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Lancaster: Der Teufel soll ihn holen
Lancaster: Der Teufel soll ihn holen
Lancaster: Der Teufel soll ihn holen
eBook469 Seiten6 Stunden

Lancaster: Der Teufel soll ihn holen

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Über dieses E-Book

Lancaster hatte grundsätzlich schon von einem Ballon gehört. Er hatte aber nur eine sehr vage Vorstellung von so einem Ding, obwohl er einmal ein Bild in einer Zeitung gesehen hatte. Er hätte aber nie gedacht, dass er so ein Ding je zu Gesicht bekommen würde. Mit Verfolgungsjagden kannte er sich durchaus aus, er war Stunden und Tage im Sattel gesessen, um hinter irgendwem her zu jagen. Aber dass er einmal in so einem Ballon hinter seinen Feinden her jagen würde, damit hätte er nicht gerechnet…und doch war es dann seine Idee.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum12. Dez. 2016
ISBN9783734546037
Lancaster: Der Teufel soll ihn holen

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    Buchvorschau

    Lancaster - Hugin West

    Hugin West

    Lancaster

    Der Teufel soll ihn holen

    © 2016 Hugin West

    Verlag: tredition GmbH, Hamburg

    ISBN

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    In den letzten Strahlen der untergehenden Sonne näherte sich Alexander Lancaster der Wagenburg von Nordosten. Die acht Wagen waren schön ordentlich zu einem Karree aufgestellt, innerhalb dessen man vier Zelte aufgeschlagen hatte, die eine Feuerstelle umgaben, über der jetzt wohl in einem großen Kessel Essen zubereitet wurde, wie ihm der leichte Duft verriet, den ihm der Abendwind entgegen trug, denn die Sicht auf die Feuerstelle selbst verdeckten ihm im Augenblick die Wagen und Zelte. Alles war schön ordentlich und symmetrisch angeordnet und hatte irgendwie etwas Militärisches.

    Alexander Lancaster hatte in den letzten Tagen immer wieder die Spuren dieser Lagerplätze vorgefunden und auch dieser Lagerplatz würde wieder die gleichen Spuren hinterlassen.

    Es war aber nicht so, dassAlexander Lancaster hinter diesem Wagentreck her gewesen wäre, sondern vielmehr hinter der Bande, die ihnen auf den Fersen war. Aber als er gestern gemerkt hatte, wie nahe er ihnen schon gekommen war, hatte er sich entschlossen, die Verfolger zu überholen, und sich den Wagentreck einmal anzusehen. Er hatte sowieso noch keinen Plan, wie er Jesse Crown und seiner Bande beikommen sollte.

    Er hatte dafür jetzt allerdings einen ziemlichen Gewaltritt hinter sich, sein Pferd war erschöpft und er selbst kaum weniger, außerdem schrie irgendetwas in ihm nach einem riesigen Steak und einer tüchtigen Portion Bratkartoffel, benebst einigen Tassen Kaffees, möglichst süß, schwarz und stark. Dieses Irgendetwas in ihm würde sich allerdings auch mit einem möglichst großen Teller Bohnen mit Speck durchaus zufrieden geben.

    Niemand bemerkte zunächst sein Herannahen und so lenkte er sein Pferd zwischen zwei der Wagen hindurch, wo er auf zwei Mädchen stieß, die unverkennbar Zwillingsschwestern waren. Sie mochten etwa zwölf oder dreizehn Jahre alt sein, sie waren sehr schlank, zeigten aber auch deutlich erste weibliche Rundungen. Sie hatten hübsche, eher schmale Gesichter, strahlend blaue Augen und lange, blonde Locken, die sie hinten lose zusammen gebunden hatten.

    Sie blickten überrascht hoch, als Alexander Lancaster plötzlich zwischen den Wagen auftauchte und sein Pferd anhielt, hatten ihre Überraschung aber rasch überwunden, und noch bevor er etwas sagen konnte, fragte eine der beiden:

    „He, wer sind Sie denn, Mister?"

    Lancaster tippte kurz an die Krempe seines breitkrempigen Hutes,

    „Hi, Ladies!, grüßte er dabei: „Wer ist denn der Bosshier?

    „Unser Dad.", antworteten sie einstimmig mit einer gewissen Wichtigkeit in der Stimme, vergaßen aber, auch seinen Namen zu nennen.

    In diesem Augenblick tauchten zwei Männer zwischen den Zelten auf, er war wohl inzwischen auch von anderen bemerkt worden.

    „He Mister, wo kommen Sie denn her?", wollte einer der beiden wissen, während ihn die beiden abschätzend und ein wenig mißtrauisch musterten.

    Alexander Lancaster stieg vom Pferd,

    „Hi, Gents, grüßte er: „Mein Name ist Lancaster, wer ist denn hier der Boß?, wiederholte er seine Frage.

    „Der Bosshier ist Mr. Vanderbilt. Kommen Sie mit, Mister."

    Lancaster folgte den beiden. Neugierige Augen starrten ihm entgegen, als er zwischen den Zelten hindurch schritt. An die zwanzig Männer waren es wohl, die sich hier auf dem freien Platz rund um die Feuerstelle aufhielten, die meisten noch irgendwie beschäftigt.

    Über dem Feuer hing tatsächlich ein großer Kessel, an dem vier Frauen herumwerkten, unter anderem indem sie darin immer wieder kräftig rührten.

