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Merlin und Princess: Zwei wie Hund und Katze
Merlin und Princess: Zwei wie Hund und Katze
Merlin und Princess: Zwei wie Hund und Katze
eBook288 Seiten3 Stunden

Merlin und Princess: Zwei wie Hund und Katze

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Über dieses E-Book

Katastrophe!
Merlin hat seine Familie verloren. Sie haben die Raststätte verlassen, ohne zu merken, dass er nicht im Auto war. Und wenn es etwas gibt, ohne das Merlin sich sein Leben nicht vorstellen kann, sind es seine Menschen. Sofort rennt er dem Auto hinterher.
Dummerweise ist es sehr viel schneller – und die Straße lebensgefährlich.
Princess dagegen muss feststellen, dass ihre Familie sie an genau dieser Raststätte einfach ausgesetzt hat. Empörend, diese Menschen! Speziell die nervigen Kinder!
Sie beschließt, nach Hameln zu gehen. Hat nicht ein Rattenfänger gründlich dafür gesorgt, dass dort alle Kinder verschwunden sind?
Schon kurz nach dem Start kreuzen sich ihre Wege. Eine Begegnung, die für beide unschön beginnt.
Trotz gegenseitiger Abneigung einigen sie sich widerwillig, ihr Glück zusammen zu versuchen. Alleine sind ihre Chancen einfach zu gering.
Aber kann das gut gehen? Ein verspielter Hund und eine versnobte Katze als Schicksalsgemeinschaft?
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum29. März 2024
ISBN9783959594387
Merlin und Princess: Zwei wie Hund und Katze

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    Buchvorschau

    Merlin und Princess - Rika Mohn

    Cover des Buches Merlin und Princess

    Merlin und Princess

    Zwei wie Hund und Katze

    Rika Mohn / Izzy O'Brian

    Für Löwe, Biene, Maus und Fledermaus.

    Freundschaft kennt keine Grenzen.

     Izzy O‘Brian

    Für meine Tochter Claudia.

    Und für alle anderen, die das große Glück haben oder hatten, 

    die bedingungslose Liebe eines treuen Vierbeiners 

    geschenkt zu bekommen.

    Rika Mohn

    wacholder-schwarz-mini

    ©Rika Mohn, Izzy O'Brian 2024

    Machandel Verlag Haselünne

    Charlotte Erpenbeck

    Cover: Elena Münscher

    Bildelemente: surapoj.creative/depositphotos.com,

    Grafiken innen:

    swetomircomua (Hund)/BigJoy (Katze)/ JuliGin (Spatz)/

    depositphotos.com

    ISBN 978-3-95959-438-7

    Merlin

    1. Merlin

    Wisst ihr, was das Wichtigste im Leben ist?

    Ja, klar wisst ihr das. Dumme Frage.

    Für mich ist das Wichtigste die Familie.

    Es gibt nichts Schöneres als die Wärme der Mutterliebe und die Gesellschaft verspielter Geschwister. Von denen hatte ich vier. Meine Welpenzeit war herrlich.

    In den ersten Wochen beschränkten sich meine Ansprüche nur auf Trinken, Schlafen und Spielen. Kaum hatte ich aber die Augen offen und konnte die wunderbare Welt um mich herum sehen, musste ich raus und sie entdecken.

    Wir Hunde lebten nicht alleine auf dem Bauernhof. Da waren zuerst die Menschen, die uns mit ihren Greifern … meine Mutter sagte Hände dazu … aus den schönsten Träumen rissen. Vor allem, wenn man gerade satt und zufrieden am warmen Bauch von Mama lag, vielleicht noch die Milchquelle im Mäulchen.

    Die tierische Nachbarschaft war ein buntes Völkchen.

    Eigentlich vertrug ich mich mit fast allen. Nur der olle Hahn, der war mir unheimlich. Sein Gekrähe schmerzte in meinen Ohren. Außerdem pickte er immer nach meiner Schwanzspitze und hatte mir an dieser empfindlichen Stelle schon das eine oder andere Haar rausgezupft.

