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Rosenspiel
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eBook241 Seiten3 Stunden

Rosenspiel

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Über dieses E-Book

Eine kleine verräterische Geste ihres Mannes lässt Susanne Kramer neugierig werden. Der Gang in sein Büro, der Blick in seine E-Mails gibt ihr die Gewissheit und schickt sie von ihrer rosaroten Wolke direkt in die Hölle: Er betrügt sie! Sie spielt mehrere Möglichkeiten durch: Ihren Mann und seine Geliebte auf der Stelle zu töten, ihre Koffer zu packen und zu gehen oder in das Spiel einzugreifen, das mit ihr gespielt worden ist. Ist es Rache, ist es Gerechtigkeit oder Neid auf die Geliebte? Susanne ist das egal, als sie ihr Spiel entwirft, in dem ihr Mann und seine Geliebte ihre Spielfiguren sein werden. Wird sie das Spiel gewinnen?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum21. Juli 2013
ISBN9783738044522
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    Buchvorschau

    Rosenspiel - Gitta Becker

    Kapitel 1 Gehörnt

    Was soll Susanne jetzt tun? Soll sie ihn erschießen? Oder lieber diese Andere, die da so mir nichts dir nichts in ihre Ehe eingebrochen ist? Glaubt man den Zeitungsberichten, dürfte es kein Problem sein, sich hier in Berlin eine Waffe zu besorgen. Wie in einem Film laufen vor ihren Augen sämtliche ihr bekannte Tötungsarten ab.

    Ihre Nebenbuhlerin aus dem fahrenden Auto heraus auf offener Straße zu erschießen, klingt gut. Allerdings scheint ihr die alte Familienkutsche nicht dafür geeignet. Sie ist zu klapprig und könnte am Ende noch mitten im Geschehen stehen bleiben.

    Sie könnte die Andere auf der Straße abpassen und einfach überfahren, um es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Diesen Gedanken verwirft Susanne auch wieder, da sie ja die Blutspuren ihrer Opfer von ihrem Auto beseitigen müsste und sich die Finger schmutzig machen würde. Nein, nicht an dieser Frau.

    Gift kommt ihr in den Sinn. Nein, das ist zu einfach. Frauen nehmen immer Gift, da es die eleganteste und sauberste Art des Tötens ist, und wenn man es geschickt anstellt, ist es sogar ganz schlecht nachweisbar. Aber nein, Susanne will sich da nicht einreihen. Susanne will es nicht wie all die anderen mordenden Frauen vor ihr, neben ihr, nach ihr machen. Die gefrorene Lammkeule in ihrer Tiefkühltruhe fällt ihr eben noch ein. „Bloß nicht, viel zu viel Kraftaufwand, das lasse ich lieber sein", murmelt sie leise vor sich hin.

    Wieso denkt sie eigentlich darüber nach, die Andere umzubringen? Wieso nicht ihn? ‚Auch keine schlechte Idee‘, denkt Susanne. Aber zu augenscheinlich. Der Verdacht fiele sofort auf sie. Und schließlich möchte sie weder ihren Kindern den Vater nehmen noch seinetwegen den Rest ihrer Tage im Gefängnis sitzen.

    Vielleicht sollte sie ihm einfach eine Szene machen und ihn anschließend rauswerfen. Oder soll sie so tun, als wäre gar nichts geschehen?

    Also umbringen fällt leider erst einmal weg. Susanne braucht einen anderen Plan. Denn irgendetwas muss sie tun, will sie tun, vor allem jetzt gleich, damit sie ihre unbändige, zerstörerische, mörderische Wut unter Kontrolle bekommt.

    Was findet diese Frau nur an ihrem Mann? Ihrem Mann, der langsam aber sicher aus den Fugen geraten ist. Ihrem Mann, der immer öfter allergisch auf Wasser zu reagieren scheint und gerne mal die Dusche meidet. Ihrem Mann, dem es nichts ausmacht, sich seiner Familie gegenüber völlig gehen zu lassen und sich ihr fast immer ungepflegt und unrasiert präsentiert. Was will diese Frau ausgerechnet von ihrem in die Jahre gekommenen Mann, der durch Bauchansatz und hellgraue, fast weiß schimmernde Halbglatze besticht, über die er im Winter eine Kappe stülpt, um sie vor möglichen Erfrierungen zu schützen?

