Vier Jahre Saudi: Vom Leben und Arbeiten eines deutschen Gastarbeiters im heiligsten Land der Muslime
Von S.A. E.
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Buchvorschau
Vier Jahre Saudi - S.A. E.
www.tredition.de
S.A.E.
Vier Jahre Saudi
Vom Leben und Arbeiten eines deutschen Gastarbeiters im heiligsten Land der Muslime
www.tredition.de
© 2016 S.A.E.
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
1. ANKUNFT IN RIYADH
2. SEDER COMPOUND/RIYADH/BAUSTELLE
3. RIYADH/HOTEL/MAIN OFFICE
4. FAL COMPOUND 1
5. OP 1
6. RIYADH
7. UNTERKUNFT / AUTO
8. BAHRAIN 1
9. RIYADH/DISCOVERY 1
10. FLUG MIT HINDERNISSEN
11. TERROR WARNING
12. DISCOVERY 2
13. IQAMA
14. DUBAI 2
15. BAUSTELLE
16. HOSPITAL 1
17. GRANADA MALL
18. FRAUEN IN SAUDI ARABIEN 1
19. UNCOVERED
20. EDGE OF THE WORLD
21. FAMILY SECTION 2
22. ADVENTURE TRIP / GRAFFITI ROCKS (QARYAT AL-ASBA)
23. QUAD IN DER WÜSTE
24. SHISHA/ NASWAR UND AFGHANISCHE KÄMPER
25. DER WERT EINES MENSCHENLEBEN
26. BAHRAIN 2
27. PUBLIC VIEWING IN DER DEUTSCHEN BOTSCHAFT
28. UNCOVERED 2
29. QATAR 1
30. MUTAWA – DIE MUSLIMISCHE RELIGIONSPOLIZEI
31. WÜSTE UNTER WASSER
32. ARABIC LESSONS 1
33. NEUER BUSSGELDKATALOG
34. UNFALL / SAUDI DRIVER LICENSE
35. RATTENDRECK
36. SANDSTURM
37. KIDNAPPING
38. INDUSTRIAL AREA SOUTH / INDUSTRIAL CITY
39. FILMEABEND IN DER DEUTSCHEN BOTSCHAFT
40. RESTAURANTS
41. ARABIC LESSONS 2
42. VISA-PROBLEME
43. QATAR 2
44. KAKERLAKEN UND WANZEN
45. MIT DEM WAGEN ZUR UND AUF DER BAUSTELLE
46. BAHRAIN, AL-DAR ISLAND
47. FRAUEN IN SAUDI ARABIEN 2
48. AIN HEET CAVE
49. DIPLOMATIC QUATER – AL KINDI PLAZA
50. EIN SCHWIMMENDES AUTO
51. SAUDISCHER KALENDER
52. ANSCHLAG AUF DEUTSCHE DIPLOMATEN / SICHERHEITSLAGE
53. FAL COMPOUND 2
54. KNAST FÜR SCHNAPS
55. EXECUTION
56. AL BUSTAN VILLAGE
57. CORONAVIRUS MERS
58. ARBEITER AUF DEM WEG IN DEN TOD
59. ARRANGIERTE EHE
60. RAMADAN KAREEM
61. BIS AN DIE GRENZEN
62. SAUDI NATIONAL DAY
63. HAJJ – HOLIDAY
64. ESKALATION
65. MERRY CHRISTMAS AND A HAPPY NEW YEAR
66. DER KÖNIG IST TOT, ES LEBE DER KÖNIG
67. DAS INTERNET
68. HEISSE REIFEN
69. ARABIAN WORLD WAR
70. SAUDISCHE HOCHZEITSFEIERN
71. STREIK
72. ALLGEMEINES
73. FINAL EXIT
ZU GUTER LETZT!
S.A.E. 2015
VIERJAHRESAUDI@YAHOO.DE
VORWORT
Bevor ich nach Saudi Arabien kam, versuchte ich einige Informationen oder Reiseberichte über dieses Land und das Leben hier zu finden, um auf meine Zeit in diesem für mich fremden Teil der Welt wenigstens etwas vorbereitet zu sein. Trotz Suche im Fachbuchhandel und im Internet konnte ich nichts finden, was mir meinen Anfang und mein Leben in diesem Wüstenstaat erleichtern sollte. So musste ich all meine Erfahrungen selbst machen!
