Christmas Eve
Von Angelika Nickel
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Über dieses E-Book
Ihr Weg führt sie in eine verlassene Filmstadt, in der die junge Frau ein Tagebuch findet, das sie kurzentschlossen mit sich nimmt.
Auf Grund eines immer stärker werdenden Schneesturms ist sie gezwungen, ihre Reise zu unterbrechen und sich in einem Haus einzumieten, um das sich die Gerüchte ranken. Einem Haus, in dem das Böse bei Nacht erwacht. Auch wenn sie anfänglich dem Ganzen keinen Glauben schenkt, sieht sich Laura von heute auf morgen der Gefahr ausgesetzt, die es zu besiegen gilt, will sie überleben. Zusammen mit einigen Bewohnern von Lonesomevillage nimmt sie den Kampf gegen das Böse auf; und das, kurz vor Christmas Eve. Christmas Eve, der Tag, an dem sich alles entscheiden soll.
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Buchvorschau
Christmas Eve - Angelika Nickel
1 Abschied
Der Schneesturm wurde immer heftiger.
Laura Mac Allister zog den Schal fester um ihren Hals, stellte den Mantelkragen hoch, und sah sich noch einmal um.
„Bye, Frank. Ich werde dich nie vergessen", flüsterte sie, mit einem letzten Blick auf Franks Grab.
Frank, der vor drei Monaten noch lachend neben ihr gesessen, zusammen mit ihr gemeinsame Pläne geschmiedet hatte.
Frank, der zur falschen Zeit am falschen Platz war. Frank, der in die Schusslinie zwischen Täter und Polizei geraten war, am Tag des Banküberfalls in der kleinen Filiale der Golden Four Bank. Frank, der dabei von der Kugel des Bankräubers tödlich getroffen worden war.
Frank, Lauras Verlobter, ohne den sie sich ein Leben gar nicht hatte vorstellen können. Frank, den sie seit ihren Kindertagen gekannt, mit dem sie bereits im Sandkasten gespielt hatte, gemeinsam zur Schule gegangen war, und bis vor Kurzem auch gemeinsam studiert gehabt hatte.
Anwälte hatten sie werden, gemeinsam eine Anwaltskanzlei eröffnen wollen. Frank, dessen Ziel es gewesen war, ein neuzeitlicher Robin Hood zu sein. Dessen erstrebtes Ziel es war, Unschuldige solange zu verteidigen, bis ihre Unschuld auch erwiesen war.
Laura wischte die Tränen ab. Sie durfte sich nicht in gestorbene Träume fallen lassen, sie musste ihr Leben neu in den Griff bekommen. An der Uni hatte sie sich eine Auszeit von einem Jahr genommen, zum Leidwesen von Professor Andergast, der in Laura eine angehende Staranwältin, mit glänzender Karriere sah.
Laura fegte den Schnee von ihrem Jeep Chrysler und fuhr nach Hause.
Kaum dass sie die Tür öffnete, hörte sie auch schon ihre Mutter rufen: „Laura, Liebes, bist du das?"
Noch bevor Laura antworten konnte, kam freudig bellend Vivaldi, ihr elf Monate alter Husky, angesprungen. Vivaldi, den Frank ihr eines Tages mitgebracht hatte. Vivaldi, mit dem sie so viele gemeinsame Ausflüge gemacht hatten, und dem es am besten am Strand von New Hampshire gefiel.
„Laura, du solltest nicht immer zum Friedhof gehen. Das bringt Frank auch nicht mehr zurück." Irma Mac Allister sah ihre Tochter besorgt an.
„Ist schon gut, Mom. Ich komme darüber hinweg. Irgendwie … Eines Tages. Laura sah ihre Mutter mit ihren großen braunen Augen an. „Ich fahre gleich.
„Hast du dir das auch ganz genau überlegt? Laura, du bist erst fünfundzwanzig, du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Und die Uni, warum …"
„Mom, ich habe mein Studium nicht geschmissen. Ich habe mir lediglich ein Jahr Auszeit genommen. Ich muss zur Ruhe kommen. Mein Leben neu sortieren. Alle meine bisherigen Pläne, sie waren alle zusammen mit Frank geplant. Sie wischte die neuaufkommenden Tränen weg. „Nun bin ich alleine. Jetzt muss ich alles neu überdenken, neu ordnen.
„Was gibt es da zu bedenken, Laura? Du wolltest immer studieren, Anwältin werden. Das war dein großer Traum. Hast du das völlig vergessen?"
„Nein, Mom, das habe ich nicht. Und dennoch brauche ich jetzt Zeit, einfach nur für mich. Sie strich Vivaldi übers Fell. „Wärst du bitte so gut und würdest in meiner Wohnung nach dem Rechten sehen? Und die Pflanzen gießen.
„Sicher, aber … Laura, überleg‘ es dir doch noch einmal. Du weißt, in diesem Haus ist immer ein Zimmer für dich frei."
„Ja, ich weiß. Danke, Mom." Sie ging in die Küche, schenkte sich einen Kaffee ein und setzte sich an den Tisch. Vivaldi folgte ihr, um gleich danach wieder davon zu trotten.
