Anwendbares Recht beim grenzüberschreitenden Warenkauf: Rechtsvergleichende Untersuchung des deutschen Handelskaufrechts bei Geltung gegenüber Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) unter Einbeziehung von Besonderheiten beim Warenkauf in der Volksrepublik China
Von Patrick Boll
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Über dieses E-Book
Gegenstand des vorliegenden Buches ist die rechtsvergleichende Untersuchung der hinsichtlich der Vertragsabwicklung nach deutschem Handelskaufrecht bestehenden Unterschiede, welche sich bei Geltung gegenüber Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) ergeben. Die Untersuchung der betreffenden Rechtsnormen findet in Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Schrifttum statt.
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Buchvorschau
Anwendbares Recht beim grenzüberschreitenden Warenkauf - Patrick Boll
Abstract
Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von einer Intensivierung der globalen Vernetzung und Zusammenarbeit. In besonderem Maße spiegelt sich diese Entwicklung in der Zunahme des internationalen Handels wider. Die Handelspartner eines entsprechenden Warenkaufs sind regelmäßig im Geltungsbereich unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen niedergelassen. Als Vertragspartei ist für sie damit von besonderer Bedeutung, nach welchem Recht sich der jeweilige Kaufvertrag beurteilt und inwieweit sie von dessen Regelungen Kenntnis haben. Ihrem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und transparenten Rechtsgrundlagen Rechnung tragend, nahmen die Vereinten Nationen (UN) mit der Kommission UNCITRAL entsprechende Aktivitäten zur Kodifizierung eines supranationalen Einheitskaufrechts auf. Im Ergebnis führten diese zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG).
Gegenstand des vorliegenden Buches ist die rechtsvergleichende Untersuchung der hinsichtlich der Vertragsabwicklung nach deutschem Handelskaufrecht bestehenden Unterschiede, welche sich bei Geltung gegenüber Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) ergeben. Die Untersuchung der betreffenden Rechtsnormen findet in Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Schrifttum statt.
Impressum
Copyright © 2013-2015 Patrick Boll
Oxelbeerweg 5, 79189 Bad Krozingen
patrick.boll@web.de
Alle Rechte vorbehalten.
Verlag: epubli GmbH, Berlin
ISBN: 978-3-7375-7792-2
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Original unter dem Titel „Vertragsabwicklung beim Warenkauf in der Volksrepublik China – Untersuchung der Unterschiede bei Geltung des UN-Kaufrechts (CISG) gegenüber Geltung des deutschen Handelskaufrechts (HGB und BGB) vom Autor als Masterarbeit im Master-Fernstudiengang
Wirtschaftsrecht für die Unternehmenspraxis" der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes (in Kooperation mit dem Distance & Independent Studies Center der Technischen Universität Kaiserslautern) am 16. Dezember 2013 eingereicht. Die Masterarbeit wurde mit der Note sehr gut (1,3) bewertet. Die veröffentlichte Version wurde vom Autor geringfügig geändert.
Der Autor übernimmt keinerlei Gewährleistung für die wissenschaftliche Qualität und die Richtigkeit der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, die Haftung für sich ergebende Schäden oder Folgeschäden durch den Autor oder Dritte ist ausgeschlossen. Die sich aus dem Urheberrecht ergebenden Rechte an der vorliegenden Arbeit liegen vollständig beim Autor.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Impressum
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1: Thematische Einführung und Zielsetzung
A. Einführung in die Thematik
B. Gegenstand und Ziel der Untersuchung
Teil 2: Das CISG im Rechtsvergleich
A. Anzuwendendes Recht
B. Anwendungsbereich
I. Anwendungsvoraussetzungen
II. Prinzipien der Partei- und Privatautonomie
III. Anwendungsbereich beim Warenkauf in China
C. Allgemeine Bestimmungen des Übereinkommens
I. Auslegung und Lückenfüllung
II. Handelsbräuche und Gepflogenheiten
III. Form
D. Abschluss des Vertrages
I. Angebot
II. Annahme
E. Allgemeine Bestimmungen zum Warenkauf
F. Pflichten des Verkäufers
I. Lieferung der Ware und Übergabe der Dokumente
II. Sachliche Vertragsmäßigkeit der Ware
III. Rechte und Ansprüche Dritter
IV. Rechtsbehelfe des Käufers
G. Pflichten des Käufers
I. Zahlung des Kaufpreises
II. Rechtsbehelfe des Verkäufers
H. Übergang der Gefahr
I. Gemeinsame Bestimmungen über Verkäufer- und Käuferpflichten
I. Störungen im Vorfeld der Erfüllung
II. Schadensersatz und Zinsen
III. Befreiungen
IV. Wirkungen der Aufhebung
V. Erhaltung der Ware
J. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Teil 3: Schlusswort
Literaturverzeichnis
Entscheidungsregister
Anlage 1: Übersicht der im CISG kodifizierten Vorschriften
Anlage 2: Status der Vertragsstaaten des CISG, Auszug (Stand: 10.12.2013)
Anlage 3: Anteil der CISG-Vertragsstaaten am weltweiten Exportvolumen (Jahr 2012 / US-Dollar)*
Fußnoten
Abkürzungsverzeichnis
a.A. andere Ansicht | andere Auffassung
ABl. Amtsblatt der Europäischen Union
AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen
AGZ Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China vom 12.4.1986
Anm. Anmerkung
Art. Artikel
Bd. Band
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
Beschl. Beschluss
CISG United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods
EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche
Entsch. Entscheidung
EuGH Europäischer Gerichtshof
HGB Handelsgesetzbuch
Hs. Halbsatz
i.S.d. im Sinne der | im Sinne des
i.V.m. in Verbindung mit
IPR Internationales Privatrecht
m.w.N. mit weiteren Nachweisen
NJW Neue Juristische Wochenschrift
Nr. Nummer
OLG Oberlandesgericht
RG Reichsgericht
Rn. Randnummer
S. Satz | Seite
u.a. und andere
UN United Nations
UNCITRAL United Nations Commission on International Trade Law
Urt. Urteil
v. vom
Var. Variante
vgl. vergleiche
VO Verordnung
ZPO Zivilprozessordnung
Teil 1: Thematische Einführung und Zielsetzung
A. Einführung in die Thematik
Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von einer Intensivierung der globalen Vernetzung und Zusammenarbeit. In besonderem Maße spiegelt sich diese Entwicklung in der Zunahme des internationalen Handels wider. So lag das Gesamtvolumen der weltweiten Exporte im Jahr 2012 bei etwa 18,5 Billionen US-Dollar. Das entspricht in etwa einer Verdoppelung seit dem Jahr 2004 und einer Verzehnfachung seit dem Jahr 1983.¹
Die Handelspartner eines entsprechenden internationalen Warenkaufs sind regelmäßig im Geltungsbereich unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen niedergelassen. Als Vertragspartei ist für sie damit von besonderer Bedeutung, nach welchem Recht sich der jeweilige Kaufvertrag beurteilt und inwieweit sie von dessen Regelungen Kenntnis haben. Ihrem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und transparenten Rechtsgrundlagen Rechnung tragend, trat mit dem Haager Kaufrecht von 1964 im Jahre 1974 erstmals ein vereinheitlichtes Kaufrecht in Kraft. Mit dem Ziel eines weltweit Verbreitung findenden Einheitskaufrechts nahmen die Vereinten Nationen (UN) mit der Kommission UNCITRAL entsprechende Aktivitäten auf, welche im Ergebnis zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980² (CISG) führten.³ Seit seinem Inkrafttreten am 1.1.1988 hat die Verbreitung des CISG kontinuierlich zugenommen. Nach heutigem Stand zählt es 80 Vertragsstaaten,⁴ auf welche etwa 75% der weltweiten Exporte entfallen.⁵ Die internationale Rechtsprechung hat sich in der Folge eingehend mit den Vorschriften des CISG befasst. So enthält die Datenbank der Pace Law School – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – mittlerweile 2.949 entsprechende Urteile, von denen knapp ein Drittel auf die Vertragsstaaten China und Deutschland entfällt.⁶ Darüber hinaus dienten die Regelungen des CISG bei der Reform nationaler Gesetze, etwa des am 1.1.2002 in Kraft getretenen neuen deutschen Schuldrechts, als Vorbild.⁷
Diese Daten vermitteln einen Eindruck, welche Bedeutung und welchen Einfluss das CISG in den gut 25 Jahren seit seinem Inkrafttreten gewonnen hat. Ungeachtet einer insgesamt wachsenden Akzeptanz wird die Anwendung des CISG noch vielfach aufgrund mangelnder Kenntnis oder infolge der Verwendung von Musterverträgen ausgeschlossen.⁸ Dieser Umstand deckt sich mit eigenen Erfahrungen des Autors der vorliegenden Untersuchung.
Vor diesem Hintergrund bedarf es aus Sicht des Autors weiterhin einer rechtsvergleichenden Auseinandersetzung mit der Thematik. Sie dient dem Ziel, gerade auch mittelständischen Unternehmen die Chancen und Möglichkeiten einer ihren Vorstellungen bestmöglich entsprechenden Vertragsgestaltung aufzuzeigen.
B. Gegenstand und Ziel der Untersuchung
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die rechtsvergleichende Untersuchung der hinsichtlich der Vertragsabwicklung bestehenden Unterschiede, welche sich bei Geltung des UN-Kaufrechts (CISG) gegenüber der Geltung des unvereinheitlichten deutschen Handelskaufrechts (HGB und BGB) ergeben. Der Aufbau der Untersuchung orientiert sich an der Struktur des CISG. Ausgangspunkt sind die hinsichtlich Rechtswahl und Vertragsgestaltung beachtlichen Art. 1-88 CISG.