Immer wieder wurde mir bewusst, dass eigentlich niemand im fernen Deutschland eine Ahnung hat, wie es im Königreich Saudi Arabien wirklich ist. Wie fremd und anders die Kultur ist. Wenn ich bei meinen Heimflügen meinen Freunden und meiner Familie über meine Eindrücke und Erlebnisse berichtet habe, konnte ich sehen wie erstaunt oder auch erschüttert sie waren. Die kleinen Geschichten und Anekdoten vom Alltag in Saudi zeigen auf, wie das Leben für einen deutschen Gastarbeiter wie mich, einem Expatriate so ist.
Über das Arbeiten im Speziellen in diesem Land könnte ich ein eigenes Buch schreiben, aber darum geht es in meinen Berichten nur am Rande und wäre auch nur für die Insider interessant. Es geht mehr um das persönlich erlebte, ob nun positiv als auch negativ. Einige Sachen die hier geschehen sind, kann ich auch in diesem Buch nicht erwähnen und bleiben daher unveröffentlicht. Meine Arbeitskollegen, die mit mir zusammen diese Erfahrungen gemacht und durchgestanden haben, werden wissen was ich meine. Es gibt Ereignisse, die sollten besser nicht öffentlich ausgesprochen werden.
In diesem Buch möchte ich über die Stadt Riyadh (Riad) und den Teil von Saudi Arabien, welchen ich bei meinen Ausflügen in die Wüste, sowie bei Kurztrips in die angrenzenden Golfstaaten kennen gelernt habe, berichten. Ich möchte erzählen, wie viele Probleme man bekommen kann, mit eigentlich unscheinbaren und für Einen als unwichtig eingestuften Dingen, wenn man nicht weiß wie das System hier funktioniert. Ich möchte die Lage der Menschen, sei es der Gastarbeiter, als auch der einheimischen Bevölkerung anschneiden, die gefangen in einem totalitären Staat versuchen ihre eigene Identität zu finden und ihren Platz im System zu erhalten. Es geht um Menschenrechte, Sicherheit, die Situation der Frauen und den Versuch dieses Land in die Moderne zu führen, wobei die Auslegung der Religion, das Gesetz, das private und öffentliche Leben bestimmen. In keinem anderen Land der Welt ist der Zwiespalt so krass. Es gibt aber auch viel Hoffnung auf positive Änderungen und sehr viele gute Ansätze. Wir werden sehen wie sich das alles weiterentwickelt, entscheidend ist wie der neue König sein Land zu regieren gedenkt, ob moderat oder fundamentalistisch.
Für mich war der Aufenthalt in diesem für den Westen so unbekannten Land eine sehr wichtige Erfahrung in meinem Leben und ich möchte es nicht missen.
VIER JAHRE SAUDI
Eigentlich war es nur als 15 monatiger Arbeitseinsatz geplant in einem Land wo die meisten Leute nur wissen, dass es hier viel Sand und noch mehr Öl gibt. Für mich war es meine erste Erfahrung für längere Zeit im Ausland tätig zu sein.
Aber ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde!
Vorweg, ich möchte nicht mit irgendwelchen Fakten und Daten über dieses Land aufwarten, die man in jedem Lexikon selbst nachlesen kann. Ich möchte meine gemachten Erfahrungen und Eindrücke wiedergeben, für die die ebenfalls vorhaben aus beruflichen Gründen in Saudi Arabien zu arbeiten und somit auch zwangsweise hier zu leben. Ich möchte einen kleinen Eindruck vermitteln, wie das Leben hier so ist und von den Geschehnissen erzählen, die um mich herum passiert sind.
Bis jetzt hatte ich meine Arbeit meist vom Schreibtisch aus gemacht, mit wöchentlichen Besuchen bei Architekten und auf den Baustellen, für die ich in Deutschland zuständig war.
Nun gab sich mir die Möglichkeit, das in Theorie geplante Vorort auszuführen und zu koordinieren. Die Firma für die ich arbeite führt Projekte auf der ganzen Welt durch, aber dieses Land war neu für uns und niemand wusste so recht wie es in einem Land wie Saudi Arabien überhaupt funktioniert, bzw. generell wie man hier lebt und arbeitet. Niemand hatte eine Vorstellung!
