Der Weg zu den Grauen Wölfen. Zweite erweiterte Auflage: Friseur und U-Boot-Held Willy Meyer
Von Wolfgang Meyer
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Rezensionen für Der Weg zu den Grauen Wölfen. Zweite erweiterte Auflage
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Buchvorschau
Der Weg zu den Grauen Wölfen. Zweite erweiterte Auflage - Wolfgang Meyer
DIE GEMEINDE KIRCHWEYHE.
Kupferstich von Matthäus Merian dem Älteren, 1654, Edition Topographia Saxoniae Inferioris.⁶
Kaiser Karl der Große hatte im Jahre 787 den aus England stammenden Mönch Willehad (Vilhead, lat. Vilhadus) *740, +08.11.789; zum Bischof mit Sitz in Bremen ernannt. Nach seinem bereits zwei Jahre später erfolgten Tod war er heiliggesprochen worden. Am Orte seines Begräbnisses im Dom zu Bremen, wurde in der Folgezeit besondere Zeichen vernommen, die, wie sein Leben, in einer Handschrift aufgezeichnet worden sind. Der Ortsname Weyhe tauchte schon um 860 auf. Grund war ein Bericht über die Wunderheilungen am Grabe Willehads. Erzählt wird im 17. Kapitel der Handschrift von einem Mädchen aus „Wege („Wege villa publica
) (Kirch- oder Sudweyhe), das seit langem keine Kraft mehr in ihrem Körper hatte.
„Porro de Wege villa publica, quaedam puella multo tempore omnibus infirmata membris, nihil omnio virium in proprio retinebat corpore. Ad confessionem itaque deducta Sancti, divinae largitatis munificentia et virium possibilitatem et totius corporis recepitsanitatem."
„Ferner war im Dorfe Weyhe ein Mädchen, welches lange Zeit an allen Gliedern geschwächt, in seinem ganzen Körper keine Kraft mehr hatte. Dieses wurde dann an das Grab des Heiligen gebracht und erhielt durch Gottes reiche Güte den Gebrauch seiner Kräfte und die Gesundheit seines Körpers zurück.
Etwa 400 Jahre später ist in der sogenannten Weserbrückenliste von „zwei Dörfern die Rede. Man kann ziemlich genau sagen, dass es sich um Kirchweyhe und Sudweyhe handelt. Kirch- und Sudweyhe sind bald darauf in anderen historischen Quellen als „Kerckwege
(1277) und „Suthweige (um 1300) zu finden. In der Westhälfte der heutigen Gemeinde Weyhe erstreckten sich die Ortsteile Angelse, Erichshof, Hagen, Hörden und Melchiorshausen, die der damaligen Gemeinde Leeste angehörten. Früheste schriftliche Hinweise stammen aus der Zeit um 1185. Erwähnt wird dabei unter anderem der Verwalter des erzbischöflichbremischen Meierhofes in „Leste
(Leeste). Um 1800 fand ein reger Warenaustausch zwischen Bremen und Weyhe statt. Nicht nur landwirtschaftliche Produkte, auch gewerbliche Erzeugnisse wurden in der Weserstadt getauscht oder zum Verkauf angeboten.
1873 eröffnete die Reichsbahn die über Kirchweyhe führende Eisenbahnstrecke Bremen–Osnabrück. So entstand in Kirchweyhe ein sechs Kilometer langer, südwärts bis zum benachbarten Weiler Barrien reichender Rangierbahnhof mit vielen Gleisen. Eisenbahner zogen mit ihren Familien nach Kirchweyhe und sorgten für einen rapiden Bevölkerungsanstieg in der bäuerlichen Wesergemeinde.
Wenn sich die Eisenbahner im Ort begegneten, riefen sie sich gegenseitig den Eisenbahnergruß „Fahr wohl" zu.
Der 2. August 1914 war für das deutsche Heer der erste Mobilmachungstag zum Beginn des Ersten Weltkrieges. Der Aufmarsch der deutschen Streitkräfte konnte durch eine mustergültige Planung und Organisation in allen Einzelheiten reibungslos durchgeführt werden. Die grossen Gleisanlagen des Bahnhofes Kirchweyhe spielten hier eine beachtenswerte Rolle. Bis zum 9. August fuhr auf dem Bahnhof Kirchweyhe fast alle halbe Stunde ein Militärzug ein und später in Richtung Osnabrück wieder aus. Am 1. Mobilmachungstag wurden auf dem Bahnhof (Westseite) sieben große Baracken (mit Kücheneinrichtungen und Speiseräumen etc.) für die Verpflegung der Truppen errichtet.
