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Im Bann der Pharaonin II: Rückkehr
Im Bann der Pharaonin II: Rückkehr
Im Bann der Pharaonin II: Rückkehr
eBook458 Seiten6 Stunden

Im Bann der Pharaonin II: Rückkehr

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Über dieses E-Book

Senenmut muss mit ansehen, wie seine Geliebte Hatschepsut von Thutmoses III zum Selbstmord gezwungen wird. Er bittet die Götter, ihn in seine Zeit zurückzubringen. Dort findet er eine völlig veränderte Situation vor. Peter Wegner ist nun Inspektor der Altertümerverwaltung. Er möchte sein Wissen über die 18. Dynastie zu Geld machen, vertraut sich seinem aufgeschlossenen Vorgesetzten an und findet zum Beweis seiner Zeitreise das unentdeckte Grab von Thutmoses II. Damit tritt er eine Lawine der Gewalt los. Selbst seine Tochter Merit-Amun, wie er durch die Zeit gereist, fällt fast einem Mordanschlag zum Opfer. Schatzjäger, islamistische Fundamentalisten und sogar die Polizei wollen von ihm Wissen um Schätze oder sein Leben. Zu allem Überfluss lernt er auch noch bei einer Ausgrabung die taffe und schöne Dokumentaristin Tujanna kennen und lieben. Als seine Frau Haifa bestialisch zu Tode gefoltert wird, holt Peter zum Gegenschlag aus. Peter und seine Tochter Merit-Amun wünschen sich nichts sehnlicher, als in ihre Heimat Kemet zurückzukehren. Es gelingt. Doch anders als gedacht. Auch hier muss er sich eine neue Existenz aufbauen. Ein Leben ohne Hatschepsut und voller Gefahren. Oder ist sie gar doch noch am Leben? Thutmoses III lässt ihn zunächst auspeitschen und schickt ihn auf eine heikle Mission nach Nubien. Bei seiner Rückkehr ernennt er ihn wieder zum Obersten Wesir. Damit zieht er sich den Zorn der alten Wesire und der Priester des Amuntempels in Karnak zu, die ihn für den Steigbügelhalter der damals gegen die Maat regierenden Hatschepsut halten. Zwischen Thutmoses und ihm entwickelt sich inzwischen eine Hassliebe. Doch auch echte Liebe ist mit im Spiel. Er nimmt die ehemalige Sklavin Tuja zur Frau und kurz darauf eröffnet ihm der Pharao, dass seine totgeglaubte Frau Nofret im Harem von Fajum lebt. Auch hier erlebt er wieder eine faustdicke Überraschung!
Teil 2 der spannenden Geschichte um Senenmut und Hatschepsut, Liebe, Mord und Intrigen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum16. Dez. 2020
ISBN9783347197442
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    Buchvorschau

    Im Bann der Pharaonin II - Volker Groh

    1. Kapitel

    Der Abgrund schien so bodenlos, wie die Schwärze nicht schwärzer sein konnte. Ich fiel und fiel, ohnmächtig dagegen zu kämpfen. Endlich erkannte ich einen hellen Punkt, der sich vergrößerte und zu einer schmerzenden Helligkeit wurde. Die Sklaven vom Steinbuch begannen in meinem Kopf ihre Arbeit. Der Schmerz hämmerte gegen meine Schädelwände im Rhythmus meines Pulses. Doch irgendwann gewöhnt sich jeder Körper an Schmerzen und ich öffnete vorsichtig meine Augen. Ich befand mich in einer schlichten Grabkammer. Schmucklose, weißgetünchte Wände umgaben mich. Sterne explodierten vor meinen Augen und meine gestresste Psyche gaukelte mir nebulöse Gestalten vor. Nofret schwebte auf mich zu, abgelöst von Hatschepsut und Merit-Amun. Plötzlich beugte sich ein erschreckend reales Gesicht über mich und küsste meinen Mund. Die Lippenberührung schmeckte salzig nach Tränen.

    »Naila«, flüsterte ich. »Warum bist du plötzlich so alt?«

    Naila begann zu weinen und ihre Tränen tropften auf meinen Oberkörper. Sie drehte sich verzweifelt zu einer Gestalt, die soeben meine Grabkammer betreten hatte.

    »Doktor! Hat er den Verstand verloren?«

    »Beruhigen Sie sich bitte. Wir müssen ihn weiter beobachten. Die Infusion brachte seinen Körper zunächst auf Vordermann und durch die Dehydration ist es möglich, dass er temporär wirr redet. Seine Psyche kann jedoch nur Allah retten. Ich gebe zu, dass mir sein Zustand ein Rätsel ist und ich momentan keine Erklärung liefern kann.«

    Der Kerl legte mir eine Manschette um den Arm und pumpte sie auf.

    Naila reichte mir einen Kelch, um meinen Durst zu stillen. Die beiden unterhielten sich in einer Sprache die ich zwar verstand, deren Klang jedoch nichts in Kemet zu suchen hatte. Langsam setzte ein Begreifen bei mir ein. Ich war zurück in einer Welt, an die ich jahrelang sehnsüchtig dachte, in der ich aber nun nicht mehr sein mochte. Ich musste zurück, Hatschepsut retten und mich um Merit kümmern. Meinetwegen würde ich beide heiraten, auch wenn Merit mein eigen Fleisch und Blut war. Und meine Gattin Nofret verdiente ein würdiges Begräbnis in einem Sarkophag, mindestens so schön wie der von Amanitore!

