas fitter. Ich mach Frühstück und wenn wir gegessen haben, gehen wir raus. Du kannst nicht nur hier liegen und ... Steh einfach auf, okay?!

    Ich schaute sie an und wollte protestieren. Mich wieder hinlegen und die Decke über mich werfen. Aber ich wusste, dass ich gegen sie keine Chance hatte. Also nickte ich, schnappte mir frische Klamotten und ging ins Bad.

    Zugegeben, nach einer Dusche fühlte ich mich etwas besser. Jedoch nur körperlich.

    „Und?", fragte Alicia, als ich in die Küche kam. Ich schaute sie mit großen Augen an, da ich keine Ahnung hatte, was sie von mir hören wollte.

    „Tut gut, oder? Wieder ein bisschen zum Leben erwachen?", fragte sie und hantierte in der Küche. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie keinen Gips mehr trug, sondern eine Schiene.

    „Seit wann ist dein Gips weg?", fragte ich und setzte mich einfach an den Küchentisch.

    „Seit gestern. War eine Routineuntersuchung, strahlte sie, „aber der Arzt meinte, es ist Zeit, den Arm wieder etwas mehr zu belasten.

    „Das ist toll", nickte ich.

    „Ich weiß, dass es dich gerade nicht interessiert", sie winkte ab und stellte mir eine dampfende Kaffeetasse vor die Nase. Ich wärmte meine Hände daran und schaute Alicia dabei zu, wie sie ... Keine Ahnung was machte. Ich sah zwar hin, bekam es jedoch nicht mit, da ich einfach nur in Gedanken hing.

    „Was hat das jetzt gebracht?", fragte ich nach einiger Zeit, als ich merkte, dass sich kaum etwas geändert hatte, außer dass ich geduscht war und nicht in meinem Bett lag.

    Alicia drehte sich um, stellte geschmierte Brötchen auf den Tisch und setzte sich zu mir.

    „Du hast dich ein bisschen bewegt. Und du trinkst Kaffee und ... iss doch was!", bemerkte sie.

    „Ich hab keinen Hunger", sagte ich, nahm aber einen Schluck von meinem Kaffee.

    Sie sah mich mitleidig an und schien keine Ahnung zu haben, was sie machen sollte. Ich nahm es ihr nicht übel, ich wusste selbst nicht, was ich machen sollte. Ich hätte es verstanden, wäre sie aufgestanden und gegangen. Hätte sie mich angeschrien. Mir den Kopf gewaschen.

    „Dann iss halt nicht. Dann packen wir das ein und du isst einfach nachher", sagte sie einfach nur und bediente sich an einem der Brötchen.

    „Nachher?", fragte ich verdattert.

    „Ja, bei der Probe. Ihr habt morgen einen Auftritt. Schon vergessen?", fragte sie.

    Ich schaute sie perplex an. Natürlich hatte ich den Auftritt nicht vergessen, aber ich war davon ausgegangen, dass er flachfällt. Oder zumindest, dass ich nicht mehr erwünscht war.

    Ich schüttelte meinen Kopf: „Ich hab keine Lust auf Rich zu treffen. Keine Ahnung was bei ihm abgeht, aber ..."

    „Erstens wird er heute nicht da sein. Und zweitens, hast du dein Handy aus. Er kann dir nichts erklären", meinte sie.

    „Er hätte genau wie du hierher kommen können, sagte ich plötzlich fahrig. Und ich wurde noch wütender. „Er hätte diese Scheiße gar nicht tun müssen!

    Alicia saß ruhig am Tisch und schaute mich an. Nicht wütend, oder abwertend. Sondern verständnisvoll.

    „Er hätte dieses Arschloch weiterhin ignorieren sollen! Oder nichts mit mir anfangen sollen! Er hätte mit mir richtig Schluss machen können! Und zwar bevor er mit mir ins Bett gesprungen ist!"

