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Tod in Nastätten
Tod in Nastätten
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eBook252 Seiten3 Stunden

Tod in Nastätten

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Über dieses E-Book

Am Morgen nach einer Ausstellung liegt ein Toter am Bucher Pfädchen. Seine Füße baden im Lohbach, in seiner Brust steckt ein Messer und an der linken Hand fehlt der kleine Finger.
Das Entsetzen in Nastätten ist groß, denn die Einwohner sind freundlich und nett. Auch Undine, die Organisatorin der Ausstellung, an deren Grundstücksgrenze die Leiche liegt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Lene ermittelt sie auf eigene Faust, was dem mürrischen Kommissar Reiner Nickich und seiner jungen Kollegin Jennifer nicht gefällt.
Wer wird zuerst herausfinden, wie das Mädchen heißt, das der Tote in Nastätten gesucht hat?
Welches Geheimnis verbirgt sich hinter dem abgetrennten Finger?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum12. Okt. 2018
ISBN9783742719447
Tod in Nastätten

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    Buchvorschau

    Tod in Nastätten - Ute Dombrowski

    1

    Tod

    in Nastätten

    Ute Dombrowski

    Kriminalroman

    Die Personen und die Handlung des Buches sind frei erfunden.

    Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

    1. Auflage 2018

    Copyright © 2018 Ute Dombrowski

    Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canva.com

    Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

    Satz: Ute Dombrowski

    Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

    Druck: epubli

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig.

    Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Wenn jemand in den Hof von Undine Nithritz kam, dann war er plötzlich herausgetreten aus dem Lärm und der Hektik der kleinen Stadt. Das große Eichentor an der vielbefahrenen Straße schirmte diese ganz besondere Welt gegen das triste graue Umfeld ab. Das gepflegte Fachwerkhaus mit den dunklen Balken und den bunten Gefachen machte einen soliden Eindruck. Der Weg zwischen dem Haupthaus und einer ausgebauten Scheune auf der rechten Seite und einer flachen Remise neben offenen Verschlägen linker Hand führte über uriges Pflaster durch einen verzauberten Garten bis zum Bucher Pfädchen, einem Fußweg ins Nachbardorf, der von einem schmalen Bach, dem Lohbach, begleitet wurde. Hier waren Spaziergänger unterwegs, Einwohner, die ihre Hunde ausführten, auch Kinder mit Rädern und einsame Wanderer waren tagsüber zu sehen.

    Abends blieben die Menschen lieber zuhause, obwohl das Bucher Pfädchen gut beleuchtet war. Nur selten verirrten sich nächtliche Spaziergänger dorthin, es sei denn, sie nutzten die Abkürzung zwischen beiden Orten abseits der Straße. Von Undines Grundstück führte eine Brücke über den Bach, den ihre Hühner und Enten als Freibad nutzten, wenn sie wie so oft ihre eigenen Wege gingen.

    Der Mann stand auf der anderen Seite vor dem Tor an der Straße und überlegte, wie es wohl im Inneren des Hauses aussehen mochte. Sicher war dort viel Holz verbaut worden. Die unterschiedlich großen Fenster zeigten ein gedämpftes Licht, aus dem Garten hinter den Gebäuden waren Stimmen zu hören. Jemand lachte. Plötzlich lag das Haus im Dunkeln und er hörte Schritte. Eine Frau, deren Alter er nur schwer schätzen konnte, kam ihm entgegen. Sie sah ihn durch die Brille mit den grellbunten Bügeln aufmerksam, aber freundlich an.

    „Guten Abend, sagte Undine und lächelte. „Kann ich Ihnen helfen? Die Ausstellung ist leider schon beendet. Ich wollte gerade das Tor schließen.

    „Kann ich ein Glas Wasser bekommen?"

    Erst jetzt fiel sein Blick auf die beiden blauen Gestalten, die auf einer Mauer neben dem Tor im Efeu standen und den Hof zu bewachen schienen. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, denn ihm war, als würden ihn die Figuren beobachten. Er schüttelte sich und sah wieder Undine an.

    Diese nickte, aber sie fand den späten Gast nicht sehr höflich. Er hätte ja wenigstens grüßen können, dachte sie und ging voraus in den Garten, nachdem sie den großen Flügel des Tores verschlossen hatte.