    Es gab auch ein paar Kühe und Ziegen. Bei denen war ich am liebsten. Nicht nur, weil es da so herrlich roch und warm war. Mit etwas Glück bekam man da auch einen Spritzer frische Milch ab. Es gab nichts Köstlicheres, außer die von Mama natürlich. Dummerweise traf ich auch auf andere Liebhaber der weißen Köstlichkeit.

    Ich hatte nichts dagegen zu teilen, egal was es war.

    Die beiden Hof-Katzen sahen das leider ganz anders. Kitti war ja noch halbwegs verträglich, aber Klara, das war ne Katze für sich. Die reagierte sofort aggressiv, wenn ich nicht verschwand, sobald sie auftauchte. Damals dachte ich noch, Klara wäre der Gipfel der Arroganz. Einige Jahre später musste ich allerdings erfahren, dass sich das durchaus steigern ließ. Nichtsdestotrotz, Klara hätte echt mal ne Therapie gebraucht. Oder ein Anti-Aggressionstraining.

    Ich hatte Glück, mit meiner Familie auf genau diesem Bauernhof zu leben, denn es gab viele schöne Momente. Doch nichts ist für die Ewigkeit. Das musste ich bald bitter erfahren.

    Mama versuchte, uns zu erklären, warum wir Kleinen nicht bei ihr bleiben, weshalb wir nicht weiterhin auf dem Hof leben konnten. Ich habe es bis heute nicht kapiert. Gab doch genug für uns zu essen und der Platz reichte bequem für unsere ganze Bande. Na ja, verstehe einer die Menschen.

    Eines Tages steckte man uns zu dritt in eine Box, in der es fürchterlich stank. Ich verstand die Welt nicht mehr. Meine Mama jammerte leise, als man sie wegbrachte. Wir drei jammerten dafür umso lauter. Denn nicht nur mir wurde etwas klar: Wir durften nicht mehr bei Mama bleiben.

    Wenigstens war ich nicht alleine. Das war allerdings nur ein schwacher Trost. Man brachte uns zu einem Tierheim. Damals kannte ich den Namen noch nicht, und wusste nichts damit anzufangen. Heute leider schon.

    Kaum wurden wir drei aus der Box gelassen, hörte ich ein so schrilles Geräusch, dass mir fast die Ohren waagerecht standen.

    „Oh guck mal … wie süüüüß!"

    Kurz darauf hoben mich zwei Zangenhände vom Boden auf und drückten mir den Brustkorb zusammen.

    „Den will ich haben. Den … den … den!" Die Stimme schrillte fürchterlich in meinem Kopf.

    Und doch gab es da etwas, was mich meine Angst, das Geräusch und die schmerzenden Rippen vergessen ließ. Ein Gefühl schwappte über mich, beinahe so, als würde ich wieder kuschelig am Bauch meiner Mama liegen. Es fühlte sich so überwältigend an, dass ich der kleinen Zweibeinerin, die mich in ihrem Griff hatte, begeistert über das Gesicht leckte. Himmel, was schmeckte die gut.

    „Igitt, Kind! Der leckt dich ja ab!", drängte sich eine entsetzte Stimme in meinen Kopf.

    „Ja, Mama! Ist das nicht toll? Er mag mich schon. Ist der nicht süüüüß?" Als mich die Kleine an sich drückte, wurde ich beinahe komplett zerquetscht.

    Und wisst ihr was? Es war mir schnuppe!

    Sollte die Kleine weitermachen, bis es knackste. Hauptsache, sie ließ mich nicht mehr los.

    Während ich am warmen Körper der Kleinen nach Luft schnappte, unterhielt sich ihre Mutter mit der Frau, die mich aus der Box gelassen hatte. Ich verstand kein Wort, denn die Kleine quietschte mir mit ihrer Stimme die Ohren voll. Dann geschah es. Das Quietschen wurde noch schriller und alles, mich eingeschlossen, bewegte sich ruckartig auf und ab.