    Ich stand auf und drehte Alicia den Rücken zu, schaute stattdessen aus dem Fenster und wetterte weiter. „Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht hab. Wir hatten Spaß. Im Bett. Außerhalb. Okay, ich konnte nicht sagen, dass ich ihn liebe ... Aber es waren sieben Wochen. Das wäre noch gekommen. Ich hab’s ihm gesagt, als er mit Taylor gegangen ist. Hab ich ihn deswegen verloren? Weil er dachte, ich liebe ihn nicht?! War ich einfach nicht gut genug für ihn?"

    Ich hatte nicht einmal versucht, meine Tränen zu unterdrücken. Sie liefen mir über mein Gesicht, Alicia konnte es nicht sehen. Meine Atmung beschleunigte sich und auch meine Stimme hatte ich nicht mehr unter Kontrolle. Ob Alicia das gemerkt hatte, oder ob sie schon vorher aufgestanden war, wusste ich nicht. Doch plötzlich spürte ich, wie sie mich umarmte. Sofort drehte ich mich um, schlang meine Arme um sie und weinte gegen ihre Schulter.

    Alicia war klasse. Sie hatte mir nach meiner Heulerei ein Schaumbad eingelassen. Auch wenn ich nicht gewollt hatte, war es entspannend.

    Als ich aus der Wanne kam und meinen Jogginganzug anzog, ging ich in mein Zimmer und sah nicht nur Alicia, sondern auch Daniel. Er sprang vom Bett auf und umarmte mich.

    „Hi, sagte er leise, dann drückte er mich fester. „Es tut mir so leid!

    Ich klopfte ihm auf den Rücken und er ließ mich los. „Schon gut."

    „Gut ist gar nichts", sagte Alicia.

    Alicia erzählte ihm, wie kindisch ich mich anstellte. Ich musste zugeben, mein Verhalten war vielleicht kindisch, trotzig, aber ich konnte einfach nicht anders. Das Schlimmste war aber nicht, was sie sagte, sondern das es so klang, als wäre ich nicht einmal im Zimmer.

    Ich war verwirrt und überlegte für einen Moment, ob ich es endlich geschafft hatte, mich unsichtbar zu machen.

    Sie lieferten sich sogar eine Diskussion darüber, wann ich aß und wann nicht. Daniel wusste genau, dass ich mir einen Burger kaufen würde, wenn ich Lust darauf hatte. Alicia hingegen ging es ums Prinzip.

    Ich räusperte mich. „Ihr wisst schon, dass ich auch im Zimmer bin, oder?"

    „Ja, schon. Aber da du nicht auf uns hörst, können wir dich auch mal ignorieren", sagte Alicia.

    Was war das denn jetzt? Was sollte das? Wenn sie mich ignorieren wollte, warum war sie dann hier?

    „Komm, Max, zieh dir was richtiges an", meinte Daniel und setzte sich zu seiner Freundin aufs Bett. Er legte eine Hand auf ihr Knie, zog sie aber schnell wieder weg, während er mich geknickt ansah.

    „Ihr braucht keine Rücksicht nehmen", ich schüttelte den Kopf.

    „Wir müssen es vor dir aber auch nicht übertreiben, sagte Alicia. „Und jetzt, tu was Dan sagt. Zieh dich richtig an.

    „Wofür?", fragte ich.

    „Na, für die Probe. Komm schon, wir brauchen dich. Und Rich ist nicht dabei, heute", meinte Daniel.

    „Warum ist er nicht dabei?, fragte ich. „Warum ist er nicht hier? Wo ist er? Was sollte das?

    Alle Fragen, die sich seit Tagen in meinem Kopf wiederholten, die ich teilweise auch Joshua und Alicia gefragt hatte, sprudelten aus mir raus. Doch wie ich es vermutet hatte, schüttelte Daniel ahnungslos den Kopf. Er bekam aus seinem Bruder auch nichts raus, was ihm seine Fragen beantworteten. Wie sollte er mir dann Antworten geben?

    Ich merkte, dass auch Daniel litt. Natürlich nicht wie ich. Aber er machte sich Sorgen um seinen großen Bruder. Schon wieder.