    Um eine Feuerschale, in der die Flammen knisternd in Richtung Himmel züngelten, saßen vier Männer und fünf Frauen. Sie sahen Undine und den Fremden abwartend an und er hatte das Gefühl, als würden ihre neugierigen Gedanken ihm entgegenfliegen. Die Gespräche verstummten nach und nach.

    „Guten Abend", sagte der Fremde.

    „Wer ist das denn, Undine?, fragte Bea Klümpert und trank einen Schluck Rotwein. „Ist der schmucke Herr dein neuer Verehrer?

    „Nein!", rief der Besucher entsetzt, der Beas Frage ernstgenommen hatte.

    Der Kreis der Künstler brach in schallendes Gelächter aus. Undine klopfte dem Mann locker auf die Schulter, griff nach einem Glas und drückte es ihm in die Hand. Ebenfalls auf dem Beistelltisch am Rande des Rasens standen einige angebrochene Flaschen Wasser, Limonade und Wein.

    „Bier ist aus, erklärte Undine. „Sie wollten Wasser? Hier ist nur welches mit Kohlensäure. Ist Ihnen das recht?

    „Ich …, stotterte der Mann, „ich hätte lieber welches ohne. Aber nur, wenn es Ihnen keine Umstände macht.

    Günther Betzberger, der schon reichlich angetrunken war, zeigte hinter sich ins Dunkel.

    „Da kannst du ja gleich das Wasser aus der Lohbach saufen! Komm, trink ein Glas Wein mit uns! Und setz dich hin. Bea, rutsch noch ein Stück, los!"

    „Günni, hör auf uns herum zu kommandieren, es ist Feierabend", sagte Bea und alle merkten, dass ihr Günther auf die Nerven ging.

    Sie rückte dennoch ein Stück auf der Bank und klopfte neben sich auf das Kissen. Der Mann sah Bea an und setzte sich zaghaft. Undine zuckte mit dem Schultern und ging noch einmal zum Haus, um einen Krug Wasser aus der Küche zu holen.

    „Kumpel, du siehst aus, als würdest du von einer Hochzeit kommen, sagte Günther nun etwas leiser, „warum bist du denn so schick gemacht?

    „Ich komme gerade vom Ortsschild da hinten. Ein Taxi hat mich dort abgesetzt. Und dann bin ich hier vorbeigekommen und sah das offene Tor. Ich bin seit heute früh, als ich noch in Berlin war, unterwegs und hatte keine Gelegenheit etwas zu trinken. Das Haus, der Hof, die offene Tür, das sah so einladend aus, dass ich …"

    Der Mann stockte und strich seinen Mantel glatt. Er fühlte die Blicke der anderen und wusste gar nicht, was an seiner Kleidung so besonders sein sollte, denn er trug das, was er heute Morgen in seinem Büro in Berlin angehabt hatte: ein hellgraues Hemd, eine dunkelgraue Krawatte, einen ebenso dunklen Anzug und darüber einen hellen Trenchcoat. Seine kastanienbraunen Haare waren gut frisiert und die schlanken Hände gepflegt. Die schmalen Füße steckten in grauen Wildlederschuhen.

    Er hatte eine dunkle Ledertasche über die Schulter gelegt, die er jetzt abnahm und auf den Knien festhielt. Bea setzte die Befragung fort.

    „Was macht ein Mann wie Sie in einem kleinen Ort wie Nastätten?"

    Die anderen Künstler schauten den ungebetenen Gast schweigend an. Nur die drei Männer, die am anderen Ende der Wiese hitzig diskutiert hatten, steckten wieder die Köpfe zusammen. Die Frauen waren ebenso neugierig wie Bea, aber jede war auf ihre Art eigen, und nur Bea öffnete sich neuen Menschen und Situationen schnell. Sie war so, wie sie malte: bunt, groß, laut.