    Und die Frau mit dem besorgten Gesicht an meiner Seite war nicht Naila, sondern trug den Namen Haifa!

    »Haifa! Sag mir wer ich bin.«

    Ich merkte an ihrer Reaktion, dass ich sie automatisch in Ägyptisch angesprochen hatte. Deshalb formulierte ich die Frage noch einmal in Arabisch. Einer Sprache, welche ich vor meiner Reise nur sehr ungenügend sprach, die mir aber nun flüssig über die Lippen ging.

    Haifa sah sich wieder hilfesuchend nach dem Doktor um. Der nickte ihr aufmunternd zu.

    »Du bist Dr. Peter Wegner, Inspektor der Antikenverwaltung, verantwortlicher Leiter für Luxor bis Assuan. Und nebenbei mein Mann seit 4 Jahren.«

    Ich schloss meine Augen und überdachte ihre Worte. Irgendwie hatte ich es plötzlich in das oberste Gremium der zweiten Macht im Staate Ägypten geschafft. War ein hohes Tier und besaß einen Doktortitel. Augenblicklich fühlte ich Angst. Die gleiche Angst, die mich damals in Kemet fast um den Verstand brachte. Ich erwachte hier in einer völlig neuen Situation und konnte davon ausgehen, dass nichts mehr war wie ich es kannte. Warum musste immer alles so kompliziert werden?

    »Du bist schön, Haifa. So, wie ich dich all die Jahre in Erinnerung hatte.«

    Nun brach es aus ihr heraus! Haifa schmiss sich an meinen Hals und heulte los.

    »Was geschah mit dir in diesem verfluchten Tempel, Peter? Bitte beruhige mich. Sag mir, dass du mich liebst!«

    Ich schob sie von mir weg und fragte:

    »Wie sehe ich aus? Bin ich anders als vor meinem Verschwinden? Vielleicht älter? Erzähle du mir, was geschah.«

    Haifa wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, schnäuzte sich und nahm meine Hand.

    »Es war vor sieben Tagen. Nachdem du die Ausgrabungen besichtigt hattest, wolltest du noch einmal nach dem seltsamen Tempel sehen. Du hast ja einen Narren an ihm gefressen. Vier Tage bliebst du verschwunden. Die Polizei ging schon von einem Mord oder einer Entführung durch Terroristen aus. Vor drei Tagen ging ich selbst noch einmal in den kleinen Tempel und fand dich bewusstlos vor dem Altar liegen. Nur mit einem Lendenschurz bekleidet, glatzköpfig und ein großes, goldenes Anch-Zeichen um den Hals. Ich fürchtete um dein Leben.«

    »Bin ich nicht auch älter geworden? Viel älter als vor meinem Verschwinden?«

    »Nein, du nicht! Aber ich, aus Sorge um dich.«

    Wieder warf sie sich auf mich.

    »Wir müssen reden, Haifa. Aber nicht hier. Lass uns zu deinem Hotel gehen.«

    »Was für ein Hotel?«

    »In dem ich eingecheckt habe und dir und deinem Mann Mehmet gehört.«

    »Ich bin mit dir verheiratet und besitze kein Hotel! Was soll der Scheiss? Du machst mir ja Angst.«

    „Das verlauste Hotel mit Namen „Sobek. Die billigste Absteige in ganz Oberägypten!, erinnerte ich sie lauter als nötig.

    „Aber wir leben zusammen in einem schönen Haus, Peter."

    Haifa begann wieder zu weinen. Ich zog sie zu mir und küsste sie.

    »Geliebte Haifa. Das ist umso schöner. Wir wollten in meinem anderen Leben sowieso heiraten. Bitte hilf mir, mich zurechtzufinden. Du wirst alles verstehen, aber es benötigt Zeit! Gewähre mir bitte diese Zeit!«

    Sie nickte und der Arzt reichte ihr ein Tuch, um die Tränen zu trocknen. Die schwarzhaarige Schönheit schnäuzte sich wie ein Elefant.

    Auf meine Frage nach der Entlassung antwortete der Arzt, dass ich noch etwas Ruhe vertragen könnte und ich solle noch eine Nacht im Krankenhaus zur Überwachung verbringen. Mir war es fast schon recht. So hatte ich Zeit, meine neue Situation zu überdenken. Aber ich musste mir über Merit Gewissheit verschaffen. Ich fragte ihn, ob nach mir noch ein Mädchen im Alter von 13 Jahren aufgenommen wurde. Nein, antwortete der, sonst wüsste er davon.

    Ich ließ mir ein gekühltes Bier bringen und verschränkte nachdenklich die Arme hinter dem Kopf.

