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ANGESTRANDET: Never give up the fight
ANGESTRANDET: Never give up the fight
ANGESTRANDET: Never give up the fight
eBook239 Seiten3 Stunden

ANGESTRANDET: Never give up the fight

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Über dieses E-Book

Carlo schaut aus dem Fenster des Fliegers, sein Blick schweift über das Meer und er kann bereits die Konturen von Hispanola erkennen.
Was wird die "Neue Welt" für ihn bereithalten? Schon in der "Alten" war es hart, er machte sich da keine Illusionen..........
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum14. Aug. 2020
ISBN9783347113237
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    Buchvorschau

    ANGESTRANDET - Rainer Teklenburg

    Karibik! Allein beim Klang des Namens kommen Träume auf. Karibik verheißt Abenteuer, Sonne, Strand und Liebe. Aus der Fensterluke des Fliegers kann Carlo die Küste sehen. Von hier oben ist das Meer dunkelblau und kräuselt sich weiß an den Kämmen der Wellen. Je mehr die Maschine an Höhe verliert, desto mehr ändert sich die Farbe des Wassers, wird hellblau und verliert sich in smaragdgrün. Der Traum rückt näher und die Farben werden prächtiger.

    Hispaniola…

    Christoph Kolumbus und seine Männer waren wohl die ersten „Ausländer" die ihren Fuß auf dieses paradiesische Eiland gesetzt haben. Sie trafen auf ewigen Sommer, endlos weite Strände und Kokosnuss behangene sattgrüne Palmen. Freundlich und ehrfürchtig traten ihnen die einheimischen Indios gegenüber. Man wähnte sich im Garten Eden. Die Tainos, wie man diese Indios nannte, waren offen und ohne jede Hinterlist, gastfreundlich, feingliedrig und vor allem schlecht bewaffnet. Lange dauert es nicht, da wurden sie bis auf den letzten Mann ausgerottet, das ganze Volk für immer ausgelöscht. Für die schwere Arbeit schafften die Spanier afrikanische Sklaven ins Land, mit ihnen kamen die Glücksritter, Ausbeuter, die Abgesandten des Spanischen Hofes und auch Gottes fleißige Diener. Heute, 500 Jahre nach Kolumbus, ist dieses Land vom Tourismus erschlossen.

    Mit den Urlaubern kommen sie wieder die Glücksritter, kleine Gauner, Betrüger oder einfach nur gescheiterte, die mit einer Hand voll Dollars dieses Paradies erobern wollen.

    Obwohl Carlo alles was ihn an sie erinnern konnte zurückgelassen hatte, jedes Bild zerrissen, jedes Geschenk vernichtet, sogar den Ring in den Gully geworfen hatte, war sie allgegenwärtig.

    Er müsste sich das Gehirn herausschießen, um sie aus seinen Träumen zu verbannen, ihren Geruch nicht mehr wahrzunehmen oder ihre Stimme nicht mehr zu hören.

    „Rien ne va plus, sagte er zu sich, „ich will dich nie wieder sehen.

    Ein Riesenlärm rund um das Förderband. Schreiende Kofferträger, lärmende Kinder, verschreckte Mütter und verschwitzte Väter auf der Suche nach ihrem Gepäck.

    Carlo drängte sich ans Band, seine Reisetasche drehte dort schon ihre Kreise. Seine Hand schloss sich um die Tragriemen, noch bevor einer der Kofferträger ihm zuvorkommen konnte.

    Wie hieß es beim Abflug?

    „We are ready for take off"

    Ich auch dachte er, ich bin bereit!

    „Keep on running Junge."

    Fünf Dollar, das ersparte die lange Kontrolle des Gepäcks. Die Zöllner begrüßten jeden Reisenden per Handschlag. Ein kleiner zusammengerollter Geldschein wechselte dabei seinen Besitzer. Wer dieses System nicht kannte musste seine Koffer und Taschen durchchecken lassen. Unter Umständen wurde es dann richtig teuer und auf alle Fälle dauerte es seine Zeit.

    Angel und Dolores standen zwar hinter der Absperrung, aber sie konnten Carlos schon sehen und winkten ihm zu.

    Ich komme auf immer und ewig auf deine Insel, hatte er am Telefon zu Angel gesagt, aber der wollte, dass seinem Freund nicht glauben. Niemals mehr zurück in die Heimat und auch Natalie vergessen?

    Natalie, einmal Hure, einmal Heilige, versteh' den Carlo einer, dachte Angel.

    Wann kommst du?

