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Arztroman Dreierband 1008
Arztroman Dreierband 1008
Arztroman Dreierband 1008
eBook362 Seiten5 Stunden

Arztroman Dreierband 1008

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Arztromane
(399XE)
von Anna Martach & Thomas West:


Manege frei fürs große Glück (Anna Martach)

Musik des Herzens (Anna Martach)

Hoffnung ist stärker als der Tod (Thomas West)







Der Zirkus ist da – und bringt frische Farbtupfer nach Hindelfingen. Sowohl Daniel Ingold als auch Tierärztin Bernie Brunnsteiner haben mehrere heikle Einsätze. Zwischen zwei jungen Leuten funkt es jedoch, was für arge Turbulenzen sorgt. Ein dickköpfiger Vater schaltet auf stur. Aber treiben es nicht auch die Zirkusleut etwas zu bunt?
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum5. Juli 2023
ISBN9783753209876
Arztroman Dreierband 1008

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    Buchvorschau

    Arztroman Dreierband 1008 - Anna Martach

    Arztroman Dreierband 1008

    Anna Martach, Thomas West

    Dieser Band enthält folgende Arztromane

    von Anna Martach

    Manege frei fürs große Glück (Anna Martach)

    Musik des Herzens (Anna Martach)

    Hoffnung ist stärker als der Tod (Thomas West)

    Der Zirkus ist da – und bringt frische Farbtupfer nach Hindelfingen. Sowohl Daniel Ingold als auch Tierärztin Bernie Brunnsteiner haben mehrere heikle Einsätze. Zwischen zwei jungen Leuten funkt es jedoch, was für arge Turbulenzen sorgt. Ein dickköpfiger Vater schaltet auf stur. Aber treiben es nicht auch die Zirkusleut etwas zu bunt?

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    COVER A.PANADERO

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

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    Alles rund um Belletristik!

    Manege frei fürs große Glück

    Alpendoktor Daniel Ingold – Band 5

    von Anna Martach

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 105 Taschenbuchseiten.

    Der Zirkus ist da – und bringt frische Farbtupfer nach Hindelfingen. Sowohl Daniel Ingold als auch Tierärztin Bernie Brunnsteiner haben mehrere heikle Einsätze. Zwischen zwei jungen Leuten funkt es jedoch, was für arge Turbulenzen sorgt. Ein dickköpfiger Vater schaltet auf stur. Aber treiben es nicht auch die Zirkusleut etwas zu bunt?

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1

    „Birgit? – He, Birgit, erkennst mich nimmer? Himmel, wie lang hab ich dich net gesehen? Wo hast gesteckt all die lange Zeit? Und wie kommst ausgerechnet daher?"

    Der Bursche mit den lachenden blauen Augen glaubte, dass ihm das Herz stehenbleiben müsste. Er lief quer über die Straße auf die Wiese zu, wo ein reizendes blondes Madl grad dabei war, Futter für ein paar Affen zuzubereiten.

    Affen? Ja, der Zirkus war nach Hindelfingen gekommen. Und beileibe net einer von den kleinen, die mehr schlecht als recht durch die Lande zogen und kaum genug Geld für das Futter erspielten.

    Nein, es war der große bekannte Zirkus Winters-Franzen, die Sensation auf diesem Gebiet. Und ausgerechnet hier draußen, wo die Arbeiter und Helfer eifrig damit beschäftigt waren alles aufzubauen, die zahlreichen Tiere zu versorgen, und auch schon den Auftritt zu proben, musste der Dirk Tanngerber, der Sohn vom Sägemüller, das Madl wiederentdecken, für das er schon während der Schulzeit geschwärmt hatte. Und net nur geschwärmt. Er hatte regelrecht sein Herz an sie verloren und war untröstlich gewesen, als sie damals einfach wieder aus seinem Leben verschwand.

    Natürlich war der Bursche, wie fast jeder am Ort, rein „zufällig" hierher gelaufen, um zuzuschauen, wie es so zuging beim Zirkus. Und dabei hatte er die Birgit entdeckt.