    „Komm, denke nach, überlege, sagt Susanne zu sich selbst. Sie zündet sich eine Zigarette an und irrt gedankenverloren durchs Haus. Susanne läuft die Treppen hinauf und wieder hinunter, verharrt für einen Augenblick, schüttelt den Kopf und geht weiter. Sie überlegt. Was stand da geschrieben? „Ich habe die Nacht frei, ließ die andere Frau ihren Mann in ihrer jüngsten E-Mail wissen. Erneut keimt Wut in ihr auf. Er hatte es noch nicht einmal für nötig befunden, diese brisanten News ganz sicher vor ihr zu verstecken, fast so, als wünsche er sich, entdeckt zu werden. „Bis zum Morgengrauen kann ich wegbleiben, das ließe sich meiner Frau erklären!, lautete seine Antwort. Susanne liest die Zeilen auf dem Bildschirm wieder und wieder. Sie ist entsetzt. Panisch rennt sie abermals im Haus hin und her, Treppe hoch, Treppe runter, und das gleich mehrmals hintereinander. Hat sie sich vielleicht doch verlesen? Es alles nur missverstanden? Also geht sie noch einmal in sein Büro hinunter, um die E-Mail zum wiederholten Male zu lesen. Sie sucht nach den Stellen, die eindeutig sind. Sie findet die Worte. Da stehen sie, schwarz auf weiß. Sie sucht nach Gegenbeweisen, findet aber keine. Sie hat sich nicht geirrt. „Nein, mein Lieber. Nicht mit mir. Heute Nacht sicher nicht. Abermals spricht sie leise mit sich selbst, als brauche sie eine Bestätigung dafür, dass sie nicht träumt.

    Sauer wie eine Gurke und grün vor Schock blickt ihr kurz darauf ihr eigenes Spiegelbild entgegen. Reingefallen! Was jetzt? Soll sie verzweifeln oder lieber froh sein, dass sie ihn los ist und diesen Mann nicht mehr befriedigen muss. Alle Unarten, die er sich im Laufe ihrer langjährigen Ehe angewöhnt hat, gehen ihr durch den Kopf. Alles fällt ihr wieder ein, nichts entgeht ihr. Es ist nicht nur das Glas, das er immer auf statt in die Spülmaschine stellt, oder die Unordnung, mit der er sich und die Familie umgibt, nein, es ist hauptsächlich seine Trägheit, die sie stört. Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist sein Sessel. Gegen diesen dummen, alten Sessel hat Susanne keine Chance. Dieser Sessel ist ihres Mannes bester Freund geworden.

    Kaum ist er zur Tür hereingekommen, ist es, als säusle dieses Möbel: „Setz dich zu mir, mach’s dir in mir bequem." Ihr Mann fällt darauf herein, wie Odysseus auf die Sirenen, und lässt sich hineinfallen, um sich den restlichen Abend nicht mehr aus ihm zu erheben.

    Wann sind sie denn das letzte Mal über den Ku’damm gebummelt? Haben sich in ein Café gesetzt, miteinander geredet oder schweigend den Menschen nachgeschaut, die mit bunten Tüten bepackt vorüberzogen? Es muss Jahre her sein. Sie kann sich nicht erinnern. Ein Kino- oder Konzertbesuch? Kommt nicht in Frage. Der Sessel hat die Übermacht. Er ist wichtiger.

    Sie überlegt fieberhaft. Was braucht eine Frau, die ihrem Mann auf die Schliche gekommen ist und deren aufkeimender Verdacht, dass er tatsächlich eine Geliebte hat, sich auf so dermaßen dämliche Art und Weise auch noch bestätigt? Sie braucht jetzt erst mal eine Freundin. Doch wer käme da in Frage? Denn jeder Mensch hat ja die unterschiedlichsten Arten von Freundschaften. Da gibt es die Langjährigen, manchmal sogar noch aus dem Sandkasten. Es gibt Freundinnen für Unternehmungen. Oder Freundinnen gegen Wut und Frust. Es gibt wieder andere, die Nachrichten an den gewünschten Stellen platzieren, also eher die Nachrichtenfreundinnen. Susanne aber braucht jetzt eine, auf die sie sich hundertprozentig verlassen kann. Sie entscheidet sich für Lena Bremer. Die ist immer da, wenn Hilfe nötig ist. Auf ihre Verschwiegenheit kann sie zählen. Susanne beschließt sie anzurufen.

    „Hi, ich bin es", begrüßt sie wenig später ihre Freundin mit matter Stimme.

    „Tachchen, Frau Kramer. Was für eine nette Überraschung! Was verschafft mir denn die Ehre am frühen Abend?"