    „Die nächste Maschine, die nach Hispaniola fliegt, werde ich buchen, Angel."

    Dolores und ich werden dich abholen, wir freuen uns, dass du kommst.

    „Hasta entonces amigo"

    „Hasta luego Angel"

    Es war nur noch ein Rauschen in der Leitung, als Carlo einhängte. Es hörte sich an wie das Rauschen des Meeres, das zwischen der alten und der neuen Welt die Grenzen zog. Carlo war das letzte Band, dass den kleinen dicken Araber mit dem Land verband, in dem er die glücklichsten und gleichzeitig die schrecklichsten Jahre seines Lebens verbrachte. Mit dessen Kommen zog dieses Band sich nun zusammen und würde sich hier verknoten. Dann würde auch er Deutschland bald ganz vergessen haben. In den langen Nächten würde Dolores schon dafür sorgen, dass sich seine Trauer in Grenzen hielt. Seit mehr als zehn Jahren lebt er nun auf dieser, „seiner Insel". In Deutschland hatte er Maschinenbau studiert und wurde von einem multinationalen Konzern engagiert, um in Hispaniola bei der Verwirklichung eines ehrgeizigen Projektes mitzuwirken. Nach einem Jahr wurde er zurückbeordert. Er brachte es aber nicht fertig die Insel wieder zu verlassen. Angel kündigte seinen Job und ließ sich dort nieder.

    „Es ist wie ein Virus, Carlo. Wenn er dich an den Eiern hat, dann lässt er nicht mehr los. Man kann nichts dagegen tun. Wir leben in der dritten Welt, alles im Argen. Täglich fällt der Strom aus und Wasser hält man besser auf Vorrat. Die Straßen sind kaum geteert und ohne Schmiergeld läuft so gar nichts. Korrupt das ganze System. Und dennoch, trotz der Armut schaust du nur in fröhliche Gesichter. Keiner ist verbittert, weil er nicht einen dritten Fernseher auf’m Klo hat."

    Alemánia, I don’t miss you.

    Angel war ein ehrlicher, aber auch ein schlitzohriger Araber. Einer der besser auf einen orientalischen Basar passte, als in die Vorstandsetage eines internationalen Konzerns. Fünf Sprachen beherrschte er in Wort und Schrift. Für einige Amerikaner, Kanadier und Europäer verwaltete er, na sagen wir mal, ihre Wochenendhäuser und auch ihr Schwarzgeld. Misstrauisch wie Reiche nun einmal sind trauten sie den hiesigen Banken nicht und deponierten ihre Dollars lieber in Angels Safe. Jeder wußte: Bei ihm war es so sicher wie in Abrahams Schoß, und es gab niemanden der nicht seine Hand für den Araber ins Feuer gelegt hätte. Was diesen allerdings nicht daran hinderte dieses Geld doch auf die Bank zu tragen und klammheimlich für hunderttausende von Dollars Zinsen zu kassieren. So kam es. dass er auf die Reichen nichts kommen ließ, obwohl er doch die Kapitalisten eigentlich nicht mochte. Weil der kleine dicke Araber ein gutes Herz hatte oder auch vielleicht ganz klein wenig ein schlechtes Gewissen, überlegte er sich, wen er an seinem Dollarsegen teilhaben lassen konnte.

    Auf Hispaniola herrschte wie in der ganzen Karibik und auch in ganz Lateinamerika ein Mangel an Männern, beziehungsweise ein Überangebot an Frauen.

    Aus der Sicht der Männer war dieser Zustand geradezu ideal und noch die größte Null konnte voll und ganz den Macho heraushängen lassen. Verantwortung und der Hang zum Arbeiten, war bei den hiesigen Maskulinen nicht besonders ausgeprägt. Der Garten Eden und die karibische Sonne verführten schon früh dazu, Liebe zu machen. Im Liedgut voller Erotik und Leidenschaft bewegten sich wunderschön geformte Körper im Rhythmus karibischer Klänge und in der Hitze der Nacht gaben sich die Mädchen den Attacken der Chicos hin.

    Amore auf immer und ewig, nur dir will ich treu sein. Nur dich will ich spüren heute und bis in die Unendlichkeit. Glückselig eingelullt von den Worten der Latinlovers spreizten sie die Beine um das Zepter des Meisters zu empfangen.

    Ein paar Tropfen des Einzigen ließ den Leib sich wölben und in den folgenden Monaten die Milch in die Brust schießen. Spätestens wenn des Meisters Meisterstück das Licht der Welt erblickte, pflegte der Einzige sich fast zeitgleich mit dem Erscheinen dieses Wunders der Natur zu verdrücken. Er löste sich quasi in Luft auf, um an anderer Stelle und mit einer anderen Schönen das Wunder zu wiederholen.

