Freiheit ist das schönste Fest
Von Ludwig Pfau
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19. Jahrhundert, Politische Lyrik, Gedichte
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Buchvorschau
Freiheit ist das schönste Fest - Ludwig Pfau
Ludwig Pfau
Freiheit ist das schönste Fest
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Erhard Jöst
Günther Emigs Literatur-Betrieb
Vorwort.
Arme Lieder, da stehn wir bestürzt vor dem Auge des Lesers,
Und es versagt uns das Wort, das uns der Dichter gelehrt.
Wie vor fremdem Besuch ein Schwarm lautjubelnder Kinder
Halbverschämt, halberschreckt, flüchtend zur Ecke sich drängt,
Bergen wir uns. Wohl schmeichelt der Gast dem Vater zuliebe,
Faßt uns lobend am Kinn, tätschelt die Wange uns mild.
Aber wir schweigen verstockt und weigern ihm jegliche Antwort;
Denn wir merken es wohl, daß er im Innersten denkt:
Wär’ ich euch los mit Art, ihr wenig erbaulichen Engel!
Was die Väter doch schwach sind für Ihr eigenes Blut!
Doch der Vater, er nimmt uns aufs Knie, und flüsternde Worte
Sagt er uns lächelnd ins Ohr, die wir so oft schon gehört.
Da erhellt sich unser Gesicht und öffnet sich freundlich,
Wie ein geschlossener Kelch, wenn ihn die Sonne bescheint.
Er durchschaut und erkennt all unsre geringsten Geberden,
Der uns an sorglicher Brust täglich und nächtlich gehegt;
Weiß den unendlichen Schatz gewaltig treibenden Lebens
Unter der Wange so rund, hinter der Stirne so glatt.
Er ist Künstler und Kenner zugleich, ein Schaffer und Schauer:
Und er herzt uns mit Fug, die ihn zum Vater gemacht.
Sieh, da kommt auch der Freund, der wohlbekannte, frohlockend,
Drehn wir uns, hüpfender Schwarm, rhythmisch im Reigen um ihn;
Jauchzen und klagen und flehn zum Trauten empor, der ein zweiter
Vater uns ward und uns liebt, weil er uns liebend begreift.
Unser Lallen, ihm ist es Musik, er hört in dem Stammeln,
Wie sich der ringende Geist von der Empfindung befreit.
Nur wer fühlenden Sinns dir naht und kindlichen Herzens,
Kann deine Schönheit verstehn, göttliches Kindergeschlecht!
Und wir Lieder, wir Kinder des Lichts in dunkeln Gewändern,
Zeigen dem Liebenden nur unsre verborgene Welt.
Für den Fremdling sind wir ein müßiges Volk, dem Geweihten
Plaudern wir traulichen Tons unsre Geheimnisse aus:
Er, der allein Unaussprechliches schaut im bescheidenen Zeichen,
Hört im empfundenen Wort, was ihm die Sprache verschweigt.
Vöglein, die ihr lang im Nest
Meines Herzens leis gesungen,
Weithin über Thal und Hügel
Strebt ihr aus der engen Haft.
So erprobt denn eure Kraft!
Schlaget durch die Welt die Flügel,
Rühret lauter eure Zungen –
Freiheit ist das schönste Fest.
Liebe und Leben
Sicherheit.
Wer Liebe trägt in tiefer Brust,
Der ist ein sel’ger Mann –
Er ist es sich so klar bewußt,
Daß nichts ihn schrecken kann.
Was auch an seinen Busen schlägt,
Er geht mit frohem Schritt –
Wer seinen Himmel in sich trägt,
Der fürcht’t die Hölle nit.
Scheiden.
Noch einen Blick voll Liebessegen,
Noch einen Kuß, bevor wir gehn!
Als lichten Schatz auf dunkeln Wegen,
Als Zehrung bis zum Wiedersehn.
Ob wir auch enger uns umfassen,
Die Arme schlingen wie ein Band:
Es gilt zu scheiden und zu lassen,
Und nicht zu ketten Hand in Hand.
So wandle denn die Bahn der Schmerzen,
Und weine nicht und denke mein;
Leb wohl, leb wohl! Reiß Herz vom Herzen!
Die Liebe wird dein Engel sein.
Sie schütze dich auf deinen Wegen,
Daß ich dich fröhlich wiederseh’ –
Noch einen Blick voll Liebessegen,
Noch einen Kuß, und nun Ade!
Liebesboten.
Wer treulich liebt, ist nicht verlassen,
Sei er auch einsam und allein:
Es will ihn alles lind umfassen,
Es will ihm alles Bote sein.
