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Gender und Diversity in Organisationen: Grundlegendes zur Chancengleichheit durch Personalpolitik
Gender und Diversity in Organisationen: Grundlegendes zur Chancengleichheit durch Personalpolitik
Gender und Diversity in Organisationen: Grundlegendes zur Chancengleichheit durch Personalpolitik
eBook221 Seiten2 Stunden

Gender und Diversity in Organisationen: Grundlegendes zur Chancengleichheit durch Personalpolitik

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Über dieses E-Book

Dieses Buch liefert ein theoretisches Fundament sowohl für die praktische Gestaltung einer an Chancengleichheit orientierten Personalpolitik als auch für die weitere Forschung.Im Vordergrund stehen grundlegende Fragen und Debatten über Gender und Diversity in (Arbeits-)Organisationen. Die Autorinnen stellen die Bandbreite theoretischer Ansätze zum Verständnis von Gender und Diversity dar und diskutieren gestaltungsorientierte Konzepte vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung im deutschsprachigen Raum. Das Buch steht in der Nachfolge des Werkes „Chancengleichheit durch Personalpolitik“, das zuletzt von Gertraude Krell, Renate Ortlieb und Barbara Sieben in sechster Auflage herausgegeben wurde. Es bietet Orientierung in einem unübersichtlich gewordenen wissenschaftlichen Feld und fundierte Argumentationsgrundlagen für die Praxis. Es richtet sich sowohl an Personalverantwortliche, Gleichstellungsbeauftragte, Betriebsräte und andere, die eine betriebliche Chancengleichheitspolitik begründen und umsetzen wollen, als auch an Studierende, Lehrende und Forschende.
Der Inhalt• Dominanzverhältnisse als Ausgangs- und Ansatzpunkt• Soziale Kategorien, Stereotype, Vorurteile, Diskriminierungen• Vielfältige Wettbewerbsvorteile• Gender-bezogene Management-Konzepte• Diversity-bezogene Management-Konzepte
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum28. März 2018
ISBN9783658205546
Gender und Diversity in Organisationen: Grundlegendes zur Chancengleichheit durch Personalpolitik

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    Buchvorschau

    Gender und Diversity in Organisationen - Gertraude Krell

    Gertraude Krell, Renate Ortlieb und Barbara Sieben

    Gender und Diversity in OrganisationenGrundlegendes zur Chancengleichheit durch Personalpolitik

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    Gertraude Krell

    Berlin, Deutschland

    Renate Ortlieb

    Graz, Österreich

    Barbara Sieben

    Hamburg, Deutschland

    ISBN 978-3-658-20553-9e-ISBN 978-3-658-20554-6

    https://doi.org/10.1007/978-3-658-20554-6

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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    Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

    Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

    Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature

    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

    Vorwort

    Die vorliegende Monografie steht in der Nachfolge des Herausgeberbandes „Chancengleichheit durch Personalpolitik: Gleichstellung von Frauen und Männern in Unternehmen und Verwaltungen. Rechtliche Regelungen – Problemanalysen – Lösungen", der zuerst 1997 von Gertraude Krell und zuletzt 2011 in sechster Auflage von Gertraude Krell gemeinsam mit uns herausgegeben wurde.

    Mit seiner Breite an Beiträgen aus Forschung und Praxis ist dieses Buch weiterhin ein Standardwerk, sowohl in der Lehre wie auch für Personalverantwortliche, Gleichstellungsbeauftragte, Betriebsräte und andere, die eine betriebliche Chancengleichheitspolitik begründen und umsetzen wollen. Während der inhaltliche Fokus zunächst auf Gender und der Chancengleichheit von Frauen und Männern lag, wurde er später auf Diversity und Diversity Management erweitert – und damit auch um weitere diskriminierungsanfällige Dimensionen über Geschlecht hinaus.