    Mir wurde speiübel. Beinahe wie damals, als ich zu viele Eier genascht hatte. 

    Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass die Kleine auf und ab hüpfte.

    So kam ich in mein erstes Zuhause bei anderen Menschen.

    Das kleine, quietschige Wesen … Susi wurde es gerufen … gab mir den Namen Wuschel.

    Leider blieb ich nicht lange bei ihr.

    Ich glaube, mein Fell war schuld daran. Auch wenn ich nicht begriff, was an meinem Fell falsch sein konnte. Susis Mutter schimpfte ständig über meine Haare, ihre rote Nase und darüber, dass sie keine Luft bekäme. Lange noch klang Susis Weinen in meinen Ohren nach, als sie mich wieder zurückbrachten.

    Zurück ins Tierheim.

    Meine beiden Geschwister waren inzwischen fort. Ich hatte niemanden mehr. Einige gehässige Mitbewohner machten mir das Leben schwer. Sie versprachen mir ein schnelles Ende oder ein neues Zuhause. Weil ich doch so süüüß war. Ich konnte es nicht mehr hören. Vor allem, weil ihre Stimmen dabei so böse klangen, dass ich tatsächlich Angst bekam.

    Doch mein „Süüüßsein" half tatsächlich. Es waren nur wenige Tage vergangen, als meine Zeit auf dem kalten Betonboden ein Ende nahm. Auch das eklig riechende Essen würde ich nicht vermissen. Und schon gar nicht den durchgedrehten Psycho im Nachbarzwinger, der jeden Abend damit drohte, mich in Stücke zu reißen.

    Ich wurde ein zweites Mal adoptiert. In meiner neuen Familie gab es zwei große Zweibeiner und zwei kleine Zweibeiner, die recht nett zu mir waren.

    Doch die Kleinen brauchten nicht lange, bis sie mir beinahe jede einzelne Rippe brachen.

    Nur meinem Jaulen verdankte ich es, dass mich der große Zweibeiner, den seine Frau Felix rief, vor den groben Fingern der Kinder rettete.

    Felix gab mir den Namen Merlin. Merlin ist ein Zauberer, so hatte er es erklärt, als ich kurz nach meiner Ankunft einen schönen warmen Pups von mir gegeben hatte. Die beiden kleinen Greifzangen und Mutter Julia rannten schimpfend davon. Nur Felix nicht, der schaute mich stolz an und meinte: „Siehste, wir Kerle können zaubern. Wir machen, dass warme Luft stinkt. Und du hast ganz prächtig gezaubert, mein Kleiner. Deswegen nenne ich dich Merlin." Okay, damit konnte ich leben. Solange er mir die Greifzangen vom Pelz hielt.

    Irgendwann hatten sich die beiden daran gewöhnt, etwas vorsichtiger mit mir umzugehen. Was auch den anderen Bewohnern des Hauses zuzuschreiben war. Denn ich war nicht der einzige Vierbeiner.

    Tatsächlich liefen hier noch drei Katzen rum. Klar hielten die sich für etwas Besseres. Der Kater war ja noch umgänglich. Aber die beiden Miezen, au Backe. Hatte ich schon gedacht, dass die Klara vom Bauernhof arrogant war, so wurde sie von den beiden „Damen" des Hauses noch überboten. Doch ich lernte schnell, wie ich die beiden beeindrucken konnte. Wenn die mir zu blöd kamen, dann zauberte ich.

    Schnell vergingen drei wunderbare Menschen-Jahre.

    Inzwischen war ich zu einem prächtigen Schäfsky herangewachsen. So hatte es mal Felix erklärt, nachdem er gefragt worden war, was ich für eine Promenadenmischung sei. Ich sei ein Mischling aus Schäferhund und Husky.