    Was also sollte Angel mit den Dollars machen?

    Nicht weit von seinem Domizil entfernt hatte er ein Fischerdorf ausgemacht und dort für alleinstehende Mütter einen Kindergarten eingerichtet. Dort konnten diese ihre Kleinen kostenlos betreuen lassen, während sie einer Arbeit nachgingen. Zu diesem Zweck hatte er zwei wunderschöne Mulattinnen eingestellt, Maria und Dolores.

    Dolores, der Namen bedeutet Schmerzen. Dolores, Schmerzen? Namen verpflichten. Zweiundzwanzig Jahre war sie alt, groß gewachsen, schlanke Fesseln, schlanke gepflegte Hände. Ihre schwarzen Haare reichten bis zum Gesäß und bedeckten ihren Po zur Hälfte Hohe Wangenknochen in ihrem schmalen Gesicht, große dunkle Augen, in denen man sich verliert, gekrönt von langen Wimpern.

    Dolores, Schmerzen!

    Verführung pur möchte man sagen. Auf jeden Fall hatte sie ihre Betreuung auf Angel ausgedehnt und nach und nach total ausgefüllt. Eine freundliche Übernahme sozusagen. Jetzt standen beide hinter der Absperrung und warteten, bis Carlo seine Formalitäten erledigt hatte. Seine Tasche in der Hand, drängte er sich durch die Wartenden zu ihnen durch.

    Hola Carlo!

    Hola Dolores, hola Angel!

    „Komm her und lass dich umarmen."

    Mit diesen Worten reckte Angel sich nach oben und zog dabei Carlos ein wenig nach unten. Einen dicken Kuss auf die rechte Wange und noch einen auf die linke. Dann war Dolores dran, die sich lediglich etwas auf die Zehenspitzen stellen musste.

    „Gib mir die Tasche."

    Angel zerrte am Riemen. Carlo kannte das schon, das würde jetzt noch eine Weile so gehen.

    „Lass nur, ich trage sie selber."

    „Lass doch."

    „Gib schon her, maldita sea

    „Gib schon, coño"

    Dolores wusste, dass Angel nicht nachgeben würde, ja glatt beleidigt wäre, hätte Carlo nicht eingelenkt. Also gab dieser mit einem gespielten Stöhnen nach, wobei der kleine Araber triumphierend lächelte.

    „Mein Auto ist in der Werkstatt, wir werden ein Taxi nehmen."

    „Es ist schön, dass du nun hier bleibst, du wirst Deinen Weg schon machen."

    „Dein Wort in Gottes Ohr."

    „Allah wird's schon richten", lachte Angel.

    Schweigend liefen sie zum Taxi, verstauten Carlos Gepäck. Erst als sie das Flughafengelände bereits verlassen hatten, nahm Angel das Gespräch wieder auf.

    Du wohnst erst einmal bei uns, bis wir etwas Passendes für dich gefunden haben. Und morgen gehen wir zu meiner Advokatin wegen deiner Recidencia. Jetzt duschst du erst einmal, dann gehen wir essen. Ich habe am Strand von Costambar, in einem Lokal, einen Tisch bestellt. Es gibt Lachs vom Allerfeinsten. Außerdem werden etliche Freunde zur Begrüßung da sein.

    Er redete und redete. Wie durch Watte und von weitem drang seine Stimme zu Carlo, der versonnen aus dem heruntergelassenen Autofenster schaute. Gierig, die Eindrücke, die vorbeiflogen aufzusaugen und festzuhalten. Von den Zuckerrohrfeldern, die sich auf beiden Seiten der Straße ausdehnten, kamen die ersten Feldarbeiter. Die Machete geschultert, die Arbeit getan, befanden sie sich auf dem Weg zu ihren Behausungen. Schulkinder standen fröhlich albernd in ihren schmucken Uniformen am Rand der Straße. Die Buben alle mit Baseballmützen und die Mädchen mit geflochtenen Haaren, geschmückt mit bunten Perlen. Sie fuhren durch kleine Dörfer mit nur ein paar Häusern, manche aus Holz, andere gemauert. Überall pulsierendes Leben, kleine Gruppen standen zusammen bei den üblichen Plaudereien. Wie Hornissen schwirrten die Motoconchos (Mopedtaxis) auf der Suche nach einem Fahrgast kreuz und quer über die Straßen, Musik drang aus den Häusern, leichter Calypso, anarchistischer Reggae, verführerischer Lambada und der eindringliche Merengue. Vor den Casas saßen die Machos und spielten ihr Domino, während die Mujeres die Wäsche im Padio wuschen oder Freundinnen zu Besuch hatten. Gegenseitig legten sie sich die Haare, lackierten sich die Fingernägel in allerlei bunten Farben, bereiteten sich vor für die Nacht, um schön für ihre „Tigres" zu sein, um ihnen zu gefallen.

