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Niemand bleibt allein auf der Welt: Liebe & Schicksal Großband 3 Romane 7/2022
Niemand bleibt allein auf der Welt: Liebe & Schicksal Großband 3 Romane 7/2022
Niemand bleibt allein auf der Welt: Liebe & Schicksal Großband 3 Romane 7/2022
eBook294 Seiten4 Stunden

Niemand bleibt allein auf der Welt: Liebe & Schicksal Großband 3 Romane 7/2022

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Romane:



Michael allein auf der Welt

Die richtige Frau für Papa

Jenny und der neue Vater





„Wo bekommt man einen Zauberstab? Das möchte ich auch lernen!“ Die Stimme von Jenny Hillersen klang wehmütig. Das zwölfjährige Mädchen hockte, wie schon oft vorher, auf dem kleinen Hocker am Schmökertisch in der Buchhandlung von Björn König, dem sympathischen Mittdreißiger. Der erfolgreiche Buchhändler hatte eine Vorliebe für Kinder, die hier nach Herzenslust in den Büchern lesen durften – und ganz besonders hatte er Jenny ins Herz geschlossen. Das Mädchen las für sein Leben gern, und sie verstand es auch, die Figuren aus den Büchern in ihren Erzählungen lebendig werden zu lassen.

Björn machte das Spaß, denn er war der Meinung, dass Bücher die besten Freunde sein konnten. Aus diesem Grunde hatte er in seinem Geschäft überhaupt diese Leseecke eingerichtet, jeder hatte so die Möglichkeit, sich Bücher, die er vielleicht kaufen wollte, erst einmal näher anzusehen.

„In den Zauberkästen, die man im Spielwarengeschäft...“

„Ach nee, Herr König, so was meine ich doch nicht“, unterbrach ihn das Mädchen empört. „Ich rede doch nicht von so einem Kinderkram. Das ist doch kein Zaubern. Und außerdem sind das alles nur Tricks, die schummeln doch. Ich will so einen richtigen Zauberstab, mit dem man was tun kann, was...“ Sie brach ab, stocke und drehte dann den Kopf weg.

Die braunen warmen Augen des Mannes richteten sich fragend, aber auch verständnisvoll auf die Kleine. Schon längst hatte er bemerkt, dass Jenny offensichtlich daheim Probleme hatte, sie wirkte oft bedrückt und unglücklich. Und das waren dann die Zeiten, in denen sie hier noch länger saß als sonst und die Bücher fast in Rekordzeit verschlang.

Doch im Grunde ging ihn das nichts an, er bedauerte nur, dass ein so aufgewecktes und meist auch fröhliches Mädchen wie Jenny darunter leiden mussten, dass ihre Eltern Streit hatten miteinander.

„Weißt du“, versuchte Björn sie jetzt zu trösten. „Manchmal hilft es schon, wenn man sich ganz stark etwas wünscht. Dann geht das auch ohne Zauberstab in Erfüllung.“
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum13. Juli 2022
ISBN9783753204338
Niemand bleibt allein auf der Welt: Liebe & Schicksal Großband 3 Romane 7/2022

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    Buchvorschau

    Niemand bleibt allein auf der Welt - Anna Martach

    Niemand bleibt allein auf der Welt: Liebe & Schicksal Großband 3 Romane 7/2022

    Anna Martach

    Dieser Band enthält folgende Romane:

    Michael allein auf der Welt

    Die richtige Frau für Papa

    Jenny und der neue Vater

    „Wo bekommt man einen Zauberstab? Das möchte ich auch lernen!" Die Stimme von Jenny Hillersen klang wehmütig. Das zwölfjährige Mädchen hockte, wie schon oft vorher, auf dem kleinen Hocker am Schmökertisch in der Buchhandlung von Björn König, dem sympathischen Mittdreißiger. Der erfolgreiche Buchhändler hatte eine Vorliebe für Kinder, die hier nach Herzenslust in den Büchern lesen durften – und ganz besonders hatte er Jenny ins Herz geschlossen. Das Mädchen las für sein Leben gern, und sie verstand es auch, die Figuren aus den Büchern in ihren Erzählungen lebendig werden zu lassen.

