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Wo soll's denn hingehen?: Taxigeschichten aus dem Breisgau
Wo soll's denn hingehen?: Taxigeschichten aus dem Breisgau
Wo soll's denn hingehen?: Taxigeschichten aus dem Breisgau
eBook212 Seiten2 Stunden

Wo soll's denn hingehen?: Taxigeschichten aus dem Breisgau

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Über dieses E-Book

Willi Dommer erzählt von erheiternden Begegnungen, interessanten Bekanntschaften und skurrilen Situationen aus seiner Zeit als Taxifahrer in Freiburg, Emmendingen und Umgebung. Der Autor chauffiert den "Erzengel Gabriel" ins Zentrum für Psychiatrie und bringt einen düsteren Typen mit Maschinenpistole heim zu seiner keifenden Mutter in einer biederen Doppelhaushälfte. Er verzichtet aus Geruchsgründen auf ein erotisches Abenteuer mit einer polnischen Haushaltshilfe und heimst stattdessen frühmorgendliche Küsse von jungen Disco-Besucherinnen ein. Er steuert Orte im Kaiserstuhl an, die er bislang nur als Herkunftsangaben auf Weinflaschen-Etiketten kannte, bringt einen jungen Mann in kurzem weißen Kleidchen in aller Herrgottsfrühe zum Hauptbahnhof und hilft einem chaotischen, aber durchaus liebenswerten Oberregierungsrat bei der verzweifelten Suche nach seiner Bahncard. Nicht zuletzt lernt er einen Beat-Musiker der ersten Stunde kennen: Frankie, Frontman der Yankees und Urheber des Dauerbrenners "Halbstark".
Nach sechs Jahren werden ihm indes – angesichts von schweren Reisekoffern, Rollstühlen und Rollatoren – seine körperlichen Grenzen bewusst und er stellt kurzerhand seinen Rentenantrag.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum13. Aug. 2015
ISBN9783739275642
Wo soll's denn hingehen?: Taxigeschichten aus dem Breisgau
Autor

Willi Dommer

Willi Dommer wurde 1952 im westfälischen Münster geboren und studierte dort Soziologie, Germanistik und Pädagogik. Nach der Promotion in 1981 absolvierte er ein zweijähriges Volontariat bei einer Tageszeitung im nördlichen Ruhrgebiet. Von 1985 bis 2002 war er als Redakteur bei der Zeitschrift 'esotera' in Freiburg beschäftigt. 1990 erschien im Freiburger Verlag Hermann Bauer sein erstes Buch 'Wo die alten Götter weiterleben' über die Relikte steinzeitlicher und keltischer Spiritualität in Europa. Nach der Auflösung des Verlags arbeitete er als Paketbote und bis zur Rente als schreibender und malender Taxifahrer in Emmendingen. Seit 2015 Rentner und Buchautor in Simonswald.

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    Buchvorschau

    Wo soll's denn hingehen? - Willi Dommer

    unbeabsichtigt.

    Der Schlegel-Horscht

    Kennengelernt habe ich ihn in »Bernd’s Imbiss« im Industriegebiet Hochdorf, direkt neben Büromöbel Fortschritt. An einem der Tische der überdachten Imbissbude sitzt ein alter Mann vor einem Glas Sekt. Eine qualmende Zigarre im Aschenbecher, zwei leere Zellophan-Hülsen daneben, zwei volle als Nachschub aus der Brusttasche des Hemdes hervorragend. Der Alte trägt eine Art Angler-Weste mit unzähligen Taschen und einen beige-grünlichen Leinenhut, die Krempe an einer Seite nach oben geklappt.

    »Bist Du das Taxi?« fragt er, als ich mich bemerkbar mache.

    »Nee, das steht draußen«, entgegne ich, »aber ich fahre es«.