Betrachtet wird zudem, inwieweit sich beim Warenkauf in der Volksrepublik China – Warenkauf eines in Deutschland niedergelassenen Käufers bei einem in China niedergelassenen Verkäufer – Besonderheiten ergeben. Einbezogen wird dieser Teilaspekt in Anbetracht der wachsenden Bedeutung Chinas als Handelspartner Deutschlands⁹ sowie in Anlehnung an den beruflichen Hintergrund des Autors.
Ergänzend werden die in Abhängigkeit des geltenden Rechts bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Einbeziehung sowie der inhaltlichen Geltung von Einkaufs- und Verkaufsbedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) untersucht.
Das Ziel der Untersuchung ist, die sich aus den einzelnen Vorschriften ergebenden wesentlichen Unterschiede herauszuarbeiten und die jeweiligen Vor- und Nachteile für den Käufer und den Verkäufer aufzuzeigen. Der Rechtsvergleich soll dem Anwender in der Praxis insoweit als Entscheidungshilfe hinsichtlich der Rechtswahl sowie der Vertragsgestaltung in Bezug auf internationale Kaufverträge dienen.
Die Untersuchung der betreffenden Rechtsnormen findet in Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Schrifttum statt.
Teil 2: Das CISG im Rechtsvergleich
A. Anzuwendendes Recht
Das auf einen Sachverhalt mit einer Verbindung zu einem ausländischen Staat anzuwendende Recht bestimmt sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Internationalen Privatrechts (IPR).¹⁰ Die betreffenden Kollisionsnormen sind für das deutsche IPR größtenteils im EGBGB enthalten.¹¹ Dieses verweist übrigens i.S.d. Art. 3 EGBGB auf das vorrangig geltende vereinheitlichte europäische IPR und auf zu innerstaatlichem Recht gewordene völkerrechtliche Vereinbarungen.
Hinsichtlich internationaler Kaufverträge verweist Art. 3 Nr. 1 lit. b EGBGB auf die Rom I-VO¹². Durch die Vorschriften der für alle EU-Staaten mit Ausnahme Dänemarks geltenden VO wird das IPR bezüglich des auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendenden Rechts für den Anwendungsbereich i.S.d. Art. 1, 2 Rom I-VO europaweit einheitlich geregelt. Insoweit sind die in der Rom I-VO enthaltenen Kollisionsnormen in Bezug auf Kaufverträge i.S.d. Art. 1 Rom I-VO vorbehaltlich vorrangiger Rechtsakte einschlägig. Die Rom I-VO folgt mit der i.S.d. Art. 3 Rom I-VO normierten freien Rechtswahl dem Grundsatz der Parteiautonomie. Treffen die Parteien keine Rechtswahl, unterliegen Kaufverträge über bewegliche Sachen i.S.d. Art. 4 I lit. a Rom I-VO dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Umstritten ist, ob Art. 25 I Rom I-VO auch den Vorrang des CISG einschließt.¹³ Nach aktueller Rechtslage führen jedoch die zustimmende sowie die ablehnende Ansicht zum gleichen Ergebnis.¹⁴
Das deutsche IPR verweist weiter auf ebenso vorrangig zu behandelnde Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen i.S.d. Art. 3 Nr. 2 EGBGB. Das CISG stellt mit dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz vom 5.7.1989 über die Zustimmung zu dem Übereinkommen sowie dessen Inkrafttreten für die Bundesrepublik Deutschland am 1.1.1991 einen entsprechenden völkerrechtlichen Vertrag dar.¹⁵ Der Anwendungsbereich des CISG ergibt sich i.S.d. Art. 1-6 CISG.
B. Anwendungsbereich
Die Art. 1-6 CISG (Teil I, Kapitel I) enthalten die Vorschriften hinsichtlich des Anwendungsbereichs des CISG. Damit haben diese Vorschriften in Bezug auf den hier vorzunehmenden Rechtsvergleich keine unmittelbare Relevanz. Ausgehend von der Zielsetzung dieser Arbeit ist das Kapitel aus Sicht des Autors gleichwohl von Bedeutung. Seine Vorschriften normieren neben dem Anwendungsbereich des Übereinkommens seinen Regelungsbereich¹⁶ und die Möglichkeiten parteiautonomer Vereinbarungen bezüglich der Rechtswahl sowie der Gestaltung einzelner Bestimmungen. Insoweit sind die Regelungen grundlegend hinsichtlich der Gestaltung internationaler Kaufverträge und des auf sie anzuwendenden Rechts. Über die betreffenden Vorschriften hinaus wird im Folgenden die diesbezügliche Rechtslage im Falle des Warenkaufs durch