    Die Klimaanlage summte leise vor sich hin und sorgte für ein ausgewogenes Klima. Meine Augen begannen zu schmerzen vom künstlichen Licht an der Decke. Nun war ich also wieder hier! Lange, lange Jahre richtete sich all mein Sehnen und Trachten auf diesen Augenblick. Meine Lider zu öffnen, in eine Leuchtstoffröhre zu blicken und trockene, temperierte Luft zu atmen. Ein kühles Bier trinken, möglichst aus Deutschland, Fußball verfolgen und auch einen Porno reinziehen. All das war wieder möglich. Und trotzdem gefiel mir die Aussicht nicht! Unbemerkt hatte sich Kemet in mein Herz geschlichen und aus mir wurde ein Mensch der Antike. Über zwanzig Jahre verbrachte ich in der Bronzezeit. Liebte und litt, lachte und weinte. Nofret erschien vor meinem geistigen Auge. Eine gütige Frau, die sich nie in den Vordergrund drängte, die zwar äußerlich ihrer Schwester Hatschepsut ähnelte, aber doch im Wesen eher ihrer Mutter Ahmose glich. Und dann war da noch Hatschepsut, die stolze Pharaonin. Ich sah sie lachend im Streitwagen durch die Wüste streifen und erhaben mit Krummstab, Wedel und Zeremonialbart auf dem Thron sitzen. Nofret starb und meine geliebte Hathi sah ich weinend mit dem Giftkelch in der Hand im Thronsaal stehen. Keinen Finger rührte ich für sie in ihrem schwersten Moment. Warum auch? Meine Mission war beendet. Ich ließ sie einfach so in ihrem Leid stehen! Und meine Tochter? Merit-Amun irrte sicher in Waset herum und ich konnte nur hoffen, dass Hapuseneb sich ihrer annahm. Sie war mir nicht gefolgt. Warum auch immer? Ich verriet alle, die mir nahestanden und kehrte zurück in eine Welt, die mir fremd wurde. Zu einer Frau, für die ich nichts mehr empfand. Noch lag ich in meinem Bett und schon spürte ich die Veränderungen. Ob meine Zeitreise die Ursache war, sei dahingestellt. Was hatte sich noch geändert? Angst überkam mich plötzlich. Haifa würde mich für verrückt halten, wenn ich ihr mein Verschwinden erklärte. Vier Tage vermisste man mich, ganze 96 Stunden. Während dieser kurzen Zeit lebte ich sage und schreibe 288 Monate ein anderes Leben in einer anderen Zeit!

    2. Kapitel

    Haifa führte mich zu einem schwarzen Benz. Staunend umschlich ich das Fahrzeug, strich sanft über den Lack und hinterließ dabei eine eine Spur im Staub.

    »Gehört das Teil etwa uns? Sind wir denn so reich?«

    »Es ist dein Wagen! Dazu noch einen Jeep für den Job und mein VW. Fahren wir nach Hause, dann reden wir in Ruhe über deinen Zustand.«

    Wir fuhren also vom Luxor General Hospital auf der Corniche Richtung Süden und hielten vor einem weitläufigen, von Hecken eingezäunten Grundstück. Haifa meinte, wir wären zu Hause und betraten das Grundstück. Automatisch suchte ich nach den Statuen von Hathor und Amun-Re, links und rechts vom Weg.

    »Unglaublich, Haifa! Einfach unglaublich! Genau hier verbrachte ich glückliche Jahre mit meiner Frau Nofret. Schau! Da oben stand der Königspalast. Zufälle gibt es!«

    Haifa hielt mich für verrückt und schwieg. Ich konnte es ihr nicht einmal verdenken. Sie führte mich in die Villa. Die Zimmer waren althergebracht um ein Atrium mit einem Springbrunnen gebaut. Maurische Stuckornamente verzierten Wände und Pfeiler. Vom ursprünglichen Haus stand nach 3500 Jahren natürlich nichts mehr. Volle Bücheregale an den Wänden ließen den Wissenschaftler im Haus vermuten. Haifa ließ mich meine neue alte Wohnung verständnisvoll checken. Inzwischen brachte sie eine Kanne Tee. Ich verlangte nach einem Bier, gut gekühlt. Genüsslich zog ich dieses Lebenselixier in mich und rülpste laut. Haifa beobachtete mich schweigend.

    »Kommen wir zur Sache, Peter. Du bist ein anderer als vor deinem Verschwinden. Fast ein Fremder. Wenn du aber nicht der wärst, den ich liebe, würde mein Herz es mir sagen. Also erkläre dich! Und was hat es mit diesem Mädchen auf sich?«

    Sie brachte mich wieder auf den Boden der Realität. Meine Gedanken gingen zu Merit-Amun. Warum hatte sie den Übergang nicht geschafft? Das war wider die Maat.

    »Glaubst du an die Macht der alten Götter, Haifa?«

    Ein solcher Beginn des Gesprächs überraschte sie. Das sah ich ihr an. Aber irgendwie musste ich beginnen.

    »Ja, warum nicht? Zuviel Seltsames geschieht in Ägypten.«

    »Du wirst mich für verrückt halten, aber ich werde versuchen dir meine Geschichte zu erzählen und deren Wahrheitsgehalt zu beweisen. Ich erzähle es dir erst einmal grob, denn meine Erlebnisse sind so unglaublich, dass ich für die ganze Geschichte mehrere Tage benötigen werde. Höre mir einfach zu, bitte."

    Ich ließ ihre Zeit für eine Reaktion. Dein krankes Geschwätz interessiert mich nicht, oder etwas Ähnliches. Haifa saß aber einfach nur mir gegenüber, die Arme unter den Brüsten verschränkt, und zweifelte. Ich sah es deutlich an ihrem Gesichtsausdruck. Na schön, dachte ich, soll sie es bekommen!

    „Ich hielt mich 24 Jahre im alten Ägypten unter dem Namen Senenmut auf. Genauer gesagt, in der 18. Dynastie unter Pharao Hatschepsut. Das Mädchen Merit-Amun war meine Tochter, geboren von Hatschepsut. Eigentlich hätte sie den Zeitsprung schaffen müssen. Doch wenn sie nicht in der Klinik war …«

    Haifa zeigte mit keiner Regung ihre Gefühle. Sie erhob sich einfach und brachte mir noch ein Bier.