    Sie war immer noch so fesch wie früher, da sie für einige Monate in die gleiche Schule wie er gegangen war. Doch sie gehörte zum „fahrenden Volk", wie sein Vater immer abfällig sagte, und damit war das Madl ganz und gar nicht qualifiziert für ein normales Leben.

    Das hatte den Dirk allerdings nie daran gehindert, hoffnungslos für die Birgit zu schwärmen, insgeheim und aus der Ferne.

    Sie war allerdings auch ein ganz besonderes Madl, schlank, schon grazil zu nennen, mit natürlich goldblonden Haaren und braunen Augen, die ganz intensiv schauen konnten. Ihre Bewegungen waren stets geschmeidig und beherrscht, und ihr ganzes Wesen strahlte Freundlichkeit und Wärme aus.

    Sie schaute jetzt auf, als sie die lauten Rufe des Burschen hörte und blickte sich etwas verwundert um. Dann stutzte sie, und schließlich glitt ein Lächeln auf ihr Gesicht.

    Einer der Arbeiter wollte den Dirk gerade vom Gelände schicken, doch die Birgit machte ihm ein Zeichen. Sie wischte sich die Hände an der hautengen Hose ab und kam auf den Burschen zu.

    „Dirk Tanngerber, tät’s dich auch noch geben? Ich hätt’ net gedacht, dass du dich an mich erinnerst. Schön, dich zu sehen", strahlte sie ihn an.

    „Wer könnt dich denn vergessen?, erklärte er bewundernd, und unwillkürlich errötete das Madl. „Du musst mir unbedingt erzählen, was du hier tust, fuhr er fort, und die Birgit lachte auf.

    „Wonach schaut’s denn aus?"

    „Na, ich weiß net so recht. Bist jetzt unter die Tierpfleger gegangen?", erwiderte der Dirk etwas unsicher.

    „Ja, das auch, erklärte das Madl ernsthaft. „Weißt, in unserem Zirkus muss ein jeder überall mit anfassen. Eigentlich hab ich meine Nummer bei der Vorstellung hier in der Manege. Aber ich bin auch dafür zuständig, dass unsere Affen was zu futtern bekommen. Und beim Nähen der Kostüme tät’ ich auch helfen.

    Das alles klang neu und verwirrend für den Burschen, der ein normales geregeltes Leben kannte und sich gar nicht vorstellen konnte, wie jemand nicht nur so unstet, sondern auch abwechslungsreich leben konnte.

    Die Birgit zog den Burschen mit sich, und der betrachtete neugierig all das, was ihm hier so fremd war. Wie eine eigene kleine Stadt war so ein Zirkus, verwirrend und vielfältig – und die Birgit gehörte einfach dazu. Eine fremde Welt tat sich für den Dirk auf, und er nahm begierig alles in sich auf, wollte am liebsten gar nicht mehr gehen, die Nähe dieses verführerisch schönen Madls genießen. Doch das ging natürlich nicht, wie er unsanft erkennen musste.

    Ein Mann kam auf die Birgit zu. Er machte einen gehetzten Eindruck, und seine Stimme klang abweisend.

    „Bist bald fertig mit den Tieren? Dann schick’ den da weg, hast gleich noch eine Probe, und morgen ist schließlich Premiere. Kannst es dir net leisten, dass was daneben geht."

    „Ja, schon gut, Leonard", erklärte sie und schaute den Dirk mit einem um Entschuldigung bittenden Lächeln an.

    „Der Leo hat recht, ich darf meine Arbeit net versäumen. War schön, dich mal wieder getroffen zu haben, Dirk. Pfüat di."

    „Halt, wart’. Kann ich dich wiedersehen?", bat er rasch.

    „Freilich. Wart’, ich geb’ dir eine Freikarte für die Premiere. Es tät’ mich freuen, wennst wirklich da bist."