    „Da drüben ist Mr. Vanderbilt.", sagte einer der beiden Männer, denen er gefolgt war, und wies dabei auf das Zelt rechterhand, vor dem zwei Männer standen, die wohl eben in ein Gespräch verwickelt gewesen waren, ihm aber jetzt ebenfalls neugierig entgegen sahen.

    Alexander Lancaster ging auf die beiden zu und er wußte sofort, wer von den beiden Mr. Vanderbilt war. Das konnte nur dieser große, breitschultrige Bursche sein, gut in den Fünfzigern, mit buschigen Augenbrauen und einem gepflegten aber dichten Vollbart.

    „Ich nehmen an, Sie sind Mr. Vanderbilt?", sagte Lancaster, während er auf den Mann zuschritt.

    „So ist es, junger Mann., bestätigte ihm der Gefragte: „Und was verschafft uns die Ehre, Mister...?

    „Lancaster, Alexander Lancaster., stellte der sich vor: „Aber ich glaube, mein Name tut hier nicht wirklich was zur Sache, denn eigentlich bin ich mehr oder weniger zufällig hier. Ich sah Ihr Lager und da dachte ich, vielleicht kriege ich zur Abwechslung eine ordentliche Mahlzeit ab. Schätze, ich reite dann noch ein gutes Stück, bevor ich mich auch ein wenig aufs Ohr haue.

    „Es wird gleich dunkel sein."

    „Aber wir haben fast Vollmond, ... und ich kenne die Gegend ein wenig."

    „Na schön, wie Sie meinen, Mr. Lancaster, an einer ordentlichen Mahlzeit soll ´s meinetwegen nicht fehlen, das Essen wird bald fertig sein. Nehmen Sie einstweilen hier Platz, ich komme gleich zu ihnen zurück."

    „Komm, Eric,, wandte er sich daraufhin an den anderen Mann, der noch immer neben ihm stand: „sehen wir nach den Pferden.

    Und mit diesen Worten entfernten sich die beiden.

    Lancaster sah sich um, er sollte hier Platz nehmen, damit war wohl gemeint, hier vor dem Zelt, wo er jetzt stand. Er ließ sich also auf die Hacken nieder und beobachtete das Treiben im Lager. Zwei Männer brachten eben weiteres Brennholz heran.

    Zwei der Frauen am Feuer hatten im Übrigen ziemliche Ähnlichkeit mit den Zwillingen, die ihn vorhin empfangen hatten. Die eine mochte Anfang Dreißig sein, wie die Zwillinge war sie sehr schlank aber doch mit sehr netten weiblichen Rundungen; sie hatte auch die gleichen strahlend blauen Augen der Zwillinge und ebenso lange, blonde Haare wie sie, nur vielleicht etwas dunkler. Alles in allem war sie eine sehr attraktive Frau. Sie war wohl die Mutter der Zwillinge, also Mrs. Vanderbilt sozusagen.

    Die zweite war mindestens ebenso attraktiv, aber bedeutend jünger, achtzehn oder neunzehn vielleicht, höchstens zwanzig – unwillkürlich blieben seine Augen für eine kleine Weile bei ihr hängen, immerhin war sie tatsächlich eine Augenweide. War sie eine jüngere Schwester von Mrs. Vanderbilt, oder eine Tochter? Im letzten Fall müßte Mrs. Vanderbilt allerdings sehr jung Mutter geworden sein.

    Da wurde Alexander Lancaster aber in seinen Überlegungen von den beiden Zwillingen unterbrochen. Sie waren schon die ganze Zeit etwas abseits gestanden und hatten gelegentlich miteinander getuschelt, wie er beobachtet hatte – zweifellos über ihn.

    Jetzt ließen sie sich neben ihm nieder und eine der beiden fragte: „Sie heißen Lancaster?"

    „So ist es, Alexander Lancaster. Und Ihr?"

    „Wir sind Polly und Dolly." bei dem Namen Polly deutete das Mädchen auf sich selbst.

    „Polly und Dolly..., wiederholte Lancaster: „Nun ja, hübsche Namen.

    „Nun ja ..., meinte das Mädchen zweifelnd: „Sheila ist ein hübscher Name. So heißt unsere Schwester, oder Liza, das ist unsere zweite Schwester.

    „Ist eine von ihnen da drüben am Feuer?"

    „Ja, Sheila. Eigentlich heißt sie ja Cäcilia, aber als sie noch klein war, hatten sie ein irisches Kindermädchen, die nannte sie Sheila und der Name ist ihr geblieben, offensichtlich gefiel er Mum und Dad."

    „Verstehe. Und die andere Frau ist eure Mutter?"

    „Nein, das ist unsere Tante Susan. Unsere Mutter ist vor fünf Jahren gestorben. Sie war schwanger und ist bei der Geburt gestorben."

    „Oh, das tut mir wirklich leid.", sagte Alexander Lancaster, dann verstummte das Gespräch für einige Augenblicke.

    Damit war also fürs Erste etwas Licht in das Dunkel seiner vorigen Überlegungen gebracht worden, ging es Alexander Lancaster durch den Kopf. War Tante Susan jetzt mit Mr. Vanderbilt verheiratet? Oder vielleicht mit dem Mann, der eben mit Mr. Vanderbilt zu den Pferden gegangen war?