    »Vieles spricht dafür. Deine seltsame Aufmachung und die plötzliche Glatze und das große, goldene Symbol um deinen Hals. Und du sprachst nach Altägyptisch klingend. Trotzdem redest du wirr, das musst du zugeben. Wir sollten einen Psychologen zu Rate ziehen. Es war nur ein Traum, Peter! Aber gut! Zeige mir dieses Mädchen und ich werde dir danach weiterhin zuhören. Wenn nicht, bringe ich dich zu einem uns bekannten Psychiater.«

    Nun war es an mir, ein dummes Gesicht zu machen. Haifa begann anscheinend, mir Glauben zu schenken. Oder sie handelte nach der alten Weisheit, dass man Verrückte nicht reizen, sondern auf ihren Spleen eingehen sollte. Doch woher sollte ich Merit jetzt nehmen? Das fragte ich auch Haifa. Die griff schweigend und noch immer zweifelnd nach einem Ding, dass ich nach langem Überlegen als Handy identifizierte. Mir wurde alles Selbstverständliche in dieser Zeit fremd.

    Schließlich legte sie verblüfft das Teil zur Seite.

    »Im Luxor Medical Center wurde vor zwei Tagen ein Kind in diesem Alter eingeliefert«, sagte sie mit großen Augen. Warum nur kam ich nicht selbst drauf? Es gab ja nicht nur ein Krankenhaus in Luxor und genau in dieses wurde meine Kleine damals eingeliefert!

    Im Wagen blickte mich Haifa ernst an, ehe sie startete.

    »Eigentlich gehörst du austherapiert. Peter, wenn das Mädchen auch nur ein Wort Arabisch spricht … Wenn ich dir glauben soll, müsste sie nur Ägyptisch reden.«

    »Ich danke dir, Haifa, für dein Vertrauen. Wie ich hörte, sind wir jetzt verheiratet. Und ich finde es gut so.«

    Die Frau schlug sich an die Stirn, verdrehte ihre schwarzen Augen und fuhr kopfschüttelnd los.

    Das Krankenhaus erschien mir so, wie ich es in Erinnerung hatte. Die Wartezeit hielt sich in einem für solche Gebäude angemessenen Rahmen. Haifa sprach kein Wort mit mir. Dafür prägte sie sich Namen von potentiellen Psychologen für mich ein. Endlich stürmte ein junger Arzt mit fliegendem Kittel auf uns zu.

    »Ms. Wegner. Schön, sie kennenzulernen. Sie sind eine bezaubernde Frau.«

    Er gab ihr einen Handkuss und widmete sich meiner Person.

    »Mr. Wegner! Es ist mir eine Ehre, eine solch bedeutende Person endlich persönlich begrüßen zu dürfen.«

    Mir reichte er nur die Hand.

    »Bitte folgen Sie mir in mein Zimmer.«

    Er nahm würdevoll hinter seinem Schreibtisch Platz, nahm eine Akte vom Stapel und öffnete sie.

    »Sie kamen also, um sich das unbekannte Mädchen anzusehen. Um es vorweg zu sagen: Die Kleine ist mir ein Rätsel. Man brachte sie völlig dehydriert und apathisch hier an. Sie redete in einer unverständlichen Sprache. Sie nennt sich Merit. Merit-Amun, um genauer zu sein. Ein bekanntes Wort hörten wir aber immer wieder heraus: Senenmut!«

    Der Doktor beschloss erst einmal zu schweigen und in der Krankenakte zu blättern. Haifa blickte mich durchdringend an. Es arbeitete in ihr, denn der schmierige Kerl bestätigte bis hierhin meine Angaben.

    »Was gibt es noch zu sagen? Das Kind trug einen Hauch von Stoff am Leib. Sie hat durchaus schon weibliche Attribute vorzuweisen und kann sich so nicht auf die Straße trauen.«

    Wieder schwieg er und ich konnte mir seine schmutzige Fantasie lebhaft vorstellen.

    »Und sie trägt zwei goldene Armreifen, deren Materialwert schon ein Vermögen darstellt.«

    »Diese Armreifen. Besitzt sie sie noch?«

    Ich wusste nicht, warum ich diese Frage stellte, aber ich handelte mir damit eine Rüge ein.

    »Bei aller Wertschätzung, Inspektor! Wir mögen in einem Land leben, in dem traditionell viel gestohlen wird. Bei mir gibt es das jedoch nicht! Ich verbiete mir jegliche derartige Unterstellung.«

    Auch Haifa warf mir vorwurfsvolle Blicke zu. Selbstverständlich entschuldigte ich mich wortreich. Nun aber wollte ich endlich meine Tochter in die Arme schließen.

    »Gut: Folgen sie mir bitte. Das Mädchen liegt im Zimmer …«

    »666«, fiel ich ihm ins Wort.

    »Woher weißt du das?«, fragte Haifa erstaunt.

    »Es ist Teil meiner Geschichte«, antwortete ich.

    Eine Treppe hoch, den Gang rechts hinter, dann standen wir vor der Tür. Mein Herz klopfte bis zum Hals, da ich Merit dahinter wusste. Sie musste es einfach sein! Der Doktor fragte noch kurz nach dem eigentlichen Grund unseres Besuchs, dann öffnete er die hölzerne Tür.