    So hatte der Bursche das eigentlich nicht gemeint. „Ja, da will ich wohl gern kommen, stimmte er zu, hatte einen trockenen Mund und fuhr dann aber mutig fort. „Ich mein, ich würd’ dich gern auch mal einladen, auf ein Eis oder einen Kaffee. Oder kannst dich hier net frei machen? Bist hier vierundzwanzig Stunden am Tag im Einsatz?

    „So könnt man’s nennen, lachte die Birgit. Doch sie hielt inne, als sie das enttäuschte Gesicht des Burschen sah. „Ich werd’ drüber nachdenken. Sie winkte ihm noch fröhlich zu und verschwand dann in einem der Wohnwagen.

    Der Dirk schaute sich noch einmal um. Es schien eine Ordnung zu geben in diesem Gewimmel, auch wenn er sie nicht erkennen konnte.

    Plötzlich wurde er unsanft vorangestoßen, so dass er fast auf den Boden fiel. Als er sich empört herumdrehte, stand ein Elefant hinter ihm und pendelte mit dem Rüssel. Daneben stand ein Mann mit dunklen Augen und fremdländischen Gesichtszügen.

    „Archibald hat recht, Fremde gehören weg", erklärte er mit starkem Akzent.

    Der Dirk sah ein, dass er gut daran tat, dieses Gelände doch recht schnell zu verlassen.

    2

    Anton Tanngerber, Chef der Sägewerke von Hindelfingen und der umliegenden Ortschaften, saß am Esstisch und schaute seinem Sohn etwas ungehalten entgegen.

    „Du bist zu spät", rügte er und warf einen vorwurfsvollen Blick auf den Tisch, auf dem das Essen wartete.

    „Tut mir leid, erklärte der Dirk und setzte sich rasch. „Ich war drüben beim Zirkus und hab eine alte Schulfreundin wiedergetroffen. Dabei hab ich wohl die Zeit vergessen.

    Ohne hinzusehen wusste der Bursche, dass im Gesicht seines Vaters Missbilligung lag.

    „Bist noch ein kleiner Bub, dass dich das fahrende Volk fasziniert? Diese Leut’ haben keine Heimat, keinen festen Halt im Leben und keinen Anstand. Ich wünsch’ net, dass du dich mit denen abgibst."

    „Ach, komm, Vater, nun übertreib’ mal net. Das sind Menschen wie du und ich. Sie haben nur eine andre Arbeit als wir. Aber die verdienen ihren Lebensunterhalt genauso durch ehrliche Arbeit wie wir auch. Hast doch wohl heutzutag keine Vorurteile mehr?"

    „Das tät’ nix mit Vorurteilen zu tun haben, widersprach der alte Tanngerber. „Diese Leut’ stehen außerhalb der Gesellschaft, und da sollen’s gefälligst auch bleiben. Im Übrigen betrachte ich dieses Thema jetzt als abgeschlossen. Ich hätt’ da noch was anderes mit dir zu bereden.

    Der Dirk seufzte unmerklich. Wenn der Vater in diesem Tonfall begann, dann wurde es meist schwierig.

    Der alte Tanngerber war ein Mann, der keinen Widerspruch gelten ließ und grundsätzlich alles unter Kontrolle haben wollte.

    „Stimmt was net mit der Firma?", wollte der Bursche wissen. Aber diese Frage war überflüssig, er arbeitete als Geschäftsführer selbst mit und hätte es gewusst, wenn etwas nicht in Ordnung war. Die folgenden Worte bestätigten das.

    „Nein, da ist alles in bester Ordnung. Hast dich auch gut gemacht, mein Bub, ich bin zufrieden mit dir. Aber damit’s auch in Zukunft so bleiben tät’, bin ich der Meinung, dass es für dich an der Zeit ist ein anständiges Madl zu heiraten."

    „Vater! Der Dirk sprang auf. „Ich bin wohl in der Lage mir selbst ein Madl zu suchen, wenn ich mich verlieben will.

    Stirnrunzeln beim alten Herrn. „Glaubst doch net etwa, dass es was mit Liebe zu tun haben muss, wenn man heiratet? Viel wichtiger ist’s, dass das Madl für die Firma gut ist, aus einer ordentlichen Familie stammt und net allzu hässlich ist. Die Liebe tät’ dann schon von allein kommen."

