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Der Kunststoff-Schmied vom Neuen Hafen: Gustav Kuhr und die Geschichte der Bremerhavener Lunewerft 1945 - 1976
Der Kunststoff-Schmied vom Neuen Hafen: Gustav Kuhr und die Geschichte der Bremerhavener Lunewerft 1945 - 1976
Der Kunststoff-Schmied vom Neuen Hafen: Gustav Kuhr und die Geschichte der Bremerhavener Lunewerft 1945 - 1976
eBook175 Seiten1 Stunde

Der Kunststoff-Schmied vom Neuen Hafen: Gustav Kuhr und die Geschichte der Bremerhavener Lunewerft 1945 - 1976

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Über dieses E-Book

Bremerhaven ist ohne seine Werften unvorstellbar. Lloyd und Rickmers, Seebeck und Tecklenborg sind noch heute weltweit bekannt. Nur Kennern dürfte aber die 1945 von Schiffbauingenieur Gustav Kuhr gegründete Lunewerft ein Begriff sein.

Als einer der ersten experimentierte Kuhr im Schiffbau mit Kunststoff. Legendär ist das von Gustav Kuhr entwickelte K-Rettungsboot, das weltweit erste vollständig geschlossene Rettungsboot. Aber auch Jachten für den Selbstausbau und bis zu 26 Meter lange Fischkutter aus Kunststoff entstanden auf der Lunewerft. Zum Teil sind sie noch heute in Fahrt.

Dieses Buch zeichnet die Geschichte der Bremerhavener Lunewerft nach und porträtiert den Schiffbau-Visionär Gustav Kuhr. Eine nahezu unbekannte Facette der Bremerhavener Werftgeschichte.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum5. März 2012
ISBN9783844829266
Der Kunststoff-Schmied vom Neuen Hafen: Gustav Kuhr und die Geschichte der Bremerhavener Lunewerft 1945 - 1976
Autor

Lars Schmitz-Eggen

Lars Schmitz-Eggen, Jahrgang 1965, Fachjournalist. Volontariat, Studium an der FU Berlin (JWB), langjährige Tätigkeit als Redakteur für Tageszeitungen. Seit 2004 Chefredakteur der Fachzeitschrift "Rettungs-Magazin". Schmitz-Eggen lebt und arbeitet in Osterholz-Scharmbeck bei Bremen. Weitere Sachbücher von ihm: "Die letzte Fahrt der MÜNCHEN" (2001, www.seenotfall.de) sowie "Monsterwellen - Wenn Schiffe spurlos verschwinden" (2006).

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    Buchvorschau

    Der Kunststoff-Schmied vom Neuen Hafen - Lars Schmitz-Eggen

    Kuhr

    Im Schatten des Lunesiels

    Deutschland im Herbst 1945. Der Zweite Weltkrieg war zu Ende; die Menschen begannen, die Trümmer wegzuräumen und das verbliebene Hab und Gut zu sichten. Viele hatten in den Wirren der letzten Kriegstage ihre Heimat verlassen müssen. Jetzt ging es für sie darum, aus dem Nichts eine neue Existenz aufzubauen.

    Schiffbau-Ingenieur Gustav Kuhr, Gründer der Bremerhavener Lunewerft.

    Einer von ihnen war der 31-jährige Gustav Kuhr, gelernter Bootsbaumeister und Schiffbauingenieur aus Steinort, einem kleinen Ort im Kreis Königsberg am Kurischen Haff. Hier in Ostpreußen wurde Kuhr am 17. Januar 1914 geboren. Die Nähe zur See war für ihn immer schon wichtig. Seit seinem 14. Lebensjahr verdiente er seinen Lebensunterhalt mit und auf dem Meer.

    1922 heuerte Kuhr auf einem Fischerboot an. Sechs Jahre arbeitete er anschließend an Bord eines Keitelkahns, um das Kurische Haff zu befischen. Anschließend widmete sich Gustav Kuhr dem Boots- und Schiffbau. Sechs Jahre lernte er zunächst als Geselle auf einer Bootswerft in Königsberg. 1934 begann er dann eine Lehre als Bootsbauer in Laibau. Kuhr absolvierte die Ausbildung, legte tagsüber Schiffe auf Kiel und drückte abends die Schulbank, um das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg zu erlangen. 1937 schaffte er die Meisterprüfung im Boots- und Schiffbauhandwerk. In Abendkursen bildete sich der junge Mann zum Schiffbautechniker weiter. Das sei eine harte Zeit gewesen, verriet Mitte der 90er Jahre der mittlerweile 78-Jährige einem Journalisten im Interview. „Zwei Stunden habe ich damals nur pro Tag schlafen können." Zweieinhalb Jahre sei das so gegangen.

    Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs beendete Kuhr das Studium erfolgreich. Er fand eine Anstellung als Ingenieur auf der Schichauwerft in Elbing. Doch das Deutsche Reich benötigte für seine Rüstungsindustrie dringend Ingenieure. So wurde Kuhr 1943 nach Schröttersburg in Polen geschickt, wo er auf der Weichselwerft arbeitete. Das Vorschiff des neuen UBoot- Typs XXI wurde hier mit seinen sechs Torpedorohren gebaut und – aufgrund der zu geringen Tiefe der Weichsel – nach Danzig verschifft, wo dann die Endmontage stattfand. 136 Exemplare ließen die Nationalsozialisten von diesem U-Boot-Typ fertigen, aber nur zwei gingen auf Feindfahrt. Eines davon – die „Wilhelm Bauer" – ist heute als Museumsschiff in Bremerhaven zu besichtigen.

    Nach einer so genannten Baubelehrung auf der AG „Weser" im Jahre 1943 übernahm Gustav Kuhr auf der Weichselwerft die Aufgabe, die 14 Meter lange und 125 Tonnen schwere Sektion 8 des Vorschiffes fertigen zu lassen. Außerdem wurden unter Kuhrs Aufsicht die Außenschalen für die Sektion 7 hergestellt. Gustav Kuhrs Problem war hierbei, dass ihm zwar 2000 Arbeiter unterstanden, sich unter diesen aber nur eine Handvoll Schiffbauer befanden. Genau genommen waren es 100 Binnenschiffsbauer, die ein U-Boot bis dato noch nie mit eigenen Augen gesehen hatten.

    Kuhr gab sein Bestes, improvisierte und wurde Ende 1944 von seinem Posten abberufen, weil die Sowjet-Armee unaufhaltsam von Osten herandrängte. Bald schon würde die Weichselwerft in die Hände des Feindes fallen. Deshalb beorderte man Gustav Kuhr nach Hamburg, um dort als Betriebsleiter bei Blohm & Voss die ersten montierten U-Boote des neuen Typs einzufahren. Da es keinen Prototyp gegeben hatte, tauchten bei den neuen Booten zahlreiche „Kinderkrankheiten" auf. Kuhr berichtete viele Jahre später in einem Zeitungsinterview von Innenspanten, die sich ab 140 Meter Tauchtiefe verbogen, und implodierenden Schlauchbootbehältern auf dem Oberdeck. Dass er all diese im Krieg beim U-Boot-Bau gesammelten Erfahrungen wenige Jahre später noch einmal würde verwenden können, dürfte er zu jener Zeit nicht geahnt haben.

    In den Anfangsjahren widmete sich die Lunewerft der Reparatur und dem Bau von Holzbooten. Links: Zur Belegschaft gehörten damals auch die Lehrlinge Willy Perhuhn und Schafranik.

    So fuhr Gustav Kuhr bis Mai 1945 die neuen U-Boote ein. Dann übernahmen die Briten das Kommando bei Blohm & Voss, schlossen die Werft und entließen alle Mitarbeiter. Kuhr stand ohne Existenz da. Zu Fuß machte er sich auf den Weg nach Königsberg, um hier nach seiner Frau Frida zu suchen. In den Kriegswirren waren sie getrennt worden. Gustav Kuhr fand sie, und gemeinsam wollten sie von Polen aus durch den russisch kontrollierten Teil Deutschlands zurück in den Westen. Doch dieser Weg war lang, beschwerlich und sehr gefährlich.

    Nur eine Decke hatte das Ehepaar Kuhr bei sich. Mehr war ihnen an persönlichen Gegenständen nicht geblieben. Als sie bei Dürschau die Brücke über die Weichsel passieren wollten, mussten sie feststellen, dass das Bauwerk zwischenzeitlich gesprengt worden war. Nur ein Einheimischer mit einem Kahn bot sich an, das Paar über den Fluss ans westliche Ufer zu bringen. Als Bezahlung wollte er die Decke. Damit waren die Kuhrs vollkommen mittellos. Das aber war ein nichtiger Verlust im Gegensatz zu den beiden Kindern Roswitha und Sigrid, die die Flucht nicht überlebten. Die drei und fünf Jahre alten Mädchen verkrafteten die Strapazen nicht und verhungerten, ohne dass ihre Eltern etwas dagegen hätten unternehmen können.

