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Blütenteppich: Freiheit
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eBook113 Seiten1 Stunde

Blütenteppich: Freiheit

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Über dieses E-Book

Frisch verheirateter, schwerreicher Kunstsammler verschenkt mehrere Millionen teures Bild an Assistentin!
Lesen Sie, warum der Geliebte der Assistentin ein Unglück darin sieht, was der Millionär mit dem Geschenk erreichen will und wie eine kleine Serviererin aus dem Osten sämtliche Pläne aller Beteiligten zerstört.
Der dritte Teil "Freiheit" erzählt, wie Carlos im festen Glauben, Jiska habe sich umgebracht, bei Sandra Zuflucht sucht. Die junge Serviererin will ihr Glück festhalten, doch indem sie ihrer moralischen Erziehung folgt, nimmt die Katastrophe ihren Lauf.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum17. Dez. 2019
ISBN9783750212213
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    Buchvorschau

    Blütenteppich - Reinmund Anton Frommer

    KLEINGELD

    Der Frühling hat sich binnen weniger Tage durchgesetzt. Bäume strecken ihre frischen grünen Blätter aus, in deren Schatten Schüler Schutz suchen vor der brennenden Mittagssonne. Die Ohren verstopft mit Drähten, die Augen geschlossen, wippen sie im Rhythmus der Musik ihrer Playlists, während sich Rentner bunt behütet unbemerkt an ihnen vorbeischieben, ein wissendes Lächeln auf den Lippen. Die Räder ihrer Rollatoren knirschen verstohlen im Staub der Allee und im Standesamt herrscht wieder Hochbetrieb.

    Als sich beide abermals begegnen, erkennt sie Busch kaum wieder. Er ist unrasiert, die Haut wirkt fahl, die Wangen eingefallen. Selbst die braunen Augen, deren Intensität ihr einmal den Tag erhellten, scheinen nun versteckt unter schweren Lidern. Doch als sie ihm gegenübersteht, sie ihn endlich genauer betrachten kann, findet sie einen Teil ihrer alten Leuchtkraft wieder.

    Wo bist du gewesen? Ihre Hand streicht über seinen Ellenbogen, die Bartstoppeln sind seltsam ergraut. Es beruhigt sie wenig, dass das Fahle in Haut und Haar in erster Linie von Staub herzurühren scheint. Busch trägt immer noch diesen schrecklichen Anzug. Er sieht darin aus, als sei er dem Zirkus entlaufen. Die Knie zieren helle Flecken, unter den Achseln zeichnen sich Schweißränder ab.

    Er habe sinniert, Tag und Nacht, behauptet Busch müde lächelnd. Er habe sinniert, wie es weitergehen soll. Er schaut über sie hinweg, die Fußgängerzone entlang bis zum Platz, wo früher sein Beisel war.

    Ihre Hand greift nach seiner Stirn, um die Temperatur zu messen. Die Geste ist ihr einstmals in Fleisch und Blut übergegangen, doch dem eigenen Sohn kann Sandra nur noch selten die Hand auflegen. Kevin geht jetzt in die erste Klasse, wohnt allein in den Ferien bei ihr. Ansonsten scheint alles in Ordnung. Busch hat kein Fieber, wirkt körperlich gesund.

    Hast du etwa deinen Laden zurück? Sandra ist seinem Blick gefolgt. Seit gestern ist er ihre ganze Hoffnung, das Café hat ihr zum Monatsende gekündigt. Angeblich reiche ihre Qualifikation nicht aus. Über Umwege hat sie jedoch erfahren, dass die Tochter einer einheimischen Kollegin mit der Schule fertig ist und über den Sommer einen Job sucht. Das Mädchen wird heute zur Probe arbeiten. Und Sandra soll sie anlernen.

    Busch schüttelt den Kopf. Wieso sie darauf komme, fragt er mit schmalen Lippen.

    Weil wir uns ausgerechnet hier treffen. Und du siehst aus, sie streicht über seinen Oberarm, als kämest du vom Bau.

    Nein, er habe viel nachgedacht während der letzten Tage, widerspricht Busch, ihrem Blick ausweichend. Er sei momentan nicht einmal mehr sicher, ob er nochmals eine Bar eröffnen wolle. Er wohne jetzt in einem Atelier, trage sich mit dem Gedanken, Künstler zu werden.

    Künstler? Sandra runzelt die Stirn. Ihre Hand wandert zu seiner Wange. Nein, es bleibt dabei. Es ist kein Fieberwahn. Auch wenn Busch wirres Zeug redet.

    Jäger habe ihm ein Atelier für einige Tage zur Verfügung gestellt. Er werke dort gegen die schlechten Gedanken an.

    Alles klingt so fremd, so unwirklich für Sandra. Sie greift nach seinen Händen. Die Fingerkuppen sind rau wie eine Käsereibe und die Nägel tragen Trauerränder. Außerdem raucht Busch wieder wie ein Schlot. Sie schließt daraus, dass Jiska noch nicht zurück ist. Gern würde Sandra nach ihr fragen. Aber sie traut sich nicht. Sie fürchtet eine Wunde aufzureißen. Lieber fragt sie etwas Belangloses: Was machst du dann hier? So früh am Tage?

    Ihr Lächeln wird nicht erwidert. Statt zu antworten, fragt Busch zurück, wie viel Uhr es wäre und ob sie wisse, wo die nächste Bankfiliale sei. Er habe es eilig. Mittags würden fast alle Geschäfte schließen, in dieser verdammten Kleinstadt. Er rümpft die Nase.