Der Ort erhielt die Aufgabe einer bedeutenden Kriegsverpflegungsanstalt für die gesamte Dauer des Krieges zugewiesen. Alle Truppentransporte erreichten ohne Verzögerung den befohlenen Einsatzort. Noch um 1925 ernährte die Eisenbahn rund zwei Drittel aller Einwohner in Kirchweyhe, außerdem viele Familien aus den damaligen Nachbargemeinden. Der Rangierbahnhof ist nach seiner Stilllegung 1968 verkleinert worden, ein Teil der alten Gleisanlage und Reste des Nordschuppens werden von einem Eisenbahnwaggon-Reinigungsunternehmen genutzt.⁷
Der Kegelverein „Fahr wohl" der Eisenbahner in Kirchweyhe im Jahre 1909.⁸
Dieses Bild zeigt gleich zwei deutsche Redewendungen: 1. „Mit Schlips und Kragen; meint komplett angezogen und 2. Er „hat eine weiße Weste
; meint ohne Fehl und Tadel.
Die Kegler haben sich für das historische Foto vor dem Gasthaus Johann Koch aufgestellt. Mittlere Reihe 2. von rechts Wilhelm Meyer, Willy’s Vater.
In der Mitte hinter dem Tisch, der Herr mit dem Orden am Revers ist der Pastor der evangelischen Felicianus-Kirche in Kirchweyhe, Superintendent Wilhelm Goßmann. In der Gründerzeit (1896) durften nur aktive Eisenbahner Vereinsmitglied sein.
Schon im Jahre 1922 wurden über 4.900 Waggons in Kirchweyhe zu neuen Zügen zusammengestellt und rollten sodann zu ihren neuen Bestimmungsbahnhöfen in ganz Deutschland.⁹
Teamwork ist angesagt, alle Glieder dieser Pyramide müssen gemeinsam arbeiten. Ein großes Schauturnen auf der Bühne mit der großartigen Waldkulisse im Gasthaus Johann Koch am Kirchweyher Bahnhof. Willy unten der Vierte von links.
Die Kirchweyher Bahnhofstraße im Winter 1931. Rechts die beiden Eisenbahnerwohnhäuser. Im hinteren Haus lebten meine Großeltern Austermann.¹⁰
⁶ Quelle: Wikipedia, gemeinfrei
⁷ Quelle: Heimatbuch der Gemeinde Kirchweyhe von Rektor Wilhelm Schacht, 1961, Seite 23 ff
⁸ Quelle: Archiv der Gemeinde Weyhe
⁹ Quelle: Author‘s Collection
¹⁰ Quelle: beide Fotos aus dem Archiv der Gemeinde Weyhe
WILLY MEYER, DER WEG ZU DEN „GRAUEN WÖLFEN".
08. März 1915 in Kirchweyhe/Lahausen bei Bremen.
Willy wird als ältester Sohn des Lokomotivheizers der Deutschen Reichsbahn, Wilhelm Meyer und seiner Frau Hilkea, geborene Ostermann, genannt Käthe, geboren. Wilhelm Meyer war später als Oberlokomotivführer in Kirchweyhe stationiert. Als das deutsche Heer in den Augusttagen des Jahres 1914 zu den verschiedenen Einsatzorten transportiert werden mußte, nahm der Bahnhof Kirchweyhe an Kilometer 224,5 infolge seiner günstigen Aufnahmefähigkeit für die zahlreichen Truppentransporte auf der sogenannten „Rollbahn" Hamburg–Bremen–Wanne-Eickel, einen wichtigen Platz ein. Der immense Kohlebedarf der kaiserlichen Marine sowie der Stahl für den Schiffbau der norddeutschen Werften aus dem Ruhrgebiet wurde zu einem grossen Teil über den Bahnhof Kirchweyhe geleitet.
Insbesondere fielen diesem Bahnhof als Verschiebe- und Zugbildungsbahnhof in den Kriegsjahren neue Aufgaben zu, deren Bewältigung bei der großen Knappheit an Material und Menschen ganz erhebliche Anforderungen an die Bahnhofsanlagen und das Personal stellte.
Der Bahnhof Kirchweyhe entwickelte sich nach der Beendigung der grossen Erweiterungen und Ausstattungen mit den modernsten Anlagen zu einem der größten Verschiebebahnhöfe Preussens. Im Jahre 1927 rollten täglich 12 Schnellzüge, 26 Personenzüge und 120 Güterzüge durch Kirchweyhe.¹¹
Auf dieser großen Gleisanlage werden die neuen Güterzüge zusammengestellt. Verschiebe- und Rangiergleise des Bahnhofs Kirchweyhe.
