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5 Arizona Western Juli 2023
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eBook586 Seiten8 Stunden

5 Arizona Western Juli 2023

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Über dieses E-Book

Dieses Buch enthält folgende Western:
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Pete Hackett: Mit ihm war der Hauch des Todes

Pete Hackett: Dakota

Alfred Bekker : Die Rückkehr des Leslie Morgan

Thomas West: Wer tötete den Marshal?

Thomas West: Der Rächer von Carson City





Broken Feather, der Sioux, der bis vor wenigen Tagen Scout bei den Blauröcken in Fort Collins gewesen war, hielt seinen Rappwallach an. Witternd hob er den Kopf. Das Mond- und Sternenlicht vermochte die Nacht kaum aufzuhellen. Ringsum waren die dunklen, drohend anmutenden Silhouetten der Hügel. Linker Hand floss der Michigan Creek. Das Rauschen und Gurgeln des Flusses erfüllte die Finsternis.

Der laue Nachtwind trieb dem Indianer Brandgeruch entgegen. Auch das Pferd schien ihn wahrzunehmen. Es schnaubte mit geblähten Nüstern.

Broken Feather ruckte im Sattel und schnalzte mit der Zunge. Der brenzlige Geruch wies ihm den Weg. Der Rappwallach trug ihn zwischen die Hügel, weg vom Fluss.

Es ging eine langgezogene Anhöhe hinauf. Seit der Scout den Brandgeruch wahrgenommen hatte, war ungefähr eine halbe Stunde vergangen. Oben, auf dem Scheitelpunkt der Bodenerhebung, parierte Broken Feather das Pferd. Unten, in der Senke, brannte es. Die Flammen züngelten nur noch aus dem Haufen Schutt, der einmal ein Haus mit Ställen und Scheunen gewesen war. Überall glomm und glühte es. Der gemauerte Kamin ragte wie ein Mahnmal des Verderbens aus dem Brandschutt.

Broken Feather ritt hinunter. Der Sioux sah den aufgewühlten Staub rings um die niedergebrannten Gebäude. Hier und dort glänzte matt eine Patronenhülse. Die Hitze, die von den glühenden Überresten ausging, streifte das zerfurchte Gesicht des Indianers.

Er saß ab. Da lag ein Mann auf dem Gesicht, ein Mann in Cowboykleidung. Broken Feather drehte ihn auf den Rücken. Der Tote war höchstens Mitte Zwanzig. Maßloser Schrecken verzerrte die erstarrten Züge.
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum19. Juli 2023
ISBN9783753210049
5 Arizona Western Juli 2023
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    5 Arizona Western Juli 2023 - Alfred Bekker

    5 Arizona Western Juli 2023

    Alfred Bekker, Pete Hackett, Thomas West

    Dieses Buch enthält folgende Western:

    Pete Hackett: Mit ihm war der Hauch des Todes

    Pete Hackett: Dakota

    Alfred Bekker : Die Rückkehr des Leslie Morgan

    Thomas West: Wer tötete den Marshal?

    Thomas West: Der Rächer von Carson City

    Broken Feather, der Sioux, der bis vor wenigen Tagen Scout bei den Blauröcken in Fort Collins gewesen war, hielt seinen Rappwallach an. Witternd hob er den Kopf. Das Mond- und Sternenlicht vermochte die Nacht kaum aufzuhellen. Ringsum waren die dunklen, drohend anmutenden Silhouetten der Hügel. Linker Hand floss der Michigan Creek. Das Rauschen und Gurgeln des Flusses erfüllte die Finsternis.

    Der laue Nachtwind trieb dem Indianer Brandgeruch entgegen. Auch das Pferd schien ihn wahrzunehmen. Es schnaubte mit geblähten Nüstern.

    Broken Feather ruckte im Sattel und schnalzte mit der Zunge. Der brenzlige Geruch wies ihm den Weg. Der Rappwallach trug ihn zwischen die Hügel, weg vom Fluss.

    Es ging eine langgezogene Anhöhe hinauf. Seit der Scout den Brandgeruch wahrgenommen hatte, war ungefähr eine halbe Stunde vergangen. Oben, auf dem Scheitelpunkt der Bodenerhebung, parierte Broken Feather das Pferd. Unten, in der Senke, brannte es. Die Flammen züngelten nur noch aus dem Haufen Schutt, der einmal ein Haus mit Ställen und Scheunen gewesen war. Überall glomm und glühte es. Der gemauerte Kamin ragte wie ein Mahnmal des Verderbens aus dem Brandschutt.

    Broken Feather ritt hinunter. Der Sioux sah den aufgewühlten Staub rings um die niedergebrannten Gebäude. Hier und dort glänzte matt eine Patronenhülse. Die Hitze, die von den glühenden Überresten ausging, streifte das zerfurchte Gesicht des Indianers.

    Er saß ab. Da lag ein Mann auf dem Gesicht, ein Mann in Cowboykleidung. Broken Feather drehte ihn auf den Rücken. Der Tote war höchstens Mitte Zwanzig. Maßloser Schrecken verzerrte die erstarrten Züge.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author / COVER EDWARD MARTIN

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

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    Alles rund um Belletristik!

    ​Mit ihm war der Hauch des Todes

    Western von Pete Hackett

    Jeremy Henson kommt aus dem Krieg, in dem er für die Südstaaten gekämpft hat, nach Hause, findet allerdings seine Familie tot und die Ranch in Händen eines Yankees vor. Er schwört sich Rache und beginnt einen Kleinkrieg gegen die Nordstaatler. Hierfür versucht er auch die Unterstützung seines ehemaligen Majors, Jack Madlock, zu bekommen. Dieser will allerdings vom Krieg nichts mehr wissen und hat außerdem mit ganz anderen Problemen zu kämpfen: In der Stadt gilt er als Feigling, da er im Krieg die Waffen vor den Nordstaatlern gestreckt hatte und jetzt auch nicht darüber reden will und dem Ärger aus dem Weg geht, wofür ihn wiederum sein Sohn Jimmy verachtet, der den Namen der Familie beschmutzt sieht.

    Über den Autor

    Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G. F. Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

    Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie Texas-Marshal und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G. F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.

    Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie Der Kopfgeldjäger. Sie erscheint exklusiv als E-Book bei CassiopeiaPress.

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author

    © 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

    www.AlfredBekker.de

    Der Krieg hatte Jeremy Henson zur reißenden Bestie gemacht. Vier Jahre lang war er nur dazu erzogen worden, wahllos seine Feinde zu töten. Und als der Krieg vorbei, als die Rebellenarmee des Südens geschlagen war, gehörte er zu den Tausenden, die sich einfach treiben ließen. Irgendwann aber zog es ihn nach Hause. Heim auf die kleine Ranch bei Brownfield im Terry County in Texas.