Das in Deutschland von meinem Team und mir geplante Projekt war eines von mehreren sogenannten Parcel, die unsere Gruppe im Joint Venture einzelner Business Units auszuführen hatte. Es gab noch drei weitere Parcel für unsere deutsche Firma, vier für unsere europäischen Nachbarn im Nordwesten und drei für die Kollegen aus Middle East. Unsere Mutterfirma aus Südeuropa hatte bereits vorher vier Parcel separat beauftragt bekommen, wobei eines davon ebenfalls von meinem Team und mir in Deutschland kurz vorher geplant wurde. Nachdem nun diese neuen Projekte an unsere Gruppe vergeben wurden hat man natürlich nach Freiwilligen gesucht, die sich der Herausforderung Vorort stellen wollen.
Für unsere deutsche Firma hab ich mich als Erster gemeldet.
Ja, so kam ich in den Genuss ein Land kennen und vielleicht sogar auf irgendeine Weise lieben zu lernen, von dem man nicht viel Informationen bekommt, außer das was die Regierung als allgemeine Daten nach außen gibt. Ehrlich gesagt machte ich mir selbst absolut keine Gedanken über das Land, die Leute, die Kultur und wie das alles so werden sollte. Aber der Sprung ins kalte Wasser reizte mich schon.
Nachdem unsere südeuropäischen Kollegen bereits seit kurzem in KSA (Kingdom of Saudi Arabia) tätig waren und hierfür eine Firma mit Hilfe unseres saudischen Auftraggebers gegründet hatten, konnte ich den ersten Kontakt knüpfen. Da mein Team und ich bereits eines der Projekt für Riyadh geplant hatten und die Durchführung Vorort anstand, tauschte ich mit dem zuständigen Bauleiter Daniele bereits viele geschäftliche Mails aus um verschiedene Arbeitsabläufe und Informationen auszutauschen. Hierbei machte er den Vorschlag, ich solle doch mal für ein paar Wochen nach Riyadh kommen um ihn in die anstehenden Arbeiten einzuweisen und mit ihm die von uns erstellten Planungen durchzugehen. Aufgrund von bauseitigen Terminverschiebungen verzögerte sich meine erste geplante Reise um ein halbes Jahr, währenddessen die neuen zusätzlichen Aufträge reinkamen und wir zwischenzeitlich die Planung des neuen Parcel durchführten. Zu diesem Zeitpunkt stand für mich schon fest, nicht nur für ein paar Wochen nach Riyadh zu gehen.
Soviel zur Vorgeschichte was meine beruflichen Angelegenheiten betrifft.
Von dem Land, in das ich bald reisen wollte, den Leuten und dem Leben hier hatte ich keine Ahnung!
Ein deutscher Kollege, der vor kurzem zu einem Besprechungstermin in Riyadh war, konnte mir zwar etwas über die Arbeit erzählen, aber für mehr hat es bei seinem 3tägigen Kurzaufenthalt nicht gereicht. Nur, dass ich vorher kein Geld umzutauschen bräuchte, da in jedem Hotel Geldautomaten wären und ansonsten ist es auch nicht anders, als wenn man z.B. nach London kommt, wo ich beruflich auch schon einige Besprechungstermine mit dem für mein Projekt zuständigen Architekten hatte. Alles ganz easy!
Nachdem unsere saudische Firma eine offizielle Einladung (diese ist zwingend notwendig, da es keine Touristen Visa gibt) an mich bzw. meine deutsche Firma geschickt hatte und einigem notwendigen Papierkram, konnte mein 180 Tage Business Visa beantragt werden. Nachdem es genehmigt war, wurde mein Ticket gebucht. Von Frankfurt aus startete ich meinen fast sechsstündigen Flug.
Im Flieger musste ich noch vor der Ankunft eine Einreisekarte ausfüllen, in der in großen roten Buchstaben darauf aufmerksam gemacht wurde, dass man den saudischen Gesetzen untersteht und Drogen unter Todesstrafe stehen!
Herzlich willkommen im geheiligten Land hab ich mir gedacht!
1. ANKUNFT IN RIYADH
Als ich Anfang Mai 2011 dann in Riyadh (Riad) der Hauptstadt von Saudi Arabien ankam, hatte ich bereits über meinen italischen Kollegen Daniele Vorort eine Unterkunft in seinem Compound besorgt. Es war praktisch, da er mich mit seinem Auto jeden Tag mit zu sich auf die Baustelle und wieder zurück nehmen konnte. Compound sind abgeriegelte und abgesicherte Bereiche, in denen man als Westlicher auch nach westlichen Standards leben kann. Im streng wahabitisch muslimischen Saudi Arabien herrschen etwas andere Vorstellungen davon, wie man zu leben hat und nur in diesen Compounds muss man sich nicht an die (alle) strengen religiösen Gesetzen halten, die ansonsten im ganzen Land herrschen.
