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Sieben: Hét
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eBook164 Seiten2 Stunden

Sieben: Hét

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Über dieses E-Book

In Budapest finden mehrere Überfälle auf vermögende, ältere Paare statt, meist mit tödlichem Ausgang. Bald gerät ein Geschwisterpaar ins Visier der Budapester Kripo. Die Presse reagiert mit einer Vorverurteilung. Farkas Bence und Antal Petra führen eigene Recherchen durch, indem sie das Umfeld der Verdächtigen befragen. Daraufhin erhalten sie sieben zum Teil sehr unterschiedliche Blickwinkel und Meinungen. Chefermittler Varga Péter und sein Team bemühen sich redlich um die Überführung der Täter. Doch erst der siebte Fall bringt die Wende.
Ein spannender Psycho-Krimi, der nebenbei viel Budapester Lokalkolorit vermittelt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum8. März 2017
ISBN9783742794680
Sieben: Hét

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    Buchvorschau

    Sieben - J. B. Hagen

    Prolog

    Es war bereits später Abend in Rákosmente, dem XVII. Bezirk in Budapest, als der dunkle Pkw vor einem der hübschen Häuser mit großzügigem Garten parkte. Die beiden schwarzgekleideten Gestalten stiegen zunächst nicht aus, als wollten sie ganz genau die Örtlichkeit erkunden und auf keinen Fall gesehen werden. Eine unnütze Vorsichtsmaßnahme, denn in den meisten Häusern brannte zwar noch Licht, aber die Bewohner saßen vor dem Fernsehapparat und genossen den Feierabend und hielten sich eben nicht auf der Straße auf.

    Kovács Máté und seine Frau Zsófia, ein nicht unvermögendes Rentnerehepaar, hatte überlegt, das Gózon Gyula Kamaraszínház, das einzige Kammertheater von Budapest aufzusuchen, doch die Chance, Karten ohne Reservierung zu bekommen, war nicht sehr hoch, und ein Kino, das man einfach so besuchen konnte, gab es in Rákosmente schon lange nicht mehr, denn nach dem Regimewechsel waren alle Kinos im Bezirk wegen mangelnder Rentabilität geschlossen worden. Im östlichsten Bezirk der ungarischen Hauptstadt gab es seit den 1970er Jahren auch große Plattenbauten, doch darin hätten sich die Kovács’ nicht wohlgefühlt. Es ging nichts über ein Häuschen mit Garten, und Zsófia war glücklich, dass Máté ihr diesen Traum erfüllt hatte, als die Grundstückspreise noch nicht explodiert waren. Die ruhige Straße blieb weitgehend vom Fluglärm verschont, denn sie lag weit genug entfernt vom Flughafen Budapest, der zwar offiziell zum 18. Bezirk gehörte, doch berührten die beiden Landebahnen auch das Gebiet des 17. Bezirks.

    Zsófia nippte an ihrem Glas Wein und fand das Fernsehprogramm an diesem Abend nicht sonderlich interessant. Lächelnd stellte sie fest, dass Máté schon langsam die Augen zufielen, als es plötzlich an der Tür läutete. Máté schreckte hoch und sagte:

    »Jetzt wäre ich doch beinahe eingeschlafen.«

    »Beinahe ist gut, meinte seine Frau, »ich habe jeden Moment erwartet, dass du anfängst zu schnarchen. Gehst du aufmachen? Wir erwarten zwar keinen Besuch, aber vielleicht will einer der Nachbarn etwas von uns.«

    Der alte Mann erhob sich schwerfällig, ging zur Tür und betätigte die Sprechanlage.

    »Ja, bitte?«

    »Entschuldigen Sie, wir brauchen Hilfe. Meine Frau ist gestürzt und hat sich den Kopf aufgeschlagen«, erklang eine jüngere, männliche Stimme» vielleicht können Sie einen Rettungswagen rufen. Bei meinem Handy ist nämlich der Akku leer.«

    Kovács Máté drückte auf den Summer, öffnete die Haustür und sah, wie eine junge Frau gestützt auf ihren Mann durch die Gartenpforte kam. Die langen Haare fielen ihr ins Gesicht, da sie den Kopf etwas gesenkt hielt. Auch sein Gesicht konnte man nicht erkennen, weil der Schirm seiner Kappe einen tiefen Schatten warf. Máté, der kein misstrauischer Mensch war, schöpfte keinen Verdacht. Ein Fehler, den er mit seinem Leben bezahlen sollte.

    Kaum waren die fremden Leute an der Tür, als er einen heftigen Stoß erhielt, der ihn taumeln ließ. Blass vor Schreck fiel ihm auf, dass die junge Frau plötzlich wieder normal gehen konnte und keineswegs eine Kopfverletzung aufwies.

    »Pass auf, Zsófia!«, rief er, als die Fremde an ihm vorbei in den Wohnraum hastete.