    Vermutlich beschäftigte ihn die Sache nicht zuletzt deshalb ein wenig, weil diese Tante wirklich eine verdammt attraktive Frau war, allerdings ein paar Jahre zu alt für ihn wahrscheinlich, ein Mann sollte wohl ein wenig älter sein als seine Frau ...

    An eine Frau hatte er bisher allerdings auch noch nie gedacht – sehr zum Leidwesen seines Vaters.

    Aber die beiden Plaudertaschen klärten ihn über die Frage des Familienstandes ihrer Tante freundlicherweise auch ganz ungefragt auf, zumindest teilweise, indem Dolly das Wort ergriff:

    „Die zwei anderen Frauen da drüben, sagte sie, „sind Mrs. Lester und Mrs. Winter. Sie ist die Mutter von den beiden Jungs da drüben. – tatsächlich tollten auf der anderen Seite des Lagerplatzes zwei Jungs von etwa acht bis zehn Jahren zwischen den Zelten herum – „Mr. Winter ist vorhin mit Dad hinüber gegangen zu den Pferden."

    „Verstehe. Ist eure Tante …?"

    Die Frage blieb aber unvollendet, weil in diesem Augenblick Mr. Vanderbilt wieder auftauchte, und fast im selben Augenblick schlug auch seine Schwägerin mit einem großen Schöpfer fest gegen das Eisengestell, an dem der Kessel hing, und verkündete laut, dassdas Essen fertig wäre.

    Wenig später saßen die Leute mit ihren vollen Tellern in Gruppen vor den Zelten und machten sich über das Essen her. Auch Alexander Lancaster hatte einen großen Teller Bohnen mit Speck abbekommen und konnte damit endlich das Irgendetwas in ihm, das schon die ganze Zeit nach Essen verlangte, zufrieden stellen.

    Er saß vor dem Zelt der Vanderbilts in einem kleinen Kreis mit Mr. Vanderbilt, seiner Schwägerin, seiner ältesten Tochter Sheila und Mr. Winter, sowie Polly und Dolly. Die Übrigen saßen etwas abseits und das wäre wohl auch der Platz von Polly und Dolly gewesen. Mr. Vanderbilt hatte zwar nichts gesagt, aber sein Blick war einen Augenblick mißbilligend gewesen.

    Aber die beiden verstanden es wohl, ihren Vater um den Finger zu wickeln, und wohl nicht nur ihn – und die beiden Gören waren neugierig, verdammt neugierig, das hatte Alexander Lancaster schon gemerkt und momentan wollten sie wohl wissen, was ihr Vater mit diesem Mr. Lancaster reden würde.

    „Schätze, Sie wollen nach Kalifornien?", fragte Lancaster nach einer Weile.

    „So ist es. Wir sollten ja jetzt wohl bald Granger erreichen. Da machen wir einige Tage Rast und erneuern unsere Vorräte. Und dann ziehen wir weiter über die Berge nach Kalifornien."

    „Hmm.... Da haben Sie aber noch einen verdammt weiten Weg vor sich. Haben Sie da ein bestimmtes Ziel?"

    „Doch, eine Stadt namens Three-Pine-Wells. Kennen Sie sie? Ich habe da Kontakt mit einem Mann namens Owen Dexter von der Bank."

    „Mr. Dexter kenne ich nicht, aber Three-Pine-Wells ..... Ich meine, es ist schon lange her, dassich da gewesen bin, aber ... ich war schon da jedenfalls."

    „Und? Was kann man über diese Stadt sagen?".

    Lancaster zuckte mit den Schultern.

    „Was man über diese Stadt sagen kann? Ich weiß nicht, wie ich schon sagte, ist lange her, dassich da gewesen bin, ... viele Jahre. Es ist aber eine ziemlich große Stadt würd´ ich sagen ..., für den Westen jedenfalls"

    „Hmm...."

    „Was führt Sie denn eigentlich nach Kalifornien, wenn ich das fragen darf?, ergriff Alexander Lancaster nach einigen Augenblicken wieder das Wort: „Ich meine, Sie haben acht ziemlich große Wagen mit Sechsergespannen, da führen Sie doch wohl keinen Hausrat mit?

    Da verzog sich Mr. Vanderbilts Gesicht zu einem eigenartigen Lächeln,

    „Das erraten Sie nie.", antwortete er,

    „Dann will ich ´s erst gar nicht versuchen. Verraten Sie ´s mir doch gleich."

    „Nun, ich bin Ballonfahrer.", sagte daraufhin Mr. Vanderbilt mit einem gewissen Stolz und schaute Lancaster dabei erwartungsvoll an.

    „Ballonfahrer.", wiederholte der daraufhin ebenso verblüfft wie ratlos.

    „Ballonfahrer."

    „Hmmm"

    „Sie wissen doch, was ein Ballon ist?"

    „Ein Ballon? Nun ja, wie man ´s nimmt.", antwortete Alexander Lancaster vorsichtig: „Ich meine ..... schätze ich hab´ davon schon ´mal irgendwo was gehört oder gelesen. Ich meine, so ein Ding fliegt doch irgendwie? Lassen Sie mich nachdenken, ich hab da mal irgendwo ein Bild in einer Zeitung gesehen. Das ist so ´ne Art große Kugel und die fliegt dann irgendwie. Und unten dran hängt ´ne Kiste oder so und da sitzt dann einer drinnen. Meinen Sie so etwas?

