Osmans Alltag: Geschichten zum Schieflachen
Von Osman Engin
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Über dieses E-Book
Seit 2002 werden die Geschichten von Osman Engin in der wöchentlichen Glosse Alltag im Osmanischen Reich von Radio COSMO gesendet und genießen heute Kultstatus.
In "Osmans Alltag" sind die 109 beliebtesten Geschichten aus den Jahren 2015 bis 2017 zusammengefasst.
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Rezensionen für Osmans Alltag
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Buchvorschau
Osmans Alltag - Osman Engin
Osman Engin
OSMANS
ALLTAG
Zwischen Köfte und
Korinthenkackern
wortartLogobuch_fmt.jpegInhalt
Titelseite
Mit Zombie ins neue Jahr
Der Schneemann
TÜV ist nix ALDI
Hatice kommt nicht!
Der Drohbrief
Alles vereist!
Osmans schwere Geburt
Rührstück im Ruhrgebiet
Nedims kleine Groß-Demo
Deutschland gegen DDR
Hatice und Kindergarten
Führerschein mit 67
Mir geht’s gut – ich sterbe!
Knapp am Nobelpreis vorbei
Der Spielverderber
Walum?
Nachts im Bürgerpark
Wohnungssuche mit Künstlernamen
Der 50-jährige 100-Jährige
Der kuule Papa
Die Pätschwörkfämily
Die original Meerwasser-Therapie
Nedim, der Menschenschmuggler
Wählen auf Türkisch
Die Willkommenskultur
Osmans Gemüseladen
Osman, der Pegida-Star
Die Große-Nationale-Müll-Partei
Mit Kindern reden
Der nette Einbrecher
Hatices Hungerstreik
Ünglück in Starbüüks
Der barmherzige Sarrazin
Frisch gewaschene Ehe
Das neue Rotlichtmilieu
Türkisch bezahlen
Sturzbesoffen am Steuer
Rüdiger, der nette Animateur
Der türkische Don Kischot
Super erholt
Gratisnümmerchen
Die Politessin Uschi
Osman drückt die Schulbank
Brautschau
Beautybehandlung für Hasso
Der Leserbrief
Der türkische Robin Huud
Kondom-Chaos
Osmans große Theaterliebe
Hitzeschlacht
Meine Heizung pfeift
Moin! Moin!
Die Krawall-Media
Der peinliche Gast
Flüchtlinge willkommen
Osman, der Internet-Millionär
Flüchtling auf Bestellung
Osmans Namensvetter
Das Ehe-Gespräch
Die guten alten Autos
Das Engin’sche Friedensmanifest
Schschschttt!
Ahmet, das Pädagogikgenie
Osman wird abgeschoben
Die Akte Osman
Das Landei
EM fällt in den Brunnen
Nichtrauchen ist ungesund!
Die Horror-Landung
Der selbst gemachte Kirschsaft
Gesetzlicher Mindestlohn fürs Ramadanfest
Die Wett-Reise
Dichter der Landstraße
Hat Morgenstund Gold im Mund?
Der Packesel
Die Vorteile des Älterwerdens
Osman auf der Überholspur
Herr Dünnebier macht sich dünne
Die Schlacht um Verdun
Einmal Millionär und zurück
Der Frankreich-Knigge
Kreative Bafög-Aufstockung
Blaindait mit mir selbst
Hans, das Flohmarktgenie
Deutsch-türkische Freundschaft
Schichtwechsel
Wie ein Truthahn
Laktosefreier Geburtstag
Osman, das Toto-Genie
Karnickelweg feiert Weihnachten
Osterfeuer an Weihnachten
Mein Dorf brennt!
Unsere Wasserader tropft
Unser Selbstmordattentäter
Schnell wie die Post
Hatices Trick
Kaming aut!
