Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Der Steinzeitmensch
Der Steinzeitmensch
Der Steinzeitmensch
eBook249 Seiten3 Stunden

Der Steinzeitmensch

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der erste Arbeitstag nach den Ferien von Jürgen Köhler, Chefredakteur einer großen Tageszeitung beginnt mit einem hartnäckigen Anrufer. Bei einem Treffen stellt sich der korpulente Anrufer als ein Mensch vor, dessen Geist über hunderttausend Jahre alt sein soll. Der Unbekannte setzt Köhler unter Druck. Er behauptet von geheimnisvollen und verschollenen Altertümern zu wissen. Seine kühnen Behauptungen lassen sich nur durch umfangreiche Ausgrabungen beweisen. Eine Expertenrunde verblüfft er mit exzellenten Sprachkenntnissen von Latein und Altfranzösisch. Er könnte berühmt werden.
Doch der Mann möchte anonym bleiben und hat nur ein einziges Ziel: Er möchte im weltweiten Fernsehen eine Botschaft verbreiten...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum4. März 2012
ISBN9783844219654
Der Steinzeitmensch

Mehr von Christian Manhart lesen

Ähnlich wie Der Steinzeitmensch

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Der Steinzeitmensch

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Der Steinzeitmensch - Christian Manhart

    Ekke

    Das Internet ist das Tollste was es gibt. Soviel steht fest. Eine Errungenschaft der Menschen die alles andere in den Schatten stellt. Ohne seinen Arsch aus dem Haus zu bewegen kommt man an alle nur denkbare Informationen dieser Welt. Das ist einfach nur Phantastisch.

    Ekke sitzt vor seinem Bildschirm und macht sich Notizen. Ein richtig kleines Büchlein hat er schon voll gekritzelt. Trotz dieses Mediums Internet, ohne sich wichtige Dinge auf zu schreiben kommt man auch weiterhin nicht aus.

    Er starrt auf den Monitor. Virtuos klappern seine kurzen dicken Finger über die abgegriffene Tastatur. Die Tasten glänzen bereits und bei den am meisten benützten Buchstaben beginnt sich bereits der Aufdruck zu lösen. Ekke bemerkt das gar nicht. Es ist ihm auch egal. Den PC braucht er sowieso bald nicht mehr. Schließlich hat er noch zwei fast neue Laptops herum stehen. Zufrieden grinst er den Bildschirm an und rutscht nach vorne. Er klopft mit der flachen Hand auf den Tisch und murmelt ein ‚So’. Mit einem Ruck steht er auf und trabt gut gelaunt in seine Küche. Die Uhrzeit verlangt jetzt zwingend nach einem Weißbier.

    Ah, wie das duftet. Genüsslich zieht er den Duft des frisch eingeschenkten Gebräus ein. Eine wunderbare Sache so ein Hefeweißbier. Er nuschelt seinen Mund in den Schaum und nimmt einen kräftigen Schluck. Danach leckt er sich den Schaum von den Lippen. Mit dem Bier in der Hand nimmt er wieder vor seinem Computer Platz. Mit der freien Hand schiebt er den Berg an Zetteln, der sich bei ihm immer ansammelt beiseite. Alkohol spielt im Leben von Ekkehard Erhard normalerweise eine ziemlich untergeordnete Rolle. Doch so ein oder zwei Weißbier zur rechten Zeit, da kann er einfach nicht Nein sagen. Und so vor dem Abendessen eines von diesen süffigen bayerischen Weißbieren, das ist einfach sehr bekömmlich. Seine Mutter pflegte immer zu sagen: „Eine Suppe bereitet den Magen vor." Ekke hat die Suppe kurzerhand durch Weißbier ersetzt. Ekke ist zudem kein ausgewiesener Freund von Suppen.