    Über vier Jahre lang hatte er von seinen Eltern und seinen beiden jüngeren Schwestern nichts gehört. Er war ohne Geld, heruntergekommen, ein Satteltramp, dem es nicht gelungen war, Fuß zu fassen. Und er war voll Hass. Hass, der im Granatenhagel der Yankees geboren, der Angst und Verzweiflung entsprungen war und unauslöschlich in seiner Seele brannte.

    *

    Die Sonne stand weit im Westen, gleißend hell über den fernen Berggipfeln. Wolkenbänke schoben sich davor und glühten. Aus den Tälern zogen die ersten Dunstschwaden empor, krochen die Hänge hinauf und hüllten Bäume, Felsen und Sträucher ein.

    Gegen dieses unwirkliche Licht hoben sich schwarz und deutlich die Konturen des Reiters ab, der auf einem abgemagerten Schecken den Gebäuden der Henson-Ranch zustrebte. Müdigkeit und Erschöpfung zeichneten das hohlwangige, stoppelbärtige Gesicht des Mannes.

    Hank Willory sah den Reiter zuerst. Er saß in einem altersschwachen Schaukelstuhl auf der Veranda des Ranchhauses. Seine Beine lagen auf dem von Wind, Regen und Sonne glattpolierten Geländer. Nun nahm er sie herunter, setzte sich aufrecht und starrte aus engen Lidschlitzen dem Ankömmling entgegen.

    »Heh, Ned!«, rief er plötzlich. »Da kommt einer, den ich noch nie hier gesehen habe!«

    Ned Chester glitt vom Geländer und beschattete mit der flachen Hand seine Augen.

    »Hat denn der Mister nicht die Schilder gesehen, die Malone an den Grenzen seines Weidegebietes entlang aufgestellt hat?«

    »Kennst du den Burschen?«, fragte Willory.

    Ned Chester schüttelte den Kopf. »No.« Plötzlich aber erschien ein böses Funkeln auf dem Grund seiner Augen, und hämisch stieg es aus seiner Kehle: »Verdammt will ich sein - trägt dieser Hombre wirklich noch eine Uniformhose der Rebellenarmee?«

    Hank Willory schnappte nach Luft, dann schnaubte er: »Du irrst dich nicht, Amigo. Das ist tatsächlich ein verdammter Rebell, den sie wohl vergessen haben in die Steinbrüche von San Mateo zu schicken. Hoh, ich schätze, der Mister bringt ein wenig Abwechslung in unser Leben.«

    Wilde Vorfreude schwang in seinem Tonfall mit.

    Aus einer der Scheunen trat ein dritter Cowboy. Er rückte seinen Revolvergurt zurecht und wechselte einen bezeichnenden Blick mit den beiden Kerlen auf der Veranda, als der Reiter den Ranchhof erreichte.

    Gespannt, misstrauisch und erwartungsvoll wurde er angestarrt. Er legte den Unterarm auf den Sattelknopf und beugte sich nach vorn. Ausdruckslos fixierte er nacheinander die drei Cowboys. Ihm entging nicht der spöttische Ausdruck in ihren Mienen. Böse Vorahnungen legten sich wie Bleigewichte auf sein Gemüt.

    »All right, Stranger«, begann Hank Willory, als fühlte er sich durch den abschätzenden Blick des Reiters dazu aufgefordert, etwas zu sagen. »Wir haben uns lange genug angestarrt. Spuck aus, was dich hertreibt. Erkläre uns, weshalb du die Warnschilder an den Grenzen der M-im-Kreis-Ranch missachtet hast. Dann werden wir entscheiden, ob wir dich zum Teufel jagen, oder ob wir dich auf die Ranch bringen, damit Spencer Malone was zu lachen kriegt.«

    Brad Vernon, der Cowboy vor dem Tor der Scheune, rief höhnisch: »Hat dir noch keiner gesagt, Hombre, dass der Krieg seit fast einem Jahr vorbei ist und dass Kerle in der mausgrauen Uniform nicht mehr gern gesehen sind?«

    »Weil nämlich in der Regel schmutzige Satteltramps in ihr stecken!«, fügte Ned Chester hohnlachend hinzu.

    Der Fremde zeigte nicht, wie sehr ihn ihre Beleidigungen trafen. Er machte einen kühlen, gelassenen Eindruck. Aber als er sprach, klang seine Stimme grollend und ihr Ton verriet Unheil. »Mein Name ist Jeremy Henson. Und diese Ranch, dieses Land hier -«, er vollführte eine umfassende Bewegung mit dem Arm, »- gehört den Hensons, seit ich denken kann. Von einer M-im-Kreis-Ranch habe ich nie gehört, und Warnschilder habe ich nicht gesehen.«

    Von den Cowboys ging eine kalte Wachsamkeit aus. Ihre Hände stahlen sich in die Nähe der Revolver. Aus ihren Zügen verschwand der spöttische Ausdruck, und Jeremy spürte eine Welle von Ablehnung und Feindschaft.

    Lastendes Schweigen hing sekundenlang zwischen ihnen. Sie belauerten Jeremy, tasteten ihn mit Blicken ab und wussten nicht, wie sie ihn einzustufen hatten. Er trug zwar einen schweren Armeecolt am Gürtel, und in seinem Scabbard steckte eine Henry Rifle. Aber war er auch gefährlich? Konnte er mit den Waffen umgehen?

    Hank Willorys schnarrende Stimme sprengte die angespannte Stille. »Die Warnschilder sind dafür da, Unbefugte vom Land der M-im-Kreis fernzuhalten. Und wenn du zur Henson-Sippe gehörst, dann dürftest du so ziemlich der ungebetenste Gast überhaupt sein.«

    »Das kann ich mir denken.« Jeremy nickte, hob sein rechtes Bein über das Sattelhorn und saß ab.

    Ein Schatten verfinsterte Hank Willorys Miene. »Du brauchst gar nicht erst abzusteigen, Rebell!«, fauchte er böse. »Hier ist kein Platz mehr für dich. Eine Henson-Ranch gibt es nicht mehr. Spencer Malone hat das Land nach dem Krieg in einem Umkreis von hundert Meilen aufgekauft. Das, was du hier siehst, was einmal die Henson-Ranch war, ist ein Außenposten der M-im-Kreis geworden. Wenn du ein Stück weiter nach Osten reitest, wirst du auf eine riesige Longhornherde stoßen, und jedes einzelne Tier trägt den Brand Malones.«

    Jeremy schielte am Pferdehals vorbei auf Vernon.

    Sie fühlten nicht den unsichtbaren Strom von Härte und Brutalität, der von dem Heimkehrer ausging.

    »Wo sind meine Eltern und meine Schwestern?«, fragte Henson mit tödlicher Ruhe.

    Willory wies mit dem Daumen über seine Schulter. »Hinter dem Haus - in ihren Gräbern«, sagte er ohne jedes Mitgefühl.

    Jede Faser in Jeremy Hensons Körper spannte sich bis zum Zerreißen.