    Björn machte das Spaß, denn er war der Meinung, dass Bücher die besten Freunde sein konnten. Aus diesem Grunde hatte er in seinem Geschäft überhaupt diese Leseecke eingerichtet, jeder hatte so die Möglichkeit, sich Bücher, die er vielleicht kaufen wollte, erst einmal näher anzusehen.

    „In den Zauberkästen, die man im Spielwarengeschäft..."

    „Ach nee, Herr König, so was meine ich doch nicht, unterbrach ihn das Mädchen empört. „Ich rede doch nicht von so einem Kinderkram. Das ist doch kein Zaubern. Und außerdem sind das alles nur Tricks, die schummeln doch. Ich will so einen richtigen Zauberstab, mit dem man was tun kann, was... Sie brach ab, stocke und drehte dann den Kopf weg.

    Die braunen warmen Augen des Mannes richteten sich fragend, aber auch verständnisvoll auf die Kleine. Schon längst hatte er bemerkt, dass Jenny offensichtlich daheim Probleme hatte, sie wirkte oft bedrückt und unglücklich. Und das waren dann die Zeiten, in denen sie hier noch länger saß als sonst und die Bücher fast in Rekordzeit verschlang.

    Doch im Grunde ging ihn das nichts an, er bedauerte nur, dass ein so aufgewecktes und meist auch fröhliches Mädchen wie Jenny darunter leiden mussten, dass ihre Eltern Streit hatten miteinander.

    „Weißt du, versuchte Björn sie jetzt zu trösten. „Manchmal hilft es schon, wenn man sich ganz stark etwas wünscht. Dann geht das auch ohne Zauberstab in Erfüllung.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

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    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

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    Alles rund um Belletristik!

    Michael allein auf der Welt

    von Anna Martach

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author

    © der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Der Umfang dieses E-Book entspricht 90 Taschenbuchseiten.

    Die Eltern des zwölfjährigen Michael sind seit einiger Zeit geschieden, worüber dieser gar nicht glücklich ist. Also beschließt er, eine E-Mail an Gott zu schicken, die aber zufällig bei dem Architekten Alexander Gottlieb landet, der Michael und seine Mutter Anita spontan in den Zoo einlädt. Anfangs verstehen sich auch alle sehr gut und Anita und Alexander kommen sich näher. Dann jedoch funkt Anitas eifersüchtiger Ex-Mann Karsten dazwischen und entführt schließlich sogar Michael.

    1

    Lieber Gott, du weißt, dass ich meistens ganz lieb bin. Na ja, vielleicht nicht immer. Bei Frau Kersting in der Schule habe ich mich aber entschuldigt für die Maus in der Schublade. Und die zweimal Schwänzen hat Mama auch gemerkt, und meine Strafe habe ich bekommen. Ich hoffe doch sehr, dass das jetzt nicht mehr zählt. Weil ich nämlich eine große Bitte an dich habe. Mach doch bitte, dass Mama und Papa sich wieder verstehen, und dass wir wieder eine Familie sind. Weißt du, es ist nicht einfach, denn in der Schule werde ich geärgert, weil Papa weggegangen ist, obwohl der Vater von Andreas auch weggegangen ist. Aber Andreas ist stärker als ich und haut jeden, das kann ich doch nicht. Aber die Eltern von Britta trennen sich auch, und Britta heult dauernd deswegen. Sie ist ein Mädchen, die darf das. Aber ein Junge wie ich heult doch nicht, und schließlich werde ich ja auch jetzt zwölf. Also bitte, lieber Gott, mach ganz einfach, dass Mama und Papa beim nächsten Treffen sich wieder liebhaben, dann sind wir bald wieder eine Familie. Ich habe doch bald Geburtstag, und das ist der einzige Wunsch, den ich habe. Na ja, fast der einzige. Aber für das neue Computerspiel sorgt ja auch Mama. Hoffe ich. Und ich verspreche auch, ich werde immer ganz, ganz lieb sein. Ich will es versuchen, aber vielleicht mache ich ja doch noch was falsch. Aber ich will mich bemühen, großes Ehrenwort. Dein Michael."