    Mir war’s egal, solange ich meine Bewegung, mein Futter und meine Streicheleinheiten bekam.

    Die meisten Menschen wollten mich gleich knuddeln, sobald sie mir in meine blauen Augen sahen. Meistens ließ ich sie gewähren. Aber nur, wenn meine Leute nichts dagegen hatten. Ich liebte meine vier Menschen, allen voran die Kinder Sophie und Marie.

    Familie war eben das Größte.

    Mit den Mädchen hatte ich den meisten Spaß. Richtig cool war es, wenn ich die beiden im Karren oder dem Schlitten hinter mir herziehen konnte. Manchmal hatten die auch einfach nur Rollen unter ihren Füßen. Hey, da ging die Luzie richtig ab! Egal, ob Sommer oder Winter, mit ihnen unterwegs zu sein, zu laufen, an Schlittenhunderennen teilzunehmen, das war die beste Zeit meines Lebens.

    Eines Tages hatten sich meine Menschen ein neues Auto gekauft, ein Wohnmobildelüx, wie Felix jedem stolz erzählte. Vorher waren wir immer mit einem kleineren Wohnmobil zu den Wettrennen gefahren. Auf den war Felix nie so stolz gewesen wie auf den Neuen.

    Die Mädchen hatten Pfingstferien und mussten deswegen nicht zur Schule. Das waren immer die besten Zeiten.

    Es sollte für ein paar Tage zu Julias Schwester nach Haselünne gehen. Die Mädchen waren ganz aufgedreht und steckten mich damit an.

    Nach einer langen Runde am Mittag ging es los. Und das Beste: Ich war der einzige Vierbeiner, der mit durfte. Die drei Katzen mussten zu Hause bleiben. Schon alleine diese Aussicht, ein paar Tage ohne die Zicken, war den Stress wert, den die Menschen machten.

    Wir waren wirklich lange unterwegs. Julia sagte irgendwas von einem Hermsdorferkreuz, wo wir uns alle die Beine vertreten sollten. Ich musste an die Leine, doch selbst das störte mich nicht. Hauptsache raus! Kaum ging die Tür auf, gab es kein Halten mehr. Notfalls hätte ich Felix auch hinter mir her geschleift.

    War das herrlich. Endlich pinkeln.

    Und wie das hier roch! Da war die Hundezeitung im Park nix dagegen. Wahnsinn, wer hier schon alles seine Meldung dagelassen hatte. Manchmal musste ich niesen, wenn der scharfe Geruch eines Menschen in meine empfindliche Nase zwackte. Die stinken echt, die Zweibeiner, unglaublich.

    Nachdem Felix mit mir eine kleine Runde gelaufen war, bekam ich etwas zu trinken und meine Abendportion. Danach musste ich wieder ins Wohnmobil. Es wäre zu aufregend für mich, behauptete Julia. Zum Glück machte Felix mich nicht im hinteren Teil fest, er vergaß es sogar ganz, sodass ich durch die offene Tür schauen konnte.

    Die vier saßen draußen an einem Tisch und aßen. Nachdem sie fertig waren, räumten sie alles zusammen. Julia und Felix kamen zu mir rein, ließen die Tür aber ein Stück offen. Die Mädchen wollten nur nochmal „wohin", dann sollte es weitergehen.

    Ich lag unter dem Tisch und langweilte mich. Draußen wurde es allmählich dunkel. Felix und Julia unterhielten sich. Es fiel wieder der Name Kommfortkämpingplatzhaselünne, den ich in letzter Zeit öfters gehört hatte. Da soll man zwar nicht gut schlafen, sich aber gut verabreden können. Dort wollte Julia ihre Schwester Rita treffen.

    Nachdem ich einmal ausgiebig gähnen musste, entschied ich mich, nach den beiden Mädchen zu schauen. Die Tür war weit genug offen, sodass ich mich hindurchschieben konnte.

    Kaum war ich draußen, explodierten wieder die Gerüche in meiner Nase, die ich im Wohnmobil nur gedämpft wahrgenommen hatte.