    „Ja, genau so etwas meine ich."

    „Hmm..., ja, jetzt erinnere ich mich, im Puff ..., äh ... ja genau, in Buffalo haben wir mal darüber geredet, ob das wirklich geht und so."

    „Es geht. Sehen Sie, wenn Sie dort ein Taschentuch über das Feuer spannen und dann loslassen würden", Mr. Vanderbilt wies hinüber zu der Feuerstelle:

    „würde es ein gutes Stück in die Höhe getragen werden."

    Alexander Lancaster blickte hinüber zum Feuer und nickte nachdenklich, ja das würde wohl geschehen. Die heiße Luft über einem richtigen Feuer konnte schon einiges in die Höhe reißen.

    „Sehen Sie. Und wenn Sie das Tuch groß genug machen und zu einer Kugel zusammen nähen, dann haben Sie einen Ballon. Damit können Sie die heiße Luft viel besser einfangen. Unten dran hängt die Gondel, das ist im Prinzip ein großer geflochtener Korb, darin haben ein paar Leute Platz, und natürlich der Petroleumbrenner, mit dem Sie das Feuer machen."

    „Und so lange Sie Feuer machen, fliegt das Ding?"

    „So ist es. Wir Ballonfahrer sagen übrigens fahren, Ballon fahren."

    „Fahren? Na schön, meinetwegen. Und wenn das Feuer aus ist?"

    „Dann sinkt der Ballon langsam hinunter."

    „Hmm... Und wie weit könnten Sie dabei kommen?"

    „Weit, unter Umständen sogar hunderte Meilen – kommt natürlich auf die Luftströmungen an und wieviel Brennstoff Sie dabei haben."

    „Sie könnten also zum Beispiel über die Berge fliegen? ... fahren?"; Alexander Lancaster wies nach Westen, wo sich irgendwo der große Gebirgszug erstreckte, hinter dem Kalifornien lag.

    „Bestimmt., versicherte ihm Mr. Vanderbilt: „Ein gutes Stück jedenfalls.

    „Na ja, wenn Sie es sagen. Ein Ballon! Wenn mir gestern wer gesagt, hätte, dassich so was überhaupt je zu sehen kriegen würde, dann hätte ich gesagt, dasser nicht alle Tassen im Schrank hat. Und jetzt .... Ich meine, es kommen ja in der letzten Zeit die verrücktesten Leute in des Westen, aber jemand wie Sie, der wirklich mit so ´nem Ding herum fliegt ..."

    „Fährt, Mr. Lancaster, fährt."

    „Ach ja, richtig, Sie fahren ja mit Ihrem Ballon."

    „Wenn Sie auch nach Granger wollen, können Sie wahrscheinlich sogar einen zu sehen bekommen. Wir wollen ja dort ein paar Tage Rast machen und eigentlich habe ich vor, dort einen der Ballons startklar zu machen und den Leuten vorzuführen. Für ein paar Dollars kann es dann jeder einmal ausprobieren."

    „Sie wollen wirklich mit den Leuten los ... äh ... fahren?"

    „Na ja, nicht ganz, wir lassen ihn an Seilen in die Höhe steigen und holen ihn dann wieder herunter."

    „Verstehe. Nun, das werde ich mir ganz bestimmt ansehen. Sie scheinen aber mehrere dieser Ballons zu haben?"

    „Vier. Auf drei Wagen ist immer die Ausrüstung für zwei Ballons verteilt. Sogar das Petroleum haben wir dabei."

    „Sogar das Petroleum haben Sie dabei. Da könnten Sie wohl ein ganz schönes Feuer machen?"

    „Oh ja, das könnten wir."

    Lancaster nickte, dann wechselte er das Thema,

    „Haben Sie eigentlich jemanden, der Sie nach Kalifornien führt?"

    „Nein, eigentlich nicht. Ich meine, man weiß ja auch gar nicht, auf wen man sich verlassen kann. Und man hört ja auch eine Menge Geschichten; von Trecks, die in die Irre geführt wurden, und von Leuten die dann ausgeraubt und ermordet wurden und so weiter."

    „Oh ja, solche Geschichten gibt es.", bestätigte ihm Lancaster und nickte.

    „Und? Ist etwas dran an diesen Geschichten?"

    Lancaster zuckte mit den Schultern,

    „Wie man ´s nimmt. Was die Geschichten im Einzelnen betrifft... wohl meist eher weniger. Aber im Prinzip ... Es sind jedenfalls schon Trecks verschwunden und man stößt gelegentlich auch auf ausgebrannte Wagen ... und Tote.", er hielt kurz inne und zuckte erneut mit den Schultern,

    „Aber man weiß natürlich meistens nicht, was wirklich geschehen ist., fuhr er dann fort: „der nächste Sheriff ist meistens verdammt weit in dieser Gegend, das kommt natürlich gewissen Leuten sehr gelegen. Alles in allem mussman hier in der Prärie einfach immer auf einen Angriff gefaßt sein.

    Da mischte sich unerwarteter Weise Mrs. Susan Winter, alias Tante Susan, Mr. Vanderbilts Schwägerin, in das Gespräch:

    „Nun, Sie scheinen ja jedenfalls, jederzeit auf einen Angriff gefaßt zu sein, Mr. Lancaster.", warf sie etwas anzüglich ein, wobei ihr Blick für einen Augenblick unwillkürlich zu Lancasters Schießeisen wanderte.