    Es machte dem Jungen sichtlich einige Mühe, die passenden Buchstaben auf der Tastatur zu finden, denn er war nicht daran gewöhnt, Texte auf dem Computer zu schreiben, und einige Rechtschreibfehler hatten sich auch eingeschlichen. Trotzdem betrachtete das Kind stolz sein Werk.

    Michael Steingruber saß am Computer seiner Mutter und hatte das E-Mail-Programm aufgerufen, wie er es seine Mutter schon oft hatte tun sehen. Eigentlich durfte er das Programm nicht benutzen, Anita hatte ihm das strengstens verboten. Und das, obwohl Michael durchaus mit einigen Programmen besser umgehen konnte als sie selbst. Aber Internetprogramme waren nichts für Kinder, hatte Anita befunden, und ein Verbot ausgesprochen. Doch jetzt fühlte der Junge sich so unglücklich und verzweifelt, dass er sich über die Gebote seiner Mutter hinwegsetzte und diesen Brief an den lieben Gott geschrieben hatte. Das schien ihm einfach der letzte und einzige zu sein, der noch helfen konnte.

    Anita und Karsten Steingruber hatten sich vor einiger Zeit getrennt, und mittlerweile waren sie geschieden, was auch schon fast ein Jahr her war. Vorangegangen waren endlose Streitereien und ein erbitterter Kampf um das Sorge- und Besuchsrecht für Michael. Böse Worte waren gefallen, Hass war auf beiden Seiten geschürt worden, und Michael, der gar nicht verstehen konnte, warum seine Eltern sich plötzlich unversöhnlich bekämpften, stand mittendrin. Von ihm wurde unversehens eine Entscheidung verlangt, wem in Zukunft seine Liebe gehören sollte. Natürlich war das zu viel gewesen für den Jungen. Dazu kamen die Hänseleien in der Schule und Michaels eindeutige Unterlegenheit gegenüber anderen Scheidungswaisen. Er war klein, zierlich und regelrecht schmächtig zu nennen, für sein Alter eindeutig körperlich unterentwickelt, auch wenn die geistigen Gaben stärker ausgeprägt waren. Immerhin war er Klassenprimus.

    Aber jetzt hatte der Junge nur noch diesen Ausweg gesehen. Zwar wusste er nicht so recht, ob er überhaupt an Gott glauben sollte, weil der es doch zugelassen hatte, dass Mama und Papa sich trennten. Aber sein Religionslehrer, Herr Kohlhans, hatte fest behauptet, dass es ihn gäbe, und dass es in seiner Macht läge zu helfen, wo kein Ausweg mehr war.

    Nun gut. Michael überlegte kurz, wie er die E-Mail adressieren sollte und entschied sich dann ganz einfach für: LieberGott@Himmel.de. Das würde ganz bestimmt ankommen.

    Der Junge löschte noch den Eintrag in der Liste, damit seine Mutter nicht bemerkte, dass er ihr Verbot übertreten hatte, und rief dann eines der Spiele auf.

    So saß er dann ein wenig gelangweilt, wie es schien, vor dem Spiel, als seine Mutter hereinkam und ihren Sohn zum Essen rief.

    2

    Alexander Gottlieb brütete über einigen Entwürfen für einen etwas schwierigen Kunden. Der achtunddreißigjährige Mann war Architekt, ein guter und vielgefragter Architekt, der eine Menge Aufträge und nur wenig Freizeit hatte. Vieles bei seiner Arbeit ließ sich mittlerweile einfach per Computer vereinfachen und unterstützen, und Alexander war froh über diese Erleichterungen. Jetzt kam er allerdings bei einer Sache nicht weiter und beschloss, erst einmal seine E-Mails abzurufen. Vielleicht würde ihm beim Lesen seiner elektronischen Post ein rettender Einfall kommen.

    Das meiste von dem, was er gleich darauf auf dem Bildschirm sah, war aber noch mehr Arbeit, einiges war Werbung, und dann war da noch ein privater Brief. Merkwürdig, der war ja gar nicht für ihn. Sicher ein Fehler im Verteiler, oder doch nicht?

