Mein Emmental: Geschichten aus der schönen, engen Welt von Gestern
Von Tinu Heiniger
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Über dieses E-Book
Als Lesende geht es uns wie dem kleinen Martin: Wir tauchen fasziniert in die Geschichten Tinu Heinigers ein, dringen zu seinen Langnauer Wurzeln vor und lassen uns vom Klang seiner Sprache entführen, die sich unmittelbar aus dem Dialekt heraus Gehör verschafft. Es sind starke, gewaltige und ehrliche Texte fernab vom bluemete Trögli.
«Ein Geschichtenerzähler ist er seit je, einer, der Stimmungen transportieren, Situationen und Gefühle heraufbeschwören kann, dass es einen beim Zuhören erhudlet.»Bänz Friedli über Tinu Heiniger
«Der Musiker und Poet Tinu Heiniger, von dem es nicht selten heisst, er sei der Doyen der Schweizer Liedermacher, ist ganz nebenbei gesagt auch ein hervorragender Erzähler. Man hängt ihm an den Lippen, wenn er nach Konzerten, auf langen Autofahrten oder am Telefon Geschichten erzählt, Geschichten aus seinem Leben oder Geschichten aus dem Leben anderer. Sein Fundus scheint unendlich und man hört ihm immer gerne zu, weil er einen einmaligen Erzählrhythmus hat.»Pedro Lenz
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Buchvorschau
Mein Emmental - Tinu Heiniger
Inhalt
Cover
Impressum
Titel
Vorwort: Im Emmental aufgewachsen und eingewachsen
Älter werden heisst auch, sich erinnern
Aufgewachsen in Langnau im Emmental
Aus einer frommen Familie
Paul Heiniger, Präsident des Handwerker- und Gewerbevereins Langnau i. E.
Ämmitau
Mein Emmental
Mein erster Auftritt mit Liedern von Mani Matter
Das grosse Weltgeschehen
Der SCL – eine Liebeserklärung
Fussball in Langnau im Emmental
Mys Dorf, myni Wäut
Irgendwo dazugehören
Erschte Ougschte z Oberhofe
Nachtwanderung über den Stübisberg
Immer wieder die Mutter
Lied vom Waud
Erfahrungen mit Journalisten
Lieber Ernst Eggimann
In der Stille der Nacht
Ir Wyti vom Himu
Dank
Sein Emmental ist nicht mein Emmental
Über den Autor
Über das Buch
TINU HEINIGER
MEIN EMMENTAL
Der Autor und der Verlag danken für die Unterstützung:
emptyDer Zytglogge Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2024 unterstützt.
© 2022 Zytglogge Verlag, Schwabe Verlagsgruppe AG, Basel
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Angelia Schwaller
Korrektorat: Jakob Salzmann
Coverbild: Tinu Heinigers Vater Paul vor seinem neuen Citroën
Covergestaltung: Bernard Schlup
Autorenfoto: Reto Camenisch
eBook-Produktion: 3w+p, Rimpar
ISBN ePub 978-3-7296-2391-0
www.zytglogge.ch
Tinu Heiniger
MEIN EMMENTAL
Geschichten aus der schönen,
engen Welt von Gestern
emptyFür Maja Erismann
Vorwort: Im Emmental aufgewachsen und eingewachsen
Der Musiker und Poet Tinu Heiniger, von dem es nicht selten heisst, er sei der Doyen der Schweizer Liedermacher, ist ganz nebenbei gesagt auch ein hervorragender Erzähler. Man hängt ihm an den Lippen, wenn er nach Konzerten, auf langen Autofahrten oder am Telefon Geschichten erzählt, Geschichten aus seinem Leben oder Geschichten aus dem Leben anderer. Sein Fundus scheint unendlich und man hört ihm immer gerne zu, weil er einen einmaligen Erzählrhythmus hat. Diesen Rhythmus, den man heute auch gerne Flow nennt, dürfen wir auch in diesen niedergeschriebenen Geschichten geniessen. Tinu Heiniger hat nämlich die Gabe, seine mündliche Unmittelbarkeit im geschriebenen Text beizubehalten. Das hat wohl damit zu tun, dass er nicht dem verbreiteten Irrglauben folgt, die Schreibsprache müsse gescheiter klingen als die gesprochene Sprache. Wir können Heinigers Geschichten lesen, als hörten wir seinen Liedern zu, mit der Neugier der Kinder, mit beinahe geschlossenen Augen und voller Hingabe.
