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Der beste Fisch vom Schauspielhaus: Geschichten
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eBook82 Seiten57 Minuten

Der beste Fisch vom Schauspielhaus: Geschichten

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Über dieses E-Book

Gefunden, erfunden, ausgedacht und lebendig gemacht: Geschichten
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Sept. 2021
ISBN9783347394766
Der beste Fisch vom Schauspielhaus: Geschichten
Autor

Jakob Nain

Jakob Nain ist eine Erfindung von Helmut Wenderoth.So nennt er sich, wenn er schreibt, weil das Leben so viel „Ja“ und „Nein“ zu bieten hat, oft sogar gleichzeitig und weil ihm das „ai“ in Nain ein wenig nach Sehnsucht und Ferne aussieht.

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    Buchvorschau

    Der beste Fisch vom Schauspielhaus - Jakob Nain

    Verständigung

    Seit Marianne das Schild ´Eins A Mangelware` in das Schaufenster ihrer kleinen Wäscherei gestellt hat, kommen auch nicht mehr Kunden, meint ihre Mutter am Telefon und schnauft und weiß wie immer vieles besser. Oder alles.

    Dass ihre Tochter besser bei ihrem Mann geblieben wäre, nur so zum Beispiel. Dass LKW-Fahrer eben so sind, dass ein Mann ein Mann ist und dass die Leute im Dorf über Marianne reden und über die Kinder auch. Weil Karina mit schmutziger Hose zur Schule geht, und dass man Carina nicht mit K schreibt. Und sonntagnachmittags isst man Kuchen und geht anschließend mit den Kindern im Dorf spazieren bis zum Kanal. Mit sauberen Kleidern.

    Marianne ist fast sicher, dass es auch nicht weniger Kunden geworden sind, auch wenn es mehr sein könnten, was sie sich wünscht und eine neue Halskette und einen von den schönen Büstenhaltern auf den C-und-A-Plakaten, mehr Zeit für die Kinder, gute Französisch-Noten für ihren kleinen Emil, damit er sich nicht immer so viel Gedanken macht, einmal gemeinsam mit den Kindern Urlaub machen in Italien in einem kleinen Haus am Meer, vielleicht schon übernächstes Jahr. Und einen Mann, der sie dabei anschaut und lacht, wünscht sie sich auch.

    Und es ist gut, dass Theo endlich weg ist. Das war er ja vorher auch die meiste Zeit. Und in der kleinen Wohnküche hinter der Wäscherei wird seit Wochen abends deutlich weniger rumgebrüllt und geheult, hin und her geredet die halbe Nacht und viel zu viel Bier getrunken und „Ich lieb dich doch" gejammert und verzweifelt nach Strohhalmen auf und unter der Wäsche gesucht.

    Theo genießt seine neue Freiheit und redet sich den Stau auf der A 8 bei Passau, das schlechte Zigeunerschnitzel im Autohof bei Würzburg und die deutlich überteuerten Telefongespräche mit Janine, Ramona, Mona, Bella und Stella schön. „Oh Theo, das ist wunderbar, dass du anrufst, stell dir vor, ich hab es mir gerade auf dem Sofa gemütlich gemacht, puh, mir ist so heiß, wart, ich ziehe mir eben schnell die Bluse aus, wollen wir ein bisschen Spaß zusammen haben, und dann bitte sprechen sie ihre Kreditkartennummer laut und deutlich in den Hörer. Und wenn sie erneut eine Verbindung wünschen, drücken sie die Eins."

    Freitagabends im Dorfkrug wurde in den ersten fünfzehn Jahren nach dem Krieg immer getanzt. Der alte Rosmüller spielte Schifferklavier und Mariannes Mutter hieß noch Rosel und nicht „Mama, lass mich in Ruh mit deinen Nörgeleien" und der Seemann ließ das Träumen und seine Heimat war das Meer und seine Freunde die Sterne und sie tranken, bis sie vom Hocker vor dem Tresen fielen, weil ihnen alles schnuppe war.

    Heute Abend fährt Theo am Dorfkrug vorbei, gibt kurz Zwischengas und setzt dann den Blinker rechts. Einen sehr kurzen und klaren Moment lang denkt er darüber nach, ob es Zufall ist, wenn auf einem gelben Straßenschild die Wahrheit geschrieben ist, oder Absicht.

    Und auf dem Schild steht: Leer. Zweiundzwanzig Kilometer.

    Dorfdisko mit Live-Musik im Heidekrug

    Die Jungs auf der Bühne machen Musik. Die Mädchen schütteln wild die Köpfe, damit jeder merkt, wie lang ihre Haare sind, und keiner merkt, wer sich von den Jungs als erster vertut.

    Die Jungs stehen auf der Bühne und vertun sich.

    Erstens beim Haare-Schütteln und zweitens beim So-tun, als wären ihre Haare so lang wie die der Mädchen.

    Am längsten sind die Musikstücke der Jungs. Die tun so, als wären sie ´Punk` und eine ewige Anklage an alle Musikschullehrer der Inselwelt.

    Obwohl der Eintritt frei ist, trauen sich viele nicht hinein.

    Einige, die sich hineingetraut haben, fühlen sich trotzdem weiterhin seltsam unfrei.

    Sie glauben, diese Unfreiheit in großen Gläsern ertränken zu können, damit diese dann, wie Venus aus Schaum geboren, als große Freiheit unvermittelt zwischen ihre Zähne geschwemmt wird, während sie sehr langsam, behäbig fast, mit ihren großen Köpfen wippen und ´Disko Disko` murmeln, bis die Heide wackelt.

    Dann folgt die Fortsetzung. Bei Licht betrachtet geht es dann erst richtig los. Das Licht geht aus.

    Und dann beginnt alles zu dänzen. Wirklich alles. Also jeder im ganzen Heidekrug. Auch die Gläser hinterm Tresen im Regal. Der Wirt sowieso, egal wie er heißt. Und Margit auch. Und all ihre Friesenjungs.

    „Wenn jetzt ein Schwein ´An der Nordseeküste` singt, hau ich ihn um, sagt Jan. „Ich hau den um, ich sachs dir, sagt er. Dann fällt er um.

    Das merkt keiner, denn das Licht ist ja aus und alle sind in ´die Stimmung ist grandios`.

    Egal was die Jungs spielen. Die Mädchen schütteln ihr Haar. Der Wirt schaut Margit zu, wie sie die Friesenjungs anschaut.

    Die Friesenjungs schauen in ihre Gläser, als suchten sie dort die Wahrheit, und wippen mit den Köpfen im Takt, oder in dem, was sie für den Takt halten.

    Obwohl sie der Wahrheit in den Gläsern nicht völlig zu vertrauen scheinen, wippen sie weiter. Nur die Daheimgebliebenen nörgeln. Wie gestern. Wie heute. Wie morgen.

    „Merken

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