    Ekke ist sehr überzeugt von sich. Deshalb hat er sich einen, wie er selber meint, raffinierten Plan ausgedacht. Einen so genannten Masterplan. Seit nunmehr gut zwei Jahren bastelt er bereits an seinem Vorhaben. Es ist wichtig für ihn. Sehr wichtig. Dieser Plan ist sein Lebensinhalt geworden. Das Beste daran ist: Er tut es nicht mal freiwillig. Ekke kann nicht anders. Er glaubt, er ist dazu auserwählt. Er tut es nicht für sich sondern für alle Menschen. Ekke ist daher mit Abstand der sozialste Mensch den es gibt. Das glaubt er von sich selber. Denn der völlig unscheinbare, übergewichtige, alles in Allem ein wenig ungepflegt wirkende Ekke, ist ein ganz besonderer Mensch. Der ungepflegte Eindruck entsteht aber nur dadurch, weil seine Kleidung größtenteils uralt ist und aus den Siebziger und Achtziger Jahren stammt. Aber für ihn tut das nichts zur Sache. Er hat genug zu tun. Kleidung kaufen, dafür hat er keine Lust. Er selbst hat lange Zeit darüber gegrübelt, ob es wohl noch andere wie ihn auf dieser Erde gibt. Schon seit Jahren beobachtet er deshalb viele seiner Mitmenschen draußen mit einer gesunden Portion Skepsis. Es könnte ja einer wie er dahinter stecken. Doch umso älter er wird, um so weniger glaubt er daran, noch so Jemanden wie er selbst ist, zu finden. Ekke hält sich selber nicht nur für hochintelligent. Nein, Ekke weiß noch viel mehr. Mehr als tausend Menschen zusammen wissen können. Klar ist, ausgestattet mit dieser Intelligenz, mit diesen Fähigkeiten wie er sie besitzt, geht man nicht hausieren. Da hält man schön brav sein vorlautes Maul. Wenn man nämlich auffällt mit seiner Klugscheißerei, passiert folgendes: Niemand möchte so richtig mehr etwas mit Einem zu tun haben. Die Menschen bekommen Angst vor dir, wenn du zuviel weißt. Sie werden unsicher. Feinde kann er nicht gebrauchen. Deshalb hat Ekke schon sehr früh für sich beschlossen, besser sein Maul zu halten, als sich unnötig unbeliebt zu machen. Das hat schon begonnen als er noch in der Schule war. Einer wie er, hat es von Natur aus nicht leicht von allen akzeptiert zu werden. Hässlich und dick, wie er sich fühlt.

    Aber die Geschehnisse auf der Welt haben sich in unglaublicher Geschwindigkeit dramatisiert. Die Zeit ist einfach reif geworden zum handeln. Überreif. Und da muss er seine eigenen Interessen eben zurückstecken. Für das Große Ganze ist man halt gezwungen Opfer zu bringen.

    Es ist ihm dann endgültig klar geworden, dass sich auf dieser Welt etwas ändern musste, und zwar jetzt. Er fühlte es und fühlt es immer noch, dass er der Einzige ist, der in der Lage ist, dies zu bewerkstelligen. So setzte er alles daran, einen Plan zu entwickeln, wie er die Welt ändern wollte. Das würde nicht einfach werden. Doch mit seinen Kenntnissen und seinem unerschöpflichen Wissen ist er förmlich dazu auserkoren die Menschheit zu retten. Wer sonst außer ihm?

    Ekke hat viel und lange nachgedacht. Gut, es klingt verrückt. Aber wenn man genau hinsieht, womöglich war sogar Jesus so einer wie er. Von Gott höchstpersönlich eingesetzt, die Menschen zu retten. Ihnen Halt und Zukunft zu geben. Eine Richtung aufzeigen. Die richtige Wegweisung. Die, welche die Natur vorgibt. Solche Menschen wie Jesus tauchten in der Geschichte schließlich immer wieder auf. In allen Kulturen. Zugegeben, der Vergleich hinkt nicht nur ein bisschen. Für Jesus, Gottes Sohn, hält sich Ekke bestimmt nicht. Sein Persönlichkeitsprofil würde nicht so in die eines Heilands und Religionsverkünders passen. Sein bisher geführter Lebensstil ebenfalls nicht. Ein Vorbild ist Ekke nicht gerade. Vor allem seine Gedankenwelt taugt nicht als Spende edler Weisheiten. Und doch sieht er genau diese Parallelen zu einem wahren Propheten. Dieser Gott muss sich doch was dabei gedacht haben, ihn, den dicken Ekke mit einem solchen Auftrag zu versehen. Klar ist, auch ein moderner Jesus müsste sich auch den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen, will er denn etwas erreichen. Bei dem Gedanke, er könnte tatsächlich so etwas wie Jesus sein, mit einem ähnlichen Auftrag ausgestattet, da stellen sich bei Ekke regelmäßig die Nackenhaare auf und es läuft ihm kalt den Rücken herunter. Gigantisch. Er denkt lieber nicht an solche Dimensionen. Das wäre dann doch zu eitel und vermessen.

