Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar: Vier Jungs erinnern sich
Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar: Vier Jungs erinnern sich
Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar: Vier Jungs erinnern sich
eBook863 Seiten5 Stunden

Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar: Vier Jungs erinnern sich

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Erinnerungen an unsere Jugend in Kollmar, genauer Klein Kollmar, haben wir niedergeschrieben, damit die Nachfahren unserer Generation sich ein Bild davon machen können, wie wir gelebt haben. Geschildert werden Erlebnisse aus der NS-Zeit, hauptsächlich den Kriegsjahren, und der Nachkriegszeit. 1945 hatten unsere Eltern und Großeltern eine unruhige Zeit mit dem 1. Weltkrieg, dem Ende der Kaiserzeit, der gescheiterten Weimarer Republik, der Weltwirtschaftskrise, der Hitler-Diktatur und dem 2. Weltkrieg hinter sich. Viele hatten gefallene Angehörige zu beklagen. Je nach Schicksal und politischer Einstellung empfanden sie das Kriegsende als Schmach und Niederlage oder als Erleichterung und Grund zur Hoffnung. Für alle war die Zukunft aber ungewiss, die Herausforderungen groß. Was wir hier über die Zeit vor und nach 1945 bis in die 60er Jahre wiedergeben, ist sicherlich nicht "weltbewegend". Aber es wird bei den damaligen Mitbürgern, die noch leben, vielleicht die eine oder andere Erinnerung wecken und für die Jüngeren ein Schlaglicht auf unsere Jugendzeit werfen. Zitate aus der Schulchronik, Zeitungsartikel und Bezüge zum Zeitgeschehen steuern einige Fakten bei. Das "Gerüst" der Schilderungen sind die vielen Fotos aus unseren Familienalben, dem Chronik-Archiv Kollmar und anderen Quellen. Wenn sich unsere Erinnerungen nicht immer mit denen des Lesers decken, möge man uns das nachsehen. Erinnerungen sind subjektiv und manchmal trügerisch, zumal nach so langer Zeit. Unser Dank gilt den Kollmaranern, die mit Informationen und Bildern zu diesem Buch beigetragen haben.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum25. Jan. 2024
ISBN9783758392009
Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar: Vier Jungs erinnern sich
Autor

Ulf Buhse

Ulf Buhse wurde 1945 in Kollmar geboren und lebt bis heute hier. Seit 1985 beschäftigt er sich zunächst u.a. als Mitglied des Chronik-Kreises Kollmar mit der Geschichte seiner Gemeinde und Region und hält Vorträge.

Ähnlich wie Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar

Ähnliche E-Books

Persönliche Memoiren für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren in Kollmar - Ulf Buhse

    Inhaltsverzeichnis

    Die 4 Geschichten

    Wegweiser

    Pimpf konnte ich nicht mehr werden

    Aufgewachsen als Schifferjunge

    Schule und Kriegsereignisse

    Mitmachen beim Jungvolk

    Die Tommies kommen – der Krieg ist aus!

    Vadders Einsatz mit der NIXE im Krieg

    Amis in Kollmar

    Frachtfahrten der NIXE nach dem Krieg, Havarie und andere Erlebnisse

    Mit der Konfirmation war die Kindheit vorbei

    Ich trat in die Fußstapfen meines Großvaters

    Frühe Jahre

    Umzug ins großväterliche Anwesen

    Aus den Kriegszeiten

    Uniformen und Zeichen des Krieges gehörten zu unserer Kindheit

    Vater habe ich kaum gekannt

    Lehrer Mohr

    Ferien bei Kühl am Lühnhüserdeich

    Fahrt nach Elmshorn und Luftkrieg 1943

    Wehrmacht in Kollmar

    Fritz aus der Ukraine

    Paul, der Franzose

    Kriegswirtschaft auf dem Obsthof

    Auswirkungen von Flucht und Vertreibung

    Kriegsende

    Die schweren Jahre 1945-48

    Vater kommt nicht wieder

    Winter 1946-47

    Ex-Major Steinmetz

    Hasenjagd

    Tabakanbau

    Fischfang

    Die Schule beginnt wieder

    Kirche, Friedhof, Läutedienst

    Ferien bei Oma Assel

    Ferien auf Sylt

    Die Zeiten werden besser

    Meine letzten Schuljahre

    Schulentlassung, Konfirmation und Lehre

    In der Sowjet-Zone wollten wir nicht bleiben – Von Köthen nach Kollmar

    Wie es zu diesem Beitrag Walter Spangenbergs kam

    Warum meine Familie nicht in Köthen bleiben wollte

    Die Flucht

    Auf dem Lüders-Hof in der Deichreihe

    Auf dem Hof Ernst Möller in der Deichreihe

    Der Winter 1946/47

    Vater kommt

    Unterkunft bei Henry Finck

    Die Schule

    Was sonst noch so im Dorf geschah

    Erich Radke und seine „Wohnungen"

    Vater bekommt Arbeit in Glückstadt – Abschied von Kollmar

    Nachkriegszeit und Wirtschaftswunderjahre in Kollmar

    Über meine ersten Lebensjahre

    Ende der Vierziger, Anfang der Fünfziger

    Erste Bilder im Kopf

    Pfingsten und Ringreiten

    Kollmar Kirchmess

    Die Heimattage im Herbst 1954

    Unsere Gaststätten „Fährhaus Kollmar, „Zur Post und „Zur Erholung" und der Fremdenverkehr