    „Nein!" Noch nie hatte der Dirk seinem Vater in dieser Art widersprochen, und der alte Herr blickte erstaunt auf.

    „Darüber tät’s doch wohl nix zum Diskutieren geben. Du bist mein Erbe, und als solcher hast die Verpflichtung, für die Firma das Beste zu tun. Auch wenn wir mittlerweile eine Aktiengesellschaft sind, wird die Firma doch weiter von unserer Familie geführt."

    Das war zuviel für den Burschen. „Dann will ich die Firma net", erklärte er.

    „Schmarrn, hast noch gar keine Ahnung, was du wirklich willst."

    „Vater, hast doch die Mama auch geliebt, oder net? Was hättst wohl gesagt, wenn man dir vorgeschrieben hätt’, wen du zu lieben und zu heiraten hättst?"

    Ein erstaunter Blick traf ihn. „Das war doch etwas vollkommen anderes. Schließlich hatt’ ich damals net mehr als eine kleine Säge. Ich musst net an eine ganze große Firma denken."

    „Ich kann auch an die Firma denken, ohne dass ich mich meistbietend versteigern tät’", sagte der Dirk bitter.

    „Du übertreibst. Und außerdem bist mein Sohn, ich werd’ bestimmt keine Wahl treffen, die dir ganz und gar zuwider ist. Hast ja noch net mal gefragt, wen ich da in Aug’ hab. Bist ein bisserl voreilig, mein Sohn. Solltest mir doch wohl etwas Geschmack zutrauen."

    Der Bursche starrte vor sich auf den Tisch und bemühte sich, den aufkommenden Zorn im Zaum zu halten. Wie kam sein Vater dazu, ihm sein Leben vorzuschreiben? Wenn er heiraten wollte, dann ein Madl, das er von Herzen liebte. So wie die Birgit.

    Ein Schreck durchzuckte den Dirk, als ihm dieser Gedanke durch den Kopf schoss. Ja, die Birgit hatte er früher schon geliebt, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein. Und heut’ waren diese Gefühle wieder voll entfacht worden. Nein, ganz bestimmt wollte er net irgendein Madl, das vielleicht noch eine Erweiterung in die Firma mitbrachte, geschäftstüchtig war und keine Gefühle in ihm weckte. Er wollte die Birgit.

    Aber das würde sein Vater natürlich nicht verstehen, schon gar net heut’, wo er sich auf ein Thema versteift hatte und anderen Argumenten sowieso nicht zugänglich war. Im Augenblick war es bestimmt besser, ein Stückerl nachzugeben und zu einer anderen Zeit einen Vorstoß zu wagen.

    Ergeben nickte der Bursche. „Und wen hast da nun im Auge, Vater? Kannst mir ja mal ein Madl vorschlagen, und dann schaun wir weiter."

    „Na also, ich wusst’ doch, dass noch ein bisserl Verstand in deinem Kopf steckt. Hab ja nix dagegen, wennst ab und zu mal ausbrechen musst. Kannst dir ja auch Appetit holen, aber solltest grundsätzlich vernünftig bleiben. Also, ich hab da an die Uschi Langenhain gedacht. Ihrem Vater gehört die große Möbelfirma. Das wär’ eine gute Fusion für beide Seiten. Aber natürlich müsst ihr euch erst mal kennenlernen. Das Madl ist zwei Jahre jünger als du, und man sagt, dass sie in der Firma fast so gut ist wie ihr Vater."

    Innerlich seufzte der Dirk, und vor seinen Augen entstand das Bild vom lieblichen Gesicht der Birgit. Aber er konnte diesem Gespräch natürlich nicht entgehen. Und um nicht einen unnötigen Krach mit seinem Vater zu provozieren, würde er gute Miene zum bösen Spiel machen – vorerst.

    „Hast ja wohl schon einiges ins vorne geplant. Was denkst also, wann wir das hinter uns bringen können?"