    Günther war mehr der Mann fürs Grobe. Er schnitzte mit seiner kreischenden Kettensäge zauberhafte Figuren aus dicken Holzstämmen und man riss sich in der Stadt um solch ein Kunstwerk für den Vorgarten. Undine, die jetzt mit dem Wasserkrug zurückkam, töpferte und versuchte sich auch an anderen Materialien. So standen Hof und Garten voll mit fantastischen Skulpturen und kleine Schmuckstücke hingen an Bändern in den Bäumen. In jedem Winkel ihres Gartens gab es etwas Neues zu entdecken und man konnte sich nicht sattsehen. Hier stand ein Elefant, dort krönte eine Kugel einen kahlen Baumstamm, dazwischen spien Fische und Frösche Wasser in kleine Schalen. Alles war umgeben von Blumen und Büschen, die von Undines Mitbewohnerin Jasmin gehegt und gepflegt wurden.

    Von ihr stammte auch das besondere Pflaster des Weges und man musste sich von dem faszinierten Blick zu Boden schon mit Macht losreißen, denn Werkzeug, bunte Scherben, besondere Steine und andere kleine Überraschungen waren im Beton eingelassen.

    Der Besucher allerdings hatte keinen Blick für die Schönheiten, die um ihn herum zu sehen waren, er schien seltsam in Gedanken versunken zu sein und nippte an seinem Glas Wasser.

    Lene Borskievic, eine stille Kinderbuchautorin, setzte sich jetzt gerade hin. Sie räusperte sich und nun sahen die Künstler sie interessiert an, denn eigentlich sprach Lene nie. Sie hörte zu, schaute hin und saugte die Ereignisse um sich herum auf, um sie dann in einem neuen Buch zu verarbeiten.

    „Nun sitzen Sie schon mal hier. Also los, erzählen Sie uns, warum Sie am frühen Morgen in Berlin starten, um abends am Ortsschild von Nastätten aus dem Taxi zu steigen und hier herumzulaufen, als seien Sie auf der Suche nach etwas ganz Wichtigem."

    So viel hatte Lene den gesamten Tag über nicht geredet, darum hatte Günther einen bösen Spruch auf den Lippen, der ihm nach einem Blick in Beas Augen aber im Halse steckenblieb. Der fremde Mann begann in der Innentasche seines Mantels nach etwas zu suchen, fand es nicht und kramte im Jackett weiter. Von dort förderte er einen zerknitterten Briefumschlag zutage. Mit zitternden Fingern öffnet er ihn und gab Lene ein Foto.

    Lene wendete es in den Händen hin und her. Ein Baby, anscheinend ein Mädchen, war darauf abgebildet. Es schlief in eine weiße Decke gehüllt und neben ihm lag ein kleiner Plüschhase.

    Lene drehte das Foto noch einmal um und las laut vor: „Das ist deine Tochter."

    Sie sah den Mann, bei dem jetzt Tränen in den Augenwinkeln glitzerten, mit ihren großen unschuldigen Augen an und gab das Bild in der Runde weiter. Niemand sagte etwas. Bea war als letzte dran und wischte liebevoll mit spitzem Zeigefinger über das kleine Gesicht.

    „Sie ist aber wirklich ein hübsches Mädchen", flüsterte sie.

    Dann stand sie auf und lief weinend zum Haus. Silke Rösbert, ihre beste Freundin und selbsternannte Stoffkünstlerin, wollte hinterherlaufen, aber Günther hielt sie fest.

    „Wir wissen doch, was passiert ist, lass sie ein bisschen heulen."

    „Du bist ein Ekel, wenn du besoffen bist!", schrie Silke empört und riss sich los.

    Sie folgte Bea und war rasch in der Dunkelheit verschwunden. Günther zuckte mit den Schultern und goss sich ein weiteres Glas Wein ein. Der Fremde schüttelte den Kopf.

    „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen den Abend verdorben habe."

    „Aber keineswegs!, sagte die sehr junge Glasbläserin Sheila Neuhausen und warf die blonde Mähne zurück. „Bea hat vor vielen Jahren ihre Tochter bei einem Unfall verloren und ab und an holt die Erinnerung sie ein. Sie haben uns das Foto gezeigt, jetzt müssen Sie uns auch Ihre Geschichte erzählen.

