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Australien. Auswandern. Ausklamüsern.
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eBook190 Seiten2 Stunden

Australien. Auswandern. Ausklamüsern.

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Über dieses E-Book

Der Versuch, nach Australien auszuwandern, ist nicht Sonja´s einziges Problem. Die übliche Mittzwanziger-Selbstfindungskrise, gebündelt mit Liebes- und Freundschaftsdramen, macht ihr das Leben Down Under auch nicht gerade leicht und stellt all ihre Entscheidungen in Frage. Eine Geschichte über die Tücken des Arbeitens im Ausland, über Land und Leute Australiens und über das, was man sonst noch in seinen jungen Jahren erlebt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum2. Sept. 2016
ISBN9783738083194
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    Buchvorschau

    Australien. Auswandern. Ausklamüsern. - Stefanie Schelzig

    Contents

    PROLOG

    Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein wirklich glückliches Kind gewesen zu sein. Es ist nicht so, dass ich eine schlechte Kindheit hatte. Es gibt nur einfach keinen einzigen Moment in meinem Gedächtnis, in welchem ich mich, als ich klein war, konkret lachen sehe oder einfach nur gut fühle.

    Aber ich kann mich sehr genau daran erinnern, geweint zu haben, weil mein Bruder mich nicht mit zu seinen besten Kumpels mitnehmen wollte.

    Welcher 11-Jährige möchte seine fünf jährige, lästige Schwester mitnehmen, um sich mit seiner Truppe zu treffen? Ich hatte versprochen, kein Wort von mir zu geben. Ich hätte alles getan, nur um nicht alleine zu sein. Ein Gefühl, das ich heute noch in Mark und Bein spüre.

    Und wenn man so jung ist und Angst hat, zurückgelassen zu werden, was macht man sonst als weinen? Ich erinnere mich auch, von einem älteren Jungen in der Schulpause gehänselt worden zu sein und ihm gut ein paar Schläge verpasst zu haben, während mein Bruder ihn festhielt. In solchen Situationen konnte ich mich dann doch auf meinen großen Bruder verlassen.

    Aber ich war nicht wirklich stolz auf diesen Moment. Ich glaube, es war eher Angst und die musste irgendwie überwunden werden. Wenn man so viel kleiner war, wusste man sich einfach nicht anders zu helfen.Als Sechsjährige hat man noch nicht unbedingt das ausreichende Vokabular, um sich verbal zu verteidigen oder das Selbstbewusstsein, es abzuwinken und einfach weiter zu gehen. In dieser Zeit kam es auch einfach mal vor, dass man sich geprügelt hat, ohne dass jemand bis in die Ohnmacht geschlagen wurde oder Waffen benutzt wurden. Und dann war die Sache auch erledigt. Sowas wie mobbing und bullying gab es nicht. So gelangweilt oder

    unausgelastet waren die Kinder damals noch nicht und ein zu Hause war noch behütet. Und mein Bruder, der vernünftiger hätte reagieren können, wollte vermutlich einfach einem Zehnjährigen Rabauken zeigen, wie lahm es ist, ein kleines Mädchen anzugehen. Der Junge hat nach diesem Vorfall immer einen großen Bogen um mich gemacht, damit schien das wohl geklappt zu haben.

    Ich erinnere mich an ein paar Freunde, in der Regel hatte ich immer nur Einen nach dem Anderen, selten mehrere gleichzeitig. Aber war ich glücklich? Ich kann mich nicht erinnern.

    Sogar meine Eltern erzählen in der Regel meistens nur, wie nervig ich als Kind war. Wie ich, während wir Langlaufen waren, alle zwei Sekunden stehen bleiben musste, um den Schnee von meinen Skiern abzuwischen. Oder wie viel ich immer geschrien und geweint habe und meinen Bruder nie in Ruhe ließ.

    Nun ist mir doch eine Geschichte eingefallen, die einen schönen Moment in meiner Kindheit wiederspiegelt.

    Es war mein sechster Geburtstag und mein Vater hatte seit fast einem Jahr in Westdeutschland gelebt.

    Er hatte dort einen Job als Ringer-Trainer bekommen und war dabei, eine nette und geräumige Wohnung für uns alle zu finden.