Die Thäler blühn, die Wipfel klingen,
Die Auen grüßen, wo er zieht;
Und manche trauten Orte singen
Von Liebe ihm ein heimlich Lied.
Und wo er wandelt auf den Wegen,
Lauscht seinem Wunsch das stille Land
Und bringet Blumen ihm entgegen
Zu einem süßen Liebespfand.
Und Vögel tragen seine Lieder
Auf ihren muntern Schwingen fort;
Und seine Grüße hallen wieder
Zum fernen Lieb von Ort zu Ort.
Und Windes Wehn und Waldes Rauschen,
Die bringen tausend Küsse mit;
So kann er Liebeskunde tauschen
In weiter Welt auf jeden Schritt.
Und selbst des Himmels goldne Sterne
Sind seiner Liebe zugethan
Und ziehen in die dunkle Ferne
Von Herz zu Herzen lichte Bahn.
Und alles will ihn lind umfassen,
Und alles will ihm Bote sein –
Wer treulich liebt, ist nicht verlassen,
Sei er auch einsam und allein.
Nähe der Fernen.
Oft bei Tage möcht’ ich weinen,
Daß ich dir so ferne bin,
Seh’ ich weit die Sonne scheinen
Über Berg und Thale hin.
Aber kommt die Nacht gegangen,
Hehr und mild, mit leisem Schritt,
Nimmt der Tag die hohen, langen
Berg und Thäler alle mit.
Und die Erde ist verschwunden,
Nur der Himmel ist noch da;
Alles Ferne ist verbunden,
Alles Liebe ist sich nah.
Und ich fühle ganz den Segen
Deiner Näh’ in stiller Lust;
Und mir ist, als ob wir lägen
Beid’ an einer Mutter Brust.
Ständchen.
Du Lieb! All ihre Grüße
Schickt dir die Frühlingsnacht:
Schlaf wohl! du Wundersüße,
Du Süße!
Gehüllt in deine Pracht.
Es kommt aus Kelch und Dolde
Ein Duft dir zugefacht:
Schlaf wohl! du Wunderholde,
Du Holde!
Du Glut der kühlen Nacht.
Und zarte Liebestöne
Umschweben dich sanft und sacht:
Schlaf wohl! du Wunderschöne,
Du Schöne!
Du Herz der stillen Nacht.
Und Sterne mit mildem Scheine,
Sie winken von hoher Wacht:
Schlaf wohl! du Wunderreine,
Du Reine!
Du Trost der dunkeln Nacht.
Du Lieb! all ihre Grüße
Schickt dir die Frühlingsnacht:
Schlaf wohl! du Wundersüße,
Du Süße!
Gehüllt in deine Pracht.
Einst und Jetzt.
Einst, wenn ich dir am Auge hing,
Mein Lieb! wie war es freudestrahlend;
In seinem niegetrübten Ring
Die Lust des jungen Lebens malend!
O Gott! und jetzt – schau ich hinein,
Ergründ’ ich es mit innerm Beben;
Es bricht aus ihm der Wiederschein
Von einem schwerdurchkämpften Leben.
Wohl glänzt dein Auge wunderklar,
Doch flackert drin ein Thränenfeuer;
Das sonst der Welt so offen war,
Das flieht zurück jetzt menschenscheuer.
Ich trage dich am Busen lind,
Ob deinen Freuden will ich wachen –
Wird nicht dein Auge, wie ein Kind,
Ach! nur noch einmal wieder lachen?
Unwandelbar.
O fürchte nicht, wenn dir das Alter
Vom Haupte Blüt’ um Blüte bricht,
Daß dann ein Blick, ein trüber, kalter,
Fall auf dein bleiches Angesicht.
Wohl blässer wird der äußre Schimmer,
Doch heller wird der innre Schein;
Drum lieber nur und tiefer immer
Schau ich ins Auge dir hinein.
Da seh’ ich all die Liebesfülle,
Die reicher ward von Jahr zu Jahr;
Es dringet durch des Alters Hülle
Der Seele Schönheit hell und klar.
Da seh’ ich nicht die müden Wangen,
Der Jahre Furchen seh’ ich nicht –
Es ist mir strahlend aufgegangen
Dein innres Engelsangesicht.
Achtzehnhundertneunundvierzig.
Das Recht erlag, der Freiheitskampf ist aus,
Die Sonn’ erlosch, die unserm Bund geschienen;
Das Wetter schlug in unsrer Liebe Haus,
Und unser Glück liegt unter den Ruinen.
Ein Flüchtling bin ich ohne Dach und Land,
Zum fernen Westen ziehst du