    „Maldita sea, coño, diablo."

    Der Fahrer fluchte laut vor sich hin. Vier Mal hatte er angesetzt, um einen Pick up zu überholen, der ihn nicht vorbeiließ. Dessen Ladefläche war voller junger Leute. Die Mädchen winkten fröhlich, während die Jungs ihre Muskeln spielen ließen, um die Ladies zu beeindrucken.

    „No sabes pasar" (kannst nicht vorbei), grölten die Jungs.

    „No sabes manejar, ( kannst nicht fahren ) lachten die Mädchen.

    Sie streckten dem Fahrer die Zunge heraus und wippten mit den Brüsten. Unter wildem Gehupe und lästerlichen Fluchen, schaffte er es endlich doch, unter dem Gegröle der jungen Leute, den Pick up zu passieren.

    „Asi es mi pais" (so ist meine Land), sagte er mit einem fröhlichen Lächeln und ein wenig Stolz in der Stimme.

    Währenddessen redete Angel unverdrossen weiter und Dolores schaute mit ihren dunklen Augen und einem verträumten Blick zu Carlo, der sich richtig gut fühlte. Dieser spürte wie der Virus zwischen seinen Beinen Platz nahm, er hatte den Guten bereits an den Eiern.

    Es war schon fast Mitternacht, als das Trio frisch geduscht und umgezogen ihren Tisch an der Strandbar einnahm. Sie bot für gut vierzig Leute Platz und war mit Stroh überdacht. Von den Dachbalken hingen ausgediente Fischernetze, Schiffstaue, Riesenmuscheln und allerlei Utensilien herab. Nicht ganz ungefährlich wurde die kleine Bar von dutzenden Kerosinlampen ausgeleuchtet, die allesamt leicht im Wind schaukelten und deren Licht und Schatten den Eindruck vermittelten als würden dutzende Kobolde hin- und her eilen und die Gäste zum Narren halten. Der Tresen war hufeisenförmig gemauert. Seine Außenwände waren liebevoll von haitianischen Künstlern bemalt worden. Auf der Stirnseite befand sich ein Gemälde mit schwarzen Sklaven die sich im nächtlichen Mondlicht von ihren rostigen Ketten befreiten und sich im Schutze der Dunkelheit davonmachten. Die Seeseite zeigte ein Piratenschiff, das unter vollen Segeln die Wellen des sich aufbäumenden Meeres kreuzte. An Deck, bis an die Zähne bewaffnete Piraten, die ein einäugiger Capitan vom Ruderdeck aus befehligte. Aus den geöffneten Kanonenluken nahmen sie ein spanisches Handelsschiff unter Feuer, das bereits mit zerfetzten Segeln sein Heil in der Flucht suchte. Auf der Landseite wurde eine Voodoo-Zeremonie dargestellt. Eine schwarze Priesterin in Trance, umgeben von Trommlern und Tänzern, die entrückt von der Gegenwart wie in Ekstase schienen. Ihr weißes Kleid, bespritzt mit dem Blut eines Gallo,(Hahn) dem sie zuvor die Kehle durchgebissen hatte. Der Voodoo, von den Sklaven aus Schwarzafrika in die Neue Welt getragen, verbreitete sich in Windeseile in die Karibik und bis zu den letzten Schamanen in den tiefsten Urwald rund um den Amazonas. Finstere und magische Kräfte sagt man ihm nach, z. B., dass der Kundige mit Hilfe des Voodoo Geist und Seele seiner Feinde zu beherrschen vermag. Offiziell ist der Voodoo auf der Insel verboten, existiert überhaupt nicht. Im Verborgenen wird er weiter praktiziert und hat bis heute nichts von seiner Magie verloren, und, wir mögen es nicht beschwören, auch nichts von seinen unheilvollen Kräften.

    Als die komplette Gesellschaft eintraf, war der Tisch bereits gedeckt. Angel hatte das telefonisch arrangiert, aber erst einmal hatten sie nicht die geringste Chance an ihren Tisch heranzukommen.