    An diesem besagten Tag überraschte er mich, als er plötzlich in der Wohnung stand und ein Geschenk für mich in der Hand hielt. Es war bereits fünf Uhr nachmittags und ich hatte keine Ahnung, dass er kommen sollte. Ich war so überrascht wie vermutlich noch nie in meinem ganzen, kurzen Leben zuvor.

    Er hatte mir ein Barbie gekauft mit zwei blauen Kleidern. Sie hatte blonde, lockige Haare und man konnte ihre Arme und Beine verbiegen. Für ein ostdeutsches Mädel, welches bis dahin noch nie die andere Seite der Mauer gesehen hatte, war das wie ein Sechser im Lotto.

    Und während ich die meiste Zeit eher wie ein Junge war, fühlte ich mich zum ersten Mal wie ein richtiges Mädchen. Mein Vater war an diesem Tag mein Held.

    Ein paar Monate später fanden meine Eltern ein kleines Haus in einem kleinen Dorf in der Nähe der Stadt, in welcher mein Vater arbeitete. Näher als vorher zumindest.

    Kurzerhand wurden mein Bruder und ich in ein Ferienlager geschickt, so dass sich unsere Eltern während des Umzugs nicht um uns kümmern mussten und wir Spaß in den Sommerwochen hatten.

    Ich wusste schon, als sie uns dort ablieferten, dass es die Hölle werden würde. Am ersten Morgen wachte ich in einem Zimmer mit fünf anderen Mädchen auf, die mindestens drei Jahre älter waren als ich. Völlig verschlafen öffnete ich meine Augen und sah mich im Raum um. Außer meinem Doppelstockbett gab es noch zwei weitere, die jeweils links und rechts von meinem aufgestellt waren. Die anderen Mädchen wuselten schon putz munter im Raum herum, um sich für den Tag fertig zu machen. Überall lagen Klamotten auf dem Boden und der einzige Tisch im Raum war beladen mit Duschgelflaschen, Cremes und anderen Dingen, die man sonst in einem Bad vorfand.

    Während ich meine Augen so durch den Raum schweifen ließ, bemerkte ich plötzlich das Unglück, als ich das nasse Laken unter ihren Beinen spürte.

    In Sekundenschnelle beschloss ich, im Bett zu bleiben und einfach an diesem Morgen auf das Frühstück zu verzichten. So trotteten meine Zimmergenossinnen etwas verwundert ohne mich los.

    Kaum war die Luft rein und ich aus dem Bett gesprungen, um mich um mein Versehen zu kümmern, trat eine Gruppenleiterin in den Raum. Ihr war sofort klar, was mir zugestoßen war und nahm die Sache sofort in die Hand. Sie

    schickte mich zum Frühstücken und versprach mir, dass sie sich darum kümmern würde und ich mir keine Sorgen zu machen brauchte.

    Als wir nach einer Weile vom Frühstücken zurück kamen, lag die Matratze draußen vor der Tür in der Sonne, so dass das ganze Lager sehen konnte, was passiert war. Das war der schlimmste Moment in meiner ganzen Kindheit. Bis ich das Haus erreicht hatte, hatten sich all die älteren Kinder sich wundernd, kichernd und flüsternd um die Matratze versammelt und ich lief innerlich kochend einfach die Treppen hinauf und tat so, als würde ich mich ebenfalls fragen, was das sollte. Ich hatte mich noch nie so gedemütigt gefühlt. Wie konnte die Gruppenleiterin mir das antun? Erwachsene dachten manchmal einfach nicht darüber nach, dass sich Kinder auch schämen konnten.

    Ein paar Tage später schlug ich mich mit einem anderen Mädchen und machte ihre Brille kaputt. So war ich wie immer in Schwierigkeiten und nun waren es nur noch drei Wochen, die ich überstehen musste, mit einem Bruder, auf den ich definitiv nicht zählen konnte.

    Glücklicherweise fand ich nach diesen qualvollen Sommerferien ziemlich schnell einen neuen Freund in meiner neuen Klasse. Mika lebte zehn Minuten zu Fuß entfernt von meinem Haus. Ich glaube, es gab keinen Tag, an dem wir nicht miteinander Zeit verbracht haben.