    »Spencer Malone«, flüsterte er heiser, und der Name wand sich wie eine Beschwörungsformel über seine rissigen Lippen. »Was ist Malone für ein Mann? Ich habe vor dem Krieg nie etwas von ihm gehört. Woher kommt er?«

    Willory lachte frostig auf. »Er kommt aus dem Lager der Sieger, mein Freund«, antwortete er und maß Jeremy mit einem geringschätzigen Blick. »Von deiner Sorte hält er mit Sicherheit nichts. Deinesgleichen hat er aus dem Land gejagt oder hier beerdigt. Darum nimm lieber meinen Rat an, schwing dich auf deinen Klepper und reite zum Teufel.«

    »Malone ist also ein Yankee.« Der Hass zeichnete tiefe Linien in Jeremys düsteres Gesicht. »Und ihr seid auch verdammte Yanks!«

    »Was dagegen?«

    »Eine ganze Menge!« Jeremy zog mit dem letzten Wort. Es war eine glatte Bewegung von Hand, Arm und Schulter. Heißes Blei raste über den Ranchhof.

    Die Reflexe der Cowboys waren schneller als ihr Verstand. Willory bekam das Eisen halb aus dem Holster. Die Wucht eines Projektils aus Jeremys Colt aber trieb ihn zurück gegen die Hauswand, und während er langsam daran niederrutschte, erwischte es Ned Chester, der seinen Colt fast frei hatte. Er knickte seitlich ein, wurde halb herumgerissen, brach in die Knie und fiel auf das Gesicht. Jeremy wandte sich Brad Vernon zu. Ihre Revolver donnerten gleichzeitig los. Das belfernde, trockene Krachen vermischte sich zu einem explosionsartigen Dröhnen. Für einen schrecklichen Augenblick hatte der Cowboy in die schwarz gähnende Mündung sehen können, die unter dem Pferdekopf hervor wie ein hohles Totenauge auf ihn starrte. Dann traf es ihn. Und während Jeremys Blei den Weidereiter auf der Stelle tötete, verschwand dessen Geschoss im Nichts.

    *

    Schweigen hatte sich über die Ranch und das weite Land gesenkt. Schwarz und stumm ragten die Wipfel der Tannengruppe hinter den Gebäuden zum samtenen Firmament hoch. Bleiches Mondlicht sickerte durch die Baumkronen.

    Vor den Fenstern der Henson-Ranch hing die Nacht.

    Jeremy hatte sich in der Wohnstube einen Stuhl ans Fenster gezogen und starrte hinaus. Seine Gedanken waren finster wie ein Höllenschlund. Von seiner Welt waren nur Trümmer übrig geblieben. Angefangen hatte alles mit dem verdammten Krieg. Dann kam der Zusammenbruch des Südens. Geldgierige Geschäftemacher aus dem Norden überschwemmten vor allem Texas, um sich ein großes Stück von dem goldenen Kuchen abzuschneiden. Sie kannten keine Skrupel.

    Er, als versprengter Sergeant der Rebellenarmee General Lees, war überall, wohin er auch gekommen war, auf Misstrauen, Ablehnung und offene Feindschaft gestoßen. Und es gelang ihm einfach nicht, mit dem Verstand zu akzeptieren, was sein Herz längst wusste, nämlich, dass er zu jenen gehörte, deren Schicksal es war, auf der Strecke zu bleiben. Es fraß und nagte in ihm wie ein bösartiges Tier.

    Die Yankees hatten den Süden geschlagen. Die Yankees hatten ihn geschlagen, hatten seine letzte Zuflucht, sein Zuhause, vernichtet. Vier Gräber mit verrotteten, windschiefen Kreuzen waren das letzte Überbleibsel einer Illusion von Frieden und Ruhe. Und sie waren der Nährboden für seinen tödlichen, selbstmörderischen Hass.

    All seine glühenden Empfindungen, sein ganzes leidenschaftliches Verlangen und seine rastlose Besessenheit konzentrierten sich nun auf Spencer Malone. Der Halunke aus dem Norden würde kommen. Denn er, Jeremy, hatte die drei toten Cowboys auf ihre Pferde geladen und die Tiere davongejagt. Sie waren entweder Weidereitern der M-im-Kreis über den Weg gelaufen, oder sie hatten den Weg zur Ranch von allein gefunden.

    Jeremy Henson wartete geduldig. Mit jeder Minute, die verstrich, verrannte er sich tiefer im Fegefeuer seines wilden Verlangens nach blutiger Rache.

    Irgendwann trieb Hufschlag über die Hügel heran. Es mochte auf Mitternacht zugehen. Vom Fluss her, der ganz in der Nähe der Ranch vorbeiströmte, trieb der frische Nachtwind wallende Nebelschwaden heran.

    Der rumorende Hufschlag näherte sich schnell. Jeremy erhob sich mit einem Ruck. Hart umklammerten seine Hände Kolbenhals und Schaft des Henrystutzens. Wie Fieber rann die verzehrende Ungeduld durch seine Adern. Eng schmiegte er sich neben dem Fenster an die Wand.

    Lichtschein tauchte auf. Sie hatten Fackeln dabei. Die qualmenden Flammen vermochten die Schatten der Nacht kaum aufzulösen. Die Helligkeit tanzte geisterhaft über die Reiter hinweg und zerrte sie aus der Dunkelheit. Und im Geisterspiel von Licht und Schatten konnte Jeremy sechs Reiter zählen.

    Sie verschwanden hinter einem langgezogenen Buschgürtel, der bis zum Flüsschen reichte, aus seinem Blickfeld. Nur noch der Widerschein der Fackeln erhellte die Nacht über dem dornigen, verfilzten Gestrüpp.

    Die Mannschaft ritt schweigend, in loser Ordnung. Die Männer löschten auf einen knappen Befehl hin die Fackeln aus, dann drängten sie ihre Reittiere zwischen die Büsche. Die Pferde scheuten und prusteten unwillig. Aber die Reiter bändigten sie mit eiserner Hand. Blattwerk raschelte, Zweige brachen krachend, streiften die angespannten Gesichter und schlugen auf die Schultern der Reiter. Eine gemurmelte Verwünschung, ein heiserer Fluch …

    Die Männer zerrten an den Zügeln. Der Hufschlag verhallte.

    Spencer Malone erhob seine Stimme. Sie klang präzise und voller Autorität.

    »Wer immer sich auf der Ranch versteckt hält: Er mag auf der Stelle herauskommen. Waffenlos und mit erhobenen Händen!«

    »Kommt nur, ihr elenden Hundesöhne!«, fauchte Jeremy Henson.

    Spencer Malone flüsterte: »Wir reiten vorsichtig in breiter Front hinüber. Wenn ihr etwas hört oder seht, dann haltet drauf. Wir dürfen kein Risiko eingehen.«

    Ein hartes, metallisches Geräusch stand sekundenlang über allem anderen, als sie ihre Henry Rifles repetierten. Dann brachen sie aus den Büschen und ritten in einer auseinandergezogenen Linie auf die Ranch zu. Die Dunkelheit verhüllte ihre Gesichter. Aber der Hauch von Grimm und Entschlossenheit, den sie verströmten, wehte ihnen voraus wie ein frostiger Wind des Unheils.