    Es gab ein großes Hallo,

    Händeschütteln hier,

    Küsschen da.

    „Carlo, fein, dass du da bist."

    „Carlo, schön, dass du bleibst."

    „Du musst mich morgen besuchen…"

    „Carlo, Carlo, Carlo…"

    Herzlich war die Begrüßung und echt. Die meisten kannte Carlo von seinen früheren Reisen.

    Kerzen-Erich, der dicke Thomas, El Loco Pieter, Brot-Paul, Flieger-Horst. Jeder auf der Insel bekam einen Beinamen, der entweder etwas mit seinem Beruf zu tun hatte oder mit seinem skurrilen Eigenschaften.

    Angel wurde der Beduine gerufen. Wahrscheinlich, da er Araber war. Möglicherweise aber auch weil er den ansässigen Pferdeverleihern einmal Konkurrenz machen wollte und zwei Kamele aus Ägypten hatte einfliegen lassen. Er hatte sich das so schön vorgestellt. Aber die Touristen ritten lieber zu Pferde und weigerten sich trotz seines permanenten Werbens, die Wüstentiere zu besteigen. Jetzt grasten die beiden hinter Angel’s Haus und schienen sich recht wohl zu fühlen. Bei seinen morgendlichen Rundgängen grinsten sie ihn regelrecht an, manchmal hatte er das Gefühl sie lachten ihn tatsächlich aus.    ***

    „Aufstehen Carlo, aufstehen!"

    Die laute Stimme Angel’s riss ihn aus dem Schlaf.

    „Warum schreist du? Und rüttele mich nicht so", jammerte Carlo.

    „Du musst raus, wir haben Termine."

    „Lass mich in Ruhe, ich will noch etwas schlafen."

    „Mach schon, Dolores hat das Frühstück fertig."

    Der Schädel dröhnt ihm und am liebsten würde Carlo im Bett bleiben.

    Der lange Flug, die vergangene Nacht, zu viel getrunken und nur vage Erinnerungen.

    „Mit den Weibern darf man sich’s nicht verscherzen und schon gar nicht, wenn man Gast in ihrem Haus ist", dachte sich Carlo. Also schleppte er sich ins Bad unter die Dusche und drehte kaltes Wasser auf. Nach und nach tauchte der gestrige Abend wieder auf. Nach dem Essen hatten die Jungs ihn an die Theke gezogen.

    Carlo musste grinsen,

    „hol’s der Teufel, mit jedem musste ich trinken, Tequila, Rum, Daiquiri", dachte er.

    Geschichten aus der Heimat erzählen. Eine dicke Dominikanerin hatte zu singen angefangen, ihr Mann spielte dazu Gitarre.

    „Du musst mit Dolores den Tanz eröffnen", hatte Angel verlangt.

    „Lambada? Ich kann’s doch nicht."

    „Du kannst!"

    „Nö, wirklich, ich kann nicht."

    „Klar kannst du", beharrte Angel.

    Schnell hielt man ihm einen Tequila hin, den er auf Ex trank und der ihm Mut machte und dann schoben sie ihn und Dolores in die Mitte. Mit ihr im Arm erschien ihm der Lambada plötzlich ganz einfach und der betörende Geruch, den sie ausströmte, verwirrten ihm ein wenig die Sinne.

    Über den Rand seiner Kaffeetasse schaute Angel Carlo an.

    „Wir haben um elf Uhr einen Termin wegen Deiner Residencia."

    „Aber es ist doch schon zwölf Uhr", sagte Carlo erstaunt.

    „Ja, ich weiß."

    „Aber dann sind wir doch viel zu spät."

    „Ach was, sagte Angel leichthin. „Eine Stunde ist doch keine Verspätung!

    „Außerdem müssen wir um drei Uhr bei Patricia sein."

    Patricia? Wer konnte das sein? Klar hatte er gestern noch mit anderen getanzt, aber an eine Lady mit diesen Namen konnte er sich nicht erinnern.

    „Patricia, wer ist das?" Wollte Carlo wissen.

    „Du solltest keinen Alkohol mehr trinken, echt nicht. Die halbe Nacht hast du dich nur ihr gewidmet, außerdem ist sie die Hotelmanagerin vom Le Pirat und hat eventuell eine Wohnung für dich.

    „Aha"

    „Aha", äffte Angel ihm nach und Dolores knallte ein bisschen zu heftig ein leckeres Omelett auf den Tisch.

    ** *

    Bis auf Telefon, Computer und Licht bestand das Mobiliar aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Die Beine des wuchtigen

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