    Schnell nimmt er einen kräftigen Schluck von seinem Weißbier.

    Doch das Gefühl etwas tun zu müssen, wurde in den letzten Jahren immer stärker in ihm. Es begann ihn richtiggehend zu beherrschen. Um diesen inneren Antrieb nachzugehen, blieb im nichts anderes übrig und er kündigte seinen Job als Fluglotse. Fortan verbrachte er seine Zeit damit, sich seinem Weltrettungsplan für die Menschheit zu widmen.

    Finanziell ist es für ihn kein Problem. Er braucht nicht zu arbeiten. Geldquellen und Erspartes hat er genug. Seine vor wenigen Jahren verstorbenen Eltern haben ihm genügend Geld hinterlassen um eine ganze Weile richtig gut damit leben zu können. Er selber hat in seinem Arbeitsleben auch gut verdient und verhältnismäßig wenig davon ausgegeben. Denn Ekke ist in keinerlei Hinsicht geldgeil.

    Nein, ihm genügt es gut und viel zu essen. Für alle anderen materialistischen teuren Hobbys, wie Autos oder teure Markenklamotten hat er nichts übrig.

    Als eine lohnende Geldquelle hatte sich auch das Internet erwiesen. So entwickelte Ekke eine lukrative Nebenbeschäftigung: Den regen und schwunghaften Handel mit Antiquitäten aller Art. Ebay hat Anfang des Einundzwanzigsten Jahrhunderts einen richtigen Schub ausgelöst. Alles lässt sich problemlos verticken. Es gibt nahezu nichts, was es nicht zu ersteigern gibt. Und das weltweit und absolut anonym. Über diese Ebay Versteigerungen ist auch ein hübsches Sümmchen zusammengekommen. Steuer- und Abgabenfrei.

    Dieses ausgeprägte Interesse für Antiquitäten und ausrangierte Alltagsgegenstände konnte er sich lange nicht erklären. Ekke ist fasziniert von der Patina alter Gebrauchsgegenstände.

    Die Vorstellung dass ein Werkzeug oder ein Kleidungsstück jahrzehntelang von der ein und selben Person benutzt wurde, zieht ihn magisch an. Bei einem alten Besteckteil oder einer Taschenuhr sind seine Empfindungen besonders kräftig. Beim Betrachten und Berühren führen ihn seine Gedanken in eine längst vergangene Zeit. In die Zeit des Benutzers und Besitzers.

    Er kann die Hand sehen und spüren, welche das Besteck geführt hat. Oder liebevoll über das Zifferblatt der Uhr gestrichen und sie aufgezogen hat.

    Schon früh, als Kind hatte er sich für die Vergangenheit interessiert. Diese besondere Vorliebe für abgelegte Dinge der Menschen entwickelt. Seine Eltern und Großeltern hat er gerade zu gelöchert mit den absonderlichsten Fragen. Alte Menschen lieben es über ihr Leben zu sprechen. So erfuhr er vieles, das eben nicht in den Geschichtsbüchern steht. Augenzeugenberichte sind viel eindrucksvoller als Bücher oder Filme und Fotos. Aber diese Neigung blieb für ihn immer unerklärliches Phänomen. Ohne es zu wollen, entwickelte sich diese harmlose Spinnerei unaufhaltsam zu einem richtigen Tick.

