Vom Abschied meines besten Freundes: Wenn Pferde von uns gehen: Geschichten erzählen, Abschied nehmen, Loslassen, Trost finden
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Über dieses E-Book
In diesem Buch erzählen Menschen, wie es ist, wenn Pferde von uns gehen. Sie nehmen gemeinsam Abschied von ihren Sternenpferden, lassen los und finden Trost auf ihrer Reise. Sie nehmen dich an die Hand und zeigen dir, was Trauer wirklich ist und wie du mit ihr umgehen kannst.
Dieses Buch ist ein Nachruf. Ein Liebesbrief. Die letzte Ehre. Ein Dankeschön an die schönen Momente. Macht's gut, ihr treuen Gefährten.
Ann-Rebecka Madsen
Ann-Rebecka Madsen, für Social Media-Freunde aka Bex Meier von Dänemark, ausgebildete Fremdsprachenhostess, Kommunikationsdesignerin, Pferdeergonomin, Selfmadeautorin und Bloggerin auf www.ann-rebecka-madsen.de. Sowie Querdenkerin, introvertierte Hochsensible, Optimistin und Ausnahmekreative.
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Buchvorschau
Vom Abschied meines besten Freundes - Ann-Rebecka Madsen
Für wen ich dieses Buch geschrieben habe
Dein Pferd ist gestorben. Alles ist auf einmal anders. Unvorstellbar, dass das geliebte Haustier nicht mehr da ist. Die Trauer wiegt schwer. Es wird dir nie wieder zum Weidetor entgegenkommen. Es wird nie mehr brummeln, wenn es seine Möhre erwartet. Und nie mehr mit dir durch Wald und Flur streifen. Ob es ein Unfall war, eine schwere Krankheit oder ob es im hohen Alter gestorben ist: Der Tod eines Tieres kann uns in ganz besonderer Weise erschüttern.
Jeder Mensch reagiert in so einer Situation anders. Und häufig ist es unwahrscheinlich schwer, mit den vielfältigen Gefühlen und Gedanken umzugehen. Im einen Moment möchte man womöglich nur noch weglaufen, im nächsten ist man wütend auf alles und jeden und dazwischen drehen sich immer wiederkehrende Gedankenspiralen, die zu keinem Ziel zu führen scheinen.
Ein (Herzens-) Pferd bis in den Tod begleiten zu dürfen, ist etwas Wunderbares. Der Weg danach noch viel mehr. Nicht jeder Reiter darf das erleben und nicht jeder Mensch kann die Zeit danach als eine wunderbare (emotionale) Reise empfinden.
Der Tod gibt uns die Möglichkeit, den Blick auf das Wesentliche zu richten; das, worauf es im Leben ankommt. Er zeigt uns, dass alles endlich ist und man das Leben intensivieren sollte.
In unserer Gesellschaft ist der Tod kein Thema, über das gesprochen wird. Betroffene werden alleine gelassen mit ihrer Trauer, es herrscht allgemeines Schweigen. Ich möchte dieses Schweigen ein Stück weit brechen. Und Steine aus dem alten Gemäuer der Stille herausschlagen. Für all diejenigen, die sich entschieden haben, sich mit dem Tod und der Trauer auseinanderzusetzen.
Dies ist kein Ratgeber, denn ich glaube, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss. Dieses Buch soll vielmehr ein Begleiter sein, der dir in den dunkelsten Stunden „eine verständnisvolle Hand reicht". Es soll ein Begleiter sein für Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befinden wie ich. Mein Herzenswunsch ist, dass du auf den Seiten dieses Buches Trost und Hilfe findest, unabhängig davon, ob du ein Pferd, einen Hund, eine Katze oder einen Menschen verloren hast.
Vielleicht kann meine Geschichte eine Gefährtin sein, die dir zeigt, dass du nicht alleine bist. Ich kenne deinen Schmerz. Folge mir, ich erzähle, wie es bei mir war. Vielleicht erkennst du dich an manchen Punkten meiner Geschichte wieder.
Dieses Buch soll:
• dir zeigen, dass du nicht alleine bist
• beweisen, dass du nicht unnormal bist
• dich zum Weinen bringen
• dich trösten
• dein geliebtes Tier wertschätzen
Dieses Buch wird deinen Schmerz nicht nehmen können oder dein gebrochenes Herz heilen. Ich bin kein Trauertherapeut, kein Coach, Verhaltensexperte oder Psychologe. Ich bin Betroffene. Trauernde. Ein Zweck dieses Buches ist es, mir selber dabei zu helfen, zu heilen und den Schmerz zu überwinden. Und mich immer daran zu erinnern. In diesem Buch schreibe ich meine eigenen Erfahrungen nieder und erzähle, was mir geholfen hat. Ich habe immer viel Zuneigung für Funi empfunden und er für mich, das kann ich mit Gewissheit sagen. Wir waren einander sehr vertraut und es ist viel, was der Tod mir genommen hat.