    Das Mädchen hockte auf einer Bank an der gegenüberliegenden Seite und umschloss mit den Armen ihre angezogenen Beine. Sie wippte mit dem Oberkörper vor und zurück, wie es psychisch Kranke oft zu tun pflegen und summte ein Lied vor sich hin. Apathisch und abwesend reagierte sie nicht auf unser Erscheinen, sondern hielt die tiefliegenden Augen geschlossen. Wirr hingen ihre schwarzen, strähnigen Haare über die schmalen Schultern. Sie trug ein OP – Hemd. Ihr psychischer Zustand musste verheerend sein. Was hatte die Kleine durchmachen müssen? Mein Blick ging zu Haifa, die sich die Hand vor dem Mund hielt. Erschrocken von dem Bild des Jammers das sich bot, erwiderte sie meinen Blick.

    »Merit«, flüsterte ich. »Merit, mein Mädchen!«

    Merit hob langsam ihren Kopf, sah mich an und ein Beben und Zittern durchlief ihren Körper. Sie rannte auf mich zu, umarmte und küsste mich.

    »Vater, Vater, endlich bist du gekommen. Es war alles so furchtbar. Seth selbst muss die Macht ergriffen haben. Doch nun wird alles gut.«

    Sie weinte hemmungslos vor Freude. Ich machte ihr begreiflich, dass ich sie wohl mitnehmen würde. Vorher aber musste ich mit ihr reden. Ich konnte sie nicht einfach ins Auto setzen und nach Hause fahren. Deshalb bat ich den Arzt um einen Gesprächsraum und Haifa um ihre Anwesenheit.

    Merit hatte stark an Gewicht verloren. Abgemagert und mit schweißnassen Haaren gab sie ein Bild des Jammers ab. Zunächst sprach ich mit Haifa.

    »Ich möchte dir meine Tochter Merit-Amun vorstellen. Sie ist das leibliche Kind von Hatschepsut. Ihre Ziehmutter, meine Frau Nofret, brachten Krieger von Thutmoses III. vor ihren Augen um. Sie hat nur noch mich und die letzten Stunden in Kemet waren für sie apokalyptisch. Ich wünsche, dass du ihre neue Mutter und Freundin wirst.«

    Haifa griff mir fest an den Oberarm und wollte etwas sagen, ihre Zweifel an meinem Verstand äußern. Lange blickte sie mir in die Augen, während ihr Mund lautlose Worte formte. Schließlich nahm sie neben Merit Platz, strich ihr übers Haar und betrachtete die Armreifen. »Hatschepsut« las sie auf dem einen, »Nofret« und »Senenmut« auf dem anderen. Eines war gewiss: Ich musste Haifa ebenso viel Zeit geben wie Merit. Sollte sie mir glauben, brach auch für sie eine Welt zusammen. Haifa redete nun auf Merit ein und stellte sich vor. Die machte nur ein dummes Gesicht. Dann nannte sie Merit ein kleines Miststück und Schlampe, um auch nur ein kleines Wort auf Arabisch oder vielleicht Englisch oder irgendeine nonverbale Reaktion aus ihr heraus zu kitzeln. Merit reagierte nicht. Sie fragte mich nur, was diese seltsame Dienerin von ihr wolle und sie sollte endlich still sein, sonst würde sie noch heute Anubis gegenübertreten. Ich lachte laut auf. Haifa raufte sich nun ihre vollen schwarzen Haare, die sie von Naila erbte.

    »Was geschieht hier? Bin ich vielleicht verrückt? Oder ist deine Mär doch wahr? Das Kind spricht wirklich eine Sprache, die dem Altägyptisch ähnelt. Eine, die auch du zu sprechen vermagst.«

    Ich nahm sie in meine Arme.

    »Alles ist wahr! Den alten Göttern gefiel es, mich in eine andere Zeit zu versetzen. Ausführlich werde ich dir davon berichten. Doch vorher musst du Freundschaft mit Merit schließen. Rede mit ihr. Ich werde übersetzen. Natürlich nur, wenn du möchtest.«

    Haifa streichelte nun Merit wieder und der tat es sichtlich gut.

    »Ich grüße dich, kleine Merit. Magst du mit uns nach Hause fahren und mir von dir erzählen?«

    Sie nickte nur mit nassen Augen.

    »Ich muss zuvor noch mit dir reden, Kleines. Wir werden jetzt diesen Ort der Heilkundigen verlassen und in eine Sänfte steigen. Du bist nun in meiner Welt und alles wird dir wunderlich erscheinen. So wie mir damals. Du musst sehr tapfer sein, dich aber nicht ängstigen. Haifa ist meine neue Frau und deine neue Mutter. Bist du bereit, sie anzunehmen?«

    Ich übersetzte schnell für Haifa. Sie sollte kein Misstrauen aufbauen.

    »Vater! Ich bin nicht dumm und sah das Licht ohne Feuer und die Wagen ohne Ochsen. Ich bleibe gern bei euch, denn mich hält es nicht in einem Land, das Mutter und Tante Hatschepsut tötete. Ich hasse Thutmoses. Deine neue Frau gefällt mir und ich werde sie Mutter nennen, wenn du mir versprichst, mich zu deiner Nebenfrau zu machen. Und nun führe mich bitte in dein neues Heim und lass uns ein neues Leben beginnen.«

    Haifa lächelte gerührt, als ich übersetzte.

    Dem Arzt sagte ich, dass Merit-Amun meine außereheliche Tochter wäre, deren Mutter vor längerer Zeit gestorben sei. Er gab sich damit zufrieden, froh, das leidige Problem los zu sein. Haifa rannte zu einem Shop und kaufte schnell noch ein entsprechendes Outfit für ihre neue Tochter.