    1946 wurde eine Slipanlage gebaut. Die Verlegung der Schienen war Schwerstarbeit. Rechts: 1947 wurden hier unter anderem der Kutter „Wellingerhoff und das Boot „Puhlmann instandgesetzt.

    Auf dem Weg nach Westen kam es Gustav Kuhr entgegen, dass er durch seine Tätigkeit in Polen die Landessprache etwas gelernt hatte. So konnte er sich verständlich machen und sich und seine Frau durchschlagen. An der Grenze hielten sie die sowjetischen Soldaten schließlich für Polen und ließen das Ehepaar passieren.

    Im Juli 1945 kamen beide in Hamburg an. Doch hier gab es keine Arbeit. Weil Gustav Kuhr in Bremerhaven Verwandte hatte und in Kriegstagen Verbindung zur Seebeck-Werft bestanden hatte, hoffte er, in der Seestadt an der Wesermündung eine Stelle zu finden. Doch auch die alten Verbindungen halfen nicht weiter. Die Seebeck-Werft entließ in dieser Zeit Personal, statt neue Mitarbeiter einzustellen. Was also tun?

    Nachdem er wochenlang vergeblich nach einer Anstellung gesucht hatte, entschloss sich Gustav Kuhr dazu, aus der Not eine Tugend zu machen und auf eigene Kappe zu arbeiten. Er beabsichtigte, einen kleinen Bootsbaubetrieb mit Reparaturwerft zu gründen, und wurde am Ufer der Lune schließlich fündig. Zwischen der ehemaligen Badeanstalt und dem Lunesiel – rund 800 Meter von der Schleuse „Neues Lunesiel" entfernt – pachtete Kuhr am 10. November 1945 mehrere Räume. Während des Krieges waren hier Flaksoldaten untergebracht. Jetzt sollte hier der Firmensitz der neu gegründeten Lunewerft entstehen.

    Der erste Mietvertrag, der für Gustav Kuhr im November 1945 den Beginn seiner Werft bedeutete.

    Der Mietvertrag, den Gustav Kuhr im November 1945 mit der Marinevermögensverwaltung abschloss, trug noch den Stempel der ehemaligen nationalsozialistischen Kriegsmarine. Nur das Hakenkreuz im Siegel war entfernt worden. Kuhr wurden laut Vertrag zwölf Räume einer Massivbaracke am Lunesiel vermietet. Die Räume waren zwischen fünf und 25 Quadratmeter groß, wobei Gustav Kuhr insgesamt 260 Quadratmeter für sein junges Unternehmen zur Verfügung standen. Das Gebäude war in einem katastrophalen Zustand. Weder Türen noch Fußböden waren vorhanden. Falls diese gewünscht würden, war im Mietvertrag nachzulesen, müsste der Mieter diese selbst einbringen. Als Miete wurden 780 Reichsmark jährlich vereinbart, zahlbar in vier Raten jeweils zum Quartalsanfang. Der Vertrag war auf ein Jahr befristet und verlängerte sich danach automatisch um je ein weiteres Jahr. Die Militärregierung behielt sich aber vor, den Vertrag ohne Frist jederzeit kündigen zu können. Planungssicherheit für ein junges Unternehmen sieht anders aus.

    Gustav Kuhr ließ sich davon nicht beirren. 1946 errichteten die beiden Lehrlinge Perkuhn und Schafranik auf seinen Wunsch hin eine Slip-Bahn am Ufer der Lune, damit die Werft künftig mehr Möglichkeiten hatte, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Boots-, Binnenschiff- und Maschinenbau anzubieten.

    Sechs Arbeiter stellte Gustav Kuhr innerhalb der ersten zwei Jahre seit Gründung der Lunewerft ein. Allesamt Flüchtlinge aus Ostpreußen. Einige waren zuvor Schiffbaulehrlinge der Werft Adolf Groß in Labiau gewesen. Auf derselben Werft hatte auch Kuhr seine Lehre zum Bootsbauer absolviert. Das gemeinsame Schicksal verband, machte stark und dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass sich die kleine Werft über erste Erfolge freuen konnte.

    In erster Linie wurden zunächst Fischkutter repariert und Holzboote gebaut. In Anzeigen, die in lokalen Zeitungen erschienen, warb die Lunewerft mit dem Hinweis, man führe „Boots-, Binnenschiff- und Maschinenbau" für Holz- sowie Stahlkonstruktionen durch. Die neue Slipanlage war hierbei von unschätzbarem Wert.

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