    „Ach, eigentlich was nicht ganz so Erfreuliches. Halt dich am besten fest: Mein Mann hat eine Geliebte", fällt sie gleich mit der Tür ins Haus.

    Sekundenlanges, betretenes Schweigen. Dann ein lang gezogenes „Waaassss? Bist du sicher? Ganz sicher?" und mindestens hundert Fragezeichen schwirren durch die Luft.

    „Ja, ich bin mir sicher", bekräftigt sie. Sprachlosigkeit am anderen Ende.

    „Das hätte ich ihm nie zugetraut, niemals von ihm gedacht!", sagt Lena schließlich fassungslos.

    „Aber ich rufe noch aus einem anderen Grund an. Kannst Du mir für den Fall der Fälle für heute ein Alibi geben? Ich meine, wenn er irgendwie durch Zufall danach fragen sollte, dann sag einfach, wir waren zusammen essen. Okay?"

    Susanne bittet sie darum, obwohl sie weiß, dass ihre Freundin Lena es mit Daten nicht so hat. Schon so einige Male hat sie Einladungen vergessen. Aber jeder hat eben so seine Macken und trotzdem vertraut sie Lena.

    „Und was soll das, was willst du jetzt tun?", wispert Lena.

    „Das erkläre ich dir ein anderes Mal, lass uns morgen vielleicht mal in Ruhe telefonieren. Ich muss jetzt los", antwortet Susanne mechanisch.

    „Aber bitte erklär mir doch noch schnell …", hört sie noch die leiser werdende Stimme ihrer Freundin, während sie schon den Hörer vom Ohr nimmt, um die Austaste zu drücken.

    Ja, was will sie tun? Das weiß sie in diesem Moment selbst noch nicht so genau.

    Kapitel 2 Detektivspiel

    Susanne hat den Entschluss gefasst, ihrem Mann nachzufahren. Sie weiß, wo er sich in diesem Moment aufhält oder zumindest aufhalten sollte. Er ist, wie jeden Freitagabend, bei seinem Männerabend. Sie weiß auch, wo er für gewöhnlich danach noch hingeht, weiß aber nicht, ob er seine Pläne nicht doch geändert hat oder vielleicht spontan ändern wird. Sie fährt einfach los und muss ihre Gedanken auf die Straße zwingen. Diese Nacht ist dunkel und regnerisch. Der nasse Asphalt spiegelt die Schwärze wider. Fußgänger in dunkler Kleidung laufen, ohne sich umzusehen, über die Straße. Immer und immer wieder kreisen die Gedanken um ihre Entdeckung in ihrem Kopf herum.

    Ja, natürlich, er kann sehr charmant und liebevoll sein, sonst hätte sie ihn schließlich nicht geheiratet. Aber rein optisch betrachtet? Inzwischen? Nein! Da gibt es besser geformte Körper. Sie weiß, dass es Probleme in ihrer Ehe gab und immer noch gibt. Probleme, wie sie bei unendlich vielen anderen Paaren auch existieren: Geld, Sex, Eintönigkeit des Alltags, Fremdgehen. Okay, wegen einer Infektion hatten sie seit drei Monaten keinen Sex. Aber das war offenbar nicht ihr Verschulden. Ärger kommt hoch. Warum gleich so ein großes Ding, warum nicht nur so eine kleine Affäre, die er ordentlich vor ihr verheimlicht? Warum tut er ihr und seinen Kindern das an?

    Als sie ihr Ziel erreicht und das Auto schräg gegenüber vom Eingang geparkt hat, fragt sie sich, wie sie es geschafft hat, ohne Unfall dort anzukommen. Es ist kalt, sie fröstelt. Kein Wunder, es ist ja auch Mitte November, was aber nicht der einzige, eisige Grund ist. Sie wartet. Im Radio gibt eine Wahrsagerin den Zuhörern Ratschläge für die Zukunft. Klingt irgendwie immer gleich, dennoch tippt Susanne die angesagte Telefonnummer in ihr Handy. Es klingelt. Jemand nimmt ab. Man rufe zurück, hört sie. Verdammt! Jetzt hätte sie Hilfe, jetzt hätte sie jemanden zum Reden gebraucht. Als man sie Tage später zurückruft, braucht sie keinen Rat mehr aus den Karten.