Der Gutmensch-Nazi
Am letzten Freitag
Fußball-Konferenz
Helikopterväter
Mit Skin im Restaurant
Mein hochpolitisches Buch
Der kranke Hypochonder
La Baguette de lö Croissant
Mein Weltbestseller
Neulich im Jugendamt
Nicht putzende Putzfrauen
Osman-Allee
Impressum
Mit Zombie ins neue Jahr
In der Türkei sagt man: »Wie man in das neue Jahr hineinkommt, so geht es auch weiter!«
Deshalb werde ich das neue Jahr mit leckerem Essen und attraktiven Frauen empfangen. Meine Frau Eminanim hat nämlich schön gekocht und ein halbes Dutzend hübscher Freundinnen zur Silvesterfeier eingeladen.
Vorher habe ich noch alte Bekannte draußen auf dem Land besucht und fahre um 22 Uhr los, damit ich rechtzeitig zu Hause bin. Ich trete das Gaspedal bis zum Anschlag durch! Mein tiefergelegter 68er-Ford-Transit legt sich in die Kurven wie eine Formel-1-Maschine. Auf der einsamen Landstraße rase ich mit 60 Kilometern in der Stunde durch die Nacht.
Und prompt lande ich in einer Verkehrskontrolle. Ich fahre an die Polizeisperre heran und bekomme einen Schock! Ein Toter! Zwei Meter vor mir liegt ein toter Mensch mitten auf der Fahrbahn. Ein grauenhafter Unfall ist passiert. Ein roter BMW hat sich um einen Baum gewickelt.
»Hallo, dürfte ich bitte vorbeifahren? Ich werde dringend zu Hause erwartet«, rufe ich einem der Polizisten zu, die gerade die Spuren sichern. Der Notarztwagen ist noch nicht da, aber dafür zwei Kameratiims vom Privatfernsehen.
Für eine Sekunde habe ich sogar das Gefühl, dass selbst der Tote mich erhört hätte, aber diese Männer in Uniform nicht.
Die Zeit vergeht und ich hocke zusammen mit einem Toten auf der B 6. Die Polizei macht keine Anstalten, die Straße zu räumen. Es ist zum Verrücktwerden!
Bei Allah, mit gutem Essen und schönen Frauen wollte ich das neue Jahr beginnen, stattdessen muss ich neben einem toten BMW-Fahrer ausharren.
Was will das Schicksal mir denn damit sagen? Werde ich bald selbst den Löffel abgeben?
»Herr Polizist, bitte, bitte, darf ich ganz vorsichtig dran vorbeifahren? Bei dem Mann kann ich sowieso nicht mehr viel falsch machen. Die Leiche ist ohnehin schon tot!«
Die Glocken der Dorfkirchen ringsum fangen an zu läuten. Wir haben also bereits Mitternacht. Und die Polizisten lassen die Sektkorken knallen.
So abgebrüht will ich auch mal sein, um auf das Wohl einer frischen Leiche zu trinken.
In dem Moment sehe ich erschrocken, wie die Leiche langsam aufsteht und sich zwei Sektgläser schnappt. Blutverschmiert torkelt der Mann auf mich zu, drückt mir ein Sektglas in die Hand und sagt fröhlich: »Mann, Sie haben aber toll mitgespielt, danke!«
»Wie, was habe ich gespielt?«, stottere ich.
Ich bin total verwirrt! Bis jetzt hatte ich noch nie mit einem Zombie gesprochen.
»Mein Herr, wir stellen hier fürs Fernsehen unter realistischen Bedingungen einen Verkehrsunfall an Silvester nach. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit und frohes neues Jahr.«
Ich packe ihn wütend am Kragen: »Gleich bekommst du es noch realistischer, du Zombie! Du weißt ja bereits, wie man sich als Toter fühlt!«
In letzter Sekunde geht der Regisseur doch noch dazwischen.
Ein Glück aber auch. Sonst hätte ich das neue Jahr wohl mit hässlichen Männern im Knast begonnen.
Der Schneemann
Ausgerechnet heute Morgen ist wieder der tiefste Winter!
Bei klirrender Kälte springt mein alter Ford Transit nicht an. Seltsame Geräusche gibt er von sich.
»Woor woorrr, hy hy hy, by by by ...«
Ich kann genau verstehen, was er sagt. Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der Ford Transitisch sprechen kann.
»Lass mich in Ruhe, bei dem Sauwetter setze ich nicht mal ein Rad auf die vereiste Straße«, heißt es.