    Lancaster hatte schon die ganze Zeit den Eindruck, dassdie Blicke, mit welchen sie ihn gelegentlich musterte, eher mißtrauisch und/oder mißbilligend waren, was scheinbar nicht zuletzt auch etwas mit seinem Schießeisen zu tun hatte. Von dem Gefallen, den er an ihr fand, konnte scheinbar umgekehrt keine Rede sein.

    Lancaster zuckte erneut mit den Schultern,

    „Wie ich schon sagte, meinte er: „man sollte hier immer auf einen Angriff gefaßt sein. Sind Sie es auch, Mr. Vanderbilt?

    „Natürlich!, versicherte ihm dieser: „Zwei Mann halten jede Nacht Wache, und wir haben jede Menge Gewehre. Und wir sind auch genug Männer.

    „Und haben Sie ihre Gewehre auch bei der Hand?"

    „Natürlich, jeder weiß, wo er ein Gewehr und Munition findet."

    „Na wenn es so ist. Und Colts oder so?": tatsächlich schien ja Mr. Vanderbilt, der einzige zu sein, der irgendein Schießeisen trug – aber in einem geschlossenen Halfter, wie man sie teilweise bei den Armeen hatte.

    „Halten Sie das für notwendig?, fragte Mr. Vanderbilt: „Soldaten haben für gewöhnlich auch nur ihre Gewehre.

    „Na ja, teils, teils. War ja auch nur so ´ne Frage."

    Das Thema schien Mrs. Susan Winter aber ziemlich am Herzen zu liegen,

    „Mein Schwager war viele Jahre bei der Fremdenlegion., ergriff sie wieder das Wort: „Glauben Sie mir, er weiß, was er tut. Es ist überhaupt nicht notwendig, dassjeder ständig mit so einer Waffe herumläuft. Man hört und liest im Osten sehr viel über die Schießereien hier im Westen, und von Männern, die sich etwas darauf zugutehalten, dassSie schneller schießen als die anderen, und die bei solchen Schießereien auch schon viele Menschen erschossen haben sollen.

    Mrs. Winter schien, von solchen Männern nicht sehr viel zu halten – und sie schien, ihn im Verdacht zu haben, genau zu dieser Art Männer zu gehören...irgendwie auch nicht ganz zu Unrecht.

    „Lassnur, Susan, unterbrach da aber wieder Mr. Vanderbilt seine Schwägerin: „es ist doch gut gemeint.

    „Wenn man Mr. Lancaster zuhört, könnte man meinen, dasshier überall Banditen oder Indianer lauern."

    „So war es nicht gemeint, glaube ich, nicht wahr, Mr. Lancaster?"

    Alexander Lancaster lächelte ein wenig,

    „Hier lauern ganz bestimmt nicht überall Banditen und Indianer, aber es kann doch nicht schaden, so zu tun, als ob. Schließlich und endlich kann man natürlich auch einmal Pech haben. Mehr wollte ich nicht sagen."

    „Eben!", sagte Mrs. Winter in etwas undefinierbarem Tonfall – und fragte dann plötzlich nach einem Augenblick des Überlegens:

    „Wer oder was sind Sie denn eigentlich, Mr. Lancaster?".

    Wofür sie einen kurzen, mißbilligenden Blick von Mr. Vanderbilt erntete, der diese Frage scheinbar als zu direkt empfand – aber die Vanderbilt-Ladies schienen, da keine Hemmungen zu haben, und sie waren sichtlich neugierig, wie fast alle Frauen eben.

    Alexander Lancaster stieß sich aber nicht an der Frage, im Gegenteil, fast mit einem gewissen Vergnügen antwortete er ein wenig provokant:

    „Tja, schwer zu sagen. Ich bin schon alles Mögliche gewesen. Jetzt reite ich nach Granger, und was ich dann sein werde ..., wer weiß."

    „Verstehe.", sagte Mrs. Winter, was vieles bedeuten konnte – aber vermutlich nichts Gutes.

    Da fragte einer der beiden Zwillinge:

    „Haben Sie schon viele Männer erschossen, Mr. Lancaster?"

    „Dolly!", entfuhr es da jetzt aber Mr. Vanderbilt doch ein wenig ungehalten.

    „Lassen Sie nur, Mr. Vanderbilt: „wehrte Lancaster ab: „man soll immer wissen, woran man mit den Leuten ist."

    Lancaster kam nämlich die Frage gerade recht, denn es war ihm ein gewisses Bedürfnis. Mrs. Winter noch ein wenig mehr zu provozieren. Er verzog den Mund zu einem breiten, freundlichen Lächeln und sagte dann:

    „Ich hab Sie nicht gezählt, Dolly, aber es waren ziemlich viele."

    „Ziemlich viele!", wiederholte Dolly etwas betont, machte große Augen, und war sichtlich beeindruckt.

    „Ziemlich viele."

    „Hmm..."

    Als sie nichts weiter sagte, erhob sich Lancaster plötzlich und meinte:

    „Schätze, ich reite jetzt wieder weiter, Mr. Vanderbilt. Vielen Dank für die Mahlzeit, das war das erste richtige, warme Essen seit etlichen Tagen. Hat verdammt gut getan."

    „Schon gut, Mr. Lancaster: „wehrte Mr. Vanderbilt ab und erhob sich ebenfalls: „wollen Sie nicht noch Kaffee?"