    Er quält sich schwerfällig und unter Stöhnen vom Stuhl hoch. »Geh’ schon mal vor«, sagt er. »Bei mir dauert es länger.«

    Der Alte schleppt sich langsam und ausgesprochen tapsig in Richtung Taxi, stöhnt immer wieder, vor allem als er sich – hörbar unter Schmerzen – auf den Beifahrersitz sacken lässt. »Nach Hugstetten«, instruiert er mich, »aber vorher machen wir noch einen Abstecher nach Hochdorf. Ich sag Dir wo’s lang geht.«

    »Okay … Dann mal los.«

    Nach mehrmaligem Abbiegen halten wir in Hochdorf vor einem zurückliegenden Wohnhaus. Im Hinterhof befindet sich ein Friseursalon. »Warte hier. Gleich geht’s wahrscheinlich weiter.« Der Alte hievt sich ächzend aus dem Wagen und schlurft bedächtig in den Hof. Der Taxameter läuft. 12 Euro 80, 12 Euro 90, 13 Euro … Nach geraumer Zeit bequemt sich der Alte zum Taxi. »Ich bleibe doch hier.«

    ›Schade‹, denke ich. Die Weiterfahrt nach Hugstetten hätte an die 18 Euro gebracht. Aber auch so kassiere ich immerhin 13 Euro 40.

    Am darauffolgenden Sonnabend, einem sonnigen Spätsommertag, stehe ich als Elfter oder Zwölfter am Freiburger Hauptbahnhof in der langen Schlange, als ein Auftrag von der Zentrale piepsend auf dem PDA-Display erscheint: »Schlegel, katholische Kirche Schallstadt, Wochenmarkt. Ziel: Hugstetten.«

    Niemals zuvor bin ich in jenem Schallstadt gewesen, noch weiß ich wie man dort zur katholischen Kirche gelangt. Das Navigationssystem führt mich über die Basler Straße, die Guildford- und Matsuyama-Allee stadtauswärts und lässt mich dann rechts in Richtung Bad Krozingen abbiegen. »Wolfenweiler, Gemeinde Schallstadt«, lese ich auf dem Ortsschild. Die weibliche Navi-Stimme führt mich nun zielsicher an das Portal einer Kirche. Weit und breit ist allerdings kein einziger Marktstand zu sehen. Was nun?

    Angesprochene Passanten klären mich darüber auf, dass ich vor der evangelischen Kirche gelandet bin. Der Wochenmarkt sei indes beim Gotteshaus der römisch-katholischen Mitchristen. In Kaiser’s guter Backstube an der B 3 erkundige ich mich nach dem Weg dorthin und werde bestens beraten. Es ist ja auch eine GUTE Backstube. Und sie verdient offenbar ihr Attribut – sogar in Sachen Fremdenführung.

    Nur ist der Wochenmarkt an der Kirche – wohlgemerkt der katholischen –  augenscheinlich längst gelaufen. Ein letzter Händler verstaut seine nicht verkaufte Ware im Anhänger. Einige Übriggebliebene sichern sich vor dem drohenden Nachhauseweg ihre abschließende Grillwurst mit Pommes oder Brot für den geschundenen Magen. Einer von denen deutet grinsend nach rechts in Richtung Getränkezelt: »Wein, Bier und Obstsäfte aus eigener Produktion«, verspricht ein Schild. Die Frau hinter dem Schanktisch weist nach links in die hintere Ecke. Dort hockt er, der Schlegel-Horscht. Vor sich auf dem Biertisch eine qualmende Zigarre im Stanniol-Aschenbecher, zwei leere Hülsen daneben, dazu ein halbvolles Glas mit Weißwein oder Schorle, vielleicht auch Sekt oder gar Prosecco.

    Der alte Mann schaut müde auf, erkennt mich als seinen Chauffeur wieder und sagt: »Moment noch.« Kein Problem, denn die Frau am Ausschank kredenzt mir freundlich ein Glas Apelschorle. Naturtrüb. Sehr lecker. Wirklich.

    Horscht stemmt sich umständlich in den Stand hinauf, steckt die Zigarre in den Mund und deutet auf sein Gepäck. Ich trage die Plastiktüte und den offenbar so gut wie leeren Rucksack langsam zum Taxi; der alte Mann schwankt noch langsamer hintendrein. Ich solle nicht ungeduldig sein, gibt er mir mit fahrigen Gesten zu verstehen. Heute braucht er ausgesprochen lange, hält sich eine Zeit lang an der Karosserie fest, hievt sich dann ungefähr in Richtung Beifahrersitz und lässt sich stöhnend, offenbar unter gehörigen Schmerzen hineinplumpsen, zieht die Beine nach.