    „Das klingt net begeistert, Bub. Aber ich bin sicher, wirst deine Meinung schon noch ändern. Morgen Nachmittag treffen wir alle uns ganz zwanglos im Restaurant im Feriendorf."

    Der Dirk nickte. Man musste ja nicht wirklich gleich einen Streit vom Zaun brechen. Aber er hatte ganz bestimmt nicht vor, mit diesem Madl womöglich gleich Verlobung zu feiern.

    3

    Das vertraute Fauchen der Löwen klang aus dem Käfig. Die Birgit kam durch den Vorhang, der die Manege begrenzte, in der Hand hielt sie Stock und Peitsche, mehr Spielerei als Hilfsmittel. Sie hatte ihre Raubkatzen von klein auf gut im Griff, jede einzelne war liebevoll großgezogen worden, ohne jemals außer Acht zu lassen, dass es sich dabei um wilde Tiere handelte, die man nur bedingt zähmen konnte. Doch sie vertraute ihren Katzen, und sie machte nicht den Fehler, in ihnen Schoßtiere zu sehen.

    Birgit betrat den Gitterkäfig und behielt speziell Radscha, das Alpha-Tier der Löwengruppe, im Auge. Es gab keine weiblichen Tiere in dieser Nummer, so kam es nicht zu Eifersucht und Imponiergehabe.

    „Hopp, Radscha, spring, mein Schöner." Die Befehle der bildhübschen Dompteuse kamen sicher und ohne Zögern, und die Löwen gehorchten willig. Unwillkürlich musste die Birgit lächeln, als sie daran dachte, dass der Dirk keine Ahnung hatte, was sie hier im Zirkus eigentlich tat. Er wäre sicher mehr als überrascht gewesen. Ihre Gedanken wanderten für eine kurze Zeit zurück.

    Damals, in der Schule, hatte sie schon bemerkt, dass er für sie schwärmte. Aber sein Vater war auch damals schon regelrecht furchteinflößend, und bis heute war das wohl nicht anders geworden. Der alte Tanngerber hatte festgefügte Vorstellungen von der Welt, und er sah keinen Grund, daran etwas zu ändern. Ein Madl, das mit dem Zirkus umherzog, war nicht die rechte Bekanntschaft für seinen Sohn – nicht einmal als Schulfreundin, wie sie damals auf einer Geburtstagsfeier hatte feststellen müssen. Schade drum, der Dirk war ein netter Kerl. Nein, eigentlich war er mehr als nur nett, das Madl hätte nix gegen eine engere Freundschaft einzuwenden gehabt, aus der sich vielleicht mehr entwickeln konnte.

    Für einen Augenblick hatte die Birgit in ihrer Konzentration nachgelassen, und schon tanzte einer der Löwen aus der Reihe. Mit einem scharfen Befehl brachte sie ihn wieder zum Gehorsam.

    „Was machst denn da?, rief der Johannes Franzen, der Direktor und Besitzer des Zirkus – und Birgits Vater. „Weißt doch genau, dass dich selber net ablenken darfst.

    „Ja, ist schon gut", gab sie zurück und schimpfte innerlich über sich selbst und ihren dummen Fehler.

    „Hat dein Träumen was mit dem Burschen zu tun, der heut’ hier gewesen ist?", erkundigte sich der alte Herr, der seine Tochter von Herzen liebte.

    Die Birgit lachte leise auf. „Ich hätt’s wissen müssen, dass hier nix privat bleiben kann. Hat sich das gleich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass ich Besuch gehabt hab? Das war ein alter Schulkamerad, nix weiter." Das Madl gab einen letzten Befehl und machte dann den Helfern vor dem Käfig ein Zeichen. Der Lauftunnel wurde geöffnet, und die Löwen kehrten in ihre großzügigen Käfige zurück. Erst jetzt kam die Birgit aus der Manege und blickte ihren Vater an, der mit einem wissenden Grinsen dastand.

    „Komm nur net auf komische Ideen, warnte sie scherzhaft. „Nur weil ich alte Bekanntschaften auffrischen tät’, spielt sich noch lang nix ab.