    „Nein, danke, ich will lieber zusehen, dassich noch ein paar Meilen schaffe. Vielleicht seh´ ich Sie ja noch in Granger."

    Und wenig später ritt Alexander Lancaster durch die monderhellte Dunkelheit nach Westen.

    -*-

    Und es ging ihm einiges durch den Kopf dabei.

    Vor allem Mr. Vanderbilts Ballons beschäftigten ihn.

    „Ich bin Ballonfahrer." – immer wieder gingen ihm diese Worte Vanderbilts durch den Kopf.

    Er erinnerte sich mittlerweile wieder ganz gut an jenen Abend vor ein paar Jahren in einem Puff in Newton in Montana. Er und ein Kumpel namens Sid Simpson hatten ein Bad genommen, unterstützt von zwei leichtgeschürzten Mädchen. Eines der Mädchen hatte in der Zeitung von dem Ballon gelesen. Sie hatte ihnen davon erzählt und ihnen auch das Bild gezeigt. Daraufhin hatten sie lange und viel darüber geredet. Er wußte zwar nicht mehr was, aber es war wohl sehr viel Unsinn gewesen, denn sie hatten viel gelacht dabei, wohl nicht zuletzt, weil da auch noch eine Flasche Whisky im Spiel gewesen war, wahrscheinlich sogar zwei.

    Er erinnerte sich nur noch, dasser am nächsten Morgen, gegen Mittag, mit dumpfem Schädel lange das Bild jenes Ballons in der mittlerweile schon etwas zerknitterten Zeitung betrachtet hatte. Ein Ding aus einer anderen Welt, das in der seinen beim besten Willen keinen Platz gehabt hatte – bis jetzt.

    Denn nun gab es da plötzlich so einen Ballon. Er hatte ihn noch nicht gesehen. Aber er zweifelte nicht an seiner Existenz. Nicht nachdem er Mr. Vanderbilt kennen gelernt hatte.

    Der schien ihm, trotz seines fortgeschrittenen Alters, ein sehr fähiger, unternehmungslustiger Mann zu sein – wie sonst hätte er sich in diesem Alter mit diesem ganzen Trossauf den Weg nach Kalifornien gemacht, um dort mit seinen Ballons herum zu fliegen .... zu fahren.

    Alexander Lancaster lächelte kurz vor sich hin, als er daran dachte, wie viel Wert Mr. Vanderbilt darauf legte, dassman Ballon fahren zu sagen hatte.

    Er war bei der Französischen Legion gewesen. Die war ihm kaum mehr als ein Name, aber er klang nach guten Soldaten und Mr. Vanderbilt war sicher nicht nur ein einfacher Soldat gewesen – wie anders hätte er es sich wohl auch zugetraut, sich ohne einen erfahrenen Mann, der ihn führte, auf den weiten Weg nach Kalifornien zu machen. Nein, Mr. Vanderbilt schien ihm ein Mann zu sein, dem man so etwas durchaus zutrauen konnte, und der mit allem möglichen fertig werden konnte. Aber er schien doch die Gefahren hier ein wenig zu unterschätzen – unter anderem die Möglichkeit, dasser von Banditen angegriffen wurde.

    Es war zwar nicht Krieg – aber wozu Männer wie Jesse Crown und seine Halsabschneider fähig waren, denen ein Leben absolut nichts bedeutete, das konnten sich die meisten Leute aus dem Osten nicht vorstellen, offensichtlich auch nicht der vielleicht doch immerhin kriegserfahrene Mr. Vanderbilt.

    Lancaster stoppte sein Pferd und sah sich nach einem Lagerplatz um. Er war jetzt wohl eine Meile geritten, das mußte genug sein. Schnell entschied er sich für ein kleines, niedriges Gehölz in einer flachen Senke, das er im hellen Mondschein erkennen konnte.

    Während er absattelte, spann er seine Gedanken weiter.

    Er hatte vorgehabt, die Leute des Trecks vor Jesse Crown und seiner Bande irgendwie zu warnen und ihnen vielleicht auch zu helfen – das wäre unter anderem durchaus eine Möglichkeit gewesen, an Jesse Crown heran zu kommen.

    Er hatte aber schnell gemerkt, dassman ihm nur sehr halbherzig Glauben schenken würde – insbesondere natürlich Mrs. Susan Winter und die hatte vermutlich doch einen gewissen Einflussauf ihren Schwager. Das war im Übrigen sehr typisch für Siedler aus dem Osten. Vor den Rothäuten hatten sie alle Respekt, aber das ihnen Weiße vielleicht viel gefährlicher werden konnten, das wollte nicht so recht in ihre Köpfe, trotz allem was sie darüber vielleicht gehört hatten...

    Also war er jedenfalls weiter geritten.

    Alexander Lancaster schnallte seinen Gurt ab und streckte sich unter ein paar überhängenden Zweigen einfach am Boden aus, seine Winchester und den Gurt neben sich.

    Es wurde ihm ziemlich flau im Magen, wenn er daran dachte, was morgen geschehen konnte.

    So lange er die Leute nicht gekannt hatte, waren sie ihm nur Spuren in der Prärie gewesen, aber jetzt waren sie zu Menschen aus Fleisch und Blut geworden, Menschen an welchen er Gefallen gefunden hatte, insbesondere natürlich an Mrs. Winter und vor allem dieser Sheila ... aber natürlich auch an Vanderbilt und all den anderen, Liza und die Zwillinge.....