    Mit Entsetzen musste er deshalb als Jugendlicher mit ansehen, wie seine Eltern das Haus von den Spuren seiner Großeltern säuberten. Sie warfen rücksichtslos alles weg. Wenn es nach Ekke gegangen wäre, er hätte die Einliegerwohnung seiner Großeltern versiegelt und alles so gelassen wie es war. Er stellte es sich auch heute noch so vor, ab und zu in dieser Wohnung einen Nachmittag zu verbringen und den Geruch, die Atmosphäre einzuatmen, Dinge zu berühren und die Vergangenheit auf sich wirken zu lassen. Wie es wohl wäre sich in den Sessel seines Großvaters zu setzen und sich vorzustellen mit welchen Augen dieser die Welt gesehen hat. So aber haben seine Eltern alles vernichtet.

    Er hatte damals nachts lange geweint und war sehr traurig über die herzlose Art seiner Eltern. Für ihn ein nicht zu ersetzender Verlust. Den Blick in die Vergangenheit der Familie haben seine Eltern ausgelöscht. Trotzdem machte er ihnen keine Vorwürfe. Sie wussten damals nichts von der Wichtigkeit seiner Passion. Es war auch besser so. Niemand durfte er von diesen ungewöhnlichen Neigungen zu erzählen. Vielleicht hätte seine Mutter noch Verständnis gehabt, aber alles in allem waren seine Eltern eben Pragmatiker.

    Später, als er ausgezogen war, hatte er viele solcher abgelegter Sachen aufgespürt und sich in aller Ruhe eingehend damit beschäftigt. Er entwickelte ein richtiges Hobby darin, von Menschen lange Zeit berührte Gegenstände auf sich wirken zu lassen. Wie ein Magier versuchte er sich in die Welt des ehemaligen Besitzers zu versetzen. Doch seine Ergebnisse waren zum größten Teil unbrauchbare momentane Eindrücke. Sie ließen sich nicht wiederholen oder konservieren.

    Er begann vor einigen Jahren richtig verbissen zu suchen. Einzig zu diesem Zweck stehen im Keller, der zu seiner Wohnung gehört, zwei der modernsten Metallsuchgeräte die es zu kaufen gibt. Ekke hat sich bestens informiert. Er kennt Plätze und Orte wo es sich lohnt zu suchen. Ekke hat so vieles gefunden. Sogar richtig interessante Fundstücke hat er damit aufgespürt. Professionelle Schatzsuche ist zwar in fast allen Ländern Europas verboten. Für Ekke galt und gilt daher im Zusammenhang mit seinen Suchgeräten das berühmte elfte Gebot: Bloß nicht erwischen lassen!

    So vieles das er gefunden hatte, kam ihm unendlich vertraut vor. Als er hätte er mit den Gegenständen ein Leben lang zu tun gehabt. Erst im fortgesetzten Alter hat er die richtigen Schlüsse aus dieser Vertrautheit gezogen. Und vor zwei Jahren hat es dann ‚Klick’ gemacht. Da hat er plötzlich gewusst, wer er in Wirklichkeit ist. Dieses Klick, dieses Wissen hat ihn nachhaltig verändert. Diese ungeheure Klarheit. Als hätte sich ein Vorhang beiseite geschoben und ihm den Blick auf das Ganze, auf das Wesentliche ermöglicht. Danach war alles anders. Er musste unbedingt handeln. Er ist schließlich der Einzige. Der Auserwählte.

    Natürlich hatte er gerne als Fluglotse weitergearbeitet. Die Wochenarbeitszeiten sind mit rund 30 Stunden ausgesprochen angenehm. Da blieb ungeheuer viel Zeit für seine anderen Aktivitäten. Der für viele anstrengende Schichtdienst juckte Ekke auch nicht im Geringsten. Schließlich ist er weitgehend ungebunden. Ekke braucht keinen direkten geregelten Tagesablauf. Essen kann er eigentlich immer. Schlafen auch. Es stört ihn nicht im Geringsten lange wach zu bleiben. Wenn er müde ist, legt er sich drei vier Stunden ins Bett und danach ist er wieder topfit. Alles eine Sache der inneren Mentalität.