    »Das war wohl eine Schorle zu viel«, so sein Kommentar zu der Prozedur.

    ›Lass es gut und gerne drei oder vier über den Durst gewesen sein‹, denke ich.

    »Wir fahren jetzt erst mal nach Hugstetten«, erklärt er mir nach kurzem Nickerchen. »Zur Tankstelle. Da holst Du meine Scheckkarte.« Er schnarcht eine Weile, kommt dann ruckartig wieder zu sich und fährt fort: »Dann geht’s weiter nach Buchheim. Zur Raiffeisen-Bank. Da hebst Du am Geldautomaten 150 Euro für mich ab. Sonst kann ich Dich nämlich nicht bezahlen.«

    Ich nicke. »Mach ich glatt.« Frage mich aber, wieso mein Fahrgast seine Scheckkarte ausgerechnet an einer Tankstelle hinterlegt. Prompt diktiert er mir obendrein seine Geheimnummer, die ich während der Fahrt über die Besançon-Allee auf meine Handinnenfläche schreibe. Merkwürdig – genaugenommen bin ich doch ein Fremder, denn der alte Mann kennt mich allenfalls seit einer Woche.

    Über die Padua- und Granada-Allee – allesamt nach Partnerstädten Freiburgs benannte Teilstücke der westlich der Stadt verlaufenden Umgehungsstraße – biege ich in die Markwaldstraße ein, fahre durch das Industriegebiet Hochdorf nach Hugstetten.

    Der Alte kann kaum die Augen offen halten, atmet schwer. Stöhnt immer wieder.

    »Nicht einschlafen, Horscht«, bitte ich ihn.

    »Ich hab’ doch Gehirnschwund«, erklärt er mir, als wir Hochdorf rechts liegen lassen. Dann nach geraumer Pause: »Nicht geistig. Da bin ich völlig klar. Nur mein Körper macht nicht mehr so wie ich will.« Also ein innerkörperliches Kommunikationsproblem.

    Nun denn, das scheint’s zu geben, dass nur bestimmte Hirnareale vom Schwund betroffen sind. Und vermutlich trägt der Alkohol das Seine dazu bei.

    Mittlerweile haben wir die besagte Tankstelle in Hugstetten erreicht. Übrigens eine der teuersten weit und breit. Ich stelle den Motor ab, gehe hinein und sage zum Tankwart, vielleicht auch Pächter: »Ich soll die Bankkarte vom Schlegel-Horscht holen.«

    »Die ist nicht hier«, informiert mich der Mann achselzuckend. »Die hat der Rolf mit nach Oberbergen genommen. Aber der kommt nicht vor heut’ Abend zurück.« Er bequemt sich hinter der Kasse hervor. Offenbar will er den Alten selber informieren. Der regt sich kein bisschen über die Spazierfahrt seiner Scheckkarte in den Kaiserstuhl auf, sondern stellt lakonisch fest: »Dann gibst Du mir halt 150 Euro.«

    Abermals reagiert der Tankwart mit Achselzucken: »Tut mir leid, Horscht. Hab’ ich nicht. Die Leute zahlen ja alle mit Karte. Die Kasse ist so gut wie leer.«

    Der Alte wird giftig: »Du Arschloch! 150 Euro. Bin ich Euch das nicht mehr wert?« Er schimpft weiter, wobei der umgangssprachliche Begriff für den schließmuskelbewehrten Ausgang des Enddarms den Großteil der lautstarken Kanonade ausmacht.

    Der Tankwart senkt mehrfach beschwichtigend seine Handflächen gen Erdboden. »So nicht, Horscht. Komm’ mal wieder runter. »

    Der Alte wettert indes unbeirrt weiter. »Schlappe 150 Euro! Ist das etwa zuviel verlangt? Du Arschloch!«

    Doch der Angesprochene bleibt ruhig. »Noch ein Wort in dieser Art, Horscht, und Du kannst ein für allemal sehen, wo Du bleibst.«

    Horscht schluckt und überlegt sich offenbar die weitere Vorgehensweise.