    *

    Jeremy sah die vagen Schatten kommen. Geräuschlos glitt er durch das Zimmer. Ein Schemen, der mit der Finsternis verschmolz. Er bewegte sich sicher und mit federnder Geschmeidigkeit, huschte ohne jeden Laut hinaus in den Flur und näherte sich der Tür, öffnete sie einen Spaltbreit und sah nach draußen.

    Die Schemen nahmen langsam Formen an. Jeremy zog die Tür weiter auf, ging in die Hocke und verharrte reglos an der Wand.

    Er wartete. Eiskalt, innerlich erstarrt, mit tödlicher Gelassenheit. Der dumpfe, klopfende Hufschlag schallte zu ihm her. Eine Stimme trieb heran: »Die letzte Chance! Wir warten noch zehn Sekunden, dann beginnen wir, die Hütten in Fetzen zu schießen. Und sollte das nicht wirken, legen wir Feuer. Wir werden euch ausräuchern wie die Ratten!«

    Jeremy lachte höhnisch. Der Sprecher ging von mehreren Gegnern aus. Nun, drei tote Männer, die alle von vorn erschossen worden waren, ließen diesen Schluss leicht zu. Langsam zog er den Gewehrkolben an die Schulter. Im fahlen Mondlicht konnte er die Umrisse des Reiters, der sein Opfer werden sollte, klar ausmachen. Er zielte sorgfältig, der Stecher erreichte den Druckpunkt, und Jeremy hielt den Atem an. Dann zog er durch. So hatten sie es ihm beigebracht, nachdem er sich zur Fahne des Südens gemeldet hatte, so behielt er es bei. Der Schuss zersprengte die Atmosphäre wie die Explosion einer Granate. Der Knall stieß über den Hof.

    Der Getroffene warf beide Arme gleichzeitig in die Höhe, seine Waffe flog in hohem Bogen davon, sein Oberkörper pendelte zurück und fiel schwer vom Pferd. Einige Lidschläge lang waren Türöffnung und Veranda grell erleuchtet wie von einem herabzuckenden Blitz.

    In den verebbenden Krach hinein erklang ein schauerliches Lachen, es ging unter in den erregten Schreien der Männer auf dem Ranchhof und im hämmernden Hufschlag, als sie ihre Pferde in Deckung trieben sowie im Knallen der Tür, die Jeremy zuschmetterte.

    Er glitt wie ein Schatten durch den Korridor, lautlos wie ein Wolf, und in dem Moment, als er durch die Tür der Wohnstube tauchte, um wieder seinen Platz am Fenster einzunehmen, zerfetzten die Geschosse der M-im-Kreis-Leute die Haustür. Es krachte, knirschte und splitterte. Die Projektile fauchten durch den Flur und hieben den Putz von den Wänden, bohrten sich in Holzverkleidungen und in den Fußboden, rissen ihn auf.

    Jeremy zerschlug mit dem Lauf die Fensterscheibe, feuerte auf eine huschende Gestalt, lachte satanisch, stieß sich ab und fegte durch eine Tür in einen Raum, der früher die Schlafstube seiner Schwestern gewesen war. Eine Salve aus den Gewehren der M-im-Kreis-Reiter zerharkte die Wand rund um das Fenster, an dem er eben noch gestanden hatte, zerhieb die Scheibe gänzlich und ließ die Scherben durch den Raum fliegen.

    Jeremy schob das Fenster in der Rückwand des Ranchhauses in die Höhe, schwang sich ins Freie. Wie eine große, gefährliche Raubkatze schlich er nach rechts davon. Er erreichte die Ecke des Haupthauses und beobachtete den Hof. Sein Atem ging ganz flach.

    Die Angreifer hatten das Feuer eingestellt. Eine Lautlosigkeit, die erschreckender und gefährlicher anmutete als das krachende Inferno zuvor, senkte sich zwischen die Gebäude. Und in dieses bedrohliche Schweigen hinein blaffte Spencer Malones kaltes und scharfes Organ: »All right, Mister, wir haben gemerkt, dass du allein bist. Wir aber sind noch immer zu fünft. Ein schlechtes Verhältnis für dich, würde ich sagen.«

    Jeremy durchfuhr ein Ruck. Er schien nicht mehr der Herr seiner Sinne zu sein, sondern nur noch eine den niedrigsten Trieben gehorchende Bestie, als er antwortete: »Ich werde euch verdammten Yanks nacheinander in die Hölle schicken.« Es hatte wie ein böses Omen, wie eine höllische Prophezeiung geklungen. »Heh, ist Spencer Malone unter euch?«

    »Yeah. Ich bin Spencer Malone. Und ich bin verdammt daran interessiert, wer du bist, Mister. Warum hast du drei von meinen Cowboys erschossen? Führst du vielleicht einen privaten Krieg gegen die Yankees?«

    »Du hast meine Familie auf dem Gewissen, Malone. Und du hast mir die Ranch gestohlen. Die drei Narren, die ich heute Abend auf die Nasen legte, glaubten, sich über mich lustig machen zu dürfen. Heh, Malone, ihr elenden Nordstaatler nennt uns dreckige Rebellen. Ihr aber seid Blutsauger und die Mörder alter Leute und Kinder. Vier Gräber hinter dem Haus zeugen davon. Es waren meine Eltern und meine Schwestern, die dort begraben wurden. Und ich werde sie blutig rächen.«

    »Du bist Jeremy Henson, nicht wahr?« Malones Stimme hatte einen ruhigen, besonnenen Klang.

    »So ist es.«

    »Okay, Henson, dann hör zu, was ich dir zu sagen habe. Deine Eltern und deine Schwestern habe ich nicht getötet. Sie starben noch während des Krieges, als sich eine Gruppe Konföderierter auf der Ranch verschanzte und einer Abteilung Unionisten ein mörderisches Gefecht lieferte. Die Nordstaatler hatten keine Ahnung, dass sich Zivilisten auf der Ranch befanden und machten kurzen Prozess, nachdem die Rebellen sich weigerten, aufzugeben. Deine Gesinnungsgenossen waren es, Henson, die den Tod deiner Eltern und Schwestern verschuldeten. Denn sie hielten sie fest und nahmen billigend in Kauf, dass sie beim Sturm auf die Ranch umkamen. Das ist die Wahrheit, Henson. Und nun komm heraus. Wir bringen dich zum Sheriff nach Brownfield. Ich verspreche dir, dass du fair behandelt wirst.«

    »Das Versprechen eines niederträchtigen Yankees!« Jeremy legte in jede Silbe alle Verachtung und allen Sarkasmus, deren er mächtig war. Und die unauslöschliche Feindschaft ließ seine Stimme kratzen. »Darauf pfeife ich!« Mit seinem letzten Wort jagte er blindlings einige Schüsse in die Schattenfelder zwischen den Schuppen und Scheunen hinein, zog sich hinter die Ecke zurück und hastete davon. Der Kugelregen, der dort, wo er sich eben noch aufgehalten hatte, durch die Luft und gegen das Haus prasselte, konnte ihm nichts anhaben. Vor Kampfbegierde und Rachelust zitternd verschwand er in der Finsternis zwischen Haupthaus und Pferdestall.