    Geheiratet hat Ekke nie. Wobei nie, nicht ganz der Wahrheit entspricht. Ekke ist schon verheiratet. Aber für Ekke hat diese Ehe nur einen sehr praktischen Zweck. Aus gutem Grund.

    Schon immer hatte er ein Faible für besonders junge und besonders zierliche Mädchen und Frauen gehabt.

    Er steht noch mal auf und geht zurück in den Gang. Vor dem Spiegel betrachtet er sich ausgiebig. Was er sieht gefällt ihm überhaupt nicht. Er ist viel zu dick und für seine edlen ästhetischen Begriffe und Vorstellungen eines Menschen unsympathisch und hässlich. Er mag diesen fetten Kopf mit dem Doppelkinn und den aufgeblähten schwammigen Körper nicht. Er hat ihn nie gemocht. Ekke ist jetzt 49 Jahre alt. Seine weißliche, blasse Haut ist mit Leberflecken übersät. Große und kleine. Erhabene und flache. Alles dabei. Keines seiner Körperteile ist davon ausgenommen. Und ohne zu übertreiben hat Ekke das Gefühl dass diese Flecken immer mehr werden, je älter er wird. Sein dunkelbraunes, mehr ins kupferfarben gehende Haar ist auch immer weniger geworden. Wenn es so weitergeht ist davon nur noch ein spärlicher Kranz davon übrig. Und das Schlimmste findet Ekke ist die Tatsache, dass auf den freiwerdenden Stellen weitere unzählige Leberflecken zum Vorschein kommen. Aber es ist nicht alles schlecht an diesem Körper. Seine Augen zum Beispiel. Ekke braucht keine Brille. Oder seine, trotz der Leibesfülle Gelenkig- und Fingerfertigkeit. Aber das Beste ist seine Männlichkeit und seine Potenz. Er könnte immer und jederzeit. Das hat auch nicht nachgelassen mit den Jahren.

    Leider hat Ekke mit den Mädchen und Frauen so seine Probleme gehabt. Immer schon. Wenn die gewusst hätten, was sie verpasst haben. Verstärkt haben sich diese Schwierigkeiten seit der Pubertät. Mädchen die ihm gefallen hätten, haben ihn nicht mal mit dem Arsch angeschaut. Und solche, die von ihm etwas wissen wollten, waren immer genauso hässlich und fett wie er selber. Schließlich war er schon sein ganzes Leben lang fett und hässlich und ja, es stimmt schon: auch noch rothaarig. Schon in der Schule wurde er deswegen gehänselt. Erst später, als er die anderen mit seinen Wissen und Fähigkeiten in die Tasche schob, nahmen die Anfeindungen ab. Doch die Anfeindung wich der Ignoranz. Leider wurden dadurch seine spärlichen Freundschaften auch noch weniger. So richtig wollte niemand etwas mit ihm zu tun haben, geschweige den richtig befreundet sein. Freunde, also richtige Freunde hat Ekke nie besessen. Als Kind und Jugendlicher ging er trotzdem dahin wo alle anderen auch hingingen. Er wollte dazu gehören. Seine Anwesenheit wurde zwar meist akzeptiert. Er war aber immer isoliert. Wie ein Fremdkörper. Er stand oder saß dabei, wie ein uninteressantes Möbelstück.

    Wenn er irgendwo uneingeladen auftauchte, denn Ekke wurde explizit nirgendwo bewusst eingeladen, begrüßten sie ihn zwar, aber er spürte es, dass ihn so richtig keiner dabei haben wollte. Ekke war und ist sein Leben lang ein Außenseiter gewesen.

    Aber Gott sei Dank bot das moderne Leben in dieser zusammengewachsenen globalen Welt für solche wie ihn, Lösungen an, die früher undenkbar waren.