Ich teile dieses Buch in verschiedene Abschnitte. Der erste Abschnitt erzählt von meinem ersten Jahr ohne Funi. Ich habe jeden Monat einen Post in den sozialen Medien verfasst – mal auf englisch, mal auf deutsch – und meine Gedanken und Gefühle darin festgehalten. Dabei traf ich auf Menschen, denen es ähnlich erging. Menschen, die ich teilweise noch nie im Leben gesehen habe und mich dennoch für einen Moment eng mit ihnen verbunden fühlte. Ich möchte einige von ihnen selber zu Wort kommen lassen und dir zeigen, dass du mit der Trauer und der Zeit danach nicht alleine bist. Dass es auch anderen Menschen so geht wie dir. Diese Menschen erzählen ihre ergreifenden Geschichten im zweiten Abschnitt. Halte am besten dafür Taschentücher bereit!
Im dritten Abschnitt des Buches geht das Leben weiter. Mit einem Neuanfang und einem Ende.
Im vierten und letzten Abschnitt gehe ich das Thema sachlicher an. Ich erzähle dir, was Trauer überhaupt ist und dass es fünf Phasen der Trauer gibt, die auch für mich Sinn ergeben. Ich gebe Tipps, die mir in meiner Situation geholfen haben.
Zwischendurch bleiben immer wieder ein paar Seiten leer, sodass du deine eigenen Gedanken und Erinnerungen niederschreiben kannst. Dieses Buch soll nicht einfach nur durchgelesen werden und dann im Bücherregal verschwinden. Es soll mit dir trauern, dich trösten und sich mit dir erinnern. Es darf Kaffeeflecken und Eselsohren bekommen, du kannst Zeilen und ganze Absätze unterstreichen und vollkritzeln. Das Leben muss nicht spurlos an diesem Buch vorüberziehen. Es soll dich ein kleines Stück deines Lebens begleiten. Ein bisschen so, wie dein Pferd dich begleitet hat.
Dieses Buch widme ich unseren Seelenpferden. Es ist ein Nachruf. Ein Liebesbrief. Die letzte Ehre. Ein Dankeschön an die schönen Momente. Macht‘s gut, ihr treuen Gefährten.
Ann-Rebecka Madsen, Stade, November 2019
Mein bester Freund und ich
Als ich ein junger Teenie war, saß ich mal in meinem Zimmer und schrieb einen Zettel. Ich sehe mich noch in meinem Kinderzimmer vergnügt in einer Ecke sitzen, mit einem leeren Blatt Papier vor mir und einem schwarzen Stift, der von meiner Hand geführt schicksalhafte Zeilen schrieb. Es war ein Wunschzettel!
Jahre später, am Ende meiner Sommerferien war ich mit meinem Vater im Wohnmobil unterwegs durch Deutschland und in mir kam der Wunsch auf, mal wieder zu reiten. Wir kauften wahllos zwei oder drei Pferdezeitschriften, die wir in einem Café durchblätterten. Darin fand ich eine winzige Anzeige des Gangpferdezentrums in Aegidienberg mit der Telefonnummer. Wir waren nicht weit weg vom Hof, sodass wir wir für den nächsten Tag einen Ausritt verabredeten.
Insgesamt 13 Pferde bin ich geritten — denn, ja, es war vielmehr ein Proberitt für den Pferdekauf, als ein simpler Touri-Ausritt durch Wald und Flur. Walter Feldmann war wirklich ein guter Geschäftsmann. Doch es war kein Pferd dabei, das mir ernsthaft zusagte. Auf die Frage, was ich mir denn wünschte, lautete die Antwort: „Einen Falben!" — Das war er, Funi.
Es stand noch ein hübscher Schimmelwallach namens Scout in der engeren Auswahl, aber ich entschied mich für Funi. Aus dem einfachen Grund, dass Scout kein isländischer Name war.
Eine tränenreiche Nacht ohne Schlaf folgte, denn das bedeutete, dass ich meinen Haflingerwallach Max und die kleine Shettystute Dicke, die zuhause auf mich warteten, abgeben musste. Noch heute denke ich oft wehmütig darüber nach, aber bereut habe ich es nicht.
