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Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen: Außergerichtliche Beilegung
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eBook471 Seiten3 Stunden

Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen: Außergerichtliche Beilegung

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Über dieses E-Book

Bei der Abwicklung von Kauf- oder Dienstleistungsverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmen jeder Art (kurz: Verbraucherverträge) kommt es leider allzu oft zu Streitigkeiten. In diesen Fällen bestanden für Teilbereiche (z. B. Energieversorgung, Kraftfahrzeuggewerbe) nur im Inland anwendbare gesetzliche oder freiwillige Regelungen für die außergerichtliche Beilegung von Auseinandersetzungen.

Mit dem am 01.04.2016 in Kraft getretenen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) sind europarechtliche Bestimmungen in deutsches Recht umgesetzt worden. Inhalt des VSBG sind nationale Vorschriften für die außergerichtliche Erledigung von Konflikten im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen, die von in Deutschland wohnhaften Verbrauchern mit in der Europäischen Union sowie in Island und Norwegen ansässigen Unternehmen abgeschlossen worden sind. Damit wird dem Verbraucherschutz im Zuge des sich immer mehr erweiternden innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehrs Rechnung getragen.

Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über die sowohl auf gesetzlicher als auch auf freiwilliger Grundlage möglichen Verfahren für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen. Die reaktiv kurzen und für Verbraucher grundsätzlich kostenfreien Verfahren eignen sich vor allem bei relativ niedrigen Streitwerten, also bei allen Geschäften des täglichen Lebens einschließlich den ausführlich dargestellten Rechten von Reisenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die gewählte Form der Darstellung ermöglicht es insbesondere auch juristisch nicht vorgebildeten Verbrauchern, Ansprüche aus Verbraucherverträgen ohne Einschaltung staatlicher Gerichte und/oder von Anwälten in eigener Regie zu verfolgen. Scheitert die außergerichtliche Streitbeilegung, steht immer noch der Rechtsweg offen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum26. Sept. 2017
ISBN9783734586125
Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen: Außergerichtliche Beilegung

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    Buchvorschau

    Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen - Horst Kuß

    Kapitel 1: Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

    Vorbemerkung

    ¹⁸ Der Zielsetzung dieses Buches entsprechend werden allein die Vorschriften zitiert und erläutert, die für die Durchführung von Streitbeilegungsverfahren bei anerkannten privaten sowie bei behördlichen Verbraucherschlichtungsstellen von Bedeutung sind. Somit bleiben folgende (Teil-)Bereiche des VSBG unberücksichtigt:

    •Anerkennung privater Verbraucherschlichtungsstellen (§§ 25 bis 27),

    •mangels (derzeitiger) praktischer Relevanz: Universalschlichtungsstellen der Länder (§§ 29 bis 31),

    •Mitteilungspflichten der zuständigen Behörden und Aufsichtsbehörden (§ 32 Absätze 2 bis 5 sowie §§ 34 und 35),

    •Verordnungsermächtigung (§ 42) und

    •Projektförderung, Forschungsvorhaben, Bericht (§ 43).

    Zu diesen Vorschriften wird z. B. auf die im Verlag C. H. Beck erschienene Kommentierung des VSBG von Roder/Röthemeyer/Braun verwiesen.

    1. Allgemeine Vorschriften

    § 1 Anwendungsbereich

    (1) Dieses Gesetz gilt für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten durch eine nach diesem Gesetz anerkannte private Verbraucherschlichtungsstelle oder durch eine nach diesem Gesetz eingerichtete behördliche Verbraucherschlichtungsstelle unabhängig von dem angewendeten Konfliktbeilegungsverfahren. Dieses Gesetz gilt auch für Verbraucherschlichtungsstellen, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften anerkannt, beauftragt oder eingerichtet wurden, soweit diese anderen Rechtsvorschriften keine abweichende Regelung treffen; von den §§ 2 und 41 darf nicht abgewichen werden.

    (2) Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Kundenbeschwerdestellen oder auf sonstige Einrichtungen zur Beilegung von Streitigkeiten, die nur von einem einzigen Unternehmer oder von mit ihm verbundenen Unternehmen getragen oder finanziert werden oder die nur im Auftrag eines solchen Unternehmers oder von mit ihm verbundenen Unternehmen getragen werden.