»Du hast ja recht, aber ich muss zur Arbeit«, flehe ich ihn an.
»Gy gy gy, hor hor hor!«
Was so viel bedeutet wie: »Sel ber schuld, bei Mil li o nen von Ar beits lo sen in Deutsch land wür de es über haupt nicht auf fal len, wenn du auch zu Hau se bleibst.«
Nach 20 Minuten steige ich frustriert aus.
»Du schickst mich also bei dieser Kälte zu Fuß zur Arbeit?«, schimpfe ich und mache die Motorhaube auf, damit er genauso friert wie ich.
Ich bin schon fast erfroren. Mein Gesicht erst!
Hastig öffne ich die Thermoskanne und kippe etwas dampfenden Tee über mein erfrorenes Gesicht, bis sich an meiner Nase braune Eiszapfen bilden.
Da sehe ich von Weitem einen anderen Ford Transit, der in meine Richtung fährt. Hasans Wagen erkenne ich unter Tausenden. Der linke Scheinwerfer zeigt nach oben, der rechte nach unten.
»Halloo, Hasaan! Heiß geliebter Arbeitskollege, bleib doch stehen, nimm mich mit!«
Aber er versucht nicht mal anzuhalten. Wie sollte er mich auch bei dieser Dunkelheit und dem Schneetreiben überhaupt erkennen? Bei dem zweieurostückgroßen Guckloch, das er an seiner Windschutzscheibe freigekratzt hat, muss ich schon froh sein, dass er mich nicht überfahren hat.
Ich springe in Hasans offenen Anhänger. Den hat er immer an seinem Wagen dran, um für plötzlich auftauchenden Sperrmüll gewappnet zu sein.
Kaum sind wir auf dem Parkplatz von Halle 4, da sehe ich auch meinen eigenen Ford Transit durch das Werks-tor rollen.
Bei Allah, wie kommt denn meine sture Kiste alleine hierher? Kennt der Wagen die Strecke schon im Schlaf, oder was?
Mein Sohn Mehmet kurbelt das Fenster an der Fahrerseite herunter und lacht: »Vater, was liegst du denn da in dem Anhänger? Hast du wieder so viel Knoblauch gegessen, dass Onkel Hasan dich nicht mehr vorne reinlässt?«
»Im Winter fahre ich immer so zur Arbeit, das macht munter. Aber was willst du denn eigentlich hier?«, sage ich mit klappernden Zähnen.
»Kannst du mir etwas Geld geben?«, fragt er.
»Der Transit sprang vorhin überhaupt nicht an. Was hatte er denn?«
»Ach, nichts. Ich hatte gestern nur den Tank leer gepumpt, weil ich bei der Demo gegen rechts etwas Benzin für die Molotowcocktails brauchte.«
Außer mir vor Wut reiße ich mir den dicksten Eiszapfen von der Nase, um ihn Mehmet auf den Kopf zu hauen. Aber ich kann es nicht. Mein Arm ist total festgefroren!
TÜV ist nix ALDI
Mein Sohn Mehmet hat in nächtelanger Schwerstarbeit unseren Ford Transit ein ganzes Stück tiefergesetzt, obwohl der arme Wagen ohnehin am Boden liegt, wenn die ganze Familie einsteigt.
Aber ich muss zugeben, unser Ford Transit sieht jetzt wirklich supersportlich aus, wie ein echter Modellathlet!
»Vater, ich war für diesen Geniestreich zuständig und du musst den bürokratischen Kram erledigen«, prahlt er mit stolzgeschwellter Brust.
Mit anderen Worten: Er schickt mich zum TÜV, um die große Verwandlung unseres Lieblings für alle Zeiten in seiner Geburtsurkunde verewigen zu lassen.
Ich ziehe im großen Saal eine Nummer vom Automaten und setze mich zu den anderen Wartenden. Nummer 68! Ein Zeichen Gottes. Genauso viel PS hat nämlich auch mein Ford Transit. Und beschleunigt damit von null auf hundert in sagenhaften drei Minuten und 20 Sekunden.