Als ich am internationalen Flughafen King Khalid in Riyadh ankam, wartete schon in der Menge mein organisierter Firmenfahrer mit einem DIN A3 großen Schild auf dem in großen dicken Lettern der Name unserer Firmengruppe und mein eigner drauf standen. Es wimmelte im Ausgangsbereich nur so von dunkelhäutigen Fahrern und Taxi Chauffeuren aus Indien, Bangladesch oder Sri Lanka die auf ihre Kunden warteten. Es war bereits gegen Mitternacht und die heiße trockene Luft außerhalb des Gebäudes raubte mir erst mal kurzzeitig den Atem.
Mein kleiner bangalischer Fahrer stellte sich mir vor und begann und endete jeden Satz mit „Sir. Sehr ungewohnt, wenn man das das erste Mal hört und man mit „Sir
angesprochen wird. Aber irgendwie cool!
Vor lauter Getümmel hab ich natürlich glatt vergessen nach einem Geldautomaten zu fragen. Also musste ich mir erst mal 100 Saudi Real (umgerechnet ca. 20 EUR) von ihm borgen, um überhaupt was zu haben.
„ Ist ja kein Problem, es gibt ja überall Geldautomaten!" klingt es mir in den Ohren!
Auf dem Weg zur Stadt befuhren wir eine achtspurige Autobahn, die in der Mitte durch Palmenreihen getrennt war. Alles war hell erleuchtet, vor allem der anschließende königliche Privatflugplatz mit kuppelartigen Gebäuden, eigenem Terminal und einer anschließenden riesigen Moschee. Die Fahrt führte an der „Prinzess Noura Universität for Women" vorbei. Prachtvolle rießige Eingänge mit Torbögen und Springbrunnen direkt neben der Autobahn. Das Gelände ist über 5km lang und von einer 12 km langen Mauer umzäunt. Darin befinden sich rießige Gebäudekomplexe, eine riesige Moschee mit zwei Minaretten und sogar eine eigene Hochbahn mit Bahnhöfen, um zwischen den einzelnen Gebäuden hin und her fahren zu können. In der größten Universität der Welt nur für Frauen sollen mehr als 30.000 Mädchen und Frauen studieren, wie ich später erfahren werde. Für Männer ist der Einlass strengstens verboten.
Gleich nach dem Universitätsgelände an der Autobahn ein Check Point. Hier werden die Fahrzeuge auf dem Weg zum Flughafen kontrolliert. Die Polizei steht mit Panzerwagen und automatischen Waffen im Anschlag und hält nach eigenem Ermessen Fahrzeuge an, die sich vielleicht lohnen kontrolliert zu werden. In Richtung City lässt man uns ungehindert durch.
Weiter geht’s Richtung Stadt, ein Lichtermeer das den ganzen Horizont erleuchtet. Bis jetzt bin ich absolut positiv beeindruckt.
Die Autobahnen erinnern mich an amerikanische Highways, sogar die Beschilderung, die hier jedoch vornehmlich in Arabisch sind und nur wichtige Sachen zusätzlich in englischer Sprache.
Nach einer der unzähligen Ausfahrten, mit blauen EXIT Schildern gekennzeichnet fahren wir von der Autobahn runter und auf einer breiten sechsspurigen Straße weiter, die von ein- und zweistöckigen Gebäude gesäumt ist. Im Erdgeschoß sind meist kleine Läden mit großen Schaufenstern und rießigen farbig beleuchteten Werbeschildern, die über die ganze Gebäudelänge gehen. Die arabische Leuchtschrift, kunstvoll geschwungen und verziert sieht fremd, aber einladend aus.
2. SEDER COMPOUND/RIYADH/BAUSTELLE
Dann biegen wir mehrmals ab und die farbigen Neonschriften verschwinden. Die Straßen sind immer noch breit, aber nicht mehr so einladend. Der Straßenbelag wird immer schlechter, die Schlaglöcher immer häufiger und tiefer.