    Erläuterungen:

    Zu Absatz 1

    ¹⁹ Mit dieser Vorschrift wird klargestellt, dass das VSBG kein generelles Streitbeilegungsgesetz ist und auch nicht allgemein die Zulässigkeit außergerichtlicher Streitbeilegung im Verbraucherbereich regelt.

    ²⁰ Das VSBG gilt ausschließlich für die außergerichtliche Streitbeilegung. Folglich sind etwa Bemühungen eines Richters im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zur einvernehmlichen Beilegung eines rechtshängigen Prozesses z. B. in Form eines Vergleichsvorschlags nicht erfasst. Auch auf unmittelbare Verhandlungen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer über eine gütliche Einigung ist das VSBG nicht anwendbar.

    ²¹ Über den Bereich der vertraglichen Streitigkeiten hinaus kann eine Verbraucherschlichtungsstelle (Definition siehe § 2 Absatz 1) ihre Zuständigkeit auch auf Ansprüche aus gesetzlichen Streitigkeiten erstrecken; dies gilt aber nur, wenn sie mindestens für vertragliche Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern zuständig ist.

    ²² Wer Verbraucher ist, bestimmt § 13 BGB. Dabei handelt es sich – unabhängig von der Staatsangehörigkeit – um jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Darüber hinaus gilt auch eine Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und der Vertrag, wegen dem es zum Streit kommt, der privaten Vermögensverwaltung dient, wie z. B. ein Energieversorgungsvertrag. Keine Rolle spielt, ob die Eigentümergemeinschaft von einem gewerblichen Verwalter vertreten wird (BGH, VIII ZR 243/13 vom 25.3.2015).

    ²³ Bei Rechtsgeschäften, die sowohl zu gewerblichen als auch zu privaten Zwecken geschlossen werden, kommt es auf den maßgeblichen Zweck an. Entscheidend ist dann nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäfts (BGH, NJW 2008 S. 435 Randnr. 7). Im Übrigen gilt: Wer sich auf seine Verbraucher-Eigenschaft beruft, muss im Zweifel darlegen und beweisen, dass er mit dem Geschäft tatsächlich objektiv einen privaten Zweck verfolgt hat; andernfalls sind Schutzvorschriften des Verbraucherrechts nicht anwendbar (BGH, NJW 2007 S. 2619 Randnr. 13).

    ²⁴ Nach § 14 BGB ist Unternehmer jede natürliche oder juristische Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. „Unternehmer" ist der Gegenbegriff zum Verbraucher. Der Unternehmer-Begriff ersetzt im Verbraucherrecht den Begriff des Kaufmanns sowie des Gewerbebetriebs.

    ²⁵ Unternehmer bieten am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt an. Dazu gehören auch Freiberufler wie etwa Rechtsanwälte, sowie Handwerker, Landwirte und nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende, selbst wenn sie nur nebenberuflich tätig sind. Darüber hinaus zählen zu den Unternehmern nach § 14 Abs. 2 BGB rechtsfähige Personengesellschaften, wenn sie Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen können, wie z. B. Offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG).

    ²⁶ Das VSBG schreibt kein bestimmtes Streitbeilegungsverfahren vor. So kann die Verbraucherschlichtungsstelle einen Vorschlag zur Beilegung des Streits machen, eine verbindliche Entscheidung für die Streitparteien treffen oder diese mit dem Ziel einer gütlichen Einigung zusammenbringen. Neben dem Schlichtungsverfahren kommt z. B. auch eine Mediation (siehe Kapitel 4) in Betracht; außerdem ist eine Kombination von Verfahren mit Schlichtungs- und Mediationselementen möglich.

    ²⁷ Nach anderen Rechtsvorschriften als nach denen des VSBG anerkannte, beauftragte oder eingerichtete Verbraucherschlichtungsstellen müssen zumindest die Standards des VSBG erfüllen, dürfen aber über dessen Anforderungen hinausgehen. Zu diesen Schlichtungsstellen im Einzelnen siehe Kapitel 2.