    Eines Tages kam ich zu seinem Haus und er zeigte mir seine neue Schallplatte. Zum ersten Mal in meinem Leben hörte ich die Musik von Guns‘n Roses.

    Das war so anders, so viel besser als alles, was ich je zuvor gehört hatte. Ich war zwar noch sehr jung, aber ich wusste schon, wie gute Musik klang. Gut, das könnte dann noch ein schöner Moment in meiner Kindheit gewesen sein. Besonders war er definitiv.

    Ein halbes Jahr später musste ich wieder ein Mal von einem sehr engen Freund Abschied nehmen, denn wir zogen ein weiteres Mal um. Mika kam mich zwar ein paar Wochen später in unserem neuen Wohnort besuchen, aber auch das letzte Mal.

    Wieder ein neues Bett, ein neues Haus, ein neuer Garten, eine neue Stadt, eine neue Schule, eine neue Klasse, wieder neue Gesichter, andere Gesichter. Aber sie schienen alle ganz ok zu sein. Ich hatte definitiv mehr Freunde in dieser Zeit.

    Mein bester Kumpel Karl lebte auf der anderen Straßenseite in einer großen Gärtnerei. Mit seinen beiden besten Kumpels Leo und Stefan wurden wir eine ziemlich coole Gruppe, während wir so jeden Tag in der Gärtnerei auf der Suche nach neuen Abenteuern waren und versuchten, die Welt zu entdecken.

    Stefan musste immer früh nach Hause, zum Abendessen, sagte er. Wir haben uns immer über ihn lustig gemacht. Aber seine Mutter war einfach sehr besorgt, sie arbeitete viel und war alleinerziehend. Manchmal musste er auch nach der Schule zu seiner Großmutter gehen.

    Sie tat mir sehr leid, nachdem ich realisiert hatte, dass er immer Geld von ihr stahl. Ich fühlte mich schrecklich, dabei zu zusehen, wie er dieser alten, verwirrten Frau erzählte, dass die fünf Brötchen fünf Mark gekostet haben oder die Flasche Cola 4,50 Mark.

    Ich habe mich eigentlich nie wohl gefühlt in der Gegenwart der Familien meiner Freunde. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie mich auf eine seltsame Art und Weise ansahen und ich wusste nie warum. Ich fühlte mich nie willkommen. Ich hatte immer das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.

    Später wurde Angela eine sehr gute Freundin von mir. Sie war wirklich lieb, das totale Gegenteil von mir und so waren ihre Eltern. Christen. Ich habe bis ich sieben Jahre alt war nicht einmal gewusst, wer Jesus ist. Die Beiers beteten immer vor jeder Mahlzeit. Das war mir immer so unangenehm, aber Angelas ältere Schwester mochte es auch nicht. Sie glaubte nicht an Gott und so fühlte ich mich etwas besser.

    Sie war das erste Mädchen, das viel älter war als ich, mit dem ich mich richtig gut verstand. Ich fing an, mehr und mehr mit älteren Mädchen abzuhängen. Ich war immer ein bisschen reifer als die Freunde in meinem Alter. Ich habe mich manchmal stundenlang mit Sabine in ein Gespräch verwickelt, während Angela leise in der Ecke saß.

    Das Gleiche geschah mit Karls Schwester, die drei Jahre älter war als ich. Wir sollten sehr enge Freunde bleiben. Wir fingen an, uns morgens im Bus zu unterhalten, nachdem ich mich wie auch schon Julika einige Jahre zuvor entschieden hatte, in der Stadt auf eine bessere Schule zu gehen. Das war ein sehr wichtiger Schritt in meinem Leben. Ich kam endlich aus diesem Dorfleben raus und bekam die Gelegenheit, etwas mit meinem Leben anzufangen. Ich liebte es, weg von meinem Dorf zu sein.

    Diese Jahre in der Schule waren die besten Jahre meines Lebens. Damals hasste ich es manchmal so sehr, aber jetzt ist mir bewusst, wie cool es eigentlich war.

    Es ist immer das gleiche von einer Generation zur nächsten. Die Älteren sagen immer zu den Jüngeren, wie sehr sie die Schulzeit vermissen und wie sehr sie doch diese Zeit zu schätzen wissen sollten. Aber während man diese Zeit tatsächlich erlebt, hat man nicht das Gefühl, dass alles so einfach ist.

