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Schlafen - Die Nacht und das Andere: Nur ein kleines Dorf - gleich um die Ecke
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Schlafen - Die Nacht und das Andere: Nur ein kleines Dorf - gleich um die Ecke
eBook143 Seiten2 Stunden

Schlafen - Die Nacht und das Andere: Nur ein kleines Dorf - gleich um die Ecke

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Über dieses E-Book

"Alles begann mit einem Mann, der vom Waldweg herkam. Er schritt aufs Dorf zu. Er war nicht mehr jung; einer mit einem lustigen schwarzen Béret auf dem dichten dunkelbraunen Haarschopf (dem ein Haarschnitt nichts geschadet hätte), ein Mann mit aufmerksamen Augen. Seine schlanke Gestalt passte nicht recht zu der leicht schleppenden Gangart; und immer wieder hielt er kurz ein, um sich zu orientieren, um einen Ausblick in sich aufzunehmen.
'Ach, da ist es ja! ' …."

Keiner weiß, was er ist und wer er ist und auch nicht, was er will. Was wird geschehen?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum25. Nov. 2020
ISBN9783752923445
Schlafen - Die Nacht und das Andere: Nur ein kleines Dorf - gleich um die Ecke

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    Buchvorschau

    Schlafen - Die Nacht und das Andere - Esther Grünig-Schöni

    Er taucht auf

    Es war Mitte Juli in einem kleinen Dorf, in dem sich jede und jeder kennt, jeder alles vom Nachbarn zu wissen glaubt. Ein Bach schlängelt sich an den Häusern vorbei, durch Wiesen voller wilder Blumen. Hier, ausgerechnet hier in Schlafen, dem ziemlich abgelegenen Bauerndorf, ereignete sich etwas, von dem die Menschen noch Jahre später ab und zu sprachen und woran viele oft denken mussten. Eigentlich war's nichts Weltbewegendes: keine ungestüme Naturgewalt, keine Sensation, kein politisch fragwürdiger Schachzug; und doch störte dieses Vorkommnis eine bürgerlich festgefahrene Idylle und das auf eine Weise, die nachwirkte. Etwas Geheimnisvolles wohnte dem Ganzen inne. Vielleicht war es sogar leicht unheimlich, denn es geschahen Dinge, die es hier noch nie zuvor gegeben hatte. Oder dachten sie das alle nur und war es schon einmal wie unbemerkt an ihnen vorbei gezogen?

    Alles begann mit einem Mann, der vom Waldweg herkam. Er schritt aufs Dorf zu. Er war nicht mehr jung; einer mit einem lustigen schwarzen Béret auf dem dichten dunkelbraunen Haarschopf (dem ein Haarschnitt nichts geschadet hätte), ein Mann mit aufmerksamen Augen. Seine schlanke Gestalt passte nicht recht zu der leicht schleppenden Gangart; und immer wieder hielt er kurz ein, um sich zu orientieren, um einen Ausblick in sich aufzunehmen. ‚Ach, da ist es ja! ‘

    Eine bauchige, abgewetzte Reisetasche aus Jeansstoff mit bunten Flicken darauf trug er bei sich. Dunkelblaue Jeans saßen straff an seinem Körper. Ein bequemer rostroter Pullover und eine abgeschabte braune Lederjacke hingen darüber. Seine Füße steckten sockenlos in ausgetretenen Lederschuhen von undefinierbarer Farbe. Schweiß perlte dem Wanderer über die Stirne. In der Ferne hinter den Baumwipfeln auf den Hügeln zuckten schnelle Blitze, gleißende Sekundenlichter. Dann klang es, als würde über den Wolken gekegelt. Es rollte und grollte. Er fuhr sich mehrmals mit dem Handrücken übers Gesicht, rieb die Hand an der Hose trocken.

    Es - das Dorf lag vor ihm, friedlich und wie ohne Leben: Schlafen. Er hatte von ihm gehört, es gesehen, kannte es, obwohl es sich in der Senke zwischen Hügelzügen gut versteckte. Groß war es nicht; die meisten Häuser umstanden steinwurfweit eine mächtige, weiße Kirche. Still war's. Als er näher kam, war es jedoch aus mit der Ruhe. Eine Meute Hunde kam ihm entgegen, angeführt von einem Schäferhund Mischling wedelnd, hechelnd, mit aufgerissenen Schnauzen und triefenden Lefzen. Sie kläfften ihn an, beschnupperten ihn und seine Tasche mit kühlen Nasen, satzten um ihn herum und standen an ihm hoch. War das nun Abwehr und Verteidigung des Dorfes oder freudige Begrüßung? Der Mann lächelte nur, sprach hier und dort mit einem lustigen Wort auf sie ein und marschierte weiter, begleitet von dem Rudel Vierbeiner.