In dem Moment höre ich plötzlich, wie jemand brüllt: »Hier nix Sozialamt! Du gehen erst Gebühr zahlen! Gebühr! Geld! Para, para!«
Zum Glück bin diesmal nicht ich gemeint.
Die Frau, die auf keinen Fall den TÜV mit dem Sozialamt verwechseln soll, steht unsicher vor dem Schalter, zupft verschämt und verwirrt an ihrem Kopftuch rum und bringt kein Wort heraus.
Das verleitet den Schalterbeamten dazu, gleich noch einen grandiosen Witz hinterherzuschieben.
»Du, hier nix ALDI, TÜV nix billig!«, und fuchtelt mit einer ALDI-Tüte rum, die er wohl für solche Fälle vorsichtshalber bei sich deponiert hat. Dabei schaut er stolz zu seinem Kollegen rüber, der sich über diesen genialen Witz schier kaputtlacht.
Das verleitet die arme Frau dazu, noch stärker an ihrem Kopftuch rumzuzupfen.
Sofort springe ich hoch und biete der Dame meine Hilfe an. Der Satz ›Du, hier nix ALDI‹ schweißt ungemein zusammen.
Sie drückt mir total erleichtert ihre Unterlagen in die Hand und lässt sich erschöpft auf meinen Stuhl fallen.
Ich spurte sofort los und eine knappe halbe Stunde später bin ich wieder zurück.
»Hier, gnädige Frau, alles erledigt! Und keine Sorge, niemand hat mir eine ALDI-Tüte über den Kopf gezogen. Mir gegenüber waren die Brüder richtig freundlich.«
»Freundlich? Das wüsste ich aber! Nur weil ich aufm Kopf ein paar Lockenwickler trage, werde ich von diesen Idioten ständig schikaniert«, schimpft sie sauer.
»Sie sind vielleicht lustig! Das nennt man doch nicht Lockenwickler. Das heißt Kopftuch. Glauben Sie mir, ich kenne mich mit dem Ding aus. Kopftuch ist doch das einzige Regierungsprogramm in der Türkei.«
»Mit dem Kopftuch will ich doch nur was verstecken«, meint die Frau grundehrlich.
»Genau wie meine Frau«, lache ich. »Sie will mit dem Kopftuch auch nur ihre weißen Haare verstecken, wenn sie keine Zeit zum Färben hat.«
»Wo denken Sie denn hin, ich habe doch keine weißen Haare«, zischt sie empört. »Mein Problem ist, dass mein Mann mich immer im ungünstigsten Moment zum TÜV schickt, um einen seiner bescheuerten Wagen umzumelden, wenn ich gerade Lockenwickler im Haar habe. Wir haben ein kleines Autohaus, wissen Sie?«
»Ach, Sie sind gar keine Türkin?«, frage ich ziemlich überrascht.
»Natürlich nicht. Sehe ich etwa so aus? Nur wenn ich das Kopftuch aufhabe, hält mich jeder dafür. Aber ich kann doch nicht mit einem Dutzend Lockenwicklern aufm Kopf auf der Straße rumlaufen. Also binde ich mir schnell ein Tuch um die Haare. Dann werde ich von den Idioten hier jedes Mal total blöd angemacht, von wegen ›Hier nix Sozialamt, hier nix ALDI‹.«
»Gnädige Frau, ich gebe Ihnen mal einen guten Rat. Gehen Sie lieber ab und zu mal zum Frisör Ihres Vertrauens und lassen Sie sich eine anständige Dauerwelle verpassen. Glauben Sie mir, der nervigste dauerlabernde Barbier ist bei Weitem nicht so schlimm wie ein eingebildeter, blöder Rassist!«
»Ist schon okay so«, lächelt sie zufrieden. »Bisher hat mir jedes Mal sofort irgendein Türke geholfen und die nervige Laufarbeit erledigt!«
Hatice kommt nicht!
Bei Eminanim setzen sehr plötzlich die Wehen ein.
Unsere jüngste Tochter Hatice soll heute zur Welt kommen.
»Während Mütter ein Kind gebären, gebären Väter Neunlinge«, sagt der Volksmund.