    Seit 2014 haben wir zu dritt die siebte Auflage geplant. Sie sollte noch umfangreicher als die bisherigen Auflagen werden und aus zwei konzeptionellen Bänden sowie einem Praxis-Band bestehen. Allerdings zeichnete sich im Laufe des Jahres 2015 ab, dass sich dieser Plan aufgrund der fortschreitenden Erkrankung von Gertraude Krell nicht realisieren ließ. Die vorliegende Monografie resultiert aus diesen Entwicklungen und unseren gemeinsamen Beschlüssen. Sie basiert auf einem Textfragment, an dem Gertraude Krell bis kurz vor ihrem Tod am 5. Januar 2016 gearbeitet hat. Wir haben dieses Fragment grundlegend überarbeitet und erweitert. Dabei war es uns ein Anliegen, die Stimme von Gertraude Kell so originalgetreu wie möglich beizubehalten und gleichzeitig unsere eigenen Einsichten einzubringen.

    Wie die früheren Auflagen von „Chancengleichheit durch Personalpolitik" richtet sich auch diese Monografie gleichermaßen an Studierende, Forscher_innen und Praktiker_innen. Sie soll theoretisches Rüstzeug für die praktische Gestaltung einer an Chancengleichheit orientierten Personalpolitik wie auch für die weitere Forschung bieten. Sie soll außerdem zum kritischen Reflektieren und Weiterlesen anregen; dies ist auch ein Grund dafür, warum sie ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis enthält.

    Gertraude Krell wurde im Jahr 2003 für ihre Arbeiten zum Thema „Chancengleichheit durch Personalpolitik" mit dem Margherita-von-Brentano-Preis der Freien Universität Berlin ausgezeichnet. Dieser Preis war für sie nicht nur Anerkennung und Ansporn, sondern ein Teil des Preisgeldes kam auch dieser Monografie zugute.

    Unser besonderer Dank geht an Barbara Roscher von Springer Gabler. Außerdem danken wir Paul Krell, Gudrun Krummel, Heike Pantelmann, Manuela Sterba, Vanessa Zweiger, Gero Küsel, Elena Glauninger und Sabine List.