    Voller Erstaunen las der Mann den Brief, den der kleine Michael geschrieben hatte, und war gerührt. Das war das Leben, das es außerhalb seiner Arbeit gab, die ihn mittlerweile doch fast auffraß. Und durch einen unglaublichen Zufall war dieses anrührende Schreiben an seine Adresse gelangt, statt als unzustellbar an den Absender zurückzugehen.

    Spontan beschloss Alexander, dem Kind zu antworten. Er war zwar nicht der liebe Gott, aber er besaß ein Herz, auch wenn er bisher einfach noch nicht die Zeit gehabt hatte, es an eine Frau zu verschenken.

    Alexander Gottlieb sah ausgesprochen gut aus. Dichtes braunes Haar kräuselte sich auf seinem Kopf, wurde an den Schläfen bereits etwas grau, und umrahmte ein männlich markantes Gesicht, in dem leuchtend blaue Augen dem Betrachter sofort auffielen. Seine Stimme klang weich und samtig, konnte aber von unbeugsamer Härte werden, wenn er etwas unbedingt durchsetzen wollte. Seine Kleidung war im allgemeinen leger, doch zu bestimmten Anlässen trug der Mann Anzüge und Hemden, die ihn zu einem männlichen Mannequin hätten machen können, wenn er denn Wert darauf gelegt hätte. Aber das waren Äußerlichkeiten, deren er sich bei Bedarf bediente. Sie hatten für ihn nicht viel Wert. Aber es gab Kunden, denen man damit imponieren konnte.

    Alexander war der Schwarm aller seiner Mitarbeiterinnen, aber noch nie war er mit einer ausgegangen oder hatte gesteigertes Interesse, das über die Arbeit hinausging, gezeigt. Ihm wäre nicht einmal in den Sinn gekommen, dass seine Kolleginnen und Mitarbeiterinnen sich für ihn interessieren könnten. Für ihn gab es einfach nur die Arbeit. Und die machte er eindeutig besser als andere, und alles andere interessierte ihn nicht.

    Bis zu diesem Zeitpunkt, da er den Brief von Michael las. Seit langem hatte ihn nichts mehr so angesprochen wie diese Worte, die das Kind aus vollem Herzen und tiefster Verzweiflung geschrieben hatte.

    Es kam selten vor, aber Alexander suchte bei der Antwort plötzlich nach Worten. Doch dann beschloss er, ebenfalls aus dem Gefühl heraus zu schreiben, und er lud den Jungen und seine Mutter ein, mit ihm einen Besuch im Zoo zu machen. Er wusste zwar nicht, ob Michael sich überhaupt in der gleichen Stadt befand wie er, denn das ging ja aus der E-Mail nicht hervor, aber auch dafür würde sich bestimmt eine Lösung finden lassen.

    Er hätte sein Tun nicht erklären können, wenn ihn jemand gefragt hätte, aber er war sicher, dass er genau das tun musste, was er gerade tat.

    3

    „Was ist das denn hier?", fragte Anita Steingruber erstaunt, als sie ihre Post aus dem Computer sah. Sie war, wie die meisten Benutzer, an unnütze Werbung gewöhnt. Aber dieser Brief schien etwas Persönliches zu sein.

    Lieber Michael, ich bin leider nicht der liebe Gott, trotzdem ist dein Brief bei mir angekommen. Es tut mir wirklich leid, dass ich so fast gar nichts für dich tun kann. Aber vielleicht kann ich dir einen kleinen Trost anbieten. Ich lebe und arbeite in Mainz, und da wäre es mir eine Freude, wenn du und deine Mutter mich besuchen könntet. Wir könnten zum Beispiel in den Frankfurter Zoo fahren. Das ist sicher nicht das, was du dir gewünscht hattest, aber leider kann ich nicht mehr tun. Mein Name ist Alexander Gottlieb, ich bin Architekt, und wenn es dir Spaß macht, können wir uns auch einige der Hochhäuser ansehen, die ich gebaut habe. Doch die Entscheidung darüber wird sicher bei deiner Mutter liegen. Aber dein Brief hat mir so gefallen, dass ich dich wirklich gerne kennenlernen und einladen möchte."

