Berliner Freitagsgeschichten: Kurz mal hingehört
Von Marie Meerberg
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Über dieses E-Book
Das Fahrradfahren wird zum Abenteuer, die Bahnfahrt zur Erlebnisstrecke und Mitmenschen sind plötzlich Hauptdarsteller in einem zwar alltäglichen und trotzdem so typischen Hauptstadtgeschehen. Die Autorin beschreibt ihre ganz eigenen Beobachtungen mit einem Augenzwinkern und verleiht der Realität dabei ab und an eine phantasievolle Note.
Marie Meerberg
Marie Meerberg schreibt unter Pseudonym, gerne auf ihrer Lieblingsinsel Föhr und ansonsten überall, wo der Laptop Platz findet. Sie lebt mit ihrem Mann in ihrer Geburtsstadt Berlin und hat zwei erwachsene Söhne. Der Roman 'Doppelt und Vierfach' ist nach der Erzählung 'Unglücksbringer', den 'Berliner Freitagsgeschichten' und 'Corina und Corona' ihre vierte Veröffentlichung.
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Buchvorschau
Berliner Freitagsgeschichten - Marie Meerberg
Über die Autorin:
Marie Meerberg schreibt unter Pseudonym. Sie wohnt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in ihrer Geburtsstadt Berlin.
Ihre Geschichten entstehen vorzugsweise in Berliner Cafés, im Britzer Garten, auf Föhr, in Reisezügen und überall dort, wo ihr Laptop Platz findet. In besonders kreativen Phasen und bei entsprechenden Außentemperaturen arbeitet sie auch gerne auf der Bank vor dem Haus.
Die Berliner Freitagsgeschichten
sind nach der ErzählungUnGlücksbringer
(erschienen 2017 im BoD-Verlag) ihre zweite Veröffentlichung.
Be you, be here, be Berlin
Marie Meerberg
Inhaltsverzeichnis
Shopping Rallye
Gestern in den Öffentlichen
Teure Rache
Frère Jacques
Die tut dir doch nichts
Fahr doch langsamer
Benny und der Weihnachtsmann I
Ausgeschlossen
Nix geht mehr
Zuverdienst
Einbruch ohne Spuren
Mann kocht
Strategien
Traumtyp
Ein Fahrradmärchen
Papa hat viel zu tun
Vorbildlich?
Märchenhaft
Spielsüchtig
Liselotte kauft ein
Doppeltes Glück
Eine unter Vielen
Sprachmodus
Das erste Date
Benny und der Weihnachtsmann II
Shopping – Rallye
Der lange gelbe Bus mit Ziehharmonika-Verbindung kurvt in Alt-Mariendorf rasant um die Ecke.
Mit gefühlten hundert Stundenkilometern. Wir müssten eigentlich jeden Augenblick umkippen. Tun wir aber nicht. Der Fahrer hat alles voll im Griff.
NOCH, denke ich. Mal sehen, wie lange das gut geht.
Wir sind auf dem Weg zur Schlossstraße. Ich brauche dringend eine neue Jacke. Während sich in meinen Gedanken die Marschroute durch das Einkaufsparadies entwickelt, die mich effizient zum Erfolg führen soll, will der vor meinem Sitz eingeparkte Rollstuhlfahrer aussteigen. Er scheint den für ihn erreichbaren Halteknopf nicht zu sehen und ruft stattdessen laut in Richtung Fahrerkabine, während wir schon fast in Höhe der nächsten Haltestelle sind.
Vollbremsung.
Zwei Frauen kreischen hysterisch.
„Ich habe ihr 'Hallo' eben erst gehört, entschuldigt sich der Busfahrer beim Rollstuhlfahrer, springt behände auf, sprintet zur ersten Ausgangstür und klappt flugs die Rampe aus, um den Mann aussteigen zu lassen. „Auf Wiedersehen
, ruft er freundlich, klappt die Rampe wieder ein und flitzt zu seinem Fahrersitz zurück. Wir fahren nun noch schneller. Klar. Der Zwischenstopp muss natürlich zeitlich aufgeholt werden. Zwanzig Sekunden werfen zurück. Vielleicht findet auch gerade die Rallye de Steglitz statt und mein Fahrzeugführer strebt den ersten Platz an. Er hat aus meiner Sicht die allerbesten Chancen.
Ich warte auf die erste Außenspiegelkollision mit links vorbeifahrenden oder rechts parkenden Autos.