Heiniger kommt aus Langnau im Emmental. Dort ist er aufgewachsen, und beinahe ist man versucht zu sagen, dort sei er eingewachsen. Zwar lebt er schon seit vielen Jahren im Aargau, aber in seiner Sprache, in seinen Erzählungen und in seinen Liedern ist das Emmental mit seiner urwüchsigen Landschaft und seinen nicht weniger urwüchsigen Bewohnerinnen und Bewohnern omnipräsent. Und wie so viele, die in einem Dorf aufgewachsen sind, hat Tinu Heiniger einen weiten Horizont. Das Dorfleben verlangt einem einiges ab. Toleranz, Anpassungsfähigkeit, Schlauheit und manche andere Eigenschaft, die einen später im Leben weiterbringt, lassen sich in der dörflichen Gemeinschaft nicht nur bestens erlernen, sie sind dort gleichsam überlebensnotwendig. Im Dorf seiner Kindheit füllte sich der feinsinnige und manchmal auch geplagte Bub seinen poetischen Rucksack. Das geschah unbewusst, beim Sport, in der Schule, in der Kirche, in der Familie oder bei seiner über alles geliebten Musik. Und wie alle wahren Poeten kann Heiniger ein Leben lang von dieser kindlichen Prägung zehren.
Wir Fans, die schon den jungen, aufmüpfigen, oft wütenden Rebellen gekannt haben, spüren im Werk des älteren, milderen und weiser gewordenen Tinu Heiniger noch immer seine typische Ausdrucksstärke. Denn auch wenn er versöhnlicher geworden ist, spricht uns in diesem Buch die gleiche Poesie und die gleiche Unmittelbarkeit an, die uns in seinen ersten Liedern so berührt hat.
Pedro Lenz
Älter werden heisst auch, sich erinnern
Nein, man will nicht so werden wie die Alten, die immer nur von früher reden und davon schwärmen, dass damals alles besser gewesen sei. Mein Grossvater hat uns immer wieder die gleichen Geschichten erzählt. Wir hätten sie nummerieren können. Hätte er dann mit einer Geschichte angefangen, dann hätten wir nur die entsprechende Nummer dazwischenrufen können, und alles wäre klar gewesen. Das haben wir, seine Enkelkinder, natürlich nicht getan. Wir haben diese Geschichten, die sich auch sprachlich wiederholten, mehr oder weniger gelangweilt über uns ergehen und den Grossvater nicht merken lassen, dass wir seine alten Erinnerungsgeschichten zur Genüge kannten.
Wenn ich heute, sechzig Jahre später, daran denke, was er uns von früher, von seinem «Früher» erzählte, dann weiss ich, das war Geschichtsunterricht: Wachtmeister Schär im Ersten Weltkrieg mit seiner Kompanie auf diesen brutalen Gewaltsmärschen. Er und seine Soldaten quälen sich in schweren Schuhen und in dicker, blauer Uniform während Tagen und Wochen, oft in Regen und Schnee, quer durch die Schweiz. Und die Familie daheim hat kaum mehr zu essen als das, was die Grossmutter im Garten findet. Das bisschen Sold, das der Wachtmeister heimbringt, reicht zu gar nichts. Oder wie Grossvater gleich nach dem Krieg am Bahnhof in Langnau den Generalstreik erlebte: Da isch eine vo de Rote, ganz e scharfe Hung, uf d Dampfloki ueche ggumpet u het ere der Dampf abgla! U d Büezer hei grölet u gchlatschet! Das hat diesem Schreinermeister und Mitglied von Mingers Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei gar nicht gepasst, er fand den Einsatz der Armee gegen die Streikenden in Zürich gut und nötig. In der Krisenzeit der Dreissigerjahre hat er unser schönes Haus mit Werkstatt und Geschäftsladen geplant und gebaut, hat Tag u Nacht gchrampfet, damit dieses Haus, in dem wir dann aufwuchsen, möglich wurde. Und meine Mutter, damals noch ein Meitschi, hat ihm dabei begeistert geholfen.