    „Nein, natürlich net", bestätigte der Johannes, doch es war zu sehen, dass er seiner Tochter net so recht glaubte.

    „Ach, in dieser Familie und in diesem Zirkus tät’ mich niemand für ernst nehmen, klagte das Madl. „Warum seid’s ihr alle eigentlich so wild darauf, dass ich einen Burschen fürs Leben finden tät’? Ich fühl’ mich eigentlich ganz wohl so ohne Anhang.

    „Ja, mein Madl, und deswegen verrennst dich auch förmlich in die Arbeit, seit der John damals ..."

    „Sprich mir nie wieder von diesen Mannsbild", fauchte die Birgit.

    Vor gut einem Jahr war für die Birgit der Himmel voller Geigen, als sie sich mit dem John McFadden verlobt hatte. Er war Mitglied der Trapezgruppe gewesen und galt als zukünftiger Star. Doch praktisch über Nacht hatte er sich mit einem Madl aus einer ungarischen Bodentruppe aus dem Staub gemacht, und keiner hörte jemals wieder etwas von ihm. Seitdem waren alle darum bemüht die Birgit endlich mit einem guten Burschen zu verbandeln, doch bisher weigerte sie sich hartnäckig, auch nur einen anzuschauen.

    Ihr Vater zuckte jetzt mit den Schultern, in eben diesem Punkt war er mit seiner Tochter gar nicht zufrieden. Aber wenn sie zumindest schon mal alte Bekanntschaften aufleben ließ, bestand vielleicht doch noch Hoffnung. Die erhöhte sich beim Johannes bei den nächsten Worten des Madls.

    „Ich hab den Dirk im Übrigen zur Premiere eingeladen. Können wir ihn wohl noch in einer Loge unterbringen?"

    „Freilich, für einen tät’ bestimmt noch Platz sein. Oder magst ihn mit nach hinten nehmen?"

    Die Birgit schüttelte lächelnd den Kopf, während sie sich mit Blicken überzeugte, dass alle Gitter und Tunnel in Ordnung waren. Es käme einer Katastrophe gleich, würde eine der Raubkatzen ausbrechen können.

    „Ich weiß, was du denkst, erklärte sie ihren Vater. „Aber da tätst dich gewaltig täuschen. Der Dirk und ich waren früher schon gute Freunde. Und daran hat sich bis heut’ nix geändert.

    „Ganz wie du meinst", erklärte der Johannes mit absoluter Friedfertigkeit. Doch er nahm sich vor, mal ein Auge auf den Burschen zu werfen. Er konnte sich beim besten Willen net dran erinnern, wer das gewesen sein sollte.

    4

    „So, da haben wir’s für heut’ mal wieder", erklärte Doktor Daniel Ingold. Er hatte grad eine Routineuntersuchung beim Anton Tanngerber beendet. Der alte Herr hatte schon lang net mehr ein gesundes Herz, doch mit den entsprechenden Medikamenten und etwas Vorsicht im täglichen Alltag war es eigentlich kein Problem, ein ganz normales Leben zu führen. Natürlich sollte sich der alte Herr auch möglichst nicht aufregen, das war allerdings ein Rat, den der Doktor ebensogut vor eine Wand hätte sprechen können. Das kam nämlich nicht an, und der Tanngerber machte auch keinen Hehl daraus, dass es ihm völlig wurscht war, ob der Arzt ihm in dieser Beziehung gute Ratschläge gab. Er tat sowieso, was er wollte und für richtig hielt.

    Befriedigt zog er jetzt sein Hemd wieder an. „Ist also alles in bester Ordnung?"

    „Das hab ich net gesagt, schränkte der Daniel ein. „Ihr Herz hat längst net mehr die Kraft, die S’ ihm ständig abverlangen. Sie müssen einfach mal ein bisserl kürzer treten, auch und besonders in der Firma. Lassen S’ doch einfach den Dirk mehr tun. Ist doch ein prächtiger Bursch’, und der tät’ ja auch was vom Geschäft verstehen. Machen S’ doch mal Urlaub, vergessen S’ die Firma und die Sorgen – fangen S’ mal an zu leben.