    Der „Gasthof zur Post"

    Das „Fährhaus Kollmar"

    Der Gasthof „Zur Erholung"

    Die Kioske und der Zeltplatz

    Es geht aufwärts: der Anfang der Fünfziger

    Unser Tages-, Wochen- und Jahresablauf Anfang der 50er

    Das „Bremer‘sche Haus", der zweite Familiensitz

    Der Ernst des Lebens beginnt: Einschulung und Grundschuljahre

    Schule in Glückstadt

    Turnen

    Tanzschule

    Spiel- und Schulfreunde

    Kinderbücher und Lektüre

    Winterfreuden

    Kirche und Konfirmation

    Pfadfinder

    Der Außendeich und die Elbe: Spielplatz, Sportplatz, Schauplatz

    Fischer Kordes

    Die Fischer im Kollmarer Hafen

    Spiel und Abenteuer „hinterm" Deich

    Die Sturmflut 1962

    Versorgung und Entsorgung

    Strom- und Telefonanschluss für das Dorf

    Wasserleitung in Kollmar

    Müllentsorgung

    Brennstoffe

    Lebensmittelversorgung und andere Geschäfte

    Post, Bank und Handwerk

    Unsere Polizeistation

    Die Gesundheitsversorgung

    Wege in die „weite" Welt

    Die Welt kommt zu uns

    Puppenspiel, Kino und andere Ereignisse

    Die Welt auf dem heimischen Bildschirm

    Mitte der 60er – endlich erwachsen!

    Personenregister

    Stichwortverzeichnis

    Quellen

    Die 4 Geschichten

    Die Erinnerungen an unsere Jugend in Kollmar, genauer Klein Kollmar, haben wir niedergeschrieben, damit die Nachfahren unserer Generation sich ein Bild davon machen können, wie wir gelebt haben. Geschildert werden Erlebnisse aus der NS-Zeit, hauptsächlich den Kriegsjahren, und der Nachkriegszeit.

    1945 hatten unsere Eltern und Großeltern eine unruhige Zeit mit dem 1. Weltkrieg, dem Ende der Kaiserzeit, der gescheiterten Weimarer Republik, der Weltwirtschaftskrise, der Hitler-Diktatur und dem 2. Weltkrieg hinter sich. Viele hatten gefallene Angehörige zu beklagen. Je nach Schicksal und politischer Einstellung empfanden sie das Kriegsende als Schmach und Niederlage oder als Erleichterung und Grund zur Hoffnung. Für alle war die Zukunft aber ungewiss, die Herausforderungen groß.

    Was wir hier über die Zeit vor und nach 1945 bis in die 60er Jahre wiedergeben, ist sicherlich nicht „weltbewegend. Aber es wird bei den damaligen Mitbürgern, die noch leben, vielleicht die eine oder andere Erinnerung wecken und für die Jüngeren ein Schlaglicht auf unsere Jugendzeit werfen. Zitate aus der Schulchronik, Zeitungsartikel und Bezüge zum Zeitgeschehen steuern einige Fakten bei. Das „Gerüst der Schilderungen sind die vielen Fotos aus unseren Familienalben, dem Chronik-Archiv Kollmar und anderen Quellen.

    Wenn sich unsere Erinnerungen nicht immer mit denen des Lesers decken, möge man uns das nachsehen. Erinnerungen sind subjektiv und manchmal trügerisch, zumal nach so langer Zeit.

    Unser Dank gilt den Kollmaranern, die mit Informationen und Bildern zu diesem Buch beigetragen haben.

    Günther Wulf wurde 1935 als Sohn des Kollmarer Kapitäns Andreas Wulf und seiner Frau Anni geboren. Er berichtet aus seiner persönlichen Sicht über Ereignisse aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Darunter einige Tieffliegerangriffe oder die Beobachtung des Infernos der Bombardierung Hamburgs 1943 aus den Fenstern seines Elterhauses am Neuen Weg. Sein Wunsch Pimpf im Jungvolk zu werden, erfüllte sich nicht, da er bis Kriegsende noch nicht das Alter von zehn Jahren erreicht hatte.

    So spannend wie das „Kriegsspiel der Kollmarer Hitlerjugend fand er auch den Einmarsch der englischen Besatzungstruppen in unser Dorf im Mai 1945. Schule in der „schlechten Zeit, den Norwegeneinsatz der NIXE und den Einzug einer amerikanischen Einheit 1946 schildert Günther Wulf. Er und einige Freunde verdienten sich mit Hilfsarbeiten für die „Amis" manche Tafel Schokolade oder Zigaretten. Als der Vater aus Norwegen zurück ist, bestimmt die Schifffahrt mehr und mehr auch das Leben des Sohnes. Er erzählt über die Frachtfahrten in der Nachkriegszeit und die Havarie der NIXE im Kollmarer Hafen.

    Ich habe die Geschichte auf Basis von vielen Interviews niedergeschrieben.

    Jan Henning Wulff, geboren 1936, stammt ebenfalls aus einer Kollmarer Schifferfamilie. Seine Vorfahren waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert Kapitäne und Reeder großer Frachtsegler. Sein Großvater wechselte aber in den Obstanbau, den nach dessen Tod der Sohn John weiterführte. Als John Wulff im Krieg gefallen war, übernahm seine Frau Wilhelmine den Betrieb, den sie später an ihren Sohn Jan Henning übergab.