    „Es gibt keine Geschichte. Ich will nur wissen, wo das Mädchen vom Foto ist. Irgendwie hat mir der Gedanke gefallen, dass ich eine Tochter habe. Sie muss schon groß sein, denn das Bild ist alt."

    Lene nahm es ihm erneut aus der Hand, drehte es um und fand in einer Ecke ein Datum. Sie rückte näher ans Feuer, um die verblassten Zahlen lesen zu können.

    „Sie ist jetzt mit Sicherheit achtzehn Jahre alt, denn hier steht: 6. Mai 2000. Heute ist der 6. Mai!"

    Alle redeten durcheinander, aber Lene brachte sie mit einem Wink zum Schweigen.

    „Der Absender muss sich etwas dabei gedacht haben. Vielleicht sollen Sie Ihre jetzt volljährige Tochter endlich kennenlernen."

    „Das ist doch Blödsinn. Da hat sich jemand einen Scherz erlaubt", sagte Pascal Grubensack aus der Gruppe der diskutierenden Männer und drehte einen kleinen Speckstein zwischen den flinken Fingern.

    Er liebte diese weichen, glatten Steine und verarbeitete sie zu Miniaturen, die er heute hier ausgestellt hatte. Auch die anderen Künstler hatten an diesem Tag ihre neuesten Projekte auf der Ausstellung in Undines Künstlerhof präsentiert. Nun wendete Pascal sich wieder seinen beiden Gesprächspartnern zu, mit denen er kurz zuvor im Thema Politik versunken gewesen war, so, als würde die drei der fremde Gast überhaupt nicht interessieren.

    Der junge Fotograf Reginald Woeckmann und Gustav Bienenmacker, von Beruf Installationskünstler, mit seinen zweiundsiebzig Jahren der Älteste in der Runde, sahen ihren Gesprächspartner böse an, denn sie verlangten bei so einem wichtigen Thema wie der Brücke über den Rhein die volle Aufmerksamkeit. Unbeirrt redeten sie weiter.

    Undine sagte plötzlich: „Es ist spät geworden. Kommen Sie doch morgen zum Frühstück wieder her, dann können wir Ihnen bei der Suche nach Ihrer Tochter helfen."

    „Das würden Sie für mich tun? Danke, dann mache ich mich jetzt auf den Weg in mein Hotel und melde mich morgen früh. Danke, dass Sie mir zugehört haben."

    „Nichts zu danken und jetzt auf, meine Lieben. Ab nach Hause! Gute Nacht."

    2

    Kommissar Reiner Nickich warf seine Zigarettenkippe in den Busch am Wegesrand und kam schnaufend näher. Er schien immer in Eile zu sein, sah man ihn mal irgendwo stillsitzen, war er mit großer Sicherheit krank. Sein Husten durchbrach die morgendliche Stille. Es war noch nicht ganz hell. Ein Streifenwagen und ein Rettungswagen standen vor einem offenen Gartentor und versperrten den Fußweg nach Buch. Eine junge Frau in Sportkleidung saß weinend im Gras.

    „Ei, gude!, rief der Kommissar wie immer lauter als nötig. „Was ist los? Eine Leiche in Nastätten? Wie geht das denn?

    Der Streifenpolizist, der auf Reiner zugekommen war, kannte den Ruf des Kommissars und blieb sachlich. Er wollte sich nicht dem scharfen Spott des Mannes aussetzen, wenn er etwas Falsches sagte.

    „Guten Morgen, Kommissar Nickich, die junge Frau dort hat ihn gefunden. Niemand hat ihn angerührt."

    „Wo bleibt denn die Spusi? Wir sind zusammen losgefahren. Na, wahrscheinlich finden die den Weg nicht. Gut, dass ihn niemand angerührt hat, ich hätte euch den Kopf abgerissen. Seid ihr euch denn sicher, dass er tot ist?"

    „Ähm, ich … ja, keine Ahnung. Er liegt da und hat ein Messer in der Brust. Und …"

    „Ach ja? Und wenn er nun noch gelebt hat? Haben Sie etwa nicht nachgesehen?"

    „Ich dachte, ich fasse mal lieber nichts an. Weil er doch wirklich tot aussieht."

    „Na prima", grollte Reiner und ging in Richtung des Toten.