    *

    »Verteilt euch, Männer!«, brüllte Spencer Malone klirrend. »Wir kreisen das Haupthaus ein und holen uns den Hundesohn. Fackelt nicht lange …«

    Das Knirschen von Sand unter den Stiefelsohlen, das Mahlen der Absätze und das verhaltene Schaben rauen Hosenstoffs wurde vernehmbar, als die Cowboys durch die Nacht schlichen. Sie glitten hart an den Wänden der Scheunen und Schuppen entlang, immerzu bemüht, nicht ins bleiche Mondlicht zu gelangen, und sicherten ständig um sich. Jeder der Männer blickte dem Ungewissen, dem Dunklen und Unheilvollen mit gemischten Gefühlen entgegen.

    Jeremy kroch wie eine Schlange durch die Nacht. In ihm war nichts als grimmige Entschlossenheit. In seiner Nähe huschte ein Schatten vorbei. Behutsam zog er das Gewehr an die Schulter. Hass und Mordgier drohten ihn einen Herzschlag lang zu übermannen, dann aber sagte er sich, dass ihnen ein Schuss seine Position verraten würde. Und sie würden ihn mit heißem Blei eindecken, dass ihm Hören und Sehen verging.

    Trotz aller verzehrender Leidenschaft - ein Selbstmörder war er nicht.

    »Alles klar?«, ließ Spencer Malone seine raue, belegte Stimme erklingen.

    »Ja, Boss!«, erschallte es hinter dem Ranchhaus. »Slim und ich haben hier hinten Stellung bezogen. Zu sehen ist von dem Schuft nichts.«

    »Er wird sich im Haus verkrochen haben.«

    Jeremy lachte still: gehässig, bösartig und hohnvoll. Er stemmte sich hoch und verharrte geduckt an der Stallwand.

    »Schießen wir den Bunker einfach in Fetzen!«, rasselte es aus dem Mund eines der M-im-Kreis-Leute. »Irgendwann wird es ihm zu viel und er kommt heraus. Und dann …« Der Bursche ließ den Rest offen, aber gerade das war beredter als alle Worte.

    Jeremy spürte die Woge des Vernichtungswillens, die im Ranchhof zusammenschlug und von Malone und seinen Leuten ausging. Er schob sich an der Stallwand entlang, tauchte unter einem Gatter hindurch und lief geräuschlos zu der Stelle, an der sie ihre Pferde zurückgelassen hatten.

    Der Pulk der Tiere schälte sich aus der Nacht. Die Stimmen beim Haupthaus verschwammen. Wilde, boshafte Genugtuung ergriff Jeremy. Als er sich näherte, wurden die Gäule unruhig, tänzelten und schnaubten erregt.

    »Legt Feuer, Leute!«, brüllte Spencer Malone. Jeremy zuckte zusammen. Seine Kiefer begannen zu mahlen. »Das Haus ist viel zu stabil, als dass wir es mit unseren Gewehren zusammenschießen und Henson zur Aufgabe zwingen könnten. Aber Feuer wird ihn heraustreiben.«

    Feuer!, hallte es in Jeremy nach. Sie wollten die Ranch in Flammen aufgehen lassen. Es zerfraß sein Denken. Seine Schläfen hämmerten. Und dann sah er den Feuerschein.

    »Wir werden dir jetzt ein Feuer unter dem Hintern schüren, Henson. Also strecke die Waffen und komm heraus. Andernfalls rösten wir dich!«, befahl Spencer Malone.

    Etwas Feuriges flog durch die Finsternis wie ein flammender Komet, eine Glutspur und Qualm hinter sich her ziehend. An anderer Stelle geschah das gleiche. Jeremy beobachtete es, Gefühl und Verstand fochten in ihm einen wütenden Kampf aus. Gefühlsmäßig wollte er sie töten. Eine Warnung seines Instinkts aber sagte ihm, dass die Wahrscheinlichkeit, selbst umzukommen, fünfmal größer war. Also unterdrückte er die hochschießenden Emotionen und starrte aus brennenden Augen auf das Bild, das sich ihm bot.

    Einer ihrer Brandsätze hing in der von ihren Schüssen zerfetzten Haustür, der andere war durch das zerschossene Fenster in das Haus geflogen. Bläulich züngelten die Flammen an der Tür in die Höhe. In dem ausgetrockneten, zersplitterten Holz fanden sie reichlich Nahrung. Aus dem Fensterviereck fiel zuckender Lichtschein.

    Jeremys Sinne arbeiteten verschärft. Die mörderischen Empfindungen waren der kühlen Besonnenheit gewichen. Mit dieser Aktion gaben sie ihm einen weiteren Grund in die Hand, den Krieg auf eigene Faust weiterzuführen. Er leckte sich über die trockenen, spröden Lippen und schluckte.

    Ein dritter Brandsatz flog durch die Dunkelheit. Die Haustür brannte bereits lichterloh. Die Flammen leckten an der Hauswand hoch und erreichten das Dach. In der Wohnstube schlugen sie vom Holzfußboden empor.

    Nie in seinem Leben war Jeremy Henson von einer bösartigeren und schrecklicheren Stimmung beherrscht worden als in diesen Augenblicken, da er sein Elternhaus in Rauch aufgehen sah. Unauslöschlich prägte sich das Bild in ihm ein. Wieder einmal hatte er verloren. Wie Blei legte sich die Erkenntnis auf ihn. Unwillkürlich duckte er sich unter ihrem Anprall.

    Fauchend stieß bald das Feuer durch die Räume des Hauses. Überall flackerten nun die Flammen. Gestalten huschten aus dem Kreis des Feuerscheins, der innerhalb kürzester Zeit die Nacht zum Tage machte. Wieder war Jeremy versucht, das Gewehr hochzureißen und auf sie zu feuern, gnadenlos und unerbittlich. Und wieder rang er dieses heftige Verlangen nieder.

    Er sah die riesigen, gierig lodernden Flammen, die tanzenden Funken, den Aschenregen. Das Haus mutete an wie ein riesiger Scheiterhaufen. Das Feuer griff bereits auf den Pferdestall über. Ein dumpfes Brausen lag in der Luft. Funken und Asche wirbelten auf den Hof.

