Verdichtetes: Gehörgang gefüllt mit Watte aus Eis
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Über dieses E-Book
Camilla Paul-Stengel, geborene Münchnerin, ist Juristin, Galeristin - und von Jugend an von Italien und seinen Menschen angezogen. Ihre Gedichte entstehen zumeist gleichzeitig zweisprachig. Im vorliegenden Band wird erstmals einer deutschen Leserschaft eine Auswahl ihrer 'verdichteten Gedanken' - wie sie dazu sagt - zugänglich gemacht.
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Buchvorschau
Verdichtetes - Camilla Paul-Stengel
Querceto
Hörst du den Mond singen?
Hörst Du den Mond singen?
Ganz leis´ und hoch – am hellen Tag bei
Neumond
und dann gefährlich morgens früh um vier,
wenn er erst rund und kräftig
am bleichen Himmel steht.
Spürst Du den Sog seiner Stimme?
Die Hunde fühlen ihn und heulen.
Und Du – Du glaubst nicht was Du hörst?
Du hörst bisweilen auch das Lied der Sterne,
den gold´ner Ton der Luft,
wenn Sonne in ihre Harfenseiten greift.
Lauschst Du so gern wie ich
der Blumen süßes Raunen,
der Melodie, die bunte Falter zärtlich trällern?
Sag´ ja – und flieg mit mir – der Wind ist
günstig –
zu jenen Wolken dort im Blau:
Sie geben heute ein Konzert
und wir sind eingeladen!
Wenn Du in die Flamme blickst
Wenn Du in die Flamme blickst,
wenn Dich der Vollmond sieht –
oder wenn eine Blume Dich ruft,
kann es sein,
dass leise Worte aus Dir murmeln –
dann lausch´ darauf –
und schmeck´ die Silben
des ABRA und KADABRA und des schweren
MANE THEKEL PHARES –
denn jeder Klang ist schön und stark,
und niemand weiß noch heute
was schon gewogen ist, was schon geteilt
und was ihm zugezählt.
Haus aus Feldsteinen gebaut
Haus aus Feldsteinen,
gebaut am Berg, unter Bäumen,
mein Haus,
wer wird in Dir atmen,
wer reden, singen, lachen und ruhen,
wenn wir gegangen sein werden?
Wer wird sich in Deinem Raum
die Hände reichen,
wer sich unter der Türe küssen?
Wer wird Dein Dach neu decken,
wenn uns die Erde deckt.
Hafen
Der Duft Deines Körpers:
meine Nase segelt darüber hin
– über Untiefen,
an Buchten vorbei;
dieses Meer schmeckt nach Sehnsucht
– und Hafen.
Sterbe ich vor Dir
Sterbe ich vor Dir,
so magst Du wünschen!
Aber verließest Du mich –
so wollte ich nur: Dich begleiten
bis durch die Unendlichkeit!
Mein Liebesgedicht
Mein Liebesgesicht
mit den milchgrünen Augen,
in denen winzig-braune Barken schwimmen,
des Mundes sanft geschwungenen Dünen,
die ich nicht oft genug küssen kann,
Du mein liebes Gesicht
bist mein schönstes Liebesgedicht.
Zwei
In Deine Täler
schmiegen sich meine Hügel.
Dein Rücken liegt als breiterer höherer
Bergzug
über dem meinen.
Unter den dunklen Buchten Deiner Brauen
finde ich grüne Seen
und tiefer die sanften Ufer Deines Mundes.
Du senkst Dich unter die warmen Tiefen des
Mooses,
und um uns herum kreisen
Himmel und Erde.
Nacht
Nur den Mantel
meines Selbst
fest um mich gezogen,
wage ich
den Schritt in die Nacht.
So nur vermag sie nicht
ihren alles umfließenden Schleier
auch über mein Herz zu werfen.
Schlaf
Ich beuge mich
ich biege mich
vorsichtig
über den Rand der Klippen
unter denen der Schlaf rauscht.
Schon langte seine schwarze Welle nach mir
und die Woge des Nichts
schlägt über mir zusammen.
Meine Seele
Wenn ich sie nicht halte,
fliegt meine Seele in die Nacht hinaus
auf Schleiereulenflügeln,
fliegt durch das dichte Dunkel
mit Bernsteingoldaugen.
Ich höre ihre lockenden Schreie,
mit denen sie die letzte Stunde
der Nacht begrüßt und weiß –
einmal wird sie nicht mehr
zu mir zurückkehren.
Olivenbaum
Großes Schriftzeichen
des Alphabetes
einer Sprache
die wir nicht kennen:
Wachsen Blühen Reifen –
Ruhen
Bewegung Duft
Farbe – Schönheit
Schlehe 1
Schlehe
schneeig
weiße
ohne kühles Grün!
Blütenschnee
im braunen
Astgestarre –
einen Winter lang
erwartet.
Taubenblaue Perlen
im grauen
silberschattigen
Herbstgezweig.
Der Schlehdorn
?
Nein! Die schmuckfrohe Schlehe!
Schlehe 2
Gegrüßt sei mir, Schlehe!
Voll der Blüten,
schneeig weißer,
süß duftender
in der Frühjahrssonne –
Voll der Beeren,
silbrig schimmernder,
taubenblauer,
heilmächtiger
im späten Herbstnebel.
Wenn die Herbstnebel
Wenn die Herbstnebel durch die nassdunk´len
Wälder zieh´n,
über Höhen steigen
um mit den Wolken zu wandern,
gibt nur mehr der