Dieser Spruch gilt natürlich nur für die bedauernswerten, unerfahrenen Erstlingsväter.
Die Geburt eines Kindes ist doch ein ganz normaler biologischer Vorgang, der auf der Welt bereits mehrere Milliarden Male stattgefunden hat.
Gegen die drohende Langeweile im Krankenhaus packe ich mir einige Krimis und auch ein Sudoku-Heft ein.
Ich bestelle nicht mal ein Taxi. Wir fahren ganz locker mit unserem eigenen Ford Transit in die Klinik und parken dort.
»Osman, warum fährst du zu Halle 4? Musst du denn heute arbeiten? Dann wäre es nett, wenn du mich vorher beim Krankenhaus absetzen würdest. Unsere kleine Hatice könnte nämlich jeden Moment kommen«, meint Eminanim.
»Oh, dieser freche Ford Transit fährt wohl, wohin er will! Ich muss mit ihm später mal ein ernstes Wort reden«, antworte ich souverän und ändere die Richtung. »Mal gucken, was es wird, Junge oder Mädchen?«, sage ich betont gleichgültig, damit meine Frau sich nicht weiter aufregt.
»Dass es ein Mädchen wird, wissen wir doch längst. Du hast für sie sogar schon den hübschen Namen ›Hatice‹ ausgesucht.«
»Namen darf man auch nicht überbewerten! Erst recht bei Ungeborenen«, antworte ich wieder richtig souverän. Einer von uns beiden muss ja den Überblick behalten.
»Osman, fahr bitte nicht überall bei Rot durch. So eilig ist es auch wieder nicht.«
»Wie bitte? Wo war denn hier eine Ampel?«
»Halt, stopp! Da war doch rechts eine riesengroße Parklücke!«
»Parklücke? Wofür? Du bist ja völlig durcheinander. Wollen wir denn jetzt nicht zum Krankenhaus fahren?«
»Ja, wollen wir. Und du bist gerade am Krankenhaus vorbeigefahren!«
»Was? Ach, in dieses Krankenhaus willst du diesmal?«
»Ja, wie bisher bei allen unseren Kindern. Dort haben wir doch denselben Kreißsaal reserviert wie beim letzten Mal.«
»Eminanim, reg dich bitte nicht auf und sei nicht so hysterisch wegen der Geburt. Das passiert doch täglich millionenfach auf der Welt. Komm jetzt«, beruhige ich sie und springe elegant und lässig aus dem Wagen.
»Osman, du bist ja mit deinen Pantoffeln gefahren. Hiiii ... hiiii ... hiiii ...«, lacht sie sich kaputt, sodass ich mir Sorgen machen muss, dass sie eine Frühgeburt erleidet.
Dann rennt sie sofort ins Krankenhaus rein und kommt mit zwei Schwestern und einem rollenden Bett wieder heraus. Die arme Eminanim! Sie kann sich überhaupt nicht mehr auf den Beinen halten und dreht sich fürchterlich. Mit ihr zusammen drehen sich das Bett und das gesamte Krankenhaus.
Die beiden Schwestern werfen mich auf das rollende, sich drehende Bett und schnallen mich fest.
Nach vier Stunden weckt mich meine Frau auf und meint: »Fehlalarm. Unsere kleine Hatice kommt heute doch noch nicht.«
»Das ist aber unverschämt. In dem Alter, quasi mit minus eins, kann so ein Mädchen doch nicht einfach kommen und gehen, wann es will«, schimpfe ich. »Die freche Hatice bekommt aber ’ne Tracht Prügel, wenn sie endlich da ist!«
Der Drohbrief
»Osman, wir haben die Nase voll von deinen ewigen Lügen. Wir bringen dich um!«
Als meine Frau diesen anonymen Brief liest, wird sie kreidebleich.
»Osman, wer kann das bloß geschrieben haben?«
»Irgendjemand, der mich nicht mag«, sage ich kuul und souverän.
»Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nichts Politisches schreiben sollst! Da draußen laufen massenhaft Fanatiker rum! Schreib doch mal einen schnulzigen Liebesroman mit viel Herzschmerz. Das kann doch jeder!«
Ich werde verrückt! Meine Frau macht sich Sorgen um mich. Diesen besonderen Tag sollte ich mir im Kalender ankreuzen.