    Ein ganz verführerischer Duft war dabei, der lockte mich in die hinterste Ecke des Geländes. Da musste ich hin! Es würde bestimmt nicht lange dauern. Im Schwanzumdrehen wäre ich zurück. Aber den Urheber des Duftes fand ich dort nicht, stattdessen eine andere verlockende Duftfährte, der ich ein ganzes Stück folgte.

    Das laute Hupen eines Autos, dessen Reifen mir gefährlich nahekamen, holte mich aus der Duftorgie heraus. Erschrocken sprang ich zur Seite. Das war noch mal gut gegangen. Trotzdem klopfte mein Herz heftig. Ich sprintete den ganzen Weg zurück zum Wohnmobil – und erstarrte.

    Es war weg!

    An seinem Platz stand ein kleines grünes Auto.

    Hektisch schaute ich mich um. Doch ich sah kaum etwas, die Scheinwerfer der Fahrzeuge blendeten mich immer wieder. Besorgt lief ich den ganzen Parkplatz ab. Vielleicht war meine Nase nach der Duftorgie etwas verwirrt. Vielleicht hatte ich am falschen Platz gesucht.

    Doch egal, wie viele Runden ich drehte, das Wohnmobildelüx war weg.

    Panik wallte in mir hoch.

    Die konnten doch nicht ohne mich fahren!

    Vielleicht hatten sie die Mädchen beim Rasthaus abgeholt? Das musste es sein. Aufgeregt raste ich quer über die Straße, den Grünstreifen, um die Hecke … und dann sah ich es.

    Auf diesem elend langen grauen Band, wo es mehr Fahrzeuge gab, als der Nachbarshund Flöhe sein Eigen nannte. Das war eindeutig unser Bild auf der Rückseite des Wohnmobils, das gerade mit aufjaulendem Motor davonrollte.

    Sofort rannte ich hinterher, den hupenden Autos wich ich irgendwie aus. Dabei hatte ich eindeutig mehr Glück als Verstand. Ich rannte gerade zwischen zwei der ganz großen Autos hindurch, als ein Mann mit grimmigem Gesicht nach mir griff und mein Halsband erwischte. Es saß recht locker und so kostete es mich nur etwas Zugkraft und eine geschickte Drehbewegung mit dem Kopf, um mich davon zu befreien.

    Für mich gab es nur eine Richtung! Immer geradeaus, der Straße nach, der rollenden Menschenhütte hinterher.

    Zur Not sogar bis zu diesem Kommfortkämpingplatzhaselünne.

    Nichts konnte mich jetzt noch aufhalten.

    Dachte ich zumindest.

    Princess

    2. Princess

    Fassungslos sah ich dem davonbrausenden Cabrio hinterher.

    Das konnte nicht ihr Ernst sein.

    Diese … diese … diese Menschen hatten mich tatsächlich ausgesetzt.

    Als wäre ich eine billige Promenadenmischung.

    Die hatten doch nicht mehr alle Haare am Schwanz! Mich auszusetzen war Blasphemie!

    Ich, Princess vom Schwanensee, kann auf einen lupenreinen, dreiseitigen Stammbaum zurückblicken. Bislang war ich immer davon ausgegangen, dass alle das hinreichend zu würdigen wussten. Alle Anzeichen sprachen dafür. In meinen blauen Augen versank sogar der Tierarzt, und mein reinweißes Fell besangen sämtliche Kater der Nachbarschaft.

    Apropos weißes Fell.

    Konsterniert betrachtete ich die grauen Partikel an meiner Pfote. Wenn ich noch länger hierblieb, würde ich aussehen wie Cynthia und Cecil!

    Obwohl, wie hatte Mutter immer so treffend formuliert? Wahre Schönheit entspringt in erster Linie reinem Blut. Da hatte ich nichts zu befürchten. Im Gegensatz zu den beiden.