    Kinder, großäugig, versteckten sich tuschelnd und kichernd hinter einer ausladenden Baumgruppe. Einige der Größeren drückten sich um die Ecken der Häuser und Ställe, verfolgten ihn mit neugierigen Blicken. Eine alte Frau stützte sich auf ihren Fenstersims mit Geranienkästen; der Großvater hielt sich an seinem mit Schnitzwerk verzierten Stock fest. Eine Gruppe von Frauen drehte sich nach dem Fremden um, musterte ihn vom Kopf bis zu den Füssen und fand, hinter vorgehaltener Hand, zu einem Urteil. Zwei Männer unterbrachen ihren Feierabendschwatz und starrten ihn an. Eine junge Frau lächelte ihm freundlich zu, stupste ihre Freundin an. Wer ist denn das? Der ist nicht von hier. Ein Wanderer. Irgendein Wanderer. So sieht er nicht aus. ‚Ich bin ich. Einfach ich! ‘ dachte der Mann schmunzelnd, denn er mochte unbeantwortete Fragen zu seiner Person. Schon fielen die ersten Regentropfen, bildeten sofort Flecken auf dem Boden. Sie zischten leise drohend, wenn sie auf heißes Blech trafen. Sie netzten die Dächer und Straßen, kühlten die schweißige Haut. 'Ich lösch' dich, Feuer, lösch' dich, Wärme und dich, Durst! Ich deck' dich zu, Leidenschaft, mit meiner Nässe. Ich bin sanft, aber stark. Und wir sind viele...' flüsterten die Wassertropfen, wurden lauter und lauter im Rhythmus. Wind kam auf, bauschte Röcke, entführte Hüte, klappte Schirmdächer um, zerrte an Hemden und Vorhängen in noch offenen Fenstern. Die Bäume rauschten. Die Stille, noch eben auf allem lastend, war nur ein Atemholen vor dem Aufruhr gewesen.

    Alles schien in Bewegung geraten, die Landschaft drohte im Lärm zu versinken. Die Flaggenstangen ließ der Wind gespenstisch singen, peitschte das Schild des stattlichen Gasthauses, den Goldlöwen an seinen Ketten hin und her und machte es schmerzhaft quietschen. Der Mann blieb stehen. Ein solches Gasthaus war oft der Nabel eines Ortes, und sein Name sagte viel über den Charakter der Gemeinde aus. Aber dieser hier? Was sagte er aus? Wie war dieser Name entstanden? Durch ein Ereignis? Eine Sage, in der ein goldener Löwe eine Rolle spielte? Durch einen Geistesblitz, eine Tradition, einen Traum? Oder war der Name einfach der Phantasie entsprungen? Überall war er auf Hirsche, Bären, Rössli und Löwen gestoßen, aber noch auf keinen goldenen. Wie dem auch sei - der Goldene Löwe kam ihm gelegen. Der Regen verstärkte sich. Der Fremde drückte auf die Eisenklinke der Holztür, die mit üppigen Schnitzereien versehen war, wie er sie auf dem Land oft gesehen hatte. Die Türe knarrte. Dahinter tat sich ein kahler Gang auf, von dem verschiedene Türen abgingen. Ganz am Ende stand ein Zigaretten-Automat. Es roch süßlich und nach Bratenfett. Auf einer der Türen stand Gaststube. Die öffnete er und trat in einen rauchgeschwängerten Raum. Zum Zeitpunkt des Geschehens war es durchaus noch üblich, dass Rauch im Raum stand. Heute ist er selbst aus allen Balken verschwunden, denn in Gaststuben wird nicht mehr geraucht. Guten Abend.

    Susanne, die Wirtsfrau, hatte ihn kommen sehen. Von hinter dem Tresen aus hatte sie einen guten Überblick auf die Dorfstraße. Sie kannte jede und jeden; denn kaum je kam ein Fremder hier vorbei. Schlafen war kein Touristenort und es schlängelte sich keine Durchgangsstraße hindurch.

    Fast unheimlich wirkte es, als er genau während eines Krachers aus den Wolken in die Schankstube eintrat. Wie ein unheilvolles Omen. Doch als sie nun zu ihm ging, ihn dabei gründlich betrachtete, sah sie freundliche Augen. Das ganze Gesicht wirkte freundlich und durch die lebhaften Katzenaugen jugendlich. Ein Bursche war er zwar nicht mehr. Einige feine Falten und zwei feste Furchen von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln waren nicht zu übersehen, ebenso wenig die ersten weißgrauen Haare im dichten Schopf. Irritierend, geradezu wie ein Widerspruch zu dieser offenen, vitalen Ausstrahlung wirkte sein müde schleppender Gang. Darin lag Resignation. Susanne gestand sich ein, dass er ein schöner Mann war und in ihr ein leises Flattern erzeugte. Verrückt. Er musste eine starke Persönlichkeit haben. Doch sie war auch kein Teenager mehr, der auf diese Weise reagierte. Es war verwirrend. Sie wischte das Flattern aus ihren Gedanken und Gefühlen. Guten Abend, mein Herr. Was soll's sein? Ich möchte etwas essen.