    Jeder wird sich fragen, wieso sie ihn, diesen Verräter, nicht einfach in die Wüste schickt. Oder verpackt und mit Schleife dekoriert bei der Anderen abgibt. Aber sie gibt zu, sie verliert nicht gern. Schon gar nicht so. Sie sitzt immer noch im Auto. Damit ihr die Wärme nicht ganz verloren geht, fährt sie von Zeit zu Zeit um den Block. Sie ist nicht besonders geeignet, ihrem Mann nachzuspionieren, und schilt sich selbst eine dumme Kuh. Die Zeit will und will nicht vergehen, egal wie oft sie auch noch auf ihre Uhr schauen mag. Wieder holen sie ihre Gedanken ein.

    Sie, die Andere, sieht ihn doch nur, wenn er sich fein rausgeputzt hat. Dann hat er gute Laune, und ein jugendliches Grinsen sitzt schelmisch auf seinem Gesicht. Zugegeben, von vorn im Gesicht sieht er noch ganz attraktiv aus, insbesondere wenn er kurze, ganz kurze Haare hat, so wie Susanne sie ihm gern schneidet. Warum ist ihr eigentlich die Schere nie ausgerutscht? Er hat, im Gegensatz zu ihr, die magische Grenze von fünfzig Jahren inzwischen überschritten.

    Die Geliebte trifft ihn geschniegelt und gebürstet, mit beschwingtem Gang. Sie sieht ihn nicht, wenn er morgens neben ihr aufwacht, später dann, am ganzen Körper steif vom sich nun doch bemerkbar machenden Alter, die Treppe hinunter¬ hinkt. Denn das jugendlich-schwungvolle Hinunterschreiten hat sich in den letzten Jahren eher in schwerfälliges Schleichen verwandelt. Sie sieht auch nicht seine Wäsche mit den Spuren des vergangenen Tages und der letzten Nacht. Nein, sie sieht ihn frisch geduscht, vor allem in einem frisch gewaschenen Slip. Vielleicht trägt er sogar für sie den String, den Susanne ihm gekauft hat, um ihr eigenes Sexleben ein wenig anzuheizen? Irgendwann war er plötzlich aus seiner Schublade verschwunden. Ob die Andere ihn als Trophäe behalten hat?

    Wie kann sie nur so albern sein, ihrem Mann hinterherzufahren? Was bringt es ihr? Hierzu gibt es schließlich Detekteien, die sich auf den Nachweis von Untreue spezialisiert haben. Nein, das ist nicht ihr Ding. Was hat sie davon zu wissen, ob er sich mit der Anderen hinterher noch trifft? Sie überlegt hin und her, schimpft sich erneut eine dumme Kuh, harrt aber aus.

    Sie stellt sich vor, wie das so wäre, wenn die Andere nach drei Monaten des Zusammenlebens feststellt, dass der vermeintliche Haupttreffer leider doch eine ziemliche Niete ist. Sie weiß doch gar nicht, ob Susanne sich vielleicht nicht schon lange von ihm scheiden lassen will und es lediglich aus rein finanziellen Erwägungen noch nicht getan hat. Eins ist sicher, wie es auch ausgehen mag: Wenn er einmal fort ist, wird sie ihn nicht zurücknehmen, selbst dann nicht, wenn er eines Tages im Rollstuhl sitzend vor ihre Tür geschoben werden sollte. Nein, danke!

    Bis du, liebe Dazu – sie nennt die Andere jetzt Dazu – erkennst, dass du keinen Haupttreffer gelandet hast, wird eure Beziehung schon abgekühlt sein und der ganze frische „Darling-Effekt" weicht mit einem Schlag dem Einerlei des Alltags:

    Dazu: Hi Darling, ich freue mich wieder ganz, ganz, ganz schrecklich auf dich.

    Viel Liebe, viele Küsse, viele Knutscher, viele Streichler viele Krauler ...

    Das ist dann mit einem Schlag dahin und sie wird überlegen, wie sie ihn wieder loswerden kann. Vergiss nicht, Dazu: Umtausch ausgeschlossen!

    Ach, und seine neue Geliebte möchte, dass er endlich aufhört zu rauchen. Daran arbeitet sie ausdauernd und nachdrücklich. Sie lässt keine Gelegenheit aus, ihn daran zu erinnern. Susanne bezweifelt jedoch stark, dass er ihr zuliebe mit dem Rauchen aufhören wird. Und schon gar nicht zum neuen Jahr als guten Vorsatz. Das gelingt nie und nimmer. Falls doch, wäre der Punkt gekommen, an dem sich Susanne wirklich langsam ernsthafte Sorgen um ihre Ehe machen müsste.