    Doch es war schon zu spät. Die alte Frau war starr vor Schreck und leistete keine Gegenwehr. Sie wurde hart am Arm gegriffen und nach oben gezerrt.

    »Du zeigst mir jetzt, wo du deine Schmuckkassette aufbewahrst«, hörte sie eine schneidende Stimme, »ich vermute, im Schlafzimmer. Also mach keine Dummheiten, dann passiert dir nichts!«

    Eine glatte Lüge, denn im Schlafzimmer ging es der Fremden nicht schnell genug, sodass sie ausholte und der alten Frau mit der Faust ins Gesicht schlug. Kovács Zsófia schrie vor Schmerz auf und spürte, dass ihr Mund sich mit Blut füllte, weil ihr ein Zahn ausgeschlagen worden war. Brutal wurde sie aufs Bett geworfen und mittels Klebeband wie ein Paket verschnürt. Auch der Mund wurde ihr verklebt, sodass nur ihre schreckgeweiteten Augen und die schmalen Nasenlöcher verschont blieben. Derweil sich die Fremde über die Schmuckschatulle hermachte, verschwendete sie keinen Blick mehr auf die alte Frau. Es war ihr schlicht egal, ob diese ersticken oder einen Herzanfall erleiden könnte.

    In der Diele wurde Máté mittel eines gezückten Messers in Schach gehalten.

    »Du sagst mir jetzt, wo ihr euer Geld liegen habt. Wahrscheinlich im Safe. Also, wo ist er?«

    »Was erlauben Sie sich, mich einfach zu duzen, Sie unverschämter Mensch? Sie dringen hier in mein Haus ein und stellen Forderungen. Wer gibt Ihnen das Recht dazu?«

    »Quatsch nicht! Wenn dir dein Leben lieb ist, führst du mich zu deinem Bargeld, oder meine Freundin schneidet nach und nach ein paar Körperteile deiner Frau ab.«

    »Nein, bitte! Sie können alles haben, aber tun Sie uns nichts!« Erst jetzt fiel Máté auf, dass die Fremden keine Masken trugen und somit befürchten mussten, später erkannt zu werden. Ein schlechtes Zeichen, das den alten Mann ernsthaft um sein Leben und das seiner Frau fürchten ließ. »Der Safe ist hinter dem Bild im Wohnzimmer. Das mit den großen Blumen.«

    »Na also, geht doch! Wie ist die Kombination oder braucht man nur einen Schlüssel?«

    »Ja, den gebe ich Ihnen. Einen Moment!« Mit zitternden Beinen lief Máté zum Schrank, nahm ein Buch heraus, klappte es auf und reichte den Schlüssel weiter.

    »Gut, mitkommen!«

    Im Schlafzimmer musste der alte Mann die gleiche Prozedur über sich ergehen lassen wie zuvor seine Frau. Völlig verschnürt und verklebt wurde er brutal aufs Bett geworfen, wo er ängstlich zu Zsófia hinsah und erleichtert feststellte, dass sich ihr Brustkorb noch hob und senkte.

    Die Angreifer leerten seelenruhig Safe und Schmuckschatulle aus, verstauten alles in zwei großen Plastiktüten, die jeder von ihnen problemlos unter der Jacke verstauen konnte und gingen anschließend zurück ins Wohnzimmer.

    »Wenn ich mich hier so umsehe«, sagte die Frau, »ein paar antike Stücke könnten mir schon gefallen und würden ein hübsches Sümmchen bringen.«

    »Nein, es wird schwer genug sein, den Schmuck an den Mann zu bringen. Und was das hübsche Sümmchen betrifft, der Safe war randvoll mit Geldbündeln und Goldmünzen, wie dir nicht entgangen sein dürfte. Außerdem: je weniger wir dabei haben, wenn wir das Haus verlassen, desto besser. Falls uns jemand sieht. Also sei nicht so gierig und komm!«

    Als beide scheinbar unbemerkt das Haus verließen und wenig später abfuhren, war Zsófia schon erstickt und Máté vor Aufregung einem Herzschlag erlegen. Es sollte drei Tage dauern, bis man sie fand.

    I. Teil

    Kapitel 1

    Die Eltern

    Vier Monate später

    Der XII. Bezirk – Hegyvidék – von Budapest, in der Mitte Budas gelegen, stand für bergiges Gelände mit viel Wald. Bis 1930 war er Teil des I. Bezirks gewesen, bis man die damals zehn Bezirke der Stadt umstrukturierte und neue Bezirke hinzufügte. Die tiefer liegenden Täler und Hügel zwischen dem Svábhegy – „Schwabenberg" – und dem Széchenyi-Berg mit den Bergen Mártonhegy, Istenhegy, Kis-Svábhegy und Orbánhegy waren einst weniger bebaut, da sich dort die königlichen Jagdreviere befanden. Später, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, errichteten dann Budaer Bürger ihre Villen an diesem beschaulichen Ort.