    ²⁸ Den Vorrang der auf spezialgesetzlicher Grundlage tätigen Schlichtungsstellen vor privaten oder behördlichen Verbraucherschlichtungsstellen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 bestimmt § 4 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2.

    Zu Absatz 2

    ²⁹ Diese Vorschrift schließt Kundenbeschwerdestellen und sonstige Einrichtungen, die faktisch nur einem einzigen Unternehmen zuzurechnen sind, vom Anwendungsbereich des VSBG aus. Der Begriff des „verbundenen Unternehmens" entspricht demjenigen des § 15 des Aktiengesetzes (AktG). Dabei handelt es sich um rechtlich selbständige Unternehmen, die

    •im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende oder mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG),

    •abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG),

    •wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder

    •Vertragsteile eines Unternehmens (§§ 291, 292 AktG)

    sind.

    ³⁰ Beschwerdestellen eines Unternehmers können dazu geeignet sein, um Kundenbeschwerden frühzeitig und verbraucherfreundlich abzuhelfen und damit die Einschaltung weiterer Stellen wie z. B. staatlich anerkannte Gütestellen (siehe Kapitel 2 Ziffer 9.) oder Gerichte zu vermeiden. Diese Funktion darf aber nicht vermengt werden mit der Aufgabe einer staatlich anerkannten Schlichtungsstelle.

    § 2 Verbraucherschlichtungsstelle

    (1) Verbraucherschlichtungsstelle ist eine Einrichtung, die

    1. Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten durchführt, an denen Verbraucher oder Unternehmer als Antragsteller oder Antragsgegner beteiligt sind, und

    2. nach diesem Gesetz oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt, beauftragt oder eingerichtet worden ist.

    (2) Eine Einrichtung, die nicht nach diesem Gesetz oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt, beauftragt oder eingerichtet ist, darf sich nicht als Verbraucherschlichtungsstelle bezeichnen. Sie darf von ihrem Träger nicht als Verbraucherschlichtungsstelle bezeichnet werden. Das Verbot in den Sätzen 1 und 2 gilt nicht, wenn die Einrichtung in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.06.2013, S. 63) anerkannt und in die von der Europäischen Kommission geführte Liste aller im Europäischen Wirtschaftsraum anerkannten Streitbeilegungsstellen aufgenommen worden ist.

    Erläuterungen:

    Zu Absatz 1

    ³¹ Diese Vorschrift definiert den Begriff der Verbraucherschlichtungsstelle. Um eine solche Einrichtung handelt es sich, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Absatz 1 erfüllt.

    ³² Anders als die Bezeichnung auf den ersten Blick vermuten lassen könnte, ist eine Verbraucherschlichtungsstelle keine Einrichtung, die einseitig Verbraucherinteressen vertritt. Vielmehr handelt es sich um eine unabhängige und unparteiische Institution (vgl. § 6 Absatz 1 und § 7).

    ³³ Stets müssen Verbraucherschlichtungsstellen mindestens dafür zuständig sein, auf Antrag eines Verbrauchers ein Verfahren zur Beilegung einer zivilrechtlichen Streitigkeit gegen einen Unternehmer zu betreiben; siehe auch die Erläuterungen zu § 4 Absatz 1. Darüber hinaus können sie befugt sein, Anträge

    •von Unternehmern gegen Verbraucher,

    •von Unternehmern gegen Unternehmer oder

    •von Verbrauchern gegen Verbraucher

    zu bearbeiten.

    ³⁴ Sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner müssen Verbraucher oder Unternehmer sein. Deshalb sind Verbraucherschlichtungsstellen z. B. nicht für erbrechtliche oder familienrechtliche Streitigkeiten zuständig; die daran beteiligten Parteien handeln nicht in ihrer Eigenschaft als Verbraucher oder Unternehmer im Sinne des VSBG.

    Zu Absatz 2

    ³⁵ Satz 1 und 2 dieser Vorschrift sind gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 Nr. 12 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) Verbraucherschutzvorschriften.