»Wir müssen für dich sofort Polizeischutz anfordern«, stammelt sie.
»Ach, Mäuschen, ich hab doch keine Angst«, lächele ich wie John Wäyne.
Liebe Leserinnen und liebe Leser, euch kann ich ja verraten, dass ich mir diesen Brief selber geschrieben habe. Ich will damit in unsere leicht angestaubte Beziehung etwas Schwung bringen. Obwohl es schon ein Armutszeugnis für einen Ehemann ist, wenn er von seiner Frau nur dann beachtet wird, wenn ihn jemand umbringen will.
»Osman, höre zu: ›Das Fotomodell Lisa wird von den Männern umschwärmt. Aber zu keinem hat sie eine engere Beziehung – die Enttäuschung durch Daniel kann sie nicht vergessen. Als sie sich nach sieben Jahren wiedersehen, spürt Lisa sofort, dass er sie nie vergessen hat.‹«
Ich glaube, meine Frau ist vor lauter Angst völlig verrückt geworden.
»Eminanim, was ist denn los mit dir? Hab doch nicht so viel Angst wegen dem doofen Brief. Es wird schon alles gut werden.«
»Osman, du kapierst auch gar nichts! Ich hab dir nur die erste Seite aus einem Julia-Liebesroman vorgelesen. So etwas sollst du schreiben. Das sind Themen, die die Menschen bewegen. Und nicht so ein Schwachsinn wie Rassismus, Demokratie, Arbeitslosigkeit oder Wohnungsnot.«
In dieser Nacht schlafe ich seit Monaten wieder seelenruhig ein.
Ein herrliches Gefühl, zu wissen, dass die eigene Ehefrau sich um einen sorgt.
Am nächsten Tag stammelt meine Frau völlig müde: »Osman, ich habe die ganze Nacht kein Auge zumachen können.«
Weil ich ja weiß, dass es diesmal nicht nur an meinem Schnarchen lag, bekomme ich doch etwas Gewissensbisse.
»Eminanim, ich muss dir was gestehen. Ich selber habe diesen schrecklichen Brief geschrieben, um ein wenig Interesse von dir zu erhaschen.«
»Osman, das ist lieb von dir, dass du mich trösten willst. Aber diesen neuen Brief hier hat mir der Postbote gerade selber in die Hand gedrückt. Der Inhalt ist der gleiche.«
Bei Allah, das kann doch nicht wahr sein! Ich habe keinen zweiten Brief geschrieben!
Ich verstecke mich blitzschnell im Kleiderschrank und kreische: »Eminanim, ruf sofort die Polizei, die Feuerwehr, das Militär und die CNN. Ich brauche unbedingt Polizeischutz!!!«
Alles vereist!
Gott, ist das heute kalt!
Ich habe einen neu eröffneten Schnäppchen-Laden besucht und versuche nun, mit der Beute zu meinem Ford Transit zurückzukommen. Es ist bereits stockdunkel, es schneit immer noch und ich versuche, auf der vereisten Straße mit den gerade erworbenen zwei Dutzend Teegläsern, der Thermoskanne und dem großen Spiegel in den Händen zu meinem Auto zu balancieren.
Aber ich kriege die Autotür nicht auf. Das Schloss ist total vereist!
»Versuchen Sie es mal mit heißem Wasser«, sagt ein Passant im Vorbeirutschen.
Der Kerl kann noch denken. Mir ist inzwischen alles eingefroren. Inklusive Gehirn!
Ich stelle den Einkauf auf das Autodach und bewege mich ganz vorsichtig zur nächsten Haustür und klingele.
»Entschuldi...«
Patsch! Die Tür geht vor meiner Nase wieder zu! Ich rutsche ein Haus weiter.
»Entschuldigung ...«
Patsch! Toll! Der hat mir wenigstens gestattet, mich für meine Unverschämtheit zu entschuldigen.
Die nächste Tür öffnen drei hübsche Thailänderinnen