    Er berichtet in seinen Erinnerungen über seine Erlebnisse in den Kriegsjahren, wie die Absetzbewegungen der Wehrmacht über die Elbe bei Kollmar, und in den Nachkriegsjahren mit seinen Freunden auf dem elterlichen Obsthof oder auf der Elbe. Auch Kirche und Friedhof gleich nebenan gehörten zu seinem Spielplatz. Nach Schule und Lehre übernahm er den Obsthof von seiner Mutter.

    Für diese Geschichte habe ich ein Manuskript von Jan Henning Wulff verwendet.

    Walter Spangenberg, Jahrgang 1939, kam erst 1946 mit seiner Familie nach Kollmar zu Familie Lüders in der Deichreihe. Sie flohen aus Köthen in der Sowjet-Zone hierher. Er schildert die Flucht per Bahn, zu Fuß, per Schiff und wieder zu Fuß. Und er erinnert sich an das Leben der Flüchtlingsfamilie Spangenberg in Kollmar. Diese Geschichte habe ich auf Basis einer Handschrift von Walter Spangenberg verfasst.

    Die vierte Geschichte ist meine eigene: Ich, Ulf Buhse, wurde 1945 geboren. Mein Vater fiel im März 1945. Mit meiner Mutter und meinem Bruder wuchs ich bei meinen Großeltern Dössel am Deich in Kollmar auf.

    ich schreibe darüber, wie sich mein tägliches Leben in den Nachkriegsjahren und der Wirtschaftswunderzeit abspielte, über Feste im Dorf, wie Kirchmess oder Ringreiten, über die Gaststätten in Kollmar und den Tourismus. Schule, Turnverein, das Spiel mit Freunden im Sommer wie im Winter und Pfadfindergruppe spielen ebenso eine Rolle, wie die Kollmarer Fischer, die Schifffahrt auf der Elbe, die Sturmflut 1962 und Deichbau.

    Auch über die Entwicklung der Strom, Telefon und Wasserversorgung wird berichtet, die Geschäfte, das Handwerk, Post, Bank, Ärzte und Polizei in den Nachkriegsjahren. Zur Schilderung des Lebens in dieser Zeit gehört aber auch der Bezug zur „weiten Welt" durch Kino, Fernsehen, Fahrten nach Hamburg oder Urlaubsreisen.

    Wegweiser

    Pimpf konnte ich nicht mehr werden

    Günther Wulfs Erlebnisse aus den Kriegsjahren und der Nachkriegszeit

    Ulf Buhse - Nach Interviews mit Günther Wulf

    Ich trat in die Fußstapfen meines Großvaters

    Jan Henning Wulffs Erinnerungen an Kindheit und Jugend – 1936 bis 1962

    Ulf Buhse - Nach einem Manuskript von Jan Henning Wulff

    In der Sowjet-Zone wollten wir nicht bleiben – Von Köthen nach Kollmar

    Walter Spangenbergs Erinnerungen an die Flucht und seine Kindheit in Kollmar

    Ulf Buhse - Nach einem Manuskript von Walter Spangenberg

    Nachkriegszeit und Wirtschaftswunderjahre in Kollmar

    Erinnerungen an meine Kinder- und Jugendzeit

    Ulf Buhse

    Personenregister

    Stichwortverzeichnis

    Quellen

    Pimpf konnte ich nicht mehr werden

    Günther Wulfs Erlebnisse

    aus der Kriegs- und Nachkriegszeit

    Ulf Buhse

    Nach Interviews mit Günther Wulf

    Inhalt

    Aufgewachsen als Schifferjunge

    Schule und Kriegsereignisse

    Mitmachen beim Jungvolk

    Die Tommies kommen – der Krieg ist aus!

    Vadders Einsatz mit der NIXE im Krieg

    Amis in Kollmar

    Frachtfahrten der NIXE nach dem Krieg, Havarie und andere Erlebnisse

    Mit der Konfirmation war die Kindheit vorbei

    Aufgewachsen als Schifferjunge

    Ich wurde am 20.4.1935 als Sohn des Kollmarer Kapitäns Andreas Wulf (1911-1973) und seiner Frau Anni geboren. Aus meiner Jugendzeit habe ich viele Erinnerungen, die ich hier erzählen möchte, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Es ist meine persönliche Sicht der Ereignisse aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Die zeitliche Einordnung ist mir manchmal nicht mehr genau möglich.

    1935 führte mein Vater den Motorsegler LUCIA, den er 1932 nach dem Tod seines Vaters Emil Wulf übernommen hatte. 1939 verkaufte er das Schiff und schaffte die NIXE (104 BRT, Länge 27,58 m) an. Wir wohnten am Neuen Weg (heute Nr.55/57) im Dachgeschoss.