Zufahrt zum Compound
Vor einer vier Meter hohen Mauer mit Stacheldraht bleiben wir stehen. Um die Mauer befinden sich schwarzgelb gestreifte Betonabsperrungen, ebenfalls mit Stacheldraht. Der verdeckt liegende Eingang mit Sichtschutzbarrieren und Maschinengewehrstellungen liegt hinter Tarnnetzen. Der Sicherheitsdienst am Eingang kontrolliert das Fahrzeug, unter der Motorhaube, der Kofferraum, sogar mit Spiegel und Licht wird der Unterboden des Fahrzeuges auf versteckte Bomben untersucht. Weiter geht’s einen 100m langen engen Parcours in Schlangenlinien zwischen Betonabsperrungen hindurch zum Haupteingang. Dann müssen die Pässe abgegeben werden und man bekommt einen Besucherausweis.
Welcome to the holy country!
Der Fahrer bringt mich zu einem zweistöckigen Gebäude, dem Gästehaus/Motel des Compound für Kurzzeitgäste. Der Schlüssel ist wie vereinbart im Briefkasten hinterlegt. Ich bin tot müde, da es schon weit nach Mitternacht ist und freue mich auf mein Bett, zum Umschauen hab ich morgen noch Zeit. Gott sei Dank gab es in meinem Apartment Trinkwasser für Gäste die spät ankommen, sonst wäre ich glaub ich schon am ersten Tag verdurstet.
Motel-Anlage
Villen
Minimarket
Am nächsten Morgen verschaffte ich mir einen kleinen Überblick über das Compound. Es war wie ein kleines amerikanisches Village mit einzelnen Bungalows und dazwischen Carports. Alles schön angelegt mit Palmen, Bäume und Büschen. Ein kleiner Minimarket, in dem man alles Notwendige aus aller Welt kaufen kann, Beef in der Dose aus Brasilien, Tunfisch aus Japan, Joghurt aus Deutschland und Käse aus Holland. Dazu einheimische Sachen, die man zum Leben so braucht. Alles auf 12m2, bis an die Decke gestapelt. Hier hab ich mich erst mal eingedeckt mit Wasser, Biskuit und alkoholfreiem Bier. Dann holte mich Daniele zur Arbeit ab.
Am Abend auf der Rückfahrt zum Compound suchten wir eine ATM-Cash Machine, damit ich etwas Geld abheben könnte, doch gar nicht so einfach! Entweder funktionierten sie nicht oder meine Visa Card wurde nicht akzeptiert.
Schließlich nach eineinhalb Stunden fanden wir nach fünf endlosen Versuchen eine die zwar die Visa ebenfalls nicht akzeptierte, dafür jedoch meine einfache EC Card. Endlich Geld!
Daniele, der mich sehr geduldig von einer Cash Machine zur anderen chauffiert hatte, atmete erleichtert auf.
Das nächste Mal hab ich mir gedacht, sollte ich mich schon vorher um genügend Bargeld kümmern, damit so was nicht wieder passieren kann!
Abends im Compound angekommen, machte ich erst mal eine kleine Runde um mich ein bisschen umzusehen. Ich fand den Pool, 30m lang und genau das Richtige für mich, da ich für mein Leben gerne schwimme. In der Nähe das Fitness Center, Tennisplätze und eine als Restaurant umgebaute Turnhalle. Etwas provisorisch anscheinend. Mein Apartment war sehr groß mit anschließender Küche und Essecke. Das Bad absolut schön, neu und sauber. So was trifft man nicht mal in deutschen Hotels. An der Wand ein großer Flachbildschirm mit rund 50 internationale Kanälen. Ich war begeistert!
Da ich vom Staub der Baustelle und der Hitze großen Durst hatte, öffnete ich mir eine Büchse Budweiser 100% alkoholfrei! Da ich in Deutschland in einer Gegend aufgewachsen bin, die die größte Brauereidichte der Welt im Verhältnis zu seinen Einwohnern hat, liebe ich den Geschmack von Bier, auch wenn dieses zwangsweise hier ohne Alkohol ist. Nach der fünften Büchse stellte sich auf einmal das Gefühl von Trunkenheit ein! Mein Körper suggeriert meinem Gehirn aufgrund des Biergeschmackes und der Menge, dass ich jetzt eigentlich betrunken sein müsste! Und tatsächlich, ich fühlte mich auch so! Wer denkt das ist Blödsinn, sollte das selbst mal ausprobieren, es stimmt wirklich!