    ³⁶ Zur eindeutigen Abgrenzung dürfen Einrichtungen, die die Voraussetzungen der §§ 1 und 2 sowie 24 oder andere einschlägige Rechtsvorschriften (siehe Kapitel 2) nicht erfüllen, nicht die Bezeichnung „Verbraucherschlichtungsstelle" führen. Dadurch wird abgesichert, dass im Rechtsverkehr eindeutig unterschieden werden kann, welche Einrichtung den Anforderungen der ADR-Richtlinie entspricht. Für den Fall eines Verstoßes gilt § 41.

    ³⁷ Mit Satz 3 wird klargestellt, dass in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und sonstigen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (Island und Norwegen) als richtlinienkonform anerkannte Streitbeilegungsstellen ebenfalls als Verbraucherschlichtungsstellen bezeichnet werden dürfen.

    2. Private Verbraucherschlichtungsstellen

    ³⁸ Dieser Abschnitt regelt die Anforderungen, die eine private, keine wirtschaftlichen Interessen verfolgende Einrichtung und die dort tätigen Personen für die Anerkennung als Verbraucherschlichtungsstelle erfüllen müssen.

    § 3 Träger der Verbraucherschlichtungsstelle

    Träger der Verbraucherschlichtungsstelle muss ein eingetragener Verein sein. Nimmt der Träger Unternehmerinteressen oder Verbraucherinteressen wahr, oder wird der Träger von einem Verband, der Unternehmerinteressen oder Verbraucherinteressen wahrnimmt, finanziert, so muss für den Betrieb der Verbraucherschlichtungsstelle ein vom Haushalt des Trägers getrennter, zweckgebundener und ausreichender Haushalt zur Verfügung stehen.

    Erläuterungen:

    ³⁹ Die Forderung, dass ein eingetragener Verein Träger einer Verbraucherschlichtungsstelle sein muss, entspricht der aktuellen Praxis der bestehenden Schlichtungsstellen in Deutschland, deren Träger (gemeinnützige) Vereine gemäß § 21 BGB sind. Diese Rechtsform des Trägers fördert eine dauerhafte und qualitätvolle Arbeit der Schlichtungsstelle.

    ⁴⁰ Nach der Vorgabe des § 3 ist es nicht möglich, dass eine Einzelperson eine Verbraucherschlichtungsstelle betreibt.

    ⁴¹ Die zwingende Vorschrift des Satzes 2 soll die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auch einer solchen Verbraucherschlichtungsstelle gewährleisten.

    § 4 Zuständigkeit von Verbraucherschlichtungsstellen

    (1) Die Verbraucherschlichtungsstelle führt auf Antrag eines Verbrauchers Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag nach § 310 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder über das Bestehen eines solchen Vertragsverhältnisses durch; arbeitsvertragliche Streitigkeiten sind ausgenommen.

    (2) Die Verbraucherschlichtungsstelle kann ihre Zuständigkeit auf bestimmte Wirtschaftsbereiche, Vertragstypen oder Unternehmer beschränken. Hat die Verbraucherschlichtungsstelle keine einschränkende Zuständigkeitsregelung getroffen, führt sie die Bezeichnung „Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle" und ist für Anträge nach Absatz 1 zuständig, mit Ausnahme von

    1. Streitigkeiten aus Verträgen über

    a) nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

    b) Gesundheitsdienstleistungen,

    c) Weiter- und Hochschulbildung durch staatliche Einrichtungen,

    2. Streitigkeiten, für deren Beilegung Verbraucherschlichtungsstellen nach anderen Rechtsvorschriften anerkannt, beauftragt oder eingerichtet werden.

    Die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle kann ihre Zuständigkeit auf in einem Land niedergelassene Unternehmer beschränken; in diesem Fall führt sie die Bezeichnung „Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle" mit einem Zusatz, der das Land angibt, für das sie zuständig ist. Eine solche Zuständigkeitsbeschränkung kann sich auf mehrere Länder beziehen und muss dann dementsprechend angegeben werden.