    Hier wohnte Familie Andreas Wulf im Dachgeschoss. Das Haus ist heute umgebaut und hat die Hausnr. 55/57 am Neuen Weg. 1955 zog die Familie in das neu gebaute Nebenhaus (links im Bild) (Foto: Deutsche Luftbild, Ausschnitt, um 1955)

    Die NIXE im Kollmarer Hafen (Foto Helmut Müller, 1954)

    Vadder hat 1933 sein Steuermanns-Patent gemacht, in Altona. Danach musste man normal zwei Jahre fahren, um das Kapitänspatent zu erhalten. Vadder brauchte das aber nicht. Als Ernährer der Familie mit schulpflichtigen Kindern bekam er eine Ausnahmegenehmigung als Schiffsführer. Außerdem hatte er das Maschinenpatent. So konnte er die LUCIA von seinem Vater übernehmen. Gute Einnahmen ermöglichten 1939 den Kauf der NIXE.

    Mit dem neuen Schiff verbinden sich meine ersten bleibenden Erinnerungen: Als ich vier Jahre alt war (1939), lag Vadder im Hamburger Hafen. Ich war mit an Bord. Im Ruderhaus standen einige Klappstühle. Da bin ich zwischen gekommen, wurde eingeklemmt und kam mit gebrochenem Bein ins Hafenkrankenhaus, hab da 5 oder 6 Wochen gelegen. Mutter hat in der Zeit bei Hinrich Wulf in Hamburg gewohnt.

    Als ich noch nicht zur Schule ging, hatten wir in Kollmar alle Freiheiten. Wir spielten am Hafen, natürlich auch auf der NIXE, wenn Vadder „an Land war. Manchmal waren wir auch mit an Bord, wenn die NIXE „auf Reisen ging.

    Sehr beliebt war das Wander-Kino, das jeden Montag immer abwechselnd bei Saggau, Münster oder Nebel stattfand. Der Vorführer kam mit einem Opel-Kombi und baute seine Leinwand und seine Projektoren auf. Es gab immer die Deutsche Wochenschau, die über das Welt- und Kriegsgeschehen berichtete. Danach kam ein deutscher Spielfilm.

    Eines Tages im Sommer 1940: Das Kino war wie immer gut besucht, da die Filme für die Dorfbewohner das einzige Vergnügen in dieser Zeit waren. Kino war gerade bei Saggau. Da hieß es: Bomber über Kollmar, Richtung Pagensand. Keiner wusste, ob es ein deutsches oder feindliches Flugzeug war. Die Meldung ging wie ein Lauffeuer durchs Dorf, die Vorstellung wurde abgebrochen. Große Aufregung und Geschnatter. Aber der Flieger war schnell wieder weg. Bis zum anderen Tag wurde das Flugzeug noch „beschnackt" und gerätselt, was das wohl für eins gewesen war. Ob das wohl ein Ami oder Engländer war und warum er uns nicht zufrieden lassen kann.

    Schule und Kriegserlebnisse

    1941 wurde ich eingeschult. Da war es mit den Freiheiten zum Teil vorbei. Wir hatten Unterricht in der alten Schule bei Hauptlehrer Johannes Möller und Heinrich Mohr.

    Aus der Schulchronik Kollmar:

    „Im November 1940 gab es in Kollmar 88 Schüler. Von 1941 an war der Aufnahmetermin zum 1. Mal nicht Ostern, sondern nach den Sommerferien am 28. August. Aufgenommen wurden 8 Knaben und 7 Mädchen. …. Nach den Sommerferien 1942 stieg die Zahl der Kinder, besonders durch Zuzug von Bombengeschädigten aus Hamburg." 1944 gingen 133 Kinder in die Kollmarer Schule, im Oktober 1945 136 Kinder und im Januar 1946 216 Kinder, davon 126 Flüchtlingskinder.

    Hauptlehrer

    Johannes Möller

    Lehrer

    Heinrich Mohr

    Als die Luftangriffe 1940 durch englische und amerikanische Flugzeuge zunahmen, bekamen wir im Garten hinter dem Haus einen Luftschutzbunker. Den hatte Herbert Amecke, der im Krieg ein Bein verloren hatte, gebaut. Ein Meter im Boden, weniger als ein Meter kuckte aus. Da war Radio und alles drin. Abgedeckt war er mit Bohlen aus dem Kohlenschuppen. Ein Erwachsener konnte gebückt darin stehen

    Mit unserem Blaupunkt-Radio mit Batterie konnten wir den Drahtfunk empfangen. Die Funkstelle Wilhelmshaven meldete etwa: „feindliche Bomberverbände nähern sich dem Reichsgebiet. dann waren die Bomber innerhalb 20 Minuten, halbe Stunde auf dem Weg nach Hamburg über Kollmar. Meist kamen sie zwischen 9 und 10 Uhr, wenn wir in der Schule waren, ich ging im 3. Schuljahr bei Herrn Mohr (Großer Nazi) in die Mittelklasse, gegenüber von Thamling (heute Gr.Kirchreihe 26). Dort war damals noch kein Telefon. Denn kam Frau Münster, die nebenan bei Nebel in der Gastwirtschaft kochte, rein, ohne anzuklopfen: „Herr Mohr sie müssen die Kinder nach Hause schicken. Feindliche Bomber nähern sich dem Reichsgebiet. Wir warteten schon immer darauf, um schleunigst unsere Bücher einzupacken. Mohr schickte uns nach Hause, denn in der Schule gab es keinerlei Schutzräume. Zeit zum Schularbeiten aufgeben war zu unserer Freude meist nicht. Wir sahen zu, dass wir schnell aus der Klasse kamen und liefen so schnell es ging Richtung Heimat. Man hatte uns beigebracht, dass wir uns bei einem Angriff flach hinschmeißen sollten.