    Renate Ortlieb

    Barbara Sieben

    GrazHamburg

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung 1

    2 Dominanzverhältn​isse als Ausgangs- und Ansatzpunkt 7

    2.​1 Von Majoritäten und Minoritäten 7

    2.​1.​1 Der Diversity-Diskurs 7

    2.​1.​2 Soziologische Klassiker 9

    2.​1.​3 Der Token-Status und dessen Effekte 10

    2.​1.​4 Das Konzept der Gendered Organizations 12

    2.​2 Antidiskriminier​ungsrechtliche Regelungen als Dominierungsverb​ote 14

    2.​2.​1 Differenzierungs​- oder/​und Dominierungsverb​ote?​ 14

    2.​2.​2 Unmittelbare und mittelbare Diskriminierung 15

    3 Jede(r) in eine Schublade?​ 19

    3.​1 Vorbemerkungen 19

    3.​2 Soziale Kategorien, Stereotype, Vorurteile, Diskriminierunge​n 20

    3.​3 Intersektionalit​ät oder:​ Die Verschränkung von Kategorien 25

    3.​4 Gegebene Unterschiede oder gemachte Unterscheidungen​?​ 28

    3.​4.​1 Zur Praxisrelevanz dieser Frage 28

    3.​4.​2 (Un-)Doing Gender zwischen Differenz und (De-)Konstruktion 30

    3.​4.​3 Zum (Un-)Doing von weiteren Diversity-Dimensionen 32

    3.​5 „The Paradox of Diversity":​ Zum Nutzen von Schubladen 36

    4 Vielfältige Wettbewerbsvorte​ile 39

    4.​1 Was genau kann Wettbewerbsvorte​ile bewirken?​ 39

    4.​2 Welche Wettbewerbsvorte​ile im Einzelnen?​ 41

    4.​3 Wettbewerbsvorte​ile versus Antidiskriminier​ung?​ 53

    5 Gender-bezogene Management-Konzepte 57

    5.​1 Vorbemerkungen 57

    5.​2 Ausgewählte ältere Ansätze und Aktivitäten 58

    5.​3 Frauenförderung oder -politik und deren Zukünfte 61

    5.​4 Gender Mainstreaming und dessen Zukünfte 62

    5.​4.​1 Warum Zukünfte?​ 62

    5.​4.​2 Was wird unter Gender Mainstreaming verstanden?​ 63

    5.​4.​3 Gründe für die Realisierung von Gender Mainstreaming 64

    5.​4.​4 Aktuelle Herausforderunge​n 66

    5.​4.​5 Zwischenbilanz:​ Hat Gender Mainstreaming ausgedient?​ 67

    5.​4.​6 Gestaltung der Personalpolitik nach dem Prinzip des Gender Mainstreaming 68

    6 Diversity-bezogene Management-Konzepte 71

    6.​1 Entstehungshinte​rgrund 71

    6.​2 Diversity als Begriff und Konstrukt 73

    6.​3 Diversity Management als Konzept 76

    6.​4 Zur Umsetzung in der Praxis 81

    7 Fazit 87

    Literatur89

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018

    Gertraude Krell, Renate Ortlieb und Barbara SiebenGender und Diversity in Organisationenhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-20554-6_1

    1. Einleitung

    Gertraude Krell¹ , Renate Ortlieb²   und Barbara Sieben³  

    (1)

    Institut für Management, Freie Universität Berlin, Berlin, Deutschland

    (2)

    Institut für Personalpolitik, Karl-Franzens-Universität Graz, Graz, Österreich

    (3)

    Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften, Helmut Schmidt Universität, Hamburg, Deutschland

    Renate Ortlieb

    Email: renate.ortlieb@uni-graz.at

    Barbara Sieben

    Email: barbara.sieben@hsu-hh.de

    Die Botschaft, dass Chancengleichheit für alle Beschäftigten nicht nur rechtlich geboten, sondern auch ökonomisch vorteilhaft ist, gilt heute als Binsenweisheit. Aber genauso gängig sind Äußerungen wie: „Wir behandeln doch schon alle gleich!, „Bei uns wird niemand benachteiligt! oder auch „Das [Geschlecht] ist egal. Die Qualifikation muss stimmen, und dass er zur Mannschaft passt! Das letzte Statement stammt von einer männlichen Führungskraft, die im Rahmen einer Studie zum Thema „Unternehmenskulturen verändern – Karrierebrüche vermeiden interviewt wurde (Kaiser et al. 2012, S. 15). Diese weit verbreitete Überzeugung spiegelt die mangelnde Sensibilität wider, wen die Mitglieder einer vorhandenen ‚Mannschaft‘ als zu ihr passend erachten und wen nicht. Dass dabei Geschlecht nach wie vor sehr wohl eine Rolle spielt, zeigen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen – wie zum Beispiel eine Fallstudie über „Selektionspfade im Topmanagement: Homogenisierungsprozesse in Organisationen" (Erfurt Sandhu 2014). Die Studie verdeutlicht zudem, dass diese Prozesse nicht intendiert sein müssen, sondern oft ‚hinter dem Rücken‘ der Beteiligten ablaufen. Und es wird dort herausgearbeitet, dass Interventionen für mehr Chancengleichheit wenig wirksam sind, solange die Mechanismen, die zur Reproduktion des Status quo führen, nicht erkannt werden – und auch die Rolle, die die Personalpolitik dabei spielt, im Dunkeln bleibt.