    Der Anton schaute den Doktor an, als hätt’ er ein dreiköpfiges Kalb vor sich. „Das meinen S’ jetzt aber net im Ernst, Herr Doktor? Können S’ sich vorstellen, was passieren tät’, wenn ich jetzt einfach zwei oder drei Wochen wegfahren würd’, die Firma dem Dirk und sich selbst überlassen, und ..."

    „Ich kann mir recht gut vorstellen, was passiert, wenn S’ auf diese Art weitermachen, unterbrach der Daniel ihn jetzt wenig zartfühlend. „Dann ist nämlich der Tag abzusehen, an dem S’ ganz einfach zusammenbrechen und ziemlich tot sein werden. Dann wird’s Ihnen allerdings recht egal sein müssen, was aus der Firma wird. Ist das wirklich das, was S’ wollen?

    Der Arzt malte die Zukunft absichtlich so rabenschwarz, um dem Mann deutlich zu machen, dass er mit seiner Gesundheit und mit seinem Leben recht leichtsinnig umging. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, eine andere Tonart verstand der Tanngerber einfach nicht.

    Der schaute den Doktor jetzt abschätzig an, dann nickte er. „Das meinen S’ also wirklich vollkommen ernst."

    „Ich kann Ihnen nur sagen, was ist. Was S’ daraus machen, ist Ihre Sach’. Tät’ schließlich Ihr Leben sein. Aber an Ihrer Stelle würd’ ich mal drüber nachdenken, wie lang das noch gutgehen kann mit dem Raubbau, den S’ da treiben."

    „Ich hab nun mal ein großes Unternehmen und trag’ die Verantwortung für eine Menge Angestellte und auch für die Geschäfte. Die schließen sich ja net von allein ab."

    „Und da tät’s Ihnen net mal in den Sinn kommen, den Dirk mehr in die Verantwortung zu nehmen? Niemand ist unersetzlich, auch Sie net. Versuchen S’ das einfach mal zu verstehen, auch wenn’s bestimmt schwer fallen tät’."

    „Na ja, ich werd’ mal drüber nachdenken", räumte der Anton ein, sah aber nicht grad begeistert aus.

    „Und denken S’ net zu lang, empfahl der Daniel ernst. „Ich mag’s net besonders, wenn meine Patienten mir einfach sterben, das tät’ ich persönlich übel nehmen.

    Mit einem Lächeln minderte er etwas die Strenge seiner Worte, doch der Tanngerber hatte verstanden. Und schließlich war es ja auch die Aufgabe des Arztes auf seine Patienten einzuwirken, dass sie ein bisserl Vernunft annahmen.

    „Was denken S’ überhaupt, der Dirk hat sich ja recht gut gemacht, und ich mein’, es wär’ an der Zeit, dass der Bursche mal ans Heiraten denkt. Wird er wohl noch ein bisserl mehr Verantwortungsbewusstsein zeigen?"

    „Ich weiß net recht, was S’ vom Dirk noch alles erwarten, sagte der Daniel bedächtig, der den Burschen recht gut kannte und eine lose Freundschaft mit ihm pflegte. „Nach allem, was ich so hör’, ist er erfolgreich in den Geschäften, kommt mit Ihren Mitbewerbern und Partnern gut klar, und bietet auch sonst keinen Anlass zur Klage. Wenn er jetzt auch noch ein Madl findet, das er von Herzen liebt, kann sich das nur noch weiter positiv auswirken. Aber auch da sollten S’ überlegen, ob Ihre Erwartungen net zu hoch sind. Der Dirk tut doch schon, was er kann. Oder seh’ ich da was falsch?

    „Nein, nein, ist ein Prachtbursche, auch wenn ich ihm das besser net sag, sonst bildet er sich womöglich was darauf ein."

    „Na, ein Lob hat noch keinem geschadet."