    Sandra horcht auf. Busch und Bank? Sie erinnert sich, dass er ihr noch einen Monatslohn schuldet. Aber sie hütet sich ihn zu fragen. Ihr Herz klopft. Sie freut sich, mit ihm hier zu stehen und zu plaudern. Ist neugierig, was Busch auf der Bank will. Also versucht sie ihn auszuhorchen.

    Hast du im Lotto gewonnen?, fragt Sandra schelmisch.

    So ungefähr, antwortet Busch. Dann schaut er nach links und rechts, als wolle er vermeiden, dass jemand mithöre. Er strahlt plötzlich wie ein kleiner Junge, der auf dem Jahrmarkt das große Los gezogen hat. Er habe dringend einen Gewinn einzulösen, weiht er Sandra ein.

    Egal, wo?

    Busch nickt.

    Na, dann geh' doch dort rein! Sie weist hinter seinen Rücken.

    Er dreht sich erstaunt um und scheint zufrieden. Er bräuchte unbedingt ihre Hilfe dabei.

    Sandra traut ihren Ohren nicht. Busch hat sie im Beisel nie um Hilfe gebeten. Lieber hat er den Laden allein aufgeräumt, bis in den frühen Morgen. Angeblich aus Kostengründen.

    Sie müsse ihm helfen, bettelt er sie an. Denn, wenn er es jetzt verbocke, wäre alles vorbei. Dann könne er sich aufhängen, wie sein Vater.

    Sie müsse, wiederholt Sandra still für sich. Die Formulierung macht sie misstrauisch. Sie müsse sterben, will sie antworten. Irgendwann, früher oder später. Momentan eher früher. Doch dann sieht sie erneut dieses Leuchten in seinen Augen.

    Was hättest du denn getan, wenn wir uns nicht begegnet wären?

    Sie hört es selbst - es klingt wie Zustimmung. Der kurz auftauchende Gedanke, Busch wolle (wie alle anderen Kerle auch) sie nur ausnutzen, ringt sie entschlossen nieder. Wieder mal.

    Er hätte sie sonst im Café aufgesucht, kommt prompt die Antwort. Sie wäre die Einzige, der er momentan vertrauen könne.

    Jetzt, jetzt wäre die Gelegenheit nach Jiska zu fragen. Sandra schluckt. Der Mund scheint völlig ausgetrocknet.

    Es werde auch nicht umsonst sein, setzt er nach.

    Sandra schweigt. Sie mag es nicht, wenn sie bedrängt wird. Lieber hätte sie vorher zugestimmt, ohne Bestechungsversuch. Das müsste er doch längst kapiert haben, oder nicht?

    Zehn Prozent. Er lässt nicht locker.

    Zehn Prozent wovon?, fragt sie entnervt. Am liebsten ließe sie ihn jetzt stehen und ginge einfach weiter.

    Busch angelt ein Stück Papier aus der Tasche. Es ist ein großer, ein lila Geldschein. Beeindruckend groß. Er hält ihn ihr unter die Augen.

    Sandra rechnet geschwind. Fünfzig Euro. Die kann sie jetzt gut gebrauchen. Wer weiß, wann die Agentur das erste Mal die Stütze zahlen wird. Ach, da muss sie ja auch noch hin, fällt ihr ein. Sie seufzt. Wieder ein verlorener Tag in ihrem beschissenen Leben.

    Was soll ich tun für das Geld?

    Es kann nichts Gutes sein, sie weiß es. Oder es ist sehr zeitaufwändig. Normalerweise muss sie für fünfzig Euro einen ganzen Nachmittag zwischen Theke und Terrasse wie ein von Igeln gejagter Hase hin- und her hetzen und sich dabei von schlecht gelaunten Menschen anpöbeln lassen. Es ist hart verdientes Geld, sehr hart verdientes.

    Sie müsse lediglich in die Filiale gehen und den großen in kleine Scheine umtauschen, sucht Busch sie zu überreden.

    Ist der Schein echt?

    Natürlich, versichert er mit großen Augen.

    Und was ist dann der Haken?

    Busch hebt die Schultern. Er kenne keinen.

    Warum gehst du dann nicht gefälligst selber rein?

    Sie ist wütend, kehrt ihm den Rücken zu. Natürlich ist ein Haken dabei! Stets soll man diesen Kerlen nicht allein nur das Essen kochen, sondern partout auch noch den Arsch putzen.

    Weil ihn niemand in diesem Aufzug ernst nehme, sie ebenso wenig, ruft er ihr nach.

    Sandra, kaum zwei Schritte weiter, hält ein.

    Er komme zum Umziehen immer noch nicht in die eigene Wohnung. Jiska melde sich einfach nicht. Sie sei wie vom Erdboden verschwunden. Selbst Jäger wisse nicht, wo sie steckt. Er sei am Ende. Er verhungere, er verdurste, wenn er nicht wenigstens diesen Schein umgetauscht bekomme.

    Sie hat die Verzweiflung gehört, auch ohne den letzten Satz.

    Er hatte gehofft, dass wenigstens der Tankwart ihm den Fünfhundert Euro-Schein abnehme, wo er doch regelmäßig bei ihm einkaufe, erklärt er ihr weiter, als sie wieder mit ungläubigen Augen vor

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