„Vivaldi nehme ich mit, um den brauchst du dich nicht zu kümmern."
„Du nimmst ihn mit? Weißt du überhaupt schon, wohin du willst? Und ob dort Hunde erlaubt sind? Laura, du weißt, nicht jeder erlaubt die Haltung eines Haustiers. Und Vivaldi ist auch nicht gerade als klein und zierlich zu bezeichnen."
„Mom, er ist ein Husky. Huskies sind keine Rasse, die dazu geboren sind, klein und zierlich zu bleiben." Laura stand auf, pfiff Vivaldi zu sich, anschließend verabschiedete sie sich von ihrer Mutter.
„Fährst du noch in deine Wohnung?"
„Nein, ich habe meine Koffer bereits gepackt. Alles schon im Wagen verstaut. Sie umarmte ihre Mutter. „Mach‘ dir keine Sorgen um mich. Ich weiß schon, was ich tue. Außerdem bin ich nicht allein. Ich habe Vivaldi bei mir.
„Laura, es ist bald Weihnachten …"
Laura schüttelte den Kopf. Leise, sagte sie: „Nein, Mom, dieses Weihnachten werde ich alleine verbringen."
„Ruf an, bitte, Laura, versprich mir, dass du anrufst."
„Ja, wenn ich mich danach fühle. Aber vorerst rechne nicht damit. Ich muss einfach zu mir selbst wiederfinden, und dabei muss ich alleine sein. Versteh’ das doch bitte, Mom."
„Ich versuch' ’s. Versprochen."
Laura lächelte ihrer Mutter noch einmal zu, dann verließ sie das elterliche Heim, in dem sie so viele Jahre ihres Lebens verbracht hatte, bis sie sich, zusammen mit Frank, eine große Drei-Zimmer-Wohnung genommen hatte. Eine Wohnung, in der sie an jeder Ecke Franks Nähe zu spüren glaubte. Eine Wohnung, in die sie zurzeit nicht zurück wollte.
Sie öffnete die Hecklade und Vivaldi sprang hinein, gleich danach fuhr sie los, mit unbekanntem Ziel. Sie wollte sich einfach überraschen lassen, wohin ihr Weg sie führen, zu welch‘ neuen Erkenntnissen sie kommen würde.
Irma Mac Allister sah ihr nach, bis sie mit ihrem zitronengelben Jeep an der Straßenecke rechts abbog, und sie ihre Tochter nicht mehr sehen konnte.
„Gott, bitte, pass‘ auf mein Mädchen auf. Mach, dass ihr nichts passiert." Sie war nicht damit einverstanden, dass Laura tat, was sie tat. Doch sie wusste auch, dass es für Laura der einzige Weg war, mit Franks Tod klarzukommen, ihn zu überwinden.
2 Das einsame Haus
Laura pausierte drei Tage in Salem. In einer spärlichen Dorfgaststätte mietete sie sich für diese drei Tage ein Zimmer. Vivaldi war kein weiteres Problem, da der Besitzer der Gaststätte nebenbei noch Hundezüchter war, und es ihn von daher nicht störte, dass sie einen Husky mit auf ihr Zimmer nahm.
„Er darf nur die anderen Gäste nicht belästigen, Mam", erklärte er ihr, doch damit war für ihn das Thema Hund auch bereits erledigt.
Gemeinsam mit Vivaldi durchstreifte sie eine alte Filmstadt, die schon lange nicht mehr fürs Filmen genutzt wurde.
„Wenn ich Sie wäre, würde ich es mir gut überlegen, ob ich die alte Filmstadt besuche. Es gibt Leute, die behaupten, dass es in ihr spuken soll", hatte sie Roger Watt, der Besitzer der Gaststätte, in der sie wohnte, gewarnt, bevor sie sich zu der alten Stadt aufgemacht hatte.
„Ich werde mich vorsehen", hatte Laura geantwortet, und es war ihr sogar gelungen, ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern.
Die Filmstadt lag einsam und verlassen da.
Ein Teil der Stadt sah aus, als wären hier die Western mit John Wayne zustande gekommen, wieder andere erinnerten an Krimikulissen.
Eine der Straßen sah öde und tot aus. Die meisten Häuser waren in sich zusammengefallen. Nur ein Haus stand noch, ganz alleine und einsam am Ende der Straße.
Laura nahm Vivaldi an die Leine und ging auf das Haus zu. Je näher sie kam, desto mehr hatte sie das Gefühl, als würde sie beobachtet. Sie drehte sich um, doch niemand war da. Niemand hinter noch vor ihr. Sie schüttelte den Kopf. „Alles nur Einbildung", sagte sie sich, und ging zielstrebig auf das Haus zu.
Der Vorgarten war verwildert, ein Baum durch einen Blitzschlag zerstört worden, so dass sich seine toten Äste gekrümmt zu Boden neigten.
Laura stieg die Stufen zur Veranda des Hauses hoch. Bei jedem ihrer Schritte knarrte die Holztreppe, als wollte sie jeden Moment unter ihren Füßen zusammenbrechen.