    Ach ja, das fällt ihr auch noch ein: Das gemeinsame Schlafengehen ist auch so eine Sache … Er ist inzwischen zum absoluten Nachtmenschen mutiert. Susanne dagegen ist das unermüdliche Stehaufmännchen der Familie. Seit unzähligen Jahren weckt sie morgens als Erste die gemeinsamen Kinder, versorgt sie mit Frühstück und Pausenbrot, erträgt ihre Launen. Da sie viel früher aus den Federn steigt, ist sie natürlich auch früher müde und geht zwei Stunden eher schlafen als ihr Mann. Wie soll man da noch zusammenkommen? Sein schlechtes Gewissen lässt es wohl seit Monaten nicht zu, gleichzeitig mit ihr und Dazu Sex zu haben. Ihm ist es ganz recht, dass Susanne eher ins Bett geht, denn sonst könnte ja als schwacher Mann von seiner Frau verführt werden, und dann würde er sie, seine Geliebte, ebenso wie seine Frau betrügen. Welch‘ eine Schande! Er wird, wie die meisten Fremdgänger, Dazu vorgejammert haben, wie unerfüllt sein Sexleben doch sei. Das weiß Susanne sicher. Ob Dazu bedenkt, dass ihres auch nicht besser war? Es macht nicht viel Spaß mit einem Mann im Bett, der sich ungepflegt zeigt! Und dann diese blöde Pilzinfektion. Wo hatte er sich die noch mal eingefangen? Vielleicht sogar bei noch einer anderen?

    Denn er hat ja noch eine andere neben Dazu, ohne dass diese davon weiß. Jawohl, noch eine, sozusagen eine Dazu-Dazu. Das wird ihr jetzt erst so richtig klar, wenn sie die vorgefundenen E-Mails alle richtig deutet. Da gab es noch einen Unterordner namens Dazu-Dazu. Und der bezog sich eindeutig auf andere Situationen. Jetzt versteht sie es erst. Sie muss lachen, schallend lachen, hier allein im kalten Auto, als Laiendetektivin, zu der sie sich nicht wirklich eignet.

    Wen betrügt er nun? Betrügt er Susanne oder Dazu oder sie beide mit einer Dritten im Bunde? Es handelt sich bei Dazu-Dazu wohl um so etwas wie eine verflossene Geliebte, zu der er noch locker Kontakt hält für das ein oder andere Stelldichein. Susanne ist ja nicht mehr so naiv anzunehmen, dass Dazu und die davor die einzigen sind oder waren, mit denen er sie betrogen hat und immer noch betrügt. Fragt sich nur, wann er damit angefangen hat. Doch ist das wichtig? Es schmerzt. So oder so! Wenn Dazu das wüsste! Soll Susanne es ihr vielleicht jetzt schon mitteilen?

    Endlich strömen Scharen von Männern aus dem Haus, An seinem Körperbau erkennt sie den ihren mühelos. Er steigt in das Auto eines Mitstreiters, um noch eben jene Kneipe anzusteuern, wo der Abend regelmäßig seinen Ausklang findet. Sie ist sich sicher, dass er zumindest darüber nachdenkt noch zu Dazu zu fahren, einzig, wie soll er es seinen Kumpels erklären, dass er schon nach Hause fahren möchte, ohne dass das dann bei Susanne breitgetreten wird? Sie reibt ihre eiskalten Finger aneinander. Nein, Detektivarbeit ist wirklich nicht ihr Ding. Das war das erste und das letzte Mal, dass sie das getan hat. Es muss doch einen anderen Weg geben, ihren Mann zu kontrollieren. In flagranti wollte sie das Paar ohnehin nicht ertappen. Noch nicht jedenfalls. Diese Option hält sie sich noch offen, für später vielleicht.

    Susanne hat es satt, im Auto zu warten, und überlegt, wie sie ihm stattdessen ein mögliches Rendezvous vermiesen könnte. Obwohl sie keine Sorge haben müsste, denn an einem reinen Männerabend fließt reichlich Alkohol. Es sei denn, er sich bis jetzt zurückgehalten und nichts getrunken. Trotzdem wäre es nicht allzu einfach, Dazu noch einen Besuch abzustatten. Er müsste immerhin erst nach Hause fahren, um das Auto zu holen, für ein Taxi ist er zu geizig. Nichts zu trinken, wenn die Gelegenheit da ist, das traut sie ihm auch nicht zu, allerdings fährt

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