    Insofern zeugt das Statement „Das [Geschlecht] ist egal …" von Geschlechtsblindheit, aber eben nicht in dem Sinne, dass die Besetzung von Führungspositionen tatsächlich unabhängig vom Geschlecht bzw. ‚geschlechtsneutral‘ erfolgt; dagegen sprechen ja schon die geringen Frauenanteile auf den Führungsetagen (Holst und Friedrich 2017). Blindheit diagnostiziert werden kann vielmehr bezüglich des Einflusses von Geschlecht bzw. von Dominanzverhältnissen zwischen den Geschlechtern auf die Besetzung von (Top-)Führungspositionen. Insbesondere dadurch, dass die Prozesse der Stellenbesetzung mit steigender Hierarchieebene zunehmend intransparent sind, werden Geschlechterungleichheiten (re-)produziert. Dies wirft außerdem die Frage auf, ob diese Praktiken mittelbar benachteiligend sind – und damit rechtswidrig. Ein weiteres Beispiel für solche ‚blinde Flecken‘ in der Wahrnehmung ist die Entgeltpolitik: Wenn der sogenannte Gender Pay Gap damit erklärt wird, dass Frauen schlechter bezahlte Berufe oder Tätigkeiten wählen, dann bleibt ausgeblendet, dass ein hoher Frauenanteil grundsätzlich mit einer geringeren Bewertung und Vergütung einhergeht, und zwar unabhängig davon, um welche konkrete Tätigkeit es sich handelt. Beispiele dafür sind Kranken- und Altenpflege. Außerdem: Wenn Personalverantwortliche oder auch Expert_innen für Chancengleichheit der Auffassung sind, dass es dort, wo auf Basis von Tarifverträgen vergütet wird, gar keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts geben könne, dann bleibt ausgeblendet, dass Tarifverträge und andere scheinbar geschlechtsneutrale Regelungen zur Entgeltdifferenzierung mittelbar benachteiligend sein können – und nicht selten sind sie dies auch (Krell und Winter 2011).

    Ein Pendant zur ‚Geschlechtsblindheit‘ ist ‚Farbenblindheit‘. Auch in diesem Kontext muss zwischen ‚Farbenblindheit‘ und ‚Rassismusblindheit‘ unterschieden werden. So schreibt Malik (2015): „Der assimilatorische Impuls, Menschen als Bürger [oder auch Arbeitnehmer_innen; die Verf.] gleich zu behandeln, statt sie als Vertreter einer spezifischen Hautfarbe oder eines kulturellen Kontextes zu betrachten, ist viel wert. Doch das heißt nicht, dass der Staat [oder auch die Personalpolitik; die Verf.] die Diskriminierung bestimmter Gruppen ignorieren darf".

    Mit Blick auf die Personalauswahl verdeutlicht das ‚klassische‘ Experiment von Word, Zanna und Cooper (1974) die unbewusste Reproduktion von Dominanzverhältnissen zwischen weißen und schwarzen US-Amerikanern¹: Die Versuchspersonen waren weiße Studenten, deren Aufgabe darin bestand, Auswahlinterviews zu führen, und zwar sowohl mit weißen als auch mit schwarzen Bewerbern. Dabei verhielten sich die Versuchspersonen gegenüber Schwarzen anders als gegenüber Weißen: „Unabsichtlich zeigten die Collegestudenten Unbehagen und Mangel an Interesse beim Interviewen der afroamerikanischen Bewerber" (Aronson et al. 2004, S. 507; Hervorhebung i. O.). Das äußerte sich unter anderem darin, dass die Interviewer weiter entfernt von den schwarzen Bewerbern saßen, also körperlich auf Distanz gingen, dass sie beim Sprechen mehr Unsicherheiten zeigten, zum Beispiel stotterten, und dass sie die Gespräche viel früher beendeten als dies bei den weißen Bewerbern der Fall war. Um die Auswirkungen dieser Verhaltensweisen der Interviewer auf die schwarzen Bewerber zu untersuchen, wurde ein zweites Experiment durchgeführt. Dazu wurden die Interviewer in zwei Gruppen eingeteilt und so instruiert, dass die eine Gruppe sich gegenüber den Bewerbern – jetzt allesamt Weiße – so verhielt, wie im ersten Experiment gegenüber weißen Bewerbern, die zweite Gruppe dagegen so, wie es die Interviewer im ersten Experiment gegenüber schwarzen Bewerbern getan hatten. Die Auswahlinterviews wurden mittels Video aufgezeichnet, und danach wurden auf Basis dieser Videos alle Bewerber von unabhängigen Experten beurteilt. Was wir schon ahnten: Im Ergebnis schnitten diejenigen, die wie weiße Bewerber behandelt worden waren, sehr viel besser ab als diejenigen, die wie schwarze Bewerber behandelt wurden.