    Merit zitterte vor Angst, als wir vor die Tür traten. Autos hupten, ein Panzerspähwagen mit martialisch aussehenden Soldaten obenauf dröhnte vorüber, ein Flugzeug setzte zur Landung an. Eine Frau in einer schwarzen Burka gab dem Mädchen, das Frauen in luftiger, durchsichtiger Kleidung gewöhnt war, fast den Rest. Sie musste ihr wie eine Ausgeburt von Seth vorkommen.

    »Vater, hilf mir!«, flehte die Kleine an mich geklammert. Nun überraschte mich Haifa positiv. Sie nahm Merit an ihre Brust und sprach beschwichtigend auf sie ein. Auch wenn sie ihre Worte nicht verstand, spürte sie doch die echte Sorge dieser für sie fremden Frau und wurde sofort ruhiger. Merit nahm den ersten zaghaften Versuch mütterlicher Zuneigung durch Haifa gern an. Ich sah es als einen vielversprechenden Anfang.

    Nach vielen Mühen und gutem Zureden saß das Mädchen endlich in der blechernen Sänfte namens »Mercedes«.

    Plötzlich überkam Merit ein leichter Schwindel und ich reichte ihr eilends Wasser. Kurze Zeit nur, dann ging es ihr wieder gut.

    Haifa startete den Wagen und begann mehr mit sich selbst zu reden. Auch für sie stellte diese Situation eine ungeheure Belastung dar. Sollte sie mir nun glauben oder eher nicht? Vieles sprach dagegen, manches dafür. Bei Merit obsiegte die Neugier über ihre Angst. Als Deir el Bahari in der Ferne zu sehen war, lächelte die Kleine das erste Mal. Nach der ersten Kreuzung beugte sich Merit zu mir und flüsterte in mein Ohr:

    »Vater! Ich kann die Frau verstehen und ich glaube auch diese seltsame Sprache zu sprechen.«

    Oh, ihr Götter! Habt Dank, dass ihr dem Mädchen das Leben in dieser neuen Welt erleichtert.

    »Dann sprich mit ihr. Nur zu!«

    Merit beugte sich nach vorn und sagte in bestem Arabisch:

    »Ich freue mich, dass Senenmut wieder eine gute Frau gefunden hat. Bitte sei immer lieb zu mir.«

    Die Reifen quietschten, die Fahrzeuge hinter uns hupten. Haifa krampfte ihre Finger um das Lenkrad.

    »Was spielt ihr für ein grausames Spiel mit mir? Aus heiterem Himmel spricht die Kleine Arabisch? Warum tut ihr das? Und sie nennt dich Senenmut! Wer bist du wirklich?«

    Ich erklärte ihr die Sache mit dem plötzlichen Sprachverständnis bei mir wie auch bei Merit und bat Haifa, bei einem Glas Bier darüber sprechen zu dürfen. Die schlug ihre Stirn 3 Mal auf das Lenkrad, schüttelte ihren Kopf und fuhr weiter.

    Merit freute sich diebisch, als wir anhielten. Vergessen war ihre Tortur während der Fahrt.

    »Das ist ja unser Anwesen, Vater. Da oben steht der Palast.«

    Triumphierend suchte ich den Blickkontakt mit Haifa, während Merit ihre Ängste vergaß, unser Haus einen Palast nannte und besitznehmend untersuchte. Unentwegt schnatterte sie und fragte schließlich nach unseren Sklaven. Kinder oder junge Erwachsene kamen mit Umwälzungen und grundlegenden Änderungen ihrer Umwelt von jeher besser klar. Auf dem Weg zur Frau brach immer wieder das Kind bei ihr durch. Umso schlimmer, dass sie in diesem Alter früher schon verheiratet wurden. Man bestimmte einfach, dass sie von nun an eine Frau zu sein hätten und nahm den Kindern einen großen Teil ihrer Entwicklung. Ich hieß sie schließlich, sich zu uns zu setzen. Ein Glas Bier würde mir guttun und Merit sicher auch. Haifa empörte sich:

    »Du gibst dem Kind Bier? Ich verbiete dir, dem Mädchen Alkohol zu reichen!«

    »Nun mach mal halblang!«, antwortete ich. »Ein Glas …«

    »Nicht eines! Und nun genug damit. Beginnen wir mit eurer Geschichte von vorn. Merit-Amun! Wer ist dieser Mann an deiner Seite?«

    Die Angesprochene wusste nicht recht, was sie antworten sollte. Dann obsiegte die junge Herrin in ihr. Merit richtete ihren Oberkörper auf, blickte Haifa streng an und antwortete:

    »Dieser Herr neben mir ist der Oberste Wesir der beiden Länder Binse und Biene Senenmut, Oberster Baumeister, Vorsteher der Felder, Haushofmeister des Palastes, Vermögensverwalter der Gottesgemahlin Hatschepsut, Vorsteher der beiden Goldhäuser, Aufseher der Bauten in Djeser djeseru und noch viele Titel mehr. Vertrauter und Geliebter von Pharao Hatschepsut, Gemahl meiner Mutter Nofret und mein Vater! Und dir, Weib, würde es gut anstehen, wenn du ihm den Respekt entgegenbringen würdest, den er verdient!«

    Haifa war baff! Sie wagte einen neuen Versuch, Merit zu überlisten. Aus einem Nebenraum brachte sie eine vergilbte Rolle.