    Man versteht nicht, wie viel mehr Verantwortung man zehn Jahre später haben wird. Man weiß nicht, wie stressig es ist, jeden Tag auf die Arbeit zu gehen oder zu studieren oder sich mit formellen Dokumenten rumzuschlagen,

    Rechnungen zu zahlen, sicher zu gehen, dass immer genug Geld auf dem Konto ist. Nein, man hat viel mehr Probleme, größere Probleme.

    Man weiß nicht, wer man ist, man mag sich selbst nicht, man weiß nicht, wie man sich vor dem anderen Geschlecht verhalten soll. Man muss erkennen, dass die Welt grausam und hässlich sein kann, dass die Gesellschaft langweilig ist, kontrolliert, auf zig Regeln basiert und dass es das ist, mehr kommt nicht.

    Man weiß nicht, warum man in die Schule geht. Dafür, was vor einem liegt? Nicht wirklich.

    Warum ich das ganze hier erzähle? Ich weiß es selbst nicht so genau. Vielleicht um zu zeigen, dass sich manche Dinge nie ändern oder nur die Verpackung.

    KAPITEL 1 ǀ DIE ANKUNFT

    Ich glaube, jeder kennt das Gefühl, genau zu wissen, dass jemand sein Versprechen nicht einhalten wird.

    Ich wusste, dass Sam mir nicht die Hälfte meines Flugtickets bezahlen würde wie er es zwei Monate zuvor versprochen hatte. In einer unserer Lieblingsbars, in der in dieser Nacht viel Tequila fließen sollte.

    Ich wusste auch, dass er nie wieder ein Wort darüber verlieren würde. Er hatte es sogar aufgeschrieben, ein Mal für mich und ein Mal für ihn, damit er sich am nächsten Tag daran erinnerte. Unbedingt wollte er, dass ich wieder komme und vielleicht sogar Managerin in seinem Hostel werde.

    Aber gut. Mir war klar, dass man Sam nicht für voll nehmen konnte und eigentlich wollte ich nur wieder weg. Weg von den Orten, die nur Erinnerungen hochbrachten, die ich nicht ertragen konnte.

    Nun stand ich da, mit meinen 22 Jahren, einem Hotelmanagementabschluss in der Tasche, am Flughafen in Sydney, sieben Uhr morgens und kein Sam, der im Übrigen auch versprochen hatte, mich abzuholen.

    Ernüchtert zog ich ein Ticket für den Zug und machte mich auf zu Circular Quay, um mich von der süßen alten Fähre mit runtergekommenen Sitzen und abblätterndem Anstrich eine halbe Stunde nach Manly durch einen vielversprechenden, trotzdem noch kühlen Morgen schippern zu lassen.

    Es war ein überwältigendes Gefühl, als ich am Hafen ankam und die gewaltige Harbour Bridge erstreckte sich auf der linken Seite. Ich setzte mich auf eine Bank und die berühmte Sydney Opera lächelte mich verschlafen an.

    Was ich in diesem Moment sah, kannten andere nur von der Postkarte. Und wie wunderschön diese Stadt wirklich war.

    Ich war tatsächlich wieder in Australien.

    Ich kam zurück nach Manly und es schien sich nichts verändert zu haben. Das Hostel, das vier Monate mein neues zu Hause gewesen war, schlummerte ruhig und still vor sich hin. Der Schatten lag tief auf dem weinroten Gebäude, das sogar durch die grauen Säulen der Balkone immer noch edel auf mich wirkte. Mein Schlüssel funktionierte sogar noch, bemerkte ich, als ich die weiße Karte in den dafür vorgesehenen Schlitz im Türschloss schob und mir ein kurzes Klick-Geräusch mit einem gleichzeitig grün aufleuchtenden Lämpchen signalisierten, dass ich eintreten konnte. Keine Menschenseele war zu sehen, die Rezeption war leer.

    Wo sind die denn alle? Ob Sam noch in Nr. 40 wohnt?, fragte ich mich.

    Geschafft von dem langen Flug und der schweren Tasche, schleppte ich mich in den zweiten Stock und klopfte an die Tür von Nr. 40.

    „Sam, bist du da? Hallo? Sam?",

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