    Dieses Experiment wird in Standardwerken zur Sozialpsychologie als Beleg für eine sich selbst erfüllende Prophezeiung angeführt, das heißt dafür, dass die erwarteten Leistungsunterschiede zwischen Weißen und Schwarzen durch die unbeabsichtigte und damit unbewusste, unterschiedliche Behandlung tatsächlich bewirkt wurden und damit die Erwartung bestätigt wurde (s. a. Greitmeyer 2008). Das Experiment wurde zwar schon in den 1970er Jahren durchgeführt, aber es ist zu vermuten, dass ähnliche Resultate erzielt würden, wenn es heute – und im deutschsprachigen Raum – wiederholt werden würde. Und das dürfte gleichermaßen für veränderte Designs gelten, bei denen die Gruppe der schwarzen Bewerber oder auch Bewerberinnen durch andere Personen ersetzt werden, die nicht zur dominanten Gruppe gehören. So zeigen zahlreiche aktuellere Experimente und Feldstudien im deutschsprachigen Raum, dass Personen mit Migrationshintergrund bei Auswahlentscheidungen benachteiligt werden (Imdorf 2010a, b; Kaas und Manger 2011; Schneider et al. 2014; Weichselbaumer 2016; Baldsch et al. 2018).

    Welche weiteren Gruppen in der Personallehre als nicht-dominant kategorisiert werden, lässt sich der jüngsten Auflage eines Standardwerkes im Fach entnehmen, dem „Handwörterbuch des Personalwesens (Gaugler et al. 2004). Dieses Buch enthält Beiträge über die folgenden ‚besonderen‘ Gruppen: „Arbeitnehmer, ältere, „Arbeitnehmer, ausländische (heute hieße es vermutlich „Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund), „Arbeitnehmer, behinderte und „Arbeitnehmer, weibliche. Spezielle Artikel über männliche, deutsche, nicht-behinderte Arbeitnehmer ‚im besten Alter‘ gibt es dagegen nicht, denn die sind die Norm(alität) bzw. die ‚invisible norm‘. In den Worten von Lewis und Simpson (2010, S. 5): „Individuals who occupy the normative position (such as white, middle class men) tend to get unnoticed. They don’t represent a particular (e.g. gendered, raced) category and in this sense they are ‚unmarked‘". Die von der unsichtbaren Norm Abweichenden werden dagegen ‚markiert‘: als ‚besonders‘, als ‚anders‘ und oft auch als ‚defizitär‘.

    Da das Verhältnis zwischen der dominanten Gruppe und wie auch immer gearteten Minderheiten in Organisationen sowohl für das Verständnis von Gender und Diversity wie auch für eine an Chancengleichheit orientierte Gestaltung der Personalpolitik zentral ist, gehen wir im folgenden Kap. 2 ausführlicher auf diese Dominanzverhältnisse ein. Ähnlich grundlegend ist Kap. 3, das die Prozesse sozialer Kategorisierungen – einfach gesprochen: ‚Schubladisierungen‘ – behandelt. Da die praktische Gestaltung einer an Chancengleichheit orientierten Personalpolitik stets in ein Geflecht aus (mikro-)politischen Prozessen eingebettet ist, sind Argumente, die sich an den Zielen von Organisationen orientieren, von entscheidender Bedeutung. Kap. 4

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