    Das knirschende Bersten von niederstürzendem Gebälk holte seine Gedanken wie aus weiter Ferne zurück. Mechanisch setzte er sich in Bewegung, auf die zurückdrängenden Pferde zu. Der brenzlige Brandgeruch sowie das Knistern, Knacken und Prasseln machten die Tiere kopfscheu. Jeremys Hand erwischte einen der Gäule beim Zaumzeug. Er wollte steigen, aber Jeremy riss dem Tier unbarmherzig den Kopf nach unten. Mit einem geschmeidigen Satz war er im Sattel. Er nahm die Zügel mit der Linken kurz, stellte die Henry Rifle mit dem Kolben auf seinen Oberschenkel und jagte einen Schuss zum Himmel. Erschreckt aufwiehernd stoben die anderen Pferde mit wehenden Mähnen, aufgerissenen Mäulern und fliegenden Steigbügeln davon. Und Jeremy brüllte mit kippendem Tonfall: »Dafür wirst du büßen, Spencer Malone! Ich komme zurück. Und dann zahle ich es dir zehnfach heim!«

    Er zerrte das Pferd herum, gab ihm den Kopf frei und stob mit einem schrillen Schrei auf den Lippen in die Dunkelheit hinein.

    Der Rebellenschrei ließ den Männern auf der Ranch den Herzschlag stocken und das Blut wie im Fieber durch ihre Adern pulsieren. Ungeachtet der tödlichen Gefahr spurteten sie in den Lichtschein des Feuers und hinter dem Fliehenden her. Sie schossen, was das Zeug hielt, aber ihre Kugeln holten ihn nicht mehr ein. Scharf zeichnete die Helligkeit ihre Gestalten nach. Und Jeremy Henson wurde eins mit der Nacht, die so finster war wie die Zukunft, die vor ihm lag.

    *

    Jack Madlock zog die Zügel straff. Der flache Farmwagen mit den niedrigen Bordwänden kam mit quietschenden Achsen zum Halten. Jimmy, Jacks Sohn, sprang vom Bock in den knöcheltiefen Staub der Main Street von Guthrie. Der Junge zog seine zu große Hose in die Höhe, schniefte und blinzelte zu seinem Vater hinauf, der die Zügel um den Bremshebel wickelte. Aus dem General Store trat Tom Jefferson, der Besitzer.

    Es war heiß. Der glühende Südwind brachte keine Kühlung. Er wehte den Staub über die Dächer und trieb ihn in Spiralen über die Fahrbahn, auf der sich die Hitze ballte. Die Menschen hatten sich in ihre Behausungen zurückgezogen und hielten Siesta. Und so mutete die Stadt leblos und öde an.

    »Hallo, ihr beiden!«, grüßte Jefferson und wischte sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus der Stirn. »Verdammte Hitze. Nimmt einem glatt den Atem.« Es war eine Eigenart Jeffersons, in kurzen, abgehackten Sätzen zu sprechen.

    Sie erwiderten fast einstimmig den Gruß des Storehalters. Jack grinste. »Sie haben recht, Mr. Jefferson. In der Hölle kann es nicht heißer sein.« Er tätschelte die Kruppe des Gespannpferdes, während sein Sohn die Vorbaustufen zum Store hinaufstieg, um in den Schatten zu gelangen. »Wir brauchen einige Vorräte«, erklärte er dann und schaute Jefferson gerade ins glänzende Gesicht. »Jimmy gibt Ihnen den Zettel, auf den ich alles geschrieben habe, und hilft Ihnen dann, alles aufzuladen. Ich habe etwas in der Sattlerei zu erledigen. Ehe wir nach Hause zurückkehren, komme ich vorbei, um zu bezahlen.«

    »Schon gut, Jack«, murmelte Jefferson und nahm die Liste mit den benötigten Waren von dem Jungen entgegen.

    Jack wandte sich halb ab, ehe er aber davonmarschierte, rief er seinem Sohn zu: »Ich werde mir, nachdem ich beim Sattler war, ein Bier genehmigen, Jimmy. Solltest du mich suchen, findest du mich im Lone Star Inn. Okay?«

    »Klar, Dad.«

    Jack stiefelte davon. Langbeinig, groß und hager, ein Mann von zweiundvierzig Jahren, durch dessen dunkles Haar sich die ersten grauen Strähnen zogen. Seine Angelegenheit in der Sattlerei nahm eine Viertelstunde in Anspruch. Er verabschiedete sich von Coleman, dem Sattler, schärfte ihm aber noch einmal ein, dass der Sattel, den er in Auftrag gegeben hatte, bis zu Jimmys siebzehntem Geburtstag in zwei Wochen fertig sein müsse. Coleman versprach es, dann schloss er hinter Jack die Tür.

    Jack stapfte über die Straße zum Lone Star Saloon. Er war durstig und sagte sich, dass Mr. Jefferson und Jimmy sehr gut allein mit dem Beladen des Wagens zurechtkämen. Eine Minute später drückte er die Schwingtürflügel auseinander und die Düsternis im Schankraum nahm ihn auf. Nur an einem der Tische saßen drei Männer. Kerle, die Jack zwar kannte, die ihm aber aus tiefster Seele zuwider waren, weil sie keiner geregelten Arbeit nachgingen und dem Müßiggang frönten. Sie spielten Karten. Auf ihrem Tisch stand eine halbleere Whiskyflasche. Sie blickten kurz auf, als Jack hereinkam. Die Brauen jenes Burschen, der Jack direkt das Gesicht zuwandte, zuckten in die Höhe. Dann aber schienen sie ihn kaum noch zu beachten.

    Jack trat an den langen Tresen heran, hinter dem Carl Benson in einem Korbsessel saß und vor sich hin gedöst hatte, bis er, Jack, eintrat. »Gib mir ein Bier, Carl«, krächzte Jack mit staubheiserer Stimme. »Mein Mund ist trocken wie Wüstensand.«

    »Wen wundert's bei diesen verrückten Temperaturen«, knurrte Benson, und es klang mürrisch wie immer. Dieser Mann schien niemals gute Laune zu haben, war meistens einsilbig und wortkarg. Im Grunde seines Herzens aber war er ein prächtiger Kerl.

    »Cheerio!«, ertönte es rau am Tisch mit den drei Tagedieben. Gläser stießen klirrend zusammen. Sekundenlang war nichts zu hören, dann folgte ein ekelhafter Rülpser. Jack und der Salooner wechselten einen vielsagenden Blick. Benson zuckte mit den Achseln als wollte er sagen: Da kannst du nichts machen. Diese Kerle sind Abschaum, und sie benehmen sich auch so. Er schenkte Jack ein Bier ein und schob es vor ihn hin.