    Anita las diese Zeilen mit mehr als nur etwas Erstaunen. Da hatte doch Michael, dieser Schlingel, wirklich das E-Mail-Programm benutzt, obwohl es ihm streng verboten war.

    Anita suchte die Kopie des Briefes, aber der Junge war schlau genug gewesen, diese zu löschen.

    Erst jetzt sah die junge Frau, dass noch ein Anhang von diesem fremden Mann an dem Brief war.

    Liebe Unbekannte, ich nehme an, Ihr Sohn hat Sie nicht darüber informiert, dass er einen anrührenden Brief an den lieben Gott geschrieben hat. Machen Sie ihm bitte keine Vorwürfe, er ist ein Kind, und wie mir scheint, sehr unglücklich. Es ist sicher schwer, wenn Eltern sich trennen, und dieser Brief von Michael hat mich so angesprochen, dass ich ihm antworten musste. Ich hoffe, Sie empfinden meine Einladung als nicht zu dreist. Aber ich möchte dem Jungen einfach eine Freude machen, und Ihnen vielleicht auch. Es wäre schön, wenn Sie sich entschließen könnten, mir zu antworten und die Einladung anzunehmen. Sollten Sie nicht in der Nähe von Mainz wohnen, wird sich bestimmt auch dafür eine Lösung finden lassen. Nehmen Sie bitte meine Einladung als das, was sie ist, eine Freundlichkeit für Ihr Kind und Sie. Ich will mich nicht aufdrängen, aber ich möchte gerne Ihren Sohn und natürlich auch Sie kennenlernen. Ihr sehr ergebener Alexander Gottlieb."

    Im ersten Moment war Anita einfach nur verblüfft. War das jetzt ein schlechter Scherz? Nein, danach klangen die Worte eigentlich nicht. Es klang ehrlich und bewegt und ganz einfach nett.

    Na, da hatte Michael ja was Schönes angerichtet. Aber Anita konnte ihrem Sohn einfach nicht böse sein. Es war so schwer für ein Kind mit dieser ganzen Situation fertig zu werden. Und es mochte eine verrückte Idee gewesen sein an den lieben Gott zu schreiben, aber es zeigte auf jeden Fall, dass der Junge Einfälle hatte – und sehr verzweifelt war.

    Bevor sie an den Fremden schrieb, wollte sie jetzt erst einmal mit Michael sprechen.

    Sie ging hinüber in das Zimmer des Jungen, wo er über seinen Hausaufgaben brütete.

    „Mama, das kann man nicht lernen", beklagte er sich und deutete auf seine Rechenaufgaben. Anita lächelte. Michael war ein guter Schüler, aber Rechnen lag ihm einfach nicht, obwohl er mühelos am Computer arbeitete. Irgendwie schienen das doch zwei getrennte Welten zu sein. Vielleicht aber lag es auch daran, dass er die Zusammenhänge noch nicht verstand. Es wäre bestimmt gut gewesen, hätte das Kind einen Vater gehabt, der ihm geduldig alles drei- oder viermal erklärte. Aber so musste Anita das tun, obwohl sie in ihrem Beruf als Journalistin selbst stark eingespannt war. Aber der Job bot die Möglichkeit sich intensiv um den Jungen zu kümmern, weil sie viel daheim arbeiten konnte.

    Und doch hatte Anita das Gefühl, dass Michael manchmal zu kurz kam. Jetzt legte sie ihrem Sohn die Hand auf den Kopf.

    „Hatte ich dir nicht verboten E-Mails zu verschicken, junger Mann?", fragte sie sanft.

    Sofort verspürte sie die Verlegenheit und das Schuldbewusstsein des Kindes.

    Doch dann fuhr er auf. „Hat Gott etwa geantwortet?", fragte er ungläubig.

    Anita musste lachen. „Nein, nicht Gott, mein Schatz. Ein wildfremder Mann, Alexander Gottlieb heißt er. Die Mail ist wohl falsch gelaufen und bei ihm angekommen. Er war aber ganz gerührt von deinem Brief und lädt uns beide ein in den Zoo."

    „Ja – aber wieso denn ein fremder Mann?, fragte Michael verwirrt. „Ich habe doch nicht an diesen Alexander Gottlob geschrieben, beschwerte er sich.