    »Merit! Du behauptest, Tochter eines Wesirs zu sein, und wenn du aus dieser Zeit stammst, gingst du sicher zu einem Lehrmeister und lerntest Lesen und Schreiben. Ließ mir bitte diesen Papyrus vor.«

    »Denkst du, ich bin einfältig. Viele Schwemmen ging ich in die Tempelschule des Amun-Re. Zeig her!«

    Vorsichtig rollte Merit den Papyrus auf.

    Sie überflog die Hieroglyphen und meinte erstaunt:

    »Der ist ja von Tante Hatschepsut an dich, Vater.«

    Dann las sie flüssig und ohne Stocken die Zeilen vor, welche Hatschepsut mir zusammen mit dem Sarg der Amanitore schickte. Ich reichte den Papyrus damals Nofret, die ihn scheinbar des Aufhebens wert befand. Doch wo kam der nach so langer Zeit her?

    »Wer war diese Prinzessin, Vater? War es die, die dir das Leben rettete?«

    »Du sprachst nicht altägyptisch! Es klang ähnlich, doch nicht nach der Sprache der Pharaonen«, mischte sich Haifa dazwischen.

    »Aber Haifa! Du musst dich von dem engstirnigen Denken der profilierten Ägyptologen verabschieden. Die machen ständig aus Vermutungen alleingültiges Wissen und stellen die abenteuerlichsten Behauptungen auf, ohne Beweise zu haben. Ich versichere dir, dass Merit Hieratisch sehr gut und richtig gelesen hat.«

    Haifa wollte entrüstet aufbrausen, hielt sich aber zurück und sagte nur:

    »Ich selbst werde gerühmt ob meines Wissens um Hieroglyphen. Doch räume ich Fehler ein.«

    Ich fragte, wo man dieses Schriftstück fand.

    »Das weißt du doch genau. Du bist hier der Experte und stellst dich dumm! Die Rolle lag im KV20, neben der Mumie der Hatschepsut. Wie nicht anders zu erwarten war das Grab geplündert.«

    »Zunächst einmal muss ich dir sagen, dass ich nichts mehr weiß! Ich bin als neuer Mensch zurückgekehrt, kenne hier niemanden und beginne von vorn. Ich bitte dich um deine Hilfe und Beistand. Auch dein Leben wird sich ändern, glaube mir. Ich denke, du liebst mich. Und nun höre ich nur Zweifel und Vorwürfe. Keinen Kuss, keine Zärtlichkeit, keine Liebe! Ich brauche hier eine Person, auf die ich mich verlassen kann. Wenn du es sein willst, verspreche ich dir Ruhm. Du musst dich damit abfinden, dass ich mich 24 Jahre in Kemet bei Hatschepsut herumtrieb. Ich sah die Grausamkeiten einer antiken Zeit und ich erlebte die glücklichsten Stunden meines Lebens. Das prägt! Doch immer dachte ich an dich. Nun komme ich zurück und sehe mich einer Frau gegenüber, die an allem zweifelt und dabei Liebe heuchelt. Ich räume ein, dass ich bisher Verschwörungstheoretiker für harmlose Spinner hielt und Erich von Däniken zwar stimmige Antworten auf viele Rätsel der Geschichte gab, diese aber ins Reich der Fantasie schob. Nun musste ich am eigenen Leib erfahren, dass es mehr gibt als das bornierte Wissen der heutigen Zeit. Ich frage dich zum letzten Mal: Glaubst du mir und vor allem, unterstützt du mich? Wir zwei, nein, wir drei werden die Geschichte umkrempeln.«

    Meine Frau erhob sich und nahm auf meinen Beinen wieder Platz. Nach einem dicken Schmatz lächelte sie auch Merit zu.

    »Ich möchte euch doch gerne glauben«, sagte sie kleinlaut. »Und ich beginne zu glauben. Zuviel Unerklärliches spielte sich schon in Ägypten ab. Und auch um den verfluchten Tempel ranken sich viele Geschichten. Und sicher erzählst du mir von deiner Geliebten Hatschepsut. Alles möchte ich erfahren.«

    »Ich hatte noch mehr Geliebte, weißt du?«

    Das Eis schien gebrochen und ich nahm mir vor, ein Buch über meine Erlebnisse zu schreiben. Zunächst jedoch, wollte ich diese Nacht mit Haifa verbringen. Da stand aber Merit vor. Sie weigerte sich schlicht, in einer fremden Zeit allein zu schlafen. Haifa sah es ein und gab sich geschlagen. Ich wollte also mit meiner Tochter schlafen und dabei kam es zum Eklat. Merit weigerte sich vehement, den ihr gereichten Pyjama von Haifa zu tragen! Selbige meinte, auch sie würde nackt schlafen, doch wenn die Tochter neben dem eigenen Vater schliefe, läge die Sache anders. Das Kind zeige schon deutliche Attribute einer Frau und dem sollten wir Rechnung tragen. Ich wies Haifa darauf hin, dass dort, wo wir herkamen, andere Moralvorstellungen herrschten. Man schäme sich seines Körpers nicht und schließlich hätte ich schon viele Nächte mit meiner Tochter verbracht. Keinesfalls aber zogen die Menschen in Kemet solche Gewänder über. Ich fügte noch hinzu, dass wir im Ehebett schliefen und uns nicht ins Gehege kommen würden. Haifa nannte uns abartig und verschwand im Gästezimmer.

    »Vater! Warum ist dein neues Weib so böse? Ist es wegen mir?«, fragte Merit mit kindlicher Stimme.