Diese Wirkung hielt aber nur drei Tage an, bis mein Gehirn merkte, da ist ja gar nichts zum betrunken werden!
So vergingen die ersten Tage wie im Flug und mein Kollege erzählte mir so einiges, was er in dem einen Jahr, seit dem er hier ist, so alles erlebt hat und gab mir sehr viele hilfreiche Tipps. Wir fuhren abends nach der Arbeit durch die Stadt und er zeigte mir unser Main Office in der Nähe des Kingdom Tower und ein paar neuralgische Punkte um mich etwas besser zu Recht zu finden.
Der Verkehr morgens, mittags, abends und nachts ist wie in anderen großen Städten und Weltmetropolen, eben ständig Rush Hour, aber hier ist alles etwas chaotischer! Ein ständiges Drängeln und Schieben ohne Rücksicht auf irgendwelche Regeln oder Verluste! Abgesehen davon gibt es nur zwei Regel – rote Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen – sonst ist/scheint alles erlaubt! Es gibt kein Rechts vor Links, kein Rechtsüberholverbot, sogar auf der Stadtautobahn oder dem vierspurigen Kreisverkehr kommen sie dir entgegen, wenn es zur nächsten Abfahrt kürzer ist! Dazu die rücksichtslosen einheimischen Fahrer, die ziel- und orientierungslosen Pakistani oder die ewig links fahrenden Inder, die nach dem englischen System fahren. Dazu kommt, dass es zwar eine Fahrschule in Riyadh gibt, aber hier wird, wenn überhaupt, nur auf einem abgesperrten Areal zweimal im Kreis gefahren und das war’s. Kein Wunder, dass Saudi mit seinen paar Städten jedes Jahr 5000 Menschen bei Verkehrsunfällen sterben, so die offiziellen Zahlen, mehr als Einwohner meiner Gemeinde aus der ich komme! Ein saudischer Medizinstudent, den ich später bei einem meiner Heimflüge nach Deutschland kennenlernen durfte, erzählte mir, dass er seine Doktorarbeit über dieses Thema geschrieben hat und bei seinen Recherchen auf mehr als 7800 Tode jährlich alleine in Riyadh kam.
Mein Freund und Kollege sagte mir noch „du bist hier nicht in einem anderen Land, sondern auf einem anderen Planeten". Ich hab darüber gelächelt, jetzt mittlerweile weiß ich dass er Recht hatte!
Später noch mehr zum Thema Verkehr!
Anschließend lud er mich zu einem arabischen Straßenrestaurant zum Abendessen ein.
Das Restaurant war mitten in der City an einer ebenfalls sechsspurigen Nebenstraße umgeben von wundervollen neuen Glasgebäuden und kleinen bunt erleuchteten Läden. Zwischen Hochhäusern stehen riesige Werbebildschirme, die die wartenden Autos an den Ampeln mit neusten Angeboten von KFC, irgendwelchen luxuriösen Automarken und den neusten am Markt erhältlichen Handys unterhalten und zum Einkaufen locken sollen.
Durch das große Schaufenster des Restaurants, das die ganze Häuserfront einnahm, sah man einen Fleischspieß, ähnlich wie bei uns der Gyros oder Döner. Jedoch mit einem halben Meter Durchmesser und 1 m Höhe, doch etwas größer als bei uns. Daniele bestellt, da ich sowieso keine Ahnung habe was es hier gibt. Es schmeckt ausgezeichnet, auch wenn ich nicht weiß, was es genau war! Manche Sachen etwas ungewohnt, aber sehr gut und sehr reichlich. Was mich begeistert hat ist, dass die Fruchtsäfte, die wir bestellt haben, jedes Mal aus frischem Obst gepresst werden. Einfach wunderbar! Dazu gibt es immer überall kostenlos Trinkwasser in kleinen Flaschen.
MAMA NOURA beliebtes arabisches Schnellrestaurant
Fruchtcocktailbar und Fleischspieß für Shawarmer, ähnlich dem türkischen Döner Kebab
Hier in der City glaubt man nicht, dass man sich mitten in der Wüste befindet!
Am nächsten Abend wollten wir wie jeden Abend von der Baustelle zurück zum Compound fahren. Überall wird gebaut, Verkehrsstau ohne Ende. Straßensperrungen, heute mal wieder eine Neue. Obwohl mein Kollege bereits seit einem Jahr den Weg in und auswendig kennt, passiert es,