    „Gottlieb, korrigierte Anita sanft. „Es war wohl ein Zufall, dass dein Brief bei ihm landete. Und er schreibt sehr nett zurück. Aber richtig war das nicht, was du getan hast. Das weißt du, nicht wahr? Anita schaute ihren Sohn gespielt streng an, und der senkte schuldbewusst den Kopf.

    „Ich wollte doch nur ..., begann er sich zu verteidigen, aber seine Mutter unterbrach ihn. „Ist schon gut, ich schimpfe ja nicht länger. Aber versprich mir, dass du das nicht wieder tust. Wenn du solche tollen Einfälle hast, sprich bitte erst mit mir darüber, in Ordnung?

    Michael nickte, er war froh, so glimpflich davongekommen zu sein.

    „Und jetzt sollten wir uns überlegen, ob wir diesem Mann antworten, fuhr Anita fort. „Er hat sehr freundlich geschrieben und verdient eigentlich eine ebenso freundliche Antwort. Und stell dir vor, er wohnt ebenfalls in Mainz. Ist das nicht ein Zufall?

    „Und er lädt uns ein? Einfach so?", forschte Michael noch einmal.

    Seine Mutter nickte. „Ja, das ist schon merkwürdig. Aber vielleicht hat der liebe Gott ihn einfach vorgeschickt. Dein Brief muss ja sehr interessant gewesen sein."

    Michael wollte von diesem verfänglichen Thema gerne ablenken.

    „Dann sollten wir ganz einfach seine Einladung annehmen", schlug er praktisch vor.

    4

    Karsten Steingruber, der Exehemann von Anita war unglücklich. Nach dem Scheitern seiner Ehe mit Anita hatte er um das Sorgerecht für den Jungen gekämpft, aber verloren. Anita hatte nachweisen können, dass er während der Ehe mehrere Verhältnisse gehabt hatte, während seine Eifersucht seine Frau und den Jungen immer weiter einengte. Das war schließlich so weit gegangen, dass er über jede Minute des Tages Rechenschaft verlangte. Doch Anita wollte sich schließlich nicht länger einengen lassen und hatte ihren Mann vor die Wahl gestellt, entweder zur Vernunft zu kommen oder sich scheiden zu lassen.

    Es war zu erbitterten Auseinandersetzungen gekommen, aber selbst jetzt noch, rund ein Jahr nach der Scheidung, verfolgte Karsten das Tun seiner Exfrau und spionierte ihr nach, wovon sie bis jetzt aber nichts wusste.

    Und dabei hatte er doch eigentlich eine andere Frau gefunden, die ihn zu lieben schien und mit seinen Eigenarten recht gut zurechtkam. War sie denn für ihn nicht mehr als ein Verhältnis, das er nur bei Bedarf nutzte? Miriam Wolters war eine kluge und hübsche Frau, die ihn wirklich bedingungslos liebte, was er bis jetzt noch nicht gemerkt zu haben schien.

    Auch an diesem Tag machte sie Karsten keine Vorwürfe, als sie merkte, dass er wieder nicht zu seiner Arbeit ging, sondern seiner Frau auflauern wollte.

    „Kannst du sie nicht endlich in Ruhe lassen?, fragte sie sanft. „Karsten, es ist doch schon so lange her. Liebst du sie denn immer noch?

    Er schaute sie erstaunt an. „Es ist mein Sohn, um den es hier geht. Aber das verstehst du nicht."

    Miriam schmerzten diese Worte. Sie verstand sehr wohl, wie sie glaubte. Und längst hatte sie beschlossen, dass sie Karsten ein Kind schenken wollte. Vielleicht würde ihn das von seinen verrückten Gedanken abbringen. Nur hatte es bisher noch nicht geklappt, dass sie schwanger wurde. Aber so schnell würde sie nicht aufgeben.

    So konnte die Frau den Mann auch jetzt nicht halten. Sie schaute ihm nur traurig hinterher.