    (3) Die Verbraucherschlichtungsstelle kann ihre Tätigkeit auf die Beilegung sonstiger zivilrechtlicher Streitigkeiten, an denen Verbraucher oder Unternehmer als Antragsteller oder Antragsgegner beteiligt sind, erstrecken; arbeitsvertragliche Streitigkeiten sind ausgenommen.

    (4) Die Verbraucherschlichtungsstelle kann ihre Zuständigkeit ausschließen für Verbraucher, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, oder für Unternehmer, die nicht im Inland niedergelassen sind.

    Erläuterungen:

    ⁴² Absatz 1 enthält die Mindestanforderung an eine Verbraucherschlichtungsstelle. Sie kann gemäß den Absätzen 2 bis 4 ihre Zuständigkeit begrenzen oder ausdehnen; sie ist aber dazu nicht verpflichtet.

    Zu Absatz 1

    1. Allgemeines

    ⁴³ Diese Vorschrift legt den Zuständigkeitsbereich fest, den eine Einrichtung mindestens – und zwar als Haupttätigkeitsfeld – abdecken muss, um als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt werden zu können. So wäre es beispielsweise nicht zulässig, wenn eine solche Stelle die Beilegung von Streitigkeiten auf Antrag von Unternehmern betreibt und dabei insbesondere die sachliche Zuständigkeit für Streitigkeiten auf Antrag von Unternehmern weiter fasst als die für entsprechende Verbraucherbeschwerden.

    ⁴⁴ Die Verbraucherschlichtungsstelle wird nur auf Antrag tätig; dafür hält sie ein Formular bereit.

    ⁴⁵ Den Inhalt eines Antrags gibt die Verfahrensordnung der jeweiligen Verbraucherschlichtungsstelle gemäß § 5 vor. Stets erforderlich sind die zur zweifelsfreien Identifikation notwendigen Angaben zur Person des Antragstellers und zum Antragsgegner, zum Streitgegenstand und dem ihm zugrundeliegenden Vertrag sowie zum Ziel des Antrags. Bei Unklarheiten kann der Streitmittler (§ 6) auf die notwendige Ergänzung hinwirken.

    2. Verbraucherverträge

    ⁴⁶ Verbraucherverträge nach § 310 Absatz 3 BGB bieten bezüglich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einen höheren-Schutz für Verbraucher.

    ⁴⁷ Die Vorschrift des § 310 Absatz 3 BGB lautet:

    Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts (Anmerkung: BGB, Buch 2 Abschnitt 2) mit folgenden Maßgaben Anwendung:

    1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;

    2. § 305c Absatz 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;

    3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Absätze 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

    ⁴⁸ Nach dieser Vorschrift unterliegen auch Dritt- und Einzelvertragsklauseln einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB, sofern sie nicht vom Verbraucher in den Vertrag eingebracht wurden oder es sich um eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung handelt. Die Beweisführung für die Ausnahmetatbestände obliegt jeweils dem Unternehmer (BGH, NJW 2008 S.2250).

    ⁴⁹ Mit § 310 Absatz 3 BGB soll der Verbraucher in seiner rollenspezifischen Unterlegenheit geschützt und ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes gewährleistet werden.

    ⁵⁰ Nach Artikel 2 Absatz 1 der ADR-Richtlinie sind Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern aus „Kaufverträgen oder „Dienstleistungsverträgen einzurichten. Diese Verträge sind in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben c) und d) der vorgenannten Richtlinie wie folgt definiert:

    ⁵¹ Kaufvertrag ist jeder Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

    ⁵² Dienstleistungsvertrag ist jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt.

    ⁵³ Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen können sowohl Rechte und Pflichten sowie Verzugsschäden nach § 286 BGB aus dem Vertragsverhältnis betreffen als auch die Frage, ob ein solches Vertragsverhältnis besteht. Nicht erfasst sind aber z. B. Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer.

    ⁵⁴ Arbeitsverträge zählen nicht zu den Dienstleistungsverträgen, weil Arbeitnehmer keine Unternehmer sind.