Die Gersdorfstraße ist extrem eng. Aber es passiert nichts.
‚Der kann das, der kann das, der kann das…‘, suggeriere ich mir optimistisch, meine innere Anspannung leicht lockernd und den rechten Zeigefinger knetend – das soll angst befreiend wirken. ‚Außerdem hat er rechts und links seines attraktiv gebräunten Gesichts schon leicht ergraute Schläfen – das spricht für ERFAHRUNG‘.
Wir rasen weiter und erreichen in Windeseile die Feuerbachstraße, wo zwei Rentner am Zebrastreifen warten.
Kein Problem für meinen Rennfahrer.
Erneute Vollbremsung.
Diesmal kreischen drei Frauen hysterisch. Ich bin dabei.
Auch wenn die Fahrgäste von seinen unvorhergesehenen Bremsaktionen ganz und gar nicht begeistert sind: es macht Schumi sympathisch, dass er Rücksicht auf Senioren nimmt, die dann im Schneckentempo die Straße überqueren.
Nach Weiterfahrt mit erneuter Geschwindigkeitsüberschreitung (diesmal müssen mindestens vierzig Sekunden aufgeholt werden), kommen wir raketengleich am Walther-Schreiber-Platz an.
Ich löse die Umklammerung meines gut durchgekneteten Zeigefingers (inzwischen dem linken) und steige aus.
Mein Angstschweiß trocknet nur langsam.
Gleichzeitig ist meine Morgenmüdigkeit wie weggeblasen. Ich fühle mich hellwach. Und freue mich über meine BVG-Umweltkarte. Sie ermöglicht mir nicht nur ein Benzingeld- und Parkgebühren-freies Steglitz-Shopping. Wenn die Anfahrt so schnell ist wie heute, wirkt sie sogar gesundheitsfördernd.
Jedenfalls wenn man zu niedrigen Blutdruck hat ;-).
Gestern in den Öffentlichen
Ich fahre im U-Bahnhof Alt-Mariendorf die Rolltreppe herunter. Drei Stufen unter mir steht eine Frau, die ihren Kaffeebecher an den Mund setzt.
Wahrscheinlich trinkt sie in diesem Moment den letzten Schluck aus, denn als sie unten ankommt, stellt sie den Becher einfach rechts von ihr auf die silberne Ablage der Rolltreppe, die sich zwischen Wand und schwarzem Handlauf befindet. Praktisch.
Muss man keinen Abfalleimer suchen. Der übrigens in knapp zwanzig Metern Entfernung zu finden wäre.
Ich überhole die dunkelhaarige kleine Frau um die Fünfundfünfzig.
Es wäre aber schon sehr nett, wenn Sie Ihren Kaffeebecher selbst wegwerfen würden. Sonst müssen es andere für Sie machen
, sage ich freundlich von der Seite.
Mache isch sonst imma. Heut nischt. Gibt aber schlimmer...
Klar.
Schlimmer geht immer...
, stimme ich ihr zu.
Etwas schlimmer ist dann zum Beispiel fünf Minuten später, als sich einem Mann in der S-Bahn der Inhalt seines Kaffeebechers zur Hälfte über den Boden ergießt. Etwas weniger schlimm ist es, wenn er selbst Taschentücher dabei hat, um die Lache nach und nach aufzuwischen. Ich setze mich beim Einsteigen in Tempelhof neben ihn, weil ich zunächst nur den verlockend freien Sitzplatz sehe und das Kaffeeproblem gar nicht wahrnehme. Als die braune Brühe in die Richtung meines Rucksacks läuft, fließt es in mein Sichtfeld.
Vorsicht
, warnt mich der schon ältere, dunkelhaarige Mann mit südländischem Aussehen besorgt, während er versucht, den Kaffee mit einem ehemals weißen Taschentuch aufzusaugen.
Ach herrje
, schnell hebe ich den Rucksack auf meinen Schoß. „Brauchen sie ein weiteres Tuch?"
Nein. Villen Dank, hab' selbst
, antwortet er mir vom Fußboden aus, während er mit einem neuen weißen Tuch die Feuchtigkeit aufsaugt.
Er scheint ohne fremde Hilfe auszukommen. Ich hole mein Handy raus und checke Nachrichten.
Ey, hier hast'e noch'n paar. Für de Hände...
.
Ein älterer Mann im bunt beklecksten Maleroverall von der Bank gegenüber reicht eine noch halb