    Ich habe mein Geld längst in den Wind geschrieben. Zumindest für heute. Leider muss ich es dem Chef bei Feierabend abliefern – und sei es auch aus eigener Tasche. Schlegel schaut auf seine Armbanduhr und hat offenbar eine zündende Idee.

    »Weißt Du was?« Er wendet sich zu mir. »Meine Frau müsste eigentlich mittlerweile daheim sein. Da fährst Du mich jetzt hin, und sie zahlt Dich aus. Alles kein Problem. In die Alemannenstraße. Is’ gleich um die Ecke.«

    Schwerfällig hievt er seine Beine wieder in den Wagen. Der Taxameter läuft immer noch. Zeigt inzwischen etwa 30 Euro an. Am Hause Schlegel in der nahen Alemannenstraße drücke ich den entsprechenden Klingelknopf. Keine Reaktion. Auch beim zweiten Mal nicht.

    Eigentlich auch egal. Der Tankwart hatte mich vorhin – trotz arger Beschimpfung von Schlegels Seite – beiläufig zu sich her gewunken. »Wenn dem Horscht sei’ Frau nit daheim isch, komm’sch wieder hierhin z’ruck. Ich leg’s us.« Aber das habe ich dem Alten nicht verraten. Die Angelegenheit soll ihm ruhig einige Stunden lang peinlich sein. Sofern ihm überhaupt noch was peinlich ist …

    Jedenfalls schleppt er sich in der Alemannenstraße in seine Behausung – nicht in die Wohnung im ersten Stock, sondern hinter das Vierfamilienhaus. Dort residiert er nämlich in einem hölzernen Ein-Zimmer-Bungalow. Mit Bett, Fernseher, Couchtisch und Kühlschrank.

    »Die Wohnung im Haus hab’ ich meiner Frau geschenkt«, erklärt er, als er meinen fragenden Blick bemerkt.

    Ich fahre zurück zur Tankstelle und erhalte mein Geld – gegen Quittung, versteht sich.

    Einige Tage später hole ich den Schlegel-Horscht auftragsgemäß von daheim ab, schaue vorsichtig durch die Schiebetür mit den Glasfenstern. Der alte Mann sitzt auf dem Bett, raucht, hat den Hut mit der hochgebogenen Krempe bereits auf dem Kopf. Ich klopfe an die Scheibe. Schwerfällig erhebt er sich und stakst auf die Tür zu, die offenbar nie abgeschlossen wird.

    »Bevor wir losfahren«, instruiert er mich, »musst Du mir noch die Blumen ins Taxi bringen.«

    Er macht eine fahrige Handbewegung nach links. Fünf, sieben oder zehn rote Rosen in Zellophan-Hülle stehen in einem Plastikeimer neben dem Pavillon. »Ich will nämlich bei einer sehr lieben jungen Dame vorbeischauen. Da wartest Du einen Moment, und dann geht’s weiter. Fahr los. Ich zeig’ Dir den Weg.«

    Es geht in Richtung Hochdorf. Nach mehrmaligem Abbiegen stehen wir wieder bei dem Friseursalon im Hinterhof. Der Alte wankt mit den Blumen zu einer Tür und steht dort geraume Zeit, nachdem sie von einer jungen Frau geöffnet wurde und er die Rosen mit artiger Verbeugung überreicht hat. Fünf Minuten dauert das. Schließlich stapft er wieder in meine Richtung. »Es kann weitergehen«, sagt er. Der Taxameter steht mittlerweile auf neun Euro achtzig.

    »Du fährst mich jetzt zur Oase«, lautet die Instruktion. Ich blicke offenbar verständnislos drein, denn Horscht erklärt sofort: »Zu Bernd’s Imbiss. Für mich ist es immer noch die Oase.«

    Nun weiß ich Bescheid. Industriegebiet Hochdorf. Direkt neben Büromöbel »Fortschritt«. Ein anderer Kollege wird ihn wohl diverse Schorle und Zigarren später dort abgeholt haben: Zum Friseursalon im Hochdorfer Hinterhof, zur Tankstelle in Hugstetten oder heim in die Alemannenstraße …

    Einige Tage später werde ich wieder zu ihm nach Hause beordert. Er sitzt in seinem Bungalow – sprich: Holzverschlag – und raucht, ausgehfertig mit Hut und Anglerjacke, sieht mich durch die Glasscheibe, quält sich hoch.