    Als Elmshorn im Oktober 1941 bombardiert wurde, gab es Bombenabwürfe beim Selkweg. Die Bombentrichter liefen in dem moorigen Gebiet schnell voll Wasser. Wir durften als Kinder da nicht hin, sind aber natürlich doch hin marschiert. Ich kann mich an drei Luftkämpfe über Kollmar erinnern. Bei der Deichreihe soll ein Flugzeug abgestürzt sein, soll nur noch ein Stück aus der Erde rausgekuckt haben, wurde damals erzählt. Angeblich soll bei einem anderen Abschuss ein Bein eines feindlichen Soldaten in einem Stiefel durch die Luft geflogen sein. Wir suchten, haben aber nichts gefunden.

    Auch als die Angriffe am 27. Juli 1943 auf Hamburg begannen, gingen wir zunächst wieder in unseren Bunker. Die Verbände überflogen Kollmar in großer Höhe und waren bald weit genug entfernt. So konnten wir in unsere Wohnung zurückkehren, von wo wir alles sehen konnten, obwohl Hamburg ja fast 50 km Luftlinie weg ist.

    Als das Inferno in Hamburg losbrach, war es in Kollmar so hell, dass man Zeitung lesen konnte. Die roten und grünen „Tannenbäume erhellten zuerst den Himmel, dann kam der Brand. Wir Kinder staunten bei dem „Schauspiel. Dass dort Menschen verbrannten, konnten wir uns mit unseren acht Jahren gar nicht vorstellen. Die Einschläge der Bomben wurden kommentiert: ein dumpfer Bumser wurde einer Luftmine zugeschrieben.

    Wir haben in der Zeit öfter in unserem Bunker gesessen. Manches Mal hat Mudder uns nachts geweckt, damit wir uns in Sicherheit brachten. So war es noch bis in den Mai 1945.

    Uns Kinder interessierte Politik ja noch nicht. Dass die Nazis aber gegen Kommunisten vorgingen, kriegten auch wir mit. Der größte Kommunist im Ort war Fischer Hans Lienau, später gehörte auch Hansa Ostermann zu den Roten. Ortsgruppenleiter der NSDAP war Jakob Becker von Gehlensiel. Merkwürdigerweise haben sich Hans Lienau und Jakob Becker immer gut vertragen. Becker hat keine Meldung gemacht, wenn Hans Lienau „duun" war und irgendwas gegen die Nazis brüllte. Und nach dem Krieg haben sie Becker auch nichts getan. Er wurde entnazifiziert, soweit ich weiß. Und denn hat sich das erledigt.

    Eigentlich nahm im Dorf keiner ein Blatt vor den Mund. Wir kannten das nicht, dass einer losrannte und denunzierte. Sprüche wurden mit der Bemerkung abgetan: „das ist doch’n Sabbelmors oder „‚ne Schludertasche.

    Bei Bleß an der Ladentür stand: „Trittst Du hier als Deutscher ein, soll Dein Gruß Heil Hitler sein." Auch die Hakenkreuzflaggen an den Häusern und Gaststätten zeigten, wer deutscher Gesinnung war, sei es aus Überzeugung oder als Mitläufer.

    Das Hakenkreuz über dem Gasthof Zur Post und dem Fährhaus Kollmar noch zu Friedenszeiten, vermutlich 1938. Die Häuser hinter dem Deich von links: die Post (Willy Sievers), der Gasthof Zur Post (Hans Münster), Kaufhaus Kriedemann, Krempermarsch Sparkasse und das Fährhaus Kollmar (Fritz Saggau). Im Stichhafen links der Motorewer HANS von Hugo Kühl. Längsseits ein Kutter und daneben zwei Freizeitschiffe, die nicht aus Kollmar stammten. Hinter dem Motorewer HANS auf dem Deich die Deichbude, von der gleich noch die Rede ist. (Postkartenausschnitt: Minet, Chronikarchiv Kollmar)

    Sommerhaus des Margarinefabrikanten Rostock aus Elmshorn um 1935 (stand bei Schulstr.32, abgebrannt) (Foto: Minet, Chronikarchiv Kollmar)

    Greve’s Mühle um 1940 (Foto: unbekannt, Chronikarchiv Kollmar)

    Kriegshandlungen gab es auch auf der Elbe, wo deutsche Kriegsschiffe von englischen Tieffliegern angegriffen wurden. Ich erinnere mich an ein Ereignis direkt vor Kollmar. Vor dem Stack bei Saggau lag im März 1945 der Fischdampfer MARLENE.

    Großmacht von der Kirchreihe gehörte zur Deichbewachung. Rolf Albrecht, Hans Peter Reling, Hermann Markmann und ich, Günther Wulf, standen am Schleusenauslauf, unten am Deich Hans Peter Rehder. Fischer Hinrich Kordes mit Hans-Hermann Münster im Boot lief zum Reusen fischen aus.