Im November 2000 holten wir Funi ab, 600 Km von Bad Honnef in Nordrhein-Westfalen in den Sachsenwald nach Schleswig-Holstein. Er zog wenig später auf den Islandpferdehof Vindhólar, wo ich bald auf meine beste Freundin traf, mit der ich viele Jahre lang unzählige Stunden und Tage im Sattel verbrachte. Wir machten jeden Quatsch zusammen und hatten schnell unseren ganz speziellen Ruf auf dem Hof.
Als ich eines Tages beim Umräumen meines Zimmers das Blatt Papier wiederfand, wusste ich, was ich da geschrieben hatte: Ein Wunschzettel für mein Traumpferd! Und genau das hatte ich gefunden! Ich kann mir bis heute kein besseres Pferd vorstellen. Funi war für alles zu haben und sagte immer ja. Er freute sich jedes Mal, mich zu sehen. Er verzieh mir jeden Fehler und brachte mir viel bei, wovon ich noch heute profitieren kann. Er war wunderschön, mit schimmernder Mähne. Sein Fell leuchtete im Sommer hell wie reifes Getreide in der Sonne und war im Winter braun wie ein frisch gepflügtes Feld nach der Ernte. Seine Augen hatten die Farbe von Bernstein. Er wirkte sehr edel und jeder sprach mich auf ihn an. Funi hatte gute Hufe, einen starken Körper mit schier unendlichem Leistungsvermögen, Nervenstärke und Intelligenz. Er trug mich über Stock und Stein, war immer einsatzbereit, machte das Beste aus jeder Situation. Er war mein Gæðingur. (Wenn ein Isländer von einem Gæðingur spricht, meint er ein Pferd, das in die Kategorie Traumpferd gehört.)
Die Jahre, die wir hatten, waren voller Erlebnisse, die vielen anderen Reitern ihr Leben lang verwehrt bleiben werden. Wir machten Ausflüge in das Watt und ritten nach Neuwerk. An der Ostsee schwammen wir bei Minusgraden durch die Eisschollen. Auch den niedersächsischen Elbstrand machten wir uns in den späteren Jahren vertraut. Einige Male starteten wir auf dem Kronshof Special, wo die Teilnehmer in einem Jahr erfroren und sich im anderen Jahr den Sonnenbrand des Lebens zuzogen. 2006 machte ich das Fahrabzeichen (leider kam es nie dazu, Funi auch einzufahren).
Es sind auch kleine Dinge, die in Erinnerung bleiben. Einmal, bei einer der vielen Schlittenfahrten im Winter trafen wir mitten im Nirgendwo auf ein junges, asiatisches Touristenpaar, die unbedingt mal auf dem Schlitten sitzen wollten und Fotos für ihre Familie machen. Sie hatten noch nie Pferde aus der Nähe gesehen. Später, als unsere Labrador-Hündin Kira — Hansdampf in allen Gassen – dazukam, machten wir unsere Umgebung stets zu dritt unsicher.
Ein besonderes Highlight war unsere Teilnahme am traditionellen IPZV Stafettenritt. Wie das olympische Feuer wird die WM-Stafette per Pferd vom alten zum neuen Austragungsort der Weltmeisterschaft gebracht. Im Jahr 2007 ging es von Norrköping in Schweden, ins holländische Oirschot. Ich bin den deutschen Teil der Strecke mitgeritten und habe mit 570 Km in 21 Tagen den dritten Platz am Wanderreitercup gemacht. Dass ich daran teilnahm, erfuhr ich erst, als ich die Schleife erhielt.
2010 kam Sky zu uns, eine schöne, junge Welsh-Pinto-Stute, die sich alles, was sie lernte, bei Funi abgeschaut hatte. Wir waren ein gutes Trio, doch als Funi starb, war alles anders. Unser Mittelsmann fiel weg, unser Halt, der Fels in der Brandung. Wir mussten uns völlig neu sortieren. Mal klappte es besser, mal schlechter.
Ich kann nicht sagen, ob es gut war, Sky nach langer Überlegung abzugeben, ähnlich wie damals meine beiden Ponys. Ich hatte Sky ein Jahr später besucht, es ging ihr gut. Sie wirkte locker und entspannt. Sie strahlte eine Ruhe aus, die ich ihr nie geben konnte. Ich hoffe sehr, sie wird es für immer so gut haben in ihrem Leben.
Kein Pferd wird je Funis Platz einnehmen, noch es sollen. Ich möchte nicht vergleichen und anderen Tieren damit das Leben schwer machen. Jedes Tier hat seinen Platz und seine Zeit. Die Zeit mit Funi, die mein halbes Leben war, ist in Gold