    Die prächtige Villa aus den zwanziger Jahren lag im Stadtteil Kissvábhegy, also Kleinschwabenberg. Das Ehepaar Nagy bewohnte sie schon seit 1990, und dort waren auch ihre beiden Kinder zur Welt gekommen. Balázs Nagy, eigentlich Nagy Balázs, denn in Ungarn nennt man wie in China den Nachnamen zuerst, war ein Fabrikant, der den Haushalt und die Erziehung der Kinder seiner Frau Dóra überlassen hatte. Wenn ihm auch gelegentlich Zweifel gekommen waren, ob das die richtige Entscheidung war, zeigte er zu viel Haltung, um seiner Frau später einen Vorwurf zu machen. Vielleicht schämte er sich auch zu sehr, denn wer konnte schon so genau sagen, welchen Anteil die Anlagen in der Entwicklung seiner Sprösslinge ausmachten?

    Farkas Bence und Antal Petra waren sichtlich beeindruckt vom Interieur des alten Hauses. So gab es in voller Höhe verglaste Zwischenwände, die aus aufklappbaren Türen bestanden und nur durch ihre zarten Stores einen gewissen Sichtschutz boten, kleinere, trapezförmige Türen im Stil des Art déco, glänzendes Parkett, einen großzügigen Wintergarten und vom Garten aus einen herrlichen Blick über Budapest. Die in der Decke verankerten Leuchten waren nicht eingeschaltet, sodass die Steh- und Tischlampen eine gemütliche Atmosphäre verbreiteten.

    Das Ehepaar Nagy empfing im Salon mit Tee und Gebäck. Beide waren elegant gekleidet, doch es fiel auf, dass die semmelblonde Dóra wesentlich nervöser als der gelassen auftretende, graumelierte Balázs wirkte.

    »Vielen Dank, dass Sie uns für einige Fragen zur Verfügung stehen«, sagte Petra, die sich mit ihrer legeren Kleidung und ihren offenen, langen Haaren leicht underdressed vorkam.

    »Es ist schließlich in unserem Sinne, dass über unsere Kinder nicht noch mehr Lügen verbreitet werden. Das sind doch alles haltlose Unterstellungen«, ereiferte sich Dóra, »es wird höchste Zeit, die Dinge einmal richtigzustellen.«

    »Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber die Fakten sprechen eine andere Sprache«, sagte Bence, der mit seinem jungenhaften Aussehen ein falsches Bild vermittelte, gewöhnlich kein Blatt vor den Mund nahm, aber befürchtete, das Ehepaar würde gleich „zumachen", wenn er allzu forsch vorginge, »die Ermittlungen der Kriminalpolizei sind eindeutig.«

    »Eine Verwechslung, ein klassischer Justizirrtum, wir kennen unsere Kinder schließlich besser.«

    »Gewiss, gnädige Frau«, lenkte Petra schnell ein, »Sie sollen auch Gelegenheit haben, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Deshalb sind wir hier.«

    »Sie hätten den kleinen Milán als Kind erleben sollen … so etwas Entzückendes … alle waren von dem Sonnenschein begeistert. Warten Sie! Ich habe einige Kinderfotos herausgesucht.«

    »Lass doch, Dóra«, sagte Balázs, »ich glaube nicht, dass die Herrschaften daran interessiert sind.«

    »Doch, doch, niedliche Fotos von Kleinkindern machen sich immer gut«, meinte Petra.

    »Siehst du. Du immer mit deinen Vorbehalten.« Die sichtlich erregte Frau ging zu einer Kommode und kehrte kurz darauf mit drei Fotoalben zurück. »Bitte, bedienen Sie sich. Ich gehe davon aus, dass wir die Fotos wiederbekommen.«

    »Selbstverständlich. Erzählen Sie doch bitte, was Sie als Eltern im Laufe der Jahre erlebt haben.«

    »Gern. Also, Milán war ein Wunschkind. Sozusagen ein Kind der Liebe. Unsere Freude kannte keine Grenzen, als er geboren wurde. Schon als Baby entwickelte er einen Charme, dem sich niemand entziehen konnte. Wenn man ihn nachts zudecken wollte, streckte er einem seine kleinen Ärmchen und die süße Schnute zum Kuss entgegen.«

    »Das ist wohl bei allen Kindern gleich«, brummelte Balázs, »erst später entpuppen sie sich.«

    »Was redest du denn? Man bekommt ja einen ganz falschen Eindruck von unserem Milán. Er hat uns nie Ärger gemacht. Er war nicht wie andere Jungen, die alles kaputtmachen, was sie in die Finger bekommen. Er gab auch selten Widerworte … na ja, in der Pubertät war es manchmal etwas schwierig. Aber das ist doch ganz normal.«

    »Wie äußerten sich die Schwierigkeiten?«, wollte Bence

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