    „Wir kriegen noch raus, was er denkt. Aber ihr scheint beide Abwechslung zu brauchen. Max, los jetzt, zieh dich um, schnapp dir deine Gitarre und dann auf zu Bob, schickte mich Alicia mit neuen Klamotten ins Badezimmer. „Und du hörst auf, dir Gedanken zu machen.

    Ich ging mit den Sachen, die Alicia mir in die Hand gedrückt hatte, wieder ins Bad und zog mich schnell um. Ich versuchte sogar, meine Haare ein wenig unter Kontrolle zu bringen, was jedoch nicht funktionierte. Ich schaute mich genervt im Spiegel an, seufzte und rief den beiden zu: „Okay, wir können."

    Bob und Joshua taten so, als wäre nichts gewesen. Als wäre nichts passiert. Als wäre Richard einfach nur krank, oder hätte etwas für die Uni zu tun. Sie behandelten mich nicht anders, was ich auf der einen Seite begrüßte. Auf der anderen Seite machte es mich wütend. Ich konnte nicht verstehen, dass es für sie so einfach war. Einfach war zu verstehen, dass Richard mich verlassen hatte, für einen Typen, der ihm nicht gut tat.

    „Max, hörst du zu?, fragte Joshua. „Den neuen Song von Rich müssen wir noch mal machen.

    Ich nickte und begann zu spielen, auch wenn ich tatsächlich nicht richtig zugehört hatte. Aber einen Song konnte ich gerade noch spielen.

    „Okay, stopp!, hörte ich Daniel rufen. „Wenn du nicht kannst und eine Pause brauchst, dann sag es.

    „Es ist alles okay", nickte ich eifrig.

    „Okay, ich brauch eine Pause", sagte Bob und kletterte hinter seinem Schlagzeug her. Er ging in die Küche und zündete sich eine Zigarette an. Wenn er das konnte, dann ich auch. Meine Gitarre legte ich beiseite und griff zu meinen Zigaretten, genau wie die anderen.

    „Es läuft doch ganz gut", grinste Joshua.

    „Ja, sagte ich monoton, „aber wie soll das morgen werden?

    „Versuch ihn zu ignorieren. Auf der Bühne wirst du es eh tun. Du machst deine Show, wie beim letzten Mal. Wir alle sind dann komplett anders. Ich glaube, Rich will erst kurz vor dem Auftritt kommen", erklärte Joshua.

    Daniel schaute mich an, als wüsste er, was ich dachte. Zum ersten Mal merkte ich, dass nicht nur Richard in der Lage war, meine Gedanken zu lesen, sondern auch mein bester Freund, von dem ich gedacht hätte, dass er das niemals können würde.

    „Josh, hör auf", sagte Daniel.

    „Was denn? Ich mach doch nichts", meinte Joshua. Er hatte keine Ahnung, was er gemacht hatte. Verübeln konnte ich es ihm nicht. Auch er war sicherlich überfordert mit der Situation und versuchte das Beste draus zu machen.

    „Du redest, als wäre nichts passiert, sagte Daniel. „Es wird scheiße! Keiner weiß, wie wir uns verhalten sollen. Und wenn wir das schon nicht wissen, was soll Max da sagen? Was soll er machen?

    „Es ist scheiße. Aber was sollen wir denn machen?, fragte Bob die Frage, die wir heute alle wiederholten. „Klar, wenn Max will, dass wir ihn ...umarmen, dann tun wir das.

    Ehe einer etwas sagen konnte, kam Bob aus der Küche zu mir und umarmte mich. Es war komisch. Er umarmte nie jemanden richtig. Und den Arm legte er immer nur zur Begrüßung und zum Abschied um einen.

    Ich legte meine Arme ebenfalls um ihn, versuchte ihn jedoch bald von mir zu schieben, da er mich beinahe zerdrückte. Schief lächelnd löste er sich von mir und kratzte sich am Hinterkopf.

    „Also, was willst du?, fragte Joshua. „Was können wir tun, um es dir leichter zu machen?

    „Gebt mir eine Erklärung", meinte ich leise.