    3. Online-Geschäfte

    ⁵⁵ Derartige Geschäfte im hier maßgeblichen Sinne umfassen Online-Kaufverträge und Online-Dienstleistungsverträge. Dabei handelt es sich um Verträge, bei denen der Unternehmer oder dessen Vermittler Waren oder Dienstleistungen mit Ausnahme von Finanzdienstleistungen (siehe Kapitel 2 Ziffer 2.1.2.1) über eine Webseite oder auf anderem elektronischem Weg angeboten hat und der Verbraucher die Waren oder Dienstleistungen auf dieser Webseite oder auf anderem elektronischem Weg – auch über ein mobiles elektronisches Gerät – bestellt hat.

    ⁵⁶ Vor der Bestellung hat der Unternehmer den Verbraucher klar und verständlich insbesondere zu unterrichten

    •über die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen,

    •über den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen bzw. die Preisgestaltung einschl. aller Steuern und Abgaben sowie Nebenkosten,

    •bei einem unbefristeten Vertrag oder einem Abonnement-Vertrag über die Gesamtkosten pro Abrechnungszeitraum bzw. die Art der Preisberechnung,

    •ggf. über die Laufzeit des Vertrages oder die Bedingungen der Kündigung eines unbefristeten oder sich automatisch verlängernden Vertrages,

    •ggf. über die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht,

    •über die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen,

    •darüber, wie mit den zur Verfügung gestellten technischen Mitteln Eingabefehler vor Abgabe der Vertragserklärung erkannt und berichtigt werden können,

    •über die akzeptierten Zahlungsmittel.

    ⁵⁷ Nach § 312j Absatz 3 BGB hat der Unternehmer die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, muss diese gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Andernfalls kommt der Vertrag nach Absatz 4 a. a. O. nicht zustande.

    ⁵⁸ Schließlich hat der Unternehmer nach § 312i Absatz 1 BGB dem Verbraucher

    •den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Weg zu bestätigen und

    •die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.

    Zu Absatz 2

    ⁵⁹ Nach dieser Vorschrift kann eine Verbraucherschlichtungsstelle die Zuständigkeit nach Absatz 1 auf ihre Besonderheiten ausrichten; eine umfassende persönliche, sachliche oder örtliche Zuständigkeit ist nicht erforderlich.

    ⁶⁰ Eine Beschränkung der Zuständigkeit entspricht der Praxis bei den bestehenden Schlichtungsstellen im Verbraucherbereich. Viele Stellen führen nur Verfahren für Streitigkeiten aus bestimmten Wirtschaftsbranchen, für bestimmte Vertragstypen oder nur bei Beteiligung eines Unternehmers durch, der Mitglied des Trägervereins der Schlichtungsstelle ist.

    ⁶¹ Hat eine Verbraucherschlichtungsstelle keine einschränkende Zuständigkeitsregelung getroffen, führt sie gemäß Satz 2, 1. Halbsatz die Bezeichnung „Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle". Dies gilt auch dann, wenn sie lediglich von einer der nach Absatz 3 oder 4 zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Zuständigkeit Gebrauch macht, aber ihre Zuständigkeit im Übrigen nicht beschränkt. Auch in diesem Fall stellt sie für alle nach der ADR-Richtlinie geforderten Konstellationen ein ausreichendes Schlichtungsangebot zur Verfügung.

    ⁶² Unabhängig vom Umfang ihrer Zuständigkeit gehören außer arbeitsvertraglichen Streitigkeiten auch Auseinandersetzungen über folgende Verträge nicht zum Aufgabenbereich von Verbraucherschlichtungsstellen:

    ⁶³ •Nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Dabei handelt es sich um staatliche oder im Namen des Staates erbrachte Dienstleistungen, die zwar auf vertraglicher Grundlage, aber ohne eine wirtschaftliche Gegenleistung des Leistungsempfängers erbracht werden. Dazu zählen typischerweise Tätigkeiten in Ausübung öffentlicher Befugnisse, in den Bereichen der sozialen Sicherheit, der Gesundheitsfürsorge oder des Bildungswesens. Entscheidend für die Abgrenzung ist grundsätzlich das Bestehen eines Marktes für bestimmte Dienstleistungen. Wenn hingegen der

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