Die Mannschaft des Bahnhofs vor qualmenden Dampfrössern auf der Drehscheibe des Nordschuppens: Werkstatt und Verwaltung. Lokomotivführer Wilhelm Meyer zweite Reihe, zweiter von rechts.
¹¹ Quelle: Author’s Library: Heimatbuch der Gemeinde Kirchweyhe, Wilhelm Schacht, 1961, S. 304 ff. Zwei Fotos: Author’s Collection
Was geschah noch im Jahre 1915?
Der Bericht über die Versenkung des Luxusliners „LUSITANIA" löste weltweit Entsetzen aus.
Die RMS „LUSITANIA (Royal Mail Ship) war ein Passagierschiff der britischen Reederei Cunard Line. Das nach der römischen Provinz Lusitania benannte Schiff wurde ab 1907 im Transatlantikverkehr zwischen Liverpool und New York City eingesetzt und war bis zur Indienststellung des Schwesterschiffs RMS „MAURITANIA
das größte Schiff der Welt. Die beiden Turbinenschiffe setzten in vielerlei Hinsicht – Abmessungen, Antrieb und Ausstattung – neue Maßstäbe im Schiffbau und stellten einen wesentlichen Entwicklungsschritt hin zum modernen Passagierschiff dar.
Die Proteste der USA über den Tod von 128 US-Amerikanern (Lusitania-Affäre) führten zur Einstellung des uneingeschränkten U-Boot–Kriegs durch das Deutsche Reich bis zum Februar 1917. Gemessen an der Zahl der Todesopfer war die Versenkung der „LUSITANIA der größte Schiffsverlust im Ersten Weltkrieg; hinsichtlich der Tonnage der drittgrößte Verlust nach dem der HMHS „BRITANNIC
1916 und dem der HMS „JUSTITIA" 1918.
Ende des Frühjahrs 1915. Seit fast einem Jahr tobt der Erste Weltkrieg. Aber nicht nur an Land, auch auf dem Meer wird gekämpft. Mit Hilfe seiner U-Boot-Flotte hatte das deutsche Kaiserreich die Gewässer um Großbritannien und Irland zum Kriegsgebiet erklärt.
Auch zivile Schiffe sollten die U-Boote nicht schonen, was zum Verhängnis der RMS „LUSITANIA" wurde. Am 7. Mai kreuzt das Passagierschiff vor der Küste Irlands, wo es von dem deutschen U-Boot SM U-20 aufgespürt wird.
Das U-Boot feuert einen Torpedo auf die RMS „LUSITANIA" ab und trifft. Binnen weniger Minuten sinkt das Schiff und mit ihm 1.198 Menschen. Damit war eine Grenze überschritten worden. Denn die Versenkung eines zivilen Passagierschiffes ohne jegliche Vorwarnung und die bewusste Inkaufnahme vieler ziviler Opfer hatte es in diesem Krieg noch nicht gegeben.
Interessant sind die unterschiedlichen Reaktionen auf die Versenkung der RMS „LUSITANIA". Für Amerikaner, Briten und Franzosen stand fest: Der rücksichtslose U-Boot-Krieg der Deutschen hatte nichts mehr mit europäischer Zivilisation und Moral zu tun.
Für die Deutschen sind die U-Boot-Fahrer Helden gewesen, die die kulturelle Tiefe Deutschlands
gegen die „oberflächliche Zivilisation des Westens verteidigten. Selbst der Schriftsteller Thomas Mann stimmte in den Jubel um den Untergang der RMS „LUSITANIA
ein. Für ihn war das Schiff „ein freches Symbol der englischen Seeherrschaft". Neben den Krieg mit Soldaten und Waffen war nun ein Kulturkrieg getreten.¹²
1926: Lehrer Michaelis mit seiner Klasse 5b der Volksschule Kirchweyhe. Willy Meyer obere Reihe 4. von links. Eine reine Knabenklasse!
Die Konfirmanden des Jahrgangs 1929 der evangelischen Felicianus-Kirche zu Kirchweyhe mit Superintendent Pastor Wilhelm Gossmann. Willy obere Reihe ganz rechts.¹³
¹² Quelle: Wikipedia
¹³ 2 Fotos: Author’s Collection.
AUSBILDUNG ZUM FRISEUR BEI FRANZ-LOUIS BORCHERS IN SYKE.
Nach dem Abschluss der Realschule in Bremen wollte Willy unbedingt Koch werden. Seine Mutter war ihm dabei sicherlich Vorbild; ich erinnere mich noch immer gerne an die Köstlichkeiten, die uns meine Oma in der Nachkriegszeit