    Es war Niedrigwasser, kurz vor Einsetzen der Flut. Wir standen da und quatschten. Da sahen wir von der Elbe her 13 Flugzeuge kommen. „Sünd dat düütsche, sünd dat Engländer? „Nee. Hüt an‘n Dag kummt doch keene Engländer. „Wo de woll hin wöllt? „Wöllt na Kiel. Nu dreiht se üm. Up eenmal geiht dat ratdatdatdat. „Dat sünd Engländer. De scheet op den Fischdamper. Dann flog ein auf das andere Flugzeug an und schmiss auch Bomben. Neben dem Schiff gingen Fontänen hoch. Es wurde aber auch getroffen, am Rumpf und an den Aufbauten. Vor der Krückaumündung lag ein weiterer Fischdampfer vom gleichen Typ wie die MARLENE. Ebenso vor der Pinnaumündung. Sie waren vor ein paar Tagen gekommen. Mudder seeg, „wat de hier woll wöllt. Ob die wohl aus Hamburg raus sind, um dort nicht beschossen zu werden.

    Als es das erste Mal rattert, leg ich mich am Deich beim Fischerhafen hin. Hans Peter Reling lief weinend nach Hause. Er wohnte bei Rolf Albrecht, damals im alten Reetdachhaus. Rolf und Großmacht liefen bei Bremers hinter die Deichbude. Ich kroch langsam zur eisernen Klappe am Schleusenauslauf. Hier konnte man zum äußeren Schleusentor herunter steigen. Von dort unten konnte ich den Fischdampfer sehen und war einigermaßen sicher. Hinrich Kordes ging mit seinem Boot an der Dampferbrücke in Deckung. Er und Hans-Hermann Münster krochen unter die Brückenrampe. Angst hatten wir nicht. Das Ganze dauerte eine halbe, dreiviertel Stunde. So plötzlich wie es kam, war es auch vorbei.

    Die Flak-Stellungen auf dem Deich waren zwar von einigen Marine-Soldaten besetzt, aber auf die Flugzeuge geschossen wurde von dort nicht. Einer der Soldaten hatte bei der alten Waage beim Gasthof zur Post einen Streifschuss von einer 2cm Flak abbekommen. Man wollte die Flieger nicht auf sich lenken.

    Vom Fischdampfer wurde ein kleines Boot zu Wasser gelassen. Zwei Mann stiegen ein, der eine war Blut überströmt. Sie kamen an Land und fragten nach einem Doktor. Der Fischdampfer bekam ziemlich bald Schlagseite. Inzwischen waren etliche Leute gekommen, auch die Fischer Harry Sommer und andere. Sie fuhren mit ihren Booten zum Schiff und zogen es soweit es ging auf den Sand. Wie lange es dort lag und wie es geborgen wurde, ist mir nicht bekannt.

    Auf den Fotos von 1969 sind die eiserne Klappe, in die Günther Wulf damals einstieg, und das Gatter, hinter dem er saß, gekennzeichnet (Grafik: Ulf Buhse)

    Einige Tage vorher war der spätere Zollkreuzer HAMBURG, der damals hinten mit einer Zwillings- oder Vierlings-Flak, vorne mit einem MG bestückt war, beschossen worden. Die Flieger zogen aber ab. Der Zollkreuzer drehte bei und legte in Kollmar an der Brücke an. Damals hatte man den Brückendamm mit Bohlen um das Dreifache verbreitert. Geplant war, von hier Kriegsmaterial und Panzer über die Elbe zu bringen. Vorne vor lag eine Baggerschute als Ponton, auf dem eine hölzerne Brücke auflag. Bohlen und Balken hatte Kremer von Elmshorn geliefert. Das war das erste nach dem Krieg, dass Kremer sich sein Holz wieder holte.

    Am Deich entlang gab es alle 200, 300, vielleicht auch alle 500 m MG- und Flakstände, abwechselnd MG, Zwillingsflak, 7,5 oder 8,8 cm Geschütze. Alle waren halb in den Deich eingelassen. Ein MG-Stand war bei Ostermann, Hausnr.28 in der heutigen Schulstraße. Wir wollten gerne die Patronenhülsen haben. Wenn die ausgeworfen wurden, waren sie aber heiß. dabei hab ich mir mal die Finger verbrannt.

    Kurz vor Kriegsende wurden die Verteidigungsanlagen abgebaut und unter anderem mit Pferdewagen abtransportiert. Bei dieser Aktion wurde der Treck am Neuen Weg von Tieffliegern beschossen. Die Einschüsse in die Klinker der Straße konnte man noch lange sehen. Wir standen zuerst draußen. Die Chausseebäume wurden gerade grün. Ein Baum stand bei der heutigen Hausnummer 50. Frau Reling, die gegenüber wohnte, saß darin und wollte Äste absägen, um damit den Treck zu tarnen, weil keine Tarnnetze vorhanden waren. Die Wagen oder Lafetten mit Flakgeschützen hatte man von der Straße runter zwischen die Bäume geschoben. Den Ersten gegenüber Albrecht, den nächsten bei Hennings und dann bei Dittmer. Immer dort wo kein Graben war. Die Tiefflieger schossen entlang des Neuen Wegs.