    5

    Michael war ganz zappelig vor Spannung, als er mit seiner Mutter vor dem Eingang zum Zoo stand, wo sie beide auf Alexander warteten. Anita und er hatten Zeit und Ort ausgemacht. Und Gottlieb hatte zusätzlich geschrieben, dass er einen Stadtführer dabei haben wollte. Lächerlich, natürlich, aber da man sich nicht kannte und beide eine Rose im Knopfloch für noch lächerlicher hielten, war es vielleicht doch besser so.

    Nun stand Alexander allerdings schon eine ganze Weile ein wenig verborgen hinter einem Strauch und beobachtete die beiden. Und was er niemals für möglich gehalten hätte, sein Blick war auf Anita gefallen, und auf diesen ersten Blick hin hatte sein Herz gesprochen und angefangen schmerzhaft und aufgeregt zu schlagen.

    Was er sah, war eine Frau Anfang der dreißig, die einen noch sehr jugendlichen Eindruck machte. Sanftes braunes Haar fiel locker auf die Schultern, das Gesicht war fein und ebenmäßig, die Lippen voll, und das Lächeln einfach nur bezaubernd. Ihre Kleidung war geschmackvoll und eigenwillig, aber durchaus zu ihr passend. Die Bewegungen zeugten von Kraft und Energie, und doch hatte Alexander das Gefühl, dass diese Frau auch ungeheuer anschmiegsam sein konnte. Ihm kam ein Ausspruch in den Sinn, den er einmal bei einem Auftrag in Amerika aufgeschnappt hatte: Sie sieht aus wie eine Million Dollar.

    So musste die Frau sein, die er sich erträumt hatte. Ihr Exmann konnte nur blind oder ein Narr sein, dass er sie hatte gehen lassen.

    Jetzt schaute sie etwas ungeduldig auf die Uhr und sagte etwas zu dem Jungen. Michael war schlank und zierlich, klein für sein Alter, aber seine Augen blickten wach und intelligent.

    Alexander besann sich darauf, dass er mit den beiden verabredet und schon fünf Minuten über die Zeit war. Er trat aus seinem Versteck hervor und schritt rasch auf Mutter und Sohn zu.

    „Frau Steingruber? Michael? Ich bin Alexander Gottlieb."

    Er reichte beiden nacheinander die Hand und spürte fast körperlich, wie Freude die junge Frau erfüllte. Sie schien also auch auf den ersten Blick nicht enttäuscht von ihm zu sein.

    Gemeinsam wie eine Familie gingen sie hinein.

    6

    Alexander war seit vielen Jahren nicht mehr im Zoo gewesen. Nun erlebte er zum ersten Mal seit seiner Kindheit mit, wie sehr ein Kind sich freuen konnte auf einem gemeinsamen Ausflug. Die großen Raubtiere interessieren Michael weniger, er liebte Reptilien, Spinnen und Schlangen, sehr zum Leidwesen von Anita. Alexander hingegen fand es faszinierend, vor allen Dingen, als er feststellte, dass sich Michael wirklich gut damit auskannte. Er hatte sich schon länger damit beschäftigt und konnte mühelos die Lebens- und Verhaltensweisen der verschiedenen Spezies erklären.

    Aber auch die Gespräche zwischen Alexander und Anita waren anregend, weil beide gebildete und belesene Menschen waren, denen es an Gesprächsthemen nicht mangelte.

    Die Zeit verging wie im Flug, und irgendwann schaute Alexander auf die Uhr und stellte fest, dass er eigentlich schon längst wieder zurück im Büro sein wollte. Doch es hätte ihm gar nicht gepasst, diese wunderbare Gesellschaft zu verlassen. Er fühlte sich wohl und stellte erstaunt fest, dass es doch noch mehr gab als nur die Arbeit. Also verschob er seinen Aufbruch und lud die beiden auch noch zum Abendessen ein.

    Der Abend verlief harmonisch und angenehm, und irgendwann spät fuhr Alexander die zwei nach Hause. Am nächsten Tag hatte Michael schulfrei, so dass der späte Zeitpunkt nicht so schlimm war.

    Auch Anita bedauerte es sehr, dass dieser Abend zu Ende ging. Schon seit langem hatte sie nicht mehr so angeregte Gespräche geführt, und sich vor allen Dingen so sicher gefühlt wie in

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