    „Darum tät’s auch gar net gehen. Ich hab für den Dirk ein Madl ausgewählt, und ..."

    „Sie?, fragte der Daniel erstaunt. „Sollte er das net besser selbst tun? Schließlich wird er sein Leben mit dieser Frau verbringen. Da sollt’ dann schon alles passen.

    „Ach, Schmarrn, die Liebe kommt von selbst", behauptete der Anton.

    „Davon bin ich net überzeugt. Und was sagt der Dirk denn dazu?"

    „Na, die beiden werden sich dann nachher mal beschnuppern, und ich bin sicher, demnächst tät’s eine richtig schöne große Hochzeit geben."

    „Na, dann tät’ ich doch alles Gute wünschen", meinte der Doktor, noch immer skeptisch. Der Anton lächelte siegessicher.

    „Ich wird’ Sie und Ihr Madl als Ehrengast einladen, wenn’s soweit ist", versprach er.

    Der Daniel war noch net davon überzeugt, dass sich das alles so regeln würde, wie der Tanngerber sich das so vorstellte.

    5

    Das Restaurant im Feriendorf besaß einen sehr guten Ruf. Wie bei allem, was zu dieser ausgezeichneten Freizeitanlage gehörte, achtete der Betreiber, Anderl Schwarz, darauf, dass die Qualität weit über dem Durchschnitt lag.

    So fanden sich auch Kunden hier ein, die nicht als Gäste im Feriendorf wohnten sondern von außerhalb her kamen.

    Der Tanngerber hatte das sogenannte Kaminzimmer reservieren lassen, es bot Platz für bis zu zehn Personen. Jetzt waren es vier, die sich hier zum Essen trafen, und zu Anfang herrschte noch eine ziemliche Befangenheit, besonders zwischen den beiden jungen Leuten.

    Der Anton und der Ludwig Langenhain waren schon seit Jahren Geschäftspartner, und sie kannten einander recht gut. Die Uschi hatte den alten Herrn schon länger beeindruckt, während der Dirk mit ihr noch gar nichts zu tun gehabt hatte.

    Das Madl war schlank und bildhübsch, hatte schulterlange glatte dunkle Haare, ein schmales Gesicht und blaue Augen. Sie lächelte selten, und um ihren Mund lag ein strenger Ausguck. Sie taxierte den Dirk schon mit dem ersten Blick, schien aber der Ansicht zu sein, dass er ihren Mindestansprüchen entsprach.

    Der Bursche fühlte sich in ihrer Gegenwart nicht recht wohl. Die Uschi schien vom ersten Augenblick an überlegen zu sein, sie füllte den ganzen Raum aus, und er hatte das Gefühl klein zu sein, wenn sie in der Nähe war. Das änderte sich erst, als sie dann doch zum ersten Mal lächelte. Plötzlich wurde aus der gestrengen Geschäftsfrau ein reizendes Madl, das Charme verströmte und endlich so jung wirkte, wie es tatsächlich war. Die Uschi hatte also eine Maske aufgesetzt, sei es, um sich selbst zu schützen, oder um niemanden so einfach an sich herankommen zu lassen. Warum tat sie das? Hier ging es schließlich in erster Linie um eine private Angelegenheit. Oder war auch dieses Treffen, das nach dem Willen der Väter in einer Heirat enden sollte, nichts weiter für sie als eine geschäftliche Angelegenheit?

    Der Dirk wurde nicht so recht schlau aus der Uschi, und das veranlasste ihn, mehr auf Distanz zu bleiben, als er eigentlich vorgehabt hatte. Dadurch wirkte er selbst kühl und unnahbar, was die Uschi insgeheim erschreckte.

    Und dann war da ja auch noch die Birgit, die eigentlich das Herz des Burschen schon längst erobert hatte. Wie er das allerdings seinem Vater beibringen sollte, wusste er net so recht. Es war nur dieses eine Wiedersehen gewesen, das sein Herz wieder lichterloh in Flammen gesetzt hatte.

    Der alte Tanngerber würde sich vermutlich niemals damit abfinden, dass sein einziger

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