    Ort des Tieffliegerangriffs gekennzeichnet auf einem Luftbild von 1969 (Deutsche Luftbild, Chronikarchiv)

    Als die Flieger abgezogen waren, sahen wir die toten Soldaten und Pferde liegen. Wir Kinder wurden immer wieder weg gejagt, aber da habe ich die ersten Toten gesehen. Die meisten toten Soldaten und Pferde lagen beim Haus des Wachtmeisters, heute Neuer Weg 17. Dort standen weniger Bäume, so dass die Piloten freies Schussfeld hatten. Alwine Sommer hat den toten Pferden gleich die Mähnen und Schwanzhaare abgeschnitten. Sie hat daraus irgendwas gemacht. Sie hat uns auch die Haare geschnitten. Friseur hatten wir damals nicht. Die Flüchtlinge schnitten große Stücke Fleisch aus den Kadavern und transportierten sie auf dem Fahrrad oder einer Karre ab. Wir: „Iiih, Peerfleesch!" Wir mochten das nicht essen. Aber damals gab es viele hungrige Menschen.

    Wo heute der Spielplatz am Hafen ist, wurden die toten Pferde begraben. Die Stelle konnte man noch lange erkennen, weil dort eine Kuhle entstand.

    Für uns Jungs war das Ganze wie ein Abenteuer, die Tragweite des Geschehens konnten wir noch nicht begreifen.

    Mitmachen beim Jungvolk

    Abenteuer versprach auch die Mitgliedschaft im Jungvolk. Es gab, vor 1944 glaube ich, ein Zeltlager vom Jungvolk aus ganz Schleswig-Holstein, am Deich hinter Ostermann. Das hat uns beeindruckt.

    Zum Deutschen Jungvolk

    In der „Zweiten Durchführungsverordnung (Jugenddienstverordnung) zum Gesetz über die Hitlerjugend vom 25. März 1939 wurde die Zwangsmitgliedschaft der 10- bis 14-jährigen Knaben im Jungvolk festgelegt. Beim Eintritt war die „Pimpfenprobe abzulegen, mit sportlichen Prüfungen, Fragen zur Jungvolk-Organisation und zum Leben Adolf Hitlers, sowie Aufsagen von Deutschlandlied, Horst-Wessel-Lied und des Hitlerjugend-Fahnenliedes. Der Pimpf musste die „Schwertworte" sprechen: Jungvolkjungen sind hart, schweigsam und treu; Jungvolkjungen sind Kameraden; des Jungvolkjungen Höchstes ist die Ehre. Nach bestandener Probe durfte der Pimpf das HJ-Fahrtenmesser tragen. Mit 15 Jahren wurde der Jungvolkjunge in die Hitlerjugend aufgenommen.

    Fußnote ¹

    Noch Anfang 1945 wollte ich gerne zum Jungvolk, kriegte man doch ein Braunhemd, Koppel, Manchesterhose, Kniestrümpfe und Schulterriemen. Da ich noch nicht 10 Jahre alt war, durfte ich nicht offiziell eintreten. Mitgemacht habe ich trotzdem. Am 1. April durfte ich mit den Pimpfen mit marschieren. Uniform gab es aber nicht mehr. Im HJ-Heim, dem später abgebrannten alten Hof von Schwormstede trieben wir unsere Kriegsspiele. Da hatten wir Gewehre, MP und ein schweres MG aus Holz. An Letzterem konnte man an einer Kurbel drehen. Dann knatterte es wie ein richtiges MG, hervorgerufen von Spannfedern an einer Trommel, die auf Holz schlugen. Das MG mussten wir mit zwei Mann tragen, wenn wir Geländespiele machten. Es war mehr Abenteuer als Marschieren für den Führer.

    „Ausbilder" für die Jungs waren zwei Brüder vom Steindeich, von denen der ältere schon die grüne Kordel hatte. Der Bannführer mit weißer Kordel war von Itzehoe. Der gab die Befehle. Mit von der Partie waren viele Jungs aus Kollmar.

    (Postkarte 1944, Chronikarchiv Kollmar)

    Die „Tommies" kommen – der Krieg ist aus!

    Und denn Anfang Mai hieß es: Krieg is vorbi! Wat nu! Die Soldaten, die im Fährhaus und im Gasthof zur Post gewohnt hatten, zogen ab. Noch vor dem offiziellen Kriegsende kamen die Engländer ins Dorf. Im ersten Wagen ein Beifahrer mit MP im Anschlag. Auch Mannschafts-Kettenfahrzeuge für 7 oder 8 Leute waren dabei. Ein Wagen fuhr zum Hafen, zwei hielten beim Kaufhaus Kriedemann, wo eben noch die Hakenkreuzfahne geweht hatte. Von Alma Kriedemann und Adele Behrens bekamen die Soldaten Milch und Wasser zu trinken. Gleich hieß es unter den umstehenden Jungs, vielleicht sei das vergiftet. Das sind doch unsere Feinde. Aber hest dat seen, da hebbt se Bontjes, Schokolaad und Zigaretten. Kunn man klaun. Man nich so luut, de könnt ok düütsch. Nach kurzer Zeit fuhren die Engländer weiter.

    Kaufhaus Kriedemann um 1944 (Foto: Minet, Chronikarchiv Kollmar)

    Kapitulation und Vormarsch der britischen Armee

    In Wikipedia-Beitrag „Schleswig-Holstein heißt es: „ Am 7. Mai 1945 wurde um 12:45 Uhr über den Reichssender Flensburg in einer Ansprache von Lutz von Schwerin-Krosigk zum ersten Mal von deutscher Seite das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa verkündet. Die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht trat am 8. Mai 1945 um 23:01 Uhr in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt war der Großteil Schleswig-Holsteins noch unter der Kontrolle deutscher Truppen.