    »Danke.« Jack trank einen langen Schluck, dann setzte er das Glas ab und wischte sich den Schaum von den Lippen. »Das tut gut«, sagte er genüsslich grunzend. »Wenn es nicht bald regnet, wird's kritisch«, fuhr er dann fort und stützte sich mit beiden Ellenbogen auf die Theke. »Dann trocknen die Wasserlöcher aus. Der Creek wird auch nicht mehr genug Wasser führen, um die Herden ausreichend zu versorgen. Erinnerst du dich noch an das große Rindersterben vor dem Krieg, Carl? Da war es genauso heiß.«

    »Natürlich.«

    Bei den drei Kerlen klatschten die Kartenblätter. Ein lästerlicher Fluch des Verlierers trieb durch den Saloon, ein belustigtes Lachen aus dem Mund des Gewinners, und dann erklang eine spöttische Stimme: »Hast heute einen verdammt schlechten Tag erwischt, Larry. Hättest die Finger von den Karten lassen sollen. Jetzt bist du deinen letzten Cent los. Aber keine Sorge: Ich gebe von meinem Gewinn noch eine Flasche aus. Gut so?«

    »Zumindest hört es sich ganz gut an!«, rief Larry und schien bei dieser Aussicht sofort versöhnt zu sein. Ob er das Geld nun in Schnaps umsetzte oder sein Freund Ben, das war im Endeffekt egal.

    »Dann wollen wir sofort die Gläser leeren!«, röhrte Floyd Thompson, der dritte im Bunde. »Also, Leute, cheerio!«

    Sie rissen ihre Gläser hoch, tranken gierig und schmatzten abstoßend. Wieder trafen sich Jacks und Bensons Blicke. Benson verzog angewidert das Gesicht. Und Jack sagte sich, dass er wohl den Inn verlassen würde, sobald er seinen Krug geleert hatte. Er kannte die Streitsucht der drei Müßiggänger und wollte dem möglichen Verdruss aus dem Weg gehen. Schlagartig fühlte er sich nicht mehr wohl in seiner Haut.

    Und seine Ahnung trog ihn nicht. Die unangenehme, vom Whisky etwas schwere Stimme Ben Tuckers sprang ihn an: »Heh, Madlock, alter Eisenfresser! Du machst dich ziemlich rar in Guthrie. Komm her und trink mit uns. Und dann erzähl uns, wie das damals wirklich war, als du dich mit deinem Haufen den Yankees ergabst. Man sagt, du hattest Angst vor dem Kampf mit den elenden Blaubäuchen. Stimmt das?«

    Jack erstarrte. Seine Miene verschloss sich. Um seinen Mund erschien ein harter und zugleich bitterer Zug. Schließlich holte er tief Luft, dann schwang er herum und nahm Front zu den Kerlen ein. Er nahm ihr hämisches, feixendes Gegrinse wahr und verspürte sekundenlang ein bedrückendes Gefühl im Nacken.

    »Herzlichen Dank für die Einladung!«, stieß er sarkastisch hervor und es kostete ihn Mühe, den hochwallenden Zorn im Zaum zu halten. »Aber bei dieser Hitze ist Brandy so ziemlich das Schlimmste, was sich ein Mann antun kann.« Es war ihm gelungen, ziemlich beiläufig zu klingen, obwohl die Sorge in ihm wuchs. Denn Ben Tucker und seine Kumpane ließen keine Gelegenheit für einen rauen Spaß aus, und es sah so aus, als sollte heute er das Opfer ihrer niedrigen Gesinnung werden.

    Ben Tuckers Grienen gefror ein. Ein gierig-böses Funkeln trat in seine vom Alkohol geröteten Augen. »Du schlägst meine Einladung aus, Madlock?«, giftete er und seine vierschrötige Gestalt wuchs hinter dem Tisch langsam in die Höhe.

    In Larry Lonsdales und Floyd Thompsons Mienen war ein erwartungsvolles Lauern getreten. Ihr breites Grinsen war erloschen. Der verschlagene, heimtückische Ausdruck in ihrem Blick warnte Jack Madlock.

    »Keinen Streit, Leute!«, stieg es dumpf und grollend aus Carl Bensons Kehlkopf. »Lasst Madlock in Ruhe und spielt Karten.«

    Ben Tucker achtete nicht auf den Salooner. Er schob sich um den Tisch herum. Mit pendelnden Armen bewegte er sich auf Jack zu. Zwei Schritte vor ihm blieb er stehen und warf den Kopf in den Nacken.

    »Du wirst jetzt mit uns trinken, Madlock. Und bei dieser Gelegenheit erzählst du uns, ob es damals wirklich Feigheit war, die dich dazu trieb, vor den Blaubäuchen die Waffen zu strecken. Man erzählt sich nämlich eine ganze Menge unerfreulicher Dinge über dich. Wir wollen endlich die Wahrheit erfahren.« Tuckers Worte waren genauso herausfordernd wie seine ganze Haltung.

    »Und wenn ich mich weigere?« Jacks Blick tastete die Kerle der Reihe nach ab und blieb an Ben Tucker hängen.

    »Dann, schätze ich, werden wir die Wahrheit aus dir herauskitzeln müssen, Madlock«, versetzte der Bursche auf gefährlich gedehnte Art. »Wir wollen endlich wissen, was an dem Gerücht dran ist, das über dich die Runde macht.«

    »Du sollst Ruhe geben, beim Henker«, schnarrte Carl Benson. »Ich möchte keinen Ärger in meinem Lokal. Merk dir das, Tucker!« Der Salooner sprach sorgenvoll und zornig zugleich.

    Tuckers Mund verzog sich zu einem scharfen Grinsen, doch konnte dieses Grinsen nicht über die erwartungsvolle, drohende Spannung hinwegtäuschen, die den Schankraum erfüllte. »Du bist doch selbst an dieser Geschichte interessiert, Benson«, maulte er und kreuzte in aufreizender Manier die Arme vor der Brust. Durchdringend starrte er Jack an, als wollte er dessen Innerstes erkunden.

    »Ihr verdammten, nichtsnutzigen …«, wollte Benson auffahren, aber Jack legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.

    »Lass es gut sein, Carl. Ich werde den Burschen zu Willen sein und mit ihnen anstoßen. Es ist das Vernünftigste.« Ein schmerzlicher Ausdruck glitt über Jacks Gesicht, als er sich bewusst wurde, dass er bereit war zu kneifen, und es wühlte ihn auf. Aber es gelang ihm, an der Oberfläche Gelassenheit zu zeigen.

    Tuckers Gesicht hatte plötzlich einen verächtlichen Ausdruck angenommen. Er schürzte die Lippen. »Ich habe es geahnt, Madlock«, presste er hervor, und so etwas wie herbe Enttäuschung war aus dem Tonfall seiner Stimme herauszuhören. »Du würdest mit uns trinken, obwohl du das überhaupt nicht möchtest. Du hast kein Rückgrat, Madlock. Und du tust alles, um möglichem Verdruss aus dem Weg zu gehen.« Er nickte wiederholt und maß Jack geringschätzig. »Yeah, es ist wohl tatsächlich so, dass du zu feige warst, zu kämpfen. Deshalb hast du den Befehl gegeben, die Waffen zu strecken. Deine Feigheit hat eine ganze Abteilung prächtiger Kerle in die Gefangenschaft gebracht. Und so mancher von ihnen ist in den Steinbrüchen zugrunde gegangen. Pfui Teufel, Madlock!« Er spuckte vor Jack auf den Fußboden.