    Doch keiner konnte mir etwas sagen, das ich nicht bereits wusste. Selbst Bob hatte keine Ahnung, was Richard sich dabei gedacht hatte.

    „Hat er sich gar nicht gemeldet?", fragte Joshua.

    Ich zuckte mit der Schulter und zog mein Handy aus meiner Hosentasche. Ich hatte es immer noch nicht angeschaltet, tat es aber jetzt.

    „Mein Handy war aus. Ich hab die letzten Tage nur in meinem Zimmer verbracht", gab ich zu.

    Alicia und Daniel hatten es gewusst. Logisch. Sie gingen mit mir zur Schule und hatten es mitbekommen, die anderen hatten davon keine Ahnung.

    „Es hat dich echt hart getroffen, Bob schüttelte mit dem Kopf. „Ihr seid für einander bestimmt. Das wird wieder.

    Auch wenn ich mir da nicht mehr so sicher war, fand ich es nett von ihm. Er war äußerlich ein furchteinflößender Grizzly Bär. Im Inneren glich er einem Teddy, der einfach nur lieb gehabt werden wollte, der Gefühle zeigen konnte.

    Mein Handy piepste. Ich atmete tief durch und sah, dass neben mehreren Anrufen von Daniel und Alicia auch eine Nachricht von Richard dabei war. ‘Es tut mir leid’.

    Das war alles.

    Ich hatte den Freitagabend wieder alleine verbracht. Natürlich hätte ich auch mit den anderen etwas machen können. Jeder hatte gewollt. Daniel fragte, ob ich mit zu ihm kommen und mit ihm und Alicia Playstation spielen wollte. Alicia hatte sogar gesagt, sie könne etwas mit Freundinnen machen. Doch das wollte ich nicht.

    Bob hatte vorgeschlagen, Weiber, oder falls ich bevorzugte, Männer aufzureißen. Er meinte, Ablenkung würde mir gut tun. Doch das wollte ich nicht.

    Joshua wollte jammen, oder einfach ein Bier trinken, anstatt sich mit Christa zu treffen. Doch auch das wollte ich nicht.

    Ich war wirklich dankbar für meine Freunde.

    Ich war dankbar, dass sie mich immer noch als Freund ansahen, auch wenn ich vor Richard nichts mit ihnen zu tun gehabt hatte.

    Ich war dankbar, dass sie ihren Freitagabend mit mir verbringen und mich ablenken wollten.

    Ich war dankbar, dass selbst Alicia einen Männerabend vorgeschlagen hatte.

    Dankbar, dass jeder helfen wollte.

    Doch ich wollte das alles nicht. Also saß ich alleine in meinem Zimmer und zupfte auf meiner Gitarre rum. Alicia hatte mich zumindest ein Stück weit aus meinem Loch rausgeholt. Ich hatte wieder ein bisschen Energie und konnte sie nutzen, um zu üben.

    „Max?, fragte meine Mutter, „wie geht’s dir?

    Ich schaute sie an, als sie durch die Tür spähte und nickte: „Ganz okay."

    Sie atmete tief durch, dann trat sie ein und setzte sich auf mein Bett.

    „Was ist?", fragte ich, als sie nichts sagte, sondern mich weiterhin nur anschaute.

    „Ich bin froh, dass diese Alice hier war."

    „Alicia, korrigierte ich grinsend, „ja, sie ist klasse.

    „Ja, nickte meine Mum. „Ich war froh, dass du nicht hier warst, als ich nach Hause gekommen bin. Weil du mal wieder etwas unternommen hast und nicht nur in deinem Zimmer gesessen hast. Aber wieso bist du wieder hier? Es ist Freitagabend.

    „Ich kann noch nicht, gab ich zu, ohne sie anzuschauen. „Die Probe war genug. Ich komm damit nicht klar.

    Meine Mum nickte und legte ihre Hand auf meine Schulter. „Hast du was gegessen?"

    „Nein", sagte ich, etwas überrascht.

    Eigentlich müsste ich Hunger haben. Doch es war nicht so. Ich hatte

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