    Aber schon am 2. Mai hatten die Engländer Lübeck erreicht, am 4. Mai Kiel und am 5. Mai morgens um 8:00 Uhr trat die Kapitulation der deutschen Truppen im Nordraum und in Skandinavien in Kraft (aus Geschichte Schleswig-Holsteins).

    Fußnoten ² ³

    Schule nach dem Ende des Kriegs

    Vielen ging es zu dieser Zeit schlecht. Die Flüchtlings-Familie Steppuhn lebte in der „Villa Rostock" (heute Schulstraße 32, abgebrannt). Der Vater war schwer kriegsgeschädigt. Da waren mehrere Kinder. Der eine Sohn, Lothar Steppuhn kriegte oft Krämpfe, epileptische Anfälle, ist später auch ertrunken, am Stack bei Saggau. Der holte sich aus den großen Abfalltonnen beim Gasthof zur Post die von den Amis weggeschmissenen Bananen und Apfelsinen, die noch essbar waren.

    Zu dieser Zeit gab es auch noch die Schulspeisung. Gekocht wurde von Frau Münster bei Nebel im Gasthof zur Erholung. Gut war Schokoladensuppe mit Keks. Jede Woche gab es auch 50 g Schokolade je Kind. Wir Kinder aus der „Großschule" bei der Kirche mussten das zuteilen. Die Frage war, wer zu Gunsten anderer verzichtet. Die Kleinen waren meist benachteiligt, denn denen wurde von den Großen zuerst was weggenommen.

    Jeden Dienstag gab es Maggisuppe. Wir gingen dann mit Blechdosen rüber zu Nebel, auch die, die wie ich, sonst nicht zur Schulspeisung gingen. Lothar Steppuhn hatte einen leeren Marmeladeneimer dabei, da kippten wir denn unsere Portionen rein, damit Steppuhns sich satt essen konnten. Die Schulspeisung endete Ostern 1950.

    Wenn die Klassenräume sauber gemacht werden sollten, wurden die Schulbänke auf den Schulhof getragen, Stroh in den Räumen verteilt, zusammengekehrt und das dreckige Stroh auf den Schulhof geschmissen. Das ging bis 10 Uhr. Mit Unterricht war dann nicht mehr viel.

    Wenn neue Flüchtlinge gekommen waren, halfen wir auch beim Verteilen, Gepäck aufladen auf die Wagen, die sie zu ihren Unterkünften brachten. Einige hatten eigene Wagen, wie Bodo Johanssen und Familie, die dann im Bremer-Haus (heute Schulstr. 6) wohnten. Flugzeugräder hatten sie an ihren beiden Wagen. Sie traten wie Herrenmenschen auf. Bodo, man nannte ihn auch Baron, durfte nicht arbeiten, weil seine Oma drohte, sich sonst aufzuhängen.

    [Anm.: Bodo’s Mutter trug meist einen Pelzmantel, Bodo einen Kamelhaarmantel, Lederhandschuhe und Pelzmütze, wenn sie ins Dorf gingen. Sie bewohnten im Bremer-Haus zwei Kammern zum Deich hin, die früheren Kammern von Dienstmädchen und Knecht. Die Küche durften sie mit benutzen.]

    In den kalten Wintern 45/46 und auch 46/47 gab es keinen Unterricht, wenn die Kohle ausgegangen war. Dann holten wir nur die Schularbeiten ab. Gemacht haben wir sie selten, weil nicht kontrolliert wurde.

    Wenn Kohle da war und der Ofen im Gange war, hatten wir unsere Methode, wie wir schulfrei kriegten: Im Ofen fehlten einige Schamottesteine. An diesen Stellen glühte der Ofen. Wir nahmen ein Stück Holz und rieben es solange an diesen Stellen, bis es zu Qualmen anfing. Dann mussten wir lüften und es wurde kalt im Klassenzimmer. Der Lehrer meinte dann, dass kein Unterricht mehr stattfinden könne und schickte uns nach Hause.

    Vadders Einsatz mit der NIXE im Krieg

    Auch an Lebensmitteln mangelte es. Wir waren davon weiniger betroffen, weil Vadder bei seinem Norwegeneinsatz so manches organisiert hatte.

    1944 hatte Vadder Bescheid bekommen: „Du sollst Salz laden nach Norwegen, in Lübeck. Zwar war nur von Salz die Rede, aber es gingen auch Maschinenteile und Munition mit an Bord. Dann fuhr die NIXE im Konvoi nach Kiel, wo sie mehrere Tage lag, von da weiter nach Sonderburg. Wieder Liegezeit und weiter im Konvoi die dänische Küste hoch und rüber nach Sandesund Richtung Korsgrund. Da waren Deutsche stationiert. Einige Schiffe fuhren nach Horten. Alle Frachter mussten in Norwegen bleiben, hieß es dort. Die Kapitäne bekamen Befehl, sich auf einem Schiff zu versammeln. Ein Oberst der Gebirgsjäger, die in Horten stationiert waren, hielt eine Rede über das Großdeutsche Reich und erzählte den Schiffern, dass sie in Norwegen Versorgungsfahrten zu machen hätten. Dazu wären sie verpflichtet. Es sei denn, es steht zu viel „Geröll (Felsen der Schärenküste). Dies „Geröll"

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1