    Vielleicht würden sie in wenigen Stunden alle tot sein, die Frauen vergewaltigt....

    Lancaster schob diese Bilder zur Seite. Sein Kalkül war ein anderes. Und in wenigen Stunden würde sich ja zeigen, ob seine Rechnung auf ging. Wenn nicht ....

    Aber daran wollte er nicht denken.

    Er spürte die bleierne Müdigkeit, die in ihm steckte, und er wußte, dasser trotz seines harten Lagers gleich einschlafen würde.

    Trotzdem mußte er noch einmal an Mrs. Winter denken, bei der kannte er sich noch immer nicht ganz aus. Sie war auch nicht die Frau von Mr. Winter, das war ja die Mutter der beiden Jungs, also konnte sie eine unverheiratete Schwester oder Cousine von Mr.

    Winter sein, was bei ihrem Aussehen eher unwahrscheinlich war, oder sie war seine Schwägerin, dann war sie vielleicht verwitwet. Oder ...

    Alexander Lancasters Gedanken fingen an, ein wenig durcheinander zu geraten. Wirklich schade, dasssie nicht ein paar Jahre jünger war. Sheila war jünger, viel jünger – er sah das Mädchen vor sich Sie war einfach schön ... und dazu dieser etwas herausfordernde Blick der Vanderbilt- Mädchen; sie war so schön, dasseinem Mann schlecht werden konnte – aber sie war fast zu jung für ihn ... oder er zu alt für sie … nicht viel zwar ....

    Und da wurde Alexander Lancaster in einem zunehmend wirrer werdenden Wust von Bildern und Gedanken irgendwie bewußt, dass er bald über jenes Alter hinaus war, wo sich so junge Mädchen noch für ihn interessieren würden – oder ein Mann so ein junges Mädchen zu Frau nehmen konnte, ohne sich zum Narren zu machen. Vielleicht war es doch einmal an der Zeit, nach seinem Vater und seiner Familie zu sehen ....

    Alexander Lancasters Gedanken gerieten nun endgültig durcheinander und dann war er plötzlich weg.

    *

    Sicher hätte es Alexander Lancaster interessiert, was die holde Weiblichkeit des Vanderbilt-Trecks selbige Nacht über ihn redeten – was unvermeidlich war, da er die erste richtige Abwechslung seit Tagen gewesen war.

    Für die Damen war eines der vier Zelte bestimmt. Und wie jeden Abend tuschelten die schwatzhaften Zwillinge Polly und Dolly noch lange – heute natürlich vor allem über Alexander Lancaster. Und es war erstaunlich, wie lange sie sich, gemessen an der Kürze von Lancasters Gastspiel, über diesen Mann unterhalten konnten.

    Nach einer guten Weile kam dabei unvermeidlich auch jenes Thema zur Sprache, das für ihre Tante scheinbar ein Reizthema war;

    „Glaubst du wirklich, dasser schon so viele Leute erschossen hat?", fragte Dolly im Zuge ihres Gespräches.

    „Wieso nicht? Ich glaub schon."

    „Ich auch. Glaubst du, dasses zehn waren?"

    Polly dachte kurz nach,

    „Ich weißnicht – vielleicht waren es hundert."

    Hundert?, wiederholte Dolly jetzt doch ein wenig skeptisch.

    „Könnt ihr jetzt wohl endlich den Mund halten.", forderte sie da ihre Tante erneut energisch auf, was, zumindest für den Augenblick, durchaus auch Wirkung zeigte.

    Für einen Augenblick war Stille im Zelt, dann fragte Liza plötzlich:

    „He, Sheila, was hältst du von ihm?"

    „Von Mr. Lancaster? Ich weiß nicht ... man muss sich erst an die Leute hier gewöhnen. Wie er da plötzlich aufgetaucht ist, stoppelbärtig und so ..."

    „Ja, genau. Und er sah auch müde aus, wer weiß, wie lange er schon geritten ist."

    „Und trotzdem ist er noch weiter geritten."

    „Das ist auch besser so.", schaltete sich da ihre Tante ein.

    „Wieso? Im Grunde genommen war er nett, finde ich.", verteidigte ihn Liza.

    „Nett!", es war Mrs. Susan Winters Stimme deutlich anzuhören, dass sie in diesem Punkt ganz anderer Meinung war.

    Jedenfalls war er interessant., ergriff auch Sheila die Partei ihrer Schwester.

    „Interessant! Ein Mann, der schon viele Leute erschossen hat!", Mrs. Susan Winter wollte an Alexander Lancaster offensichtlich nichts Positives sehen.

    „Dad hat als Soldat sicher auch viele Leute erschossen.", verteidigte ihn Sheila

    „Er war eben Soldat. Und man mussdarauf jedenfalls nicht stolz sein."

    „Vielleicht war er ja auch Soldat, ...., oder Sheriff oder so etwas ..."

    „Lächerlich!", Mrs. Winter war nicht zu überzeugen.

    „Wie alt er wohl ist?", überlegte Liza – eine Sache, über die sich junge Mädchen ja gerne den Kopf zerbrechen.

    Jedenfalls ist er zu alt für euch., entschied Mrs. Susan Winter.