    Dort beugte er sich so weit wie möglich hinüber und tastete den Puls am Hals. Dann richtete er sich auf.

    „Er ist tot. Glück gehabt, Herrschaften. Ah, da kommen ja die lieben Kollegen."

    Reiner sah den beiden Männern von der Spurensicherung, die jeder einen Koffer in der Hand trugen, mit in die Taille gepressten Fäusten entgegen.

    „Seid ihr noch irgendwo eingekehrt? Wir haben einen Toten."

    Rudolf Gronker, der Reiner seit Jahren kannte, ignorierte dessen rohen Charme im Umgang mit seinesgleichen, denn er wusste, dass dieser Mann das Herz am rechten Fleck hatte und sich immer so verhielt. Er wusste, wie man Reiner sehen sollte: Hunde, die bellen, nimmt man ernst.

    „Guten Morgen, Herr Kollege. Wissen wir schon, wer der Mann ist?"

    „Nein, sagte Reiner. „Er ist unbekannt. Wenn du ihn durchsuchst, findest du vielleicht einen Ausweis. Ich geh mal und rede mit dem Mädel, das ihn gefunden hat.

    Er lief zurück zu der offenen Gartentür, aber das Mädchen war nicht mehr da. Wütend betrat er über die kleine Brücke das Grundstück und fand seine Zeugin auf einer Bank an der Remise, wo es soeben von einer bunten Frau in eine Decke gehüllt wurde.

    „Sie sind eine wichtige Zeugin! Sie können doch nicht einfach abhauen!, fauchte er los und sah die Bunte an. „Wer sind Sie denn?

    „Ich bin Undine Nithritz und wohne hier. Und wenn Sie weiter so unverschämt sind, werfe ich sie raus. Guten Morgen, Herr?"

    „Reiner Nickich, Kommissariat Sankt Goarshausen. Ich untersuche den Mord an Ihrem Gartenzaun."

    Undine trug eine weite orange Hose, eine lange grüne Bluse, dazu blaue Schlappen und sie hatte ein pinkfarbenes Handtuch um die nassen Haare geschlungen. Sie schüttelte den Kopf über den dreisten Kerl, der sich aufführte, als wäre er der König von Nastätten.

    Hinter ihm sagte plötzlich eine glasklare Stimme: „Guten Morgen, ich bin Jennifer Fonnach, die etwas freundlichere Assistentin dieses netten Herrn. Hallo, Kollege. Ich komme aus Limburg, also hat es ein wenig gedauert."

    „Schon wieder ein neuer Kerl?"

    „Keine Sorge, Chef, ich war bei einer Freundin das Baby anschauen."

    Reiner rollte mit den Augen und wendete sich wieder der Zeugin zu. Als er Jennifer vor zwei Jahren zugeordnet bekam, war er wütend zu seinem Vorgesetzten gerannt und hatte protestiert, wie immer lautstark. Der Dienststellenleiter war ruhig geblieben und hatte ihm angedroht, ihn nach Timbuktu zu versetzen, wenn auch nur die kleinste Beschwerde über ihn aus dem Munde der jungen Kollegin kommen würde. Reiner hatte sich auf die Unterlippe gebissen und widerwillig geschwiegen.

    Er hatte nur gedacht: So ein Püppchen wird hier nicht alt, die ist viel zu weich für das Geschäft. Aber dann hatte sie direkt in der ersten Woche durch ihr schnelles Handeln eine Frau, die in die Lahn gesprungen war, vor dem Ertrinken gerettet, indem sie einfach hinterhergesprungen war. Sie waren in Koblenz gewesen, der Kommissar wollte der Zugereisten die Welt zeigen und fuhr die Lahnroute. Dass es Nacht war, störte ihn herzlich wenig. Die Frau hatte in Nassau auf der Brücke gestanden und war eben über das Brückengeländer verschwunden, als das Auto die Brücke überquerte. Sie hatten gehalten, Jennifer hatte im Rennen Jacke und Schuhe abgestreift und war der Frau gefolgt.

    Reiner hatte sie hinterher gelobt. Aber nur ein bisschen. Er wollte ja nicht, dass sie sich etwas

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