    Stellt euch vor: Deren Großmutter hatte wirklich und wahrhaftig einen Straßenkater erhört. Sogar mehrmals! Einfach widerlich.

    Cynthia und Cecil vom Schwanensee?

    Dass ich nicht lache.

    Natürlich habe ich die zwei dafür gepiesackt. Was erwartet ihr denn von mir? Dass ich es sanftmütig hinnehme, mit so etwas meinen guten Namen zu teilen?

    Niemals in sieben Leben!

    Also habe ich sie leiden lassen.

    Oh, ihr hättet mich erleben müssen! Mutters strenge Schule hat sich mehr als bezahlt gemacht.

    Ein Ignorieren hier, eine hochgezogene Augenbraue da und selbstverständlich diverse kleinere bis größere Missgeschicke, die den verspielten Schwestern angelastet wurden. Diese Figürchen, welche die Menschenfrau „Altersvorsorge" nannte, zerbrachen aber auch zu leicht. Ein kurzes Vorbeiwischen mit der Schwanzspitze und es klirrte.

    Die beiden beschwerten sich jedes Mal bitterlich, aber die Menschen verstanden zum Glück kein Wort und sperrten sie als Strafe in die Besenkammer. Anschließend lag ich stundenlang auf dem Lederstuhl und lauschte genüsslich dem Gejammer.

    Aber damit war es ab heute vorbei.

    Ich würde mir jetzt ein neues Zuhause suchen müssen.

    Eines, das mir selbstverständlich gebührte und in dem mich die Menschen mit der Achtung behandelten, die mir zustand.

    Zuversichtlich warf ich mich in Pose. Mein Leben konnte nur besser werden!

    Der erste Mensch roch so intensiv nach einem dieser unsäglichen Billig-Parfüms, dass ich mich demonstrativ übergab. Auf seine Schuhe versteht sich.

    Kaum war er außer Sicht, kamen drei Bälger, die sich vor Mitleid fast überschlugen. Am liebsten hätten mich alle gleichzeitig hochgehoben und gestreichelt.

    Meine armen Nerven!

    Entschlossen fuhr ich die Krallen aus. Zwei tiefe Kratzer genügten und ich war die dreifache Zumutung los.

    Als Nächstes bog eine ältere Dame in meine Richtung ab. Neben sich einen triefäugigen, aber wenigstens reinrassigen Dackel. Grundsätzlich hatte die Frau also Geschmack. Trotzdem kam sie nicht infrage. Ihr würdet sofort verstehen, was ich meine, wenn ihr die beiden gesehen hättet. Selbst wenn ich mich – kurzfristig – mit einem bellenden Mitbewohner hätte arrangieren können, ein Mindestmaß an jugendlich-gepflegtem Aussehen war eine Grundvoraussetzung für meine Akzeptanz.

    Dummerweise hatte die Frau so einen „Ich-liebe-euch-alle-und-will-euch-retten-Blick" im Gesicht und ein Säckchen mit Entenfutter in der Hand. Zumindest ließ der Aufdruck das vermuten.

    Ihr war glatt zuzutrauen, dass sie das Zeug auskippen und stattdessen mich in die Tüte stecken würde. Dem musste ich schnellstmöglich eine Pfote vorschieben.

    Kaum waren die beiden in Reichweite, schluckte ich meinen Ekel runter und sprang laut fauchend auf den Rücken der Sabberschnauze. Kaum gelandet, verbiss mich in dessen Nackenfalte.

    Igitt, schmeckte das widerlich! Automatisch ließ ich los – und der Köter nutzte die Chance. Oder das, was er dafür hielt. In Zeitlupe rollte er sich auf den Rücken, um mich abzustreifen. Ich saß zu dem Zeitpunkt schon in sicherer Entfernung, aber sein Frauchen hing noch immer am anderen Ende seiner Leine.

    Das Durcheinander aus Röcken, mehr oder weniger behaarten Beinen und fliegendem Entenfutter

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