    »Haifa ist nicht böse auf dich. Im Gegenteil. Sie wird dir eine gute Mutter sein. Auch für sie war es ein schlechter Tag. Sie verlor den Mann, den sie kannte und liebte und gewann eine Tochter. In dieser Zeit gibt es so etwas nicht, dass ein Vater mit seiner fast erwachsenen Tochter das Bett teilt. Auch wenn wir keine Liebe machen, ist es nicht akzeptabel in dieser Gesellschaft. Wir müssen uns hier einrichten, du musst dich an die Zwänge dieser Zeit gewöhnen. Das kannst du, denn du bist schon fast eine Frau.«

    »Ich bin eine Frau!«

    Das kleine Miststück ließ das schlabbrige Kleid nach unten gleiten und da wir noch keine Wäsche für sie kaufen konnten, stand sie nackt wie die Sünde vor mir. Ich setzte mich auf das Bett und bewunderte meine eigene Tochter. Sie wurde Hatschepsut immer ähnlicher. Langes schwarzes Haar, kleine hochstehende Brüste, die sich noch entwickeln würden und einen runden knackigen Hintern. Ihre Scham bedeckte ein weicher Flaum. Die Schambehaarung wuchs nach. In Kemet wären solche Haare undenklich. Wieder entwickelte ich Gefühle, die mir verboten waren. Und Merit legte es darauf an. Natürlich! Sie trug in sich die Gene großer Pharaonen, ihre Ausbildung zielte darauf ab, so schnell als möglich nach dem 13. Geburtstag einen Ehemann zu finden. Und die Mädchen in Kemet fanden es nur natürlich. Merit wusste, dass Hatschepsut von mir verlangte, sie zur Frau zu nehmen, sobald sie das Alter hatte. Nun war sie nach altägyptischen Verhältnissen heiratsfähig und sie wollte mich. Dazu kam, dass ich ihr einziger Bezugspunkt in dieser neuen Epoche war. Erschwerend kam hinzu, dass auch mich das Verlangen überwältigte, diesen schmalen, verführerischen Körper in meine Arme zu schließen.

    »Leg dich hin und bedecke dich!«, forderte ich ärgerlich über mich selbst. Dem Mädchen konnte ich keine Schuld geben.

    »Ich werde mich in dieser Wärme nicht bedecken!«, antwortete sie trotzig und räkelte sich lasziv auf einem Teil des Doppelbettes. Ich zog mich bis auf den Slip aus und legte mich neben sie.

    »Ja, du bist eine Frau, Merit«, flüsterte ich. »Und ich liebe dich. Nicht wie ein Vater seine Tochter, sondern wie ein Mann eine Frau liebt. Und doch darf es nicht sein. Nicht in dieser Zeit! Es ist verboten! Und heiraten darf man erst nach 18 Schwemmen des Iteru und nicht mit 13. Verstehst du mich?«

    Merit streichelte mich mit ihren kleinen Händen.

    »Sag mir, weiser Vater, Wesir der beiden Länder Senenmut, Herr über Leben und Tod. Warum ist es nicht erlaubt, dass zwei Menschen, die sich lieben, zusammen sein können? Du erzähltest mir viel von deiner Zeit. Über die Freiheit des Menschen ohne Sklaverei. Doch die einfachsten Dinge sind bei euch verboten. Ich ängstige mich vor dem neuen Tag, vor diesem mir fremd gewordenen Land, in welchem man nicht lieben darf und sich nachts bedecken muss. Ich sah die Frauen, die man nicht als Frauen erkannte, weil sie bekleidet waren wie die wilden Hethiter. Sie schämen sich ihrer Körper. Wo ist deine Freiheit, wenn zwei sich Liebenden vorgeschrieben wird, wann sie sich lieben und wen sie begehren dürfen? Gehen wir zurück nach Kemet. Wirf dich Thutmoses vor die Füße und bitte um Gnade. Dann nimm mich zur Frau. Ich brauche dich sosehr, denn ich weiß um die Unmöglichkeit einer Rückkehr. Du liebst mich, ich liebe dich. Ich fühle ein Verlangen in meinem Schoss nach dir, wenn ich in deiner Nähe bin. Und wie ich sehe, geht es dir ähnlich. Nimm mir bitte meine Ängste für diese Nacht und gib mir Zärtlichkeit. Auch für die weiteren Nächte bitte ich dich. Mache mich zur Frau! Du bist wieder jung und schön geworden. Deine Haifa muss es ja nicht erfahren. Tun wir es heimlich, Vater und Geliebter. Ich möchte deinen Samen in mir aufnehmen und dir einen Erben schenken.«

    Längst strichen ihre Fingerspitzen über meinen Bauch hin zu der Erhebung zwischen meinen Beinen.

    Ihre Liebeserklärung machte mich schwach, ihre Berührungen willenlos. Spitze, erregte Warzen drückten gegen meinen Oberkörper, ihre feuchte Scham hinterließ Kühle auf meinem Oberschenkel. Ich genoss das Gefühl ihrer Finger auf meinem Körper. Meine Härte schmerzte verlangend nach Erlösung. Ja, verdammt! Ich wollte in sie eindringen, sie vorsichtig nehmen und uns beide vom Druck befreien! Und doch musste ich es beenden!

    »Merit! Lass das!«

    Ich wandte ihr abrupt den Rücken zu und hörte schließlich das Schluchzen der Kindfrau, meiner eigenen Tochter. Lange dachte ich über unser Verhältnis nach. Es wurde immer komplizierter. Noch so ein Abend und ich

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