    „Also ich weiß nicht., meinte Liza: „Ich glaube, er ist gar nicht so alt. Wenn er erst wieder rasiert ist …, und in frischen Klamotten ... Dad war auch um einiges älter als Mum. Und wenn er doch zu alt ist für uns, kannst du ihn ja nehmen.

    „Na, das hätte mir gerade noch gefehlt."

    Mr. Vanderbilts Damen hatten sich im Zuge dieses Gespräches, das im Übrigen noch lange nicht zu Ende war, ganz offensichtlich in zwei Lager Pro und Kontra Mr. Alexander Lancaster gespalten.

    *

    Die Frauen und Mädchen standen zusammengedrängt an einem der Wagen, umringt von Jesse Crown und seinen Männern, Männer, die zum Übelsten gehörten, das der Westen zu bieten hatte, Männer, die die Frauen grinsend mit gierigen Blicken musterten, ihre Körper, ihre Gesichter, ihre Brüste, und sie ahnen ließ, was vielleicht bald mit ihnen geschehen würde. Trotzdem wirkten die Frauen gefaßt – noch jedenfalls, selbst die Zwillinge, ausgenommen vielleicht die Frau von Mr. Winter, die wohl auch Angst um ihre Söhne hatte.

    Die Männer hatten sich im Halbkreis um die Frauen aufgebaut, die im Licht der aufgehenden Sonne vor ihnen standen, und Jesse Crown stolzierte in dem Halbkreis herum und zog seine Show ab, Einleitung eines grausamen Spiels, das noch folgen sollte.

    Eben stand er vor Mrs. Susan Winter,

    „He, Vanderbilt!, rief er: „Du hast eine hübsche Frau.

    Mr. Vanderbilt und seine Männer lagen oder saßen gefesselt am Feuer, auch die beiden Jungs von Mr. Winter.

    „Sie ist nicht meine Frau. Lassen Sie sie in Ruhe!"

    „Sie ist nicht deine Frau? Nun, wir nehmen das nicht so genau. Tatsache ist, dasswir sie ein bißchen extra in die Mangel nehmen werden, wenn du nicht reden willst. Und du kannst mir glauben, das wird uns sehr viel Spassmachen.", Jesse Crown schritt wieder auf und ab.

    „Sag nichts!, rief da Susan Winter: „Sie werden sowieso tun, was sie wollen.

    „Da gibt ´s aber große Unterschiede, Süße.", Jesse Crown blieb vor ihr stehen und faßte ihr unters Kinn:

    „Da gibt ´s verdammt große Unterschiede. Du kannst mir glauben, wir versteh´n was davon."

    Angewidert wandte sie ihren Kopf ab.

    „Na, was soll denn das, Süße?, sagte Jesse Crown und grinste: „Na schön, dann werden wir uns eben deine Tochter vornehmen.

    Er wandte sich zu Sheila Vanderbilt, die neben ihrer Tante stand. Er packte sie am Arm und zerrte sie einen Schritt nach vorne,

    „Was haltet Ihr von der da?", wandte er sich an seine Männer.

    Wildes Gejohle war die Antwort und es fielen Bemerkungen, die Sheila Vanderbilt erahnen ließen, was sie erwartete, -sie wurde rot. Einer der Männer rief:

    „He, Jesse! Wir wollen ihre Titten sehen!"

    „Alles zu seiner Zeit.", wehrte der ab, und stieß Sheila wieder zurück.

    „Was haltet Ihr denn von der da?", fragte er wieder und diesmal war es Liza, die er dabei am Arm packte und einen Schritt nach vorne zerrte.

    Dasselbe Gejohle war die Antwort.

    Da brüllte Mr. Vanderbilt:

    „Lassen Sie meine Töchter in Ruhe, Sie verdammtes Drecksschwein! In den Wagen befinden sich vier Ballons mit allem, was dazu gehört. Damit können Sie sowieso nichts anfangen, also verschwinden Sie wieder."

    Jesse Crown schüttelte den Kopf,

    „Verdammtes Drecksschwein., wiederholte er: „Das hab´ ich aber gar nicht gern gehört. Aber ich will ´s dir nachsehen, weil du endlich zur Vernunft gekommen bist. Vier Ballons sind das also ..., es war Jesse Crown nicht anzusehen, ob er mit dieser Antwort wirklich etwas anfangen konnte: „Nun, ob ich mit deinen Ballons ´was anfangen kann oder nicht, das lassnur meine Sorge, jedenfalls kann ich einmal mit deinem Geld und mit deinen Gewehren was anfangen. Nur für dich und deine Männer habe ich keine Verwendung, schätze, du weißt, was das heißt."

    „Sie werden jemanden brauchen, der Ihnen zeigt, wie man mit den Ballons umgeht."

    „Und du würdest mir das zeigen?"

    Mr. Vanderbilt würgte ein wenig, dann sagte er:

    „Ja ja, natürlich würde ich ihnen das zeigen,"

    „Danke für das Angebot., antwortete Crown spöttisch: „aber ich glaube, ich komme auch ohne dich zurecht. Du kannst dir aber vielleicht denken, dasswir für deine Weiber Verwendung haben.

    „Laßt sie in Ruhe!", brüllte Mr. Vanderbilt erneut.

    „Später vielleicht, später. Aber weil du dich nun doch endlich bequemt hast, zu reden, will ich dir eines versprechen: Wir machen sie nicht kalt, wenn wir unseren

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