    So eine dieser maßgenauen modernen Lösungen befindet sich momentan in seinem Schlafzimmer und bügelt seine Hemden.

    Khem heißt seine persönliche Lösung für gescheiterte weibliche Beziehungen. Sie ist aus Thailand und seit einem halben Jahr bei ihm. Er hatte sie sich aus einem Internetkatalog ausgesucht. Er hat ihr versprochen sie zu heiraten. Um sie nach Deutschland zu bekommen, ist er nach Thailand geflogen und hat sie dort pro forma geehelicht. Für ihn hat diese Ehe natürlich keinerlei Bedeutung. Sobald Khem auch nur einen unrechten Pieps von sich gibt, wird Ekke die Ehe augenblicklich annullieren lassen.

    In den vorglobalisierten Zeiten hätte er nie und nimmer so ein hübsches Mädchen heiraten können. Und ins Bett wären sie mit ihm nur gegen Bezahlung gegangen. Vermutlich hätte er sich in irgendeinem Puff dumm und dämlich gezahlt. Oder gewichst bis ihm die Hände abgefallen wären. Aber das braucht er alles nicht zu tun, dank der schönen neuen Welt mit ihren unbegrenzten Möglichkeiten.

    Khem ist unwahrscheinlich zierlich, fast wie ein Kind. Genau das, was er so gerne hat. Sie ist, wie Ekke findet, sehr hübsch. Wie alle diese sehr jungen Asiatinnen ist ihr Alter schwer zu schätzen. Je nachdem wie Ekke verlangt, dass sie sich anzieht und sich für ihn herrichtet, sieht sie aus wie 16 oder auch so um die Anfang zwanzig. In Wahrheit steht sie kurz vor ihrem 22. Geburtstag.

    Einen kleinen unangenehmen Makel hat Khem trotzdem. Genau weiß es Ekke nicht, aber er kann eins und eins zusammenzählen. Khem wurde wahrscheinlich schon sehr jung in ein Bordell gesteckt. Denn Khem sind keine sexuellen Schweinereien fremd. Sie kennt sich unheimlich gut aus. Reden mag sie nicht darüber. Aber zu allem Unglück hat ihr in Thailand irgendein europäisches oder amerikanisches Arschloch bereits ein Kind angedreht. Sie liegt ihm ständig in den Ohren, den kleinen Balg, der bald drei wird, nach Deutschland zu holen.

    Doch Ekke hat überhaupt kein Interesse an einer solchen Familienzusammenführung. Das Kind von einem frustrierten abgefuckten Perversling wird er sicher nicht mit aufziehen. Ehe ihm die Sache zu blöd wird, und Khem mit ihrem Bastard zu nerven beginnt, kauft er ihr ein Oneway-Ticket nach Hause. Es gibt schließlich unzählige wie Khem. Die Kataloge und einschlägigen Börsen sind voll von ihnen. Ein paar Tausender und schon ist sie ausgewechselt. So einfach ist das.

    Khem lebt bei ihm wie eine moderne Sklavin. Sie ist vollständig von ihm abhängig. Aber Ekke hat nicht den Eindruck dass sie irgendetwas nicht gerne tun würde. Sie hat sich jedenfalls noch nicht bei ihm beklagt. Sie kann hervorragend kochen, findet Ekke. Er mag das asiatische Essen. Es schmeckt ihm einfach. Vor allem wenn es mit einer gewissen Schärfe gewürzt ist. Warum er bei diesem schmackhaften und gesunden Essen immer noch so dick ist? Vielleicht liegt es an seiner Sucht ständig irgendetwas futtern zu müssen. Bei seiner Arbeit am Computer, fünf Marsriegel hintereinander und zwei Tüten scharfe Chips hineinzuschlingen, das ist normal bei ihm. Früher hat Ekke dazu noch Unmengen an Cola getrunken. Doch Cola schmeckt ihm nicht mehr. Ekke ist überzeugt davon, dass Coca Cola die Rezeptur geändert hat. Ekke trinkt jetzt neben Weißbier

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1