    Die anderen Gäste, die ihn seit seinem Eintreten gemustert hatten, wandten sich ihren Gesprächen und Spielen zu, stocherten auf ihren Tellern herum, rührten in ihren Tassen oder nahmen einen Schluck aus dem Bierglas. Gern, sagte Susanne freundlich. „Und zu trinken? Ein Mineralwasser. Sie legte dem Fremden lächelnd die Speisekarte hin und registrierte, dass er eine große Reisetasche bei sich hatte. Sein Béret lag darauf. Sie eilte in die Küche. Georg, ihr Mann, döste auf einem Stuhl vor sich hin. Er hatte in der Zeitung geblättert. Die lag nun auf dem Boden neben seinen Füssen. Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. Natürlich war es im Moment ein wenig ruhig in der Gaststube. Trotzdem... Wach auf! Sie stieß ihn an. „Die Zeitung war wohl nicht besonders interessant. Du kriegst gleich Arbeit. Ein Fremder sitzt da und will etwas essen! Außerdem könntest du mir helfen. Das Wetter scheucht alle herein. Es kommen immer mehr.

    Georg blinzelte. Das war bestimmt ein Trick, um ihn auf Trab zu bringen und ihm wegen seiner kleinen Pause ein schlechtes Gewissen zu machen. Ach, seine Susanne! Sie erschien ihm oft zu wirbelig, zu arbeitsverrückt - viel zu aktiv. Ein Mensch, der kaum stillsitzen konnte, nicht einmal in der Freizeit. Sie verwirrte ihn in seiner Gutmütigkeit und seiner nun mal eingewachsenen Gemütlichkeit. Aber ansonsten hatte er eigentlich nichts zu klagen. Und bei der Arbeit im Gastgewerbe war daran auch nichts auszusetzen. Vielleicht brauchte er ihr antreibendes Temperament, um mit seinem Teil der Arbeit zurechtzukommen. Hierher kommt kein Tourist! brummte er. Es sitzt einer in der Gaststube. Sieh selbst!

    Gut, gut. Und der will auch noch essen? Warum nicht? Das hier ist doch ein Ort, wo gegessen wird. Wirst dich wohl bewegen müssen! Sei nicht so streng! Ich fang' ja gleich an! Behäbig, beinahe provozierend langsam stand er auf, nahm die Zeitung auf, legte sie zusammen, strich sich umständlich seine Schürze glatt und guckte endlich durch die halboffene Tür in die Gaststube.

    Ein Wetter ist das heute! Die Wirtin stellte ihrem geheimnisvollen Gast ein Glas hin, schenkte ihm schwungvoll ein, wie's keine Anfängerin fertig brächte. Inzwischen hatte das Gewitter den Ort erreicht, griff wie mit groben Fingern nach Häusern und Bäumen. Im Glas perlten die Luftbläschen an die Oberfläche, zerplatzten mit feinem Zischen.

    Bleiben Sie länger im Ort? Je nachdem... Ein schelmisches Grinsen begleitete den kleinen Satz. Viel los ist hier nicht, versuchte sie trotzdem weiter, das Gespräch am Laufen zu halten. Wenn ich das suche? Genau das. Die Ruhe und Beschaulichkeit. Hm. Dann könnte das genau richtig sein. Hierher kommt kaum einer... ich meine... einfach so! Leben Verwandte von Ihnen hier? Nein.

    Freunde? Oder suchen Sie nach Erinnerungen? ‚Möglich, dass Erinnerungen existieren. Wir werden sehen‘, dachte er, antwortete jedoch nur mit mehrmaligem lächelndem Kopfschütteln. Er ließ sich nicht aushorchen. Susanne wurde immer neugieriger und versuchte nicht einmal mehr, dies zu verbergen.

    Draußen vor den Fenstern tobte wie eine gespenstische Kulisse, das Unwetter. Erst jetzt fiel ihr auf - und das steigerte ihr Erstaunen und ihr Interesse - dass er einen kleinen goldenen Ring am Ohr trug. Das verstärkte diese Aura des Abenteuerlichen, die ihn umgab, die sie erregte. War er eine Art Pirat? Auch am Hals war Schmuck zu sehen: eine feine Goldkette. Den Anhänger, falls einer vorhanden war, verbarg der Pullover. Vielleicht war der Fremde ein Zigeuner? Sie rümpfte bei dem Gedanken leicht die Nase. So einer hätte nun gar nichts in dem Ort zu suchen gehabt. Hier mochten sie so etwas nicht. Hm, eigentlich sah er doch nicht so aus. Nun, wenn er nichts von sich preisgab, spekulierte sie eben. Er musterte inzwischen auch sie und schätzte sie ein. Sie schien in Ordnung. Leicht unzufrieden mit dem Leben hier, eigentlich offen für Neues, wurde aber vermutlich darin gebremst. Er spürte eine versteckte erotische Ausstrahlung, ein anderes Ich … wie eingeschlafen. 'Soll ich dich wecken?', dachte er, merkte, dass ihr unbehaglich wurde, und genoss es. Wir haben keine Sehenswürdigkeiten. Hartnäckig war sie mit ihren forschenden grauen Augen. Im dunklen, ordentlich gekämmten Haar, hatte sich ein Strähnchen nicht bändigen lassen; ab und zu strich sie es energisch aus dem Gesicht, doch fiel es immer

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