    »Imbiss beim Real in St. Georgen«, lautet seine heutige Zielangabe. Ich vergegenwärtige mir kurz den kürzesten Weg: in Hugstetten Richtung Umkirch, dort auf den Zubringer Mitte, in Betzenhausen auf die Besançon-Allee – benannt nach der französischen Partnerstadt Freiburgs –, ins Industriegebiet Haid auf die St.-Georgener Straße. Voilà …

    »Mit Dir fahr ich am liebsten«, teilt mir der Schlegel-Horscht mit. »Ich hab Dir auch schon einen Namen gegeben: Ich nenn Dich Struppi.«

    Darf er ruhig. Ich trage mein Haupthaar bewusst locker. Bloß nicht angeklatscht! Das würde den vergleichsweise kleinen Schädel, die niedrige Stirn und die dicken Backen allzu sehr betonen. Der Fahrtwind hilft mir dabei. So kann der Chef allabendlich bei Schichtende seine witzig gemeinten Bemerkungen über meine Mähne machen, die in ihrer Wirrnis den ungehinderten Blick auf die bloße Kopfhaut verhindern muss – da wo’s immer nötiger wird.

    Überhaupt ist der Horscht heute sehr mitteilsam. »Ich leb niemandem zu leid«, sagt er. »Ich hab immer geholfen, wo es nötig war. Und wenn ich eine Million im Lotto gewinnen würde, dann bekäme ein guter Freund von mir die Hälfte. Der ist nämlich unheilbar krank. Mit dem Geld könnte der zu einem Spezialisten nach Amerika fliegen. Heilen kann der ihn zwar nicht, aber er könnte ihm das Leben erträglicher machen.«

    »Hast Du denn schon mal im Lotto gewonnen?« frage ich ihn.

    »Oh ja! Davon habe ich mein Appartement hinterm Haus bauen lassen. Die Drei-Zimmer-Wohnung im ersten Stock habe ich dann meiner Frau geschenkt.«

    Mittlerweile haben wir den Imbiss am Real erreicht und der Horscht steigt ächzend aus.

    »Vielleicht bis gleich«, murmelt er und quält sich schwankend in Richtung auf den hölzernen Gourmet-Tempel, der in seiner Bauart irgendwie dem Schlegelschen Hinterhof-Verschlag in der Alemannenstraße ähnelt.

    Stunden später treffe ich Kollegin Paula am Intercity Hotel. Kaum hat sie LISA, TINA oder BILD DER FRAU und die diversen Prospekte mit Sonderangeboten aus der Hand gelegt und die Seitenscheibe heruntergefahren, ergeht sie sich in einer Motz-Kaskade – ohnehin ihre übliche Form der Kommunikation: »Wenn der alte Bock glaubt, dass ich ihn in Zukunft auch nur ein einziges Mal durch die Gegend kutschiere, dann hat er sich gehörig geschnitten. So lass ich mich nicht anpflaumen. Der hat doch den Arsch offen! Mit mir nicht! Ich lass mich doch von so ’ner Drecksau nicht zum Affen machen.«

    »Muss ich wissen, um wen es sich handelt?« erkundige ich mich betont zurückhaltend.

    »Na um wen wohl?« legt sie wieder los. »Um das versoffene Miststück aus Hugstetten. Im Imbiss beim Real in St. Georgen hat der sich voll­laufen lassen. Und kaum sitzt er im Taxi hat er mich beschimpft bis zum Gehtnichtmehr. Arschloch, Arschloch, Arschloch, immer wieder Arschloch. Das kann’s ja wohl nicht sein! Auf der Padua-Allee hab’ ich ihm gesagt: ein Wort noch, und Sie können hier aussteigen und zu Fuß heim laufen. Außerdem: bei Taxi Andromeda brauchen Sie gar nicht mehr anzurufen. Das können Sie sich abschminken.«

    »Ich hake erneut ein: »Meinst Du den Schlegel-Horscht?«

    »Ist mir scheißegal wie der Mistkerl heißt. Mit mir fährt der versoffene Drecksack jedenfalls

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