    »Es ist richtig, Tucker, ich habe mich mit meiner Einheit den Yankees ergeben. Es mag auch stimmen, dass einige meiner Leute in der Kriegsgefangenschaft gestorben sind. Eines ist jedoch sicher: Ich hätte das Leben von mehr als hundert Männern aufs Spiel gesetzt, wenn ich den Kampf gewählt hätte.«

    »Du brauchst dich vor mir nicht zu rechtfertigen, Madlock«, erwiderte Ben Tucker. Seine Augen versprühten ironische Blitze. »Du hast soeben sogar vor mir gekniffen. Und alles was du sagst, klingt nach billiger Entschuldigung. Ein Zeichen von Schwäche, Amigo. Yeah, Madlock, du bist ein Angsthase und Feigling. Ich glaube nicht, dass wir noch mit dir trinken möchten.«

    »Dann ist es ja gut«, murmelte Jack, griff in die Tasche, warf fünf Cents für das Bier auf die Theke und erhaschte einen kühlen, plötzlich vollkommen unpersönlichen Blick von Carl Benson, der ihn bis in den Kern traf.

    »Der Abgang einer Memme!«, schrie Ben Tucker triumphierend, hohnvoll und verächtlich.

    Jack zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb, stockte einen Moment im Schritt, und er war wieder knapp davor, Tuckers Herausforderung anzunehmen. Aber eine innere Stimme mahnte ihn, sich auf nichts einzulassen. Also marschierte er weiter. Er kam sich selbst feige, furchtsam und schwachherzig vor, und er fühlte sich gedemütigt. Als er auf den Vorbau trat, stand da Jimmy, sein Junge. Aus großen Augen starrte er ihn an. Und die dunkle Ahnung, dass auch Jimmy ihn für einen Feigling hielt, wallte bitter in ihm hoch.

    *

    Jimmy war von seinem Vater enttäuscht. Und so verhielt er sich ihm gegenüber reserviert, ging ihm aus dem Weg und zeigte kaum Freude, als ihm sein Vater zu seinem siebzehnten Geburtstag den nagelneuen Sattel schenkte.

    Es nagte und fraß in dem Jungen, dass Jack im Lone Star Inn in Guthrie klein beigegeben hatte. Er fasste es als persönliche Demütigung, als entwürdigende Schmähung auf, die nunmehr dem Namen Madlock anhaftete wie ein Kainszeichen. Er war immer stiller geworden, in sich gekehrter. In ihm erwachte der Wille, Ben Tucker die Kränkung heimzuzahlen und die Ehre der Madlocks wieder herzustellen.

    Jack war die seltsame Veränderung, die Jimmy durchmachte, nicht entgangen. Den Grund dafür kannte er. Sie hatten keine Silbe über die erniedrigenden Minuten in Guthrie verloren. Dennoch konnte Jack jeder Reaktion Jimmys entnehmen, wie sehr der Junge ihn für seine Zurückhaltung, die er als Feigheit, als Mutlosigkeit auslegen musste, verachtete.

    Es schmerzte Jack. Aber er sah auch keinen Sinn darin, dem Jungen zu erklären, dass er ganz einfach der Vernunft den Vorrang gegeben hatte, dass Gewalttätigkeit nur neue Aggressionen nach sich zog und dass er von Hass und Kampf nichts mehr wissen wollte. Vier Jahre Granatendonner, Pulverqualm und sinnloses Blutvergießen hatten seine Haltung geformt und für alle Zeiten geprägt.

    Jimmy stand beim Corral. Er hatte sich einen Falben herausgefangen und legte ihm den neuen Sattel auf. Jack beobachtete ihn von der Haustür aus. Es war einen Tag nach Jimmys Geburtstag, kurz nach Mittag. Die sengende Hitze hatte in den vergangenen Tagen nachgelassen, einmal hatte es sogar in der Nacht geregnet. Jack fuhr sich durch die Haare. Versonnen schaute er Jimmy zu, wie der die Sattelgurte straff zog, den Falben zäumte und dann auf den Pferderücken kletterte. Der Boy schnalzte mit der Zunge, und das Tier setzte sich in Bewegung.

    Jack verließ den Schatten des Hauses, legte den Kopf schief und musterte gedankenvoll das Jungengesicht, auf dessen Wangen sich die ersten flaumartigen Barthaare zeigten.

    »Wohin?«, wollte er wissen.

    Jimmy parierte das Pferd. Ausdruckslos erwiderte er Jacks Blick. Plötzlich aber beugte er sich im Sattel nach vorn, er nagte an seiner Unterlippe, dann brach es aus ihm heraus: »Was hat sich wirklich zugetragen, Dad, damals im Krieg? Hast du versagt, oder …?«

    Heißes Erschrecken verschloss ihm den Mund, als Jacks Miene sich jäh verfinsterte. Sie wirkte nun nahezu unheimlich in ihrer düsteren Wildheit. »Warum willst du das wissen, Jimmy?« Die Anspannung hatte Jacks Stimme zu einem heiseren Geflüster herabsinken lassen. Und unter dem Eindruck der dunklen, stechenden Augen seines Vaters zuckte Jimmy zusammen. Sein Blick irrte zur Seite.

    »Weshalb?«, kam es wieder zwingend von Jack.

    »Weil – weil …« Die Wangen Jimmys färbten sich dunkel.

    »Weil du auch glaubst, dass ich zu feige war, um zu kämpfen!« Jacks Stimme klang wie zerspringendes Eis. Bitterkeit, Zorn und Enttäuschung vermischten sich in ihm. Jimmy zweifelte an ihm. Und der stumme Vorwurf, der seit zwei Wochen zwischen ihnen stand wie eine unüberwindbare Mauer, hatte ihn mehr und mehr zermürbt.

    »Sag es, Jimmy! Sprich es aus!«

    Seine Worte geißelten den Jungen förmlich. »Jeder denkt es«, erwiderte er lahm. Nervös spielten seine Finger mit den Zügeln. Plötzlich aber durchfuhr ihn ein Ruck. Impulsiv quoll es über seine vibrierenden Lippen: »Du hast dich Ben Tucker und seinen Kumpanen gegenüber nicht gerade tapfer gezeigt, Vater. Im ganzen Ort reißen sie die schlimmsten Witze über den Feigling von der Ranch am Wichita River. Sie verhöhnen dich, und als ich vor vier Tagen in Guthrie war, begegnete ich nur Schadenfreude und mitleidigem Spott.« Jimmys Stimme zerbrach. »Ich - ich kann so nicht weiterleben. Und ich denke daran fortzugehen.«

    Die Worte hingen zwischen ihnen - hart und endgültig. Jack senkte den Kopf. Jimmy schämt sich für mich! O Gott, er erwartet von mir, dass ich mich als Held präsentiere. Dabei will ich nichts anderes, als ihm ein Leben in Ruhe und Frieden aufzubauen.

    Eine Flut von Gedanken und Empfindungen ließ Jacks schmerzliche Gedanken wirbeln.

    Jack hob den Kopf wieder.

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