Die Tür war offen und schlug klappernd gegen den Türrahmen. Als Laura das Haus betrat, sah sie nicht, dass sich im Stockwerk darüber, die Gardine bewegte.
Im Haus hing ein muffiger Geruch. Abgestanden. Es roch, wie ein Haus miefte, das schon lange nicht mehr bewohnt war.
Laura sah sich um. Die Diele war groß, der Teppich von den Motten zerfressen.
Sie lief weiter zum Wohnzimmer, sah hinein. An der einen Wand stand eine alte Standuhr. Laura lächelte. Sie stellte sich vor, wie es gewesen sein musste, als die Uhr noch zu jeder Stunde ihren lauten Glockenschlag hatte ertönen lassen.
Sie lief die Treppe zum nächsten Stockwerk hoch. Wieder knarrten die Stufen unter ihren Schritten.
Eine Tür schlug laut zu. Laura erschrak. Sie verlangsamte ihren Schritt. Am Ende der Treppe angekommen, sah sie sich um. Am Flurende stand ein Fenster offen und kalter, eisiger Wind drang herein.
„Da haben wir den Grund fürs Türzuschlagen, sagte sie erleichtert zu Vivaldi. „Wie konnte ich nur auf den Gedanken kommen, dass, außer uns beiden, hier noch jemand ist.
Sie ging auf die Tür zu, die sich ihr am nächsten befand. Langsam öffnete sie sie. Feiner Geruch nach Wäschestärke erfüllte den Raum. Das Zimmer sah aus, als wäre es gerade gesäubert worden. Kein Staubkörnchen war zu sehen.
Auf einem kleinen runden Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch. Laura lief darauf zu. Die aufgeschlagene Seite war handbeschrieben. Eine steile Schrift, die auf einen erfolgsorientierten Menschen schließen ließ, füllte die Seiten aus. Laura blätterte darin. Nirgends stand ein Name des Verfassers. Laura war sich nicht sicher, ob es sich bei dem Buch um ein Tagebuch oder ein handgeschriebenes Manuskript handelte. Kurzentschlossen steckte sie es in ihre Tasche. Sie war sich sicher, dass niemand das Buch jemals vermissen würde.
Danach verließ sie das Haus wieder. Auch dieses Mal sah sie nicht, wie im oberen Stockwerk, in dem Zimmer, in welchem das Buch gelegen hatte, sich die Gardine aufs Neue bewegte.
„Jetzt endlich bekomme ich die Möglichkeit …", stöhnte eine geisterhafte Stimme, in der Erleichterung mitschwang.
Augen, die Laura nicht sah, und ihr dennoch erneut das Gefühl gaben, beobachtet zu werden, sahen ihr zu, wie sie davonlief, durch all die Straßen, bis hin zu ihrem Wagen. Beobachteten, wie sie das Buch in ihren Jeep legte, um gleich darauf mit ihm davonzufahren.
Augen, die so weit sehen konnten, sehr viel weiter als das menschliche Auge in der Lage war.
3 Schneegestöber
Der Sturm wurde heftiger und heftiger, und Laura wusste, nicht mehr lange und sie wäre gezwungen anzuhalten und eine Übernachtungsmöglichkeit für sich und Vivaldi zu suchen.
Als sie, trotz hochtourig kreisenden Scheibenwischern, kaum noch etwas sah, hielt sie am Straßenrand an. Sie stieg aus, hatte dabei allerdings große Mühe, die Tür zu öffnen. Schneeflocken trieben ihr in die Augen, fielen auf ihre Jacke. Suchend sah sie sich um. In der Mitte der Straße blinkte ein rotes Transparent, dessen Buchstaben zum Teil ausgefallen waren. Zusammen mit Vivaldi lief sie darauf zu. Sie öffnete kurz entschlossen die Tür und ging hinein.
Eine ältere Frau kam ihr entgegen. Als sie Laura sah, schlug sie die Hände zusammen. „Mein Gott, was treibt Sie denn hierher? Und, sie schluckte, „diese Ähnlichkeit …
„Wie bitte?", fragte Laura und blickte verwundert zu der alten Frau hin.
„Nichts. Es ist nichts. Nehmen Sie es meiner Frau nicht übel. Sie glaubt immer wieder, Menschen zu sehen, die ihr vor langer Zeit einmal, begegnet sind. Der ältere Mann, der ebenfalls den Laden betreten hatte, legte der Frau den Arm um die Schultern. „Wahrscheinlich erinnern Sie sie an jemanden. Es ist ein Teil ihrer Krankheit. Unheilbar.
„Oh. Das tut mir leid", antwortete Laura.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?, fragte er, während er nochmals zur Tür lief, sie öffnete und hinaussah. „Sie sollten nicht mehr allzu lange unterwegs sein; der Sturm wird immer heftiger. In den Nachrichten haben sie sogar schon davon gesprochen, dass es sein kann, dass heute Nacht der Strom ausfällt.
Er sah sie mit betrübtem Blick an.
„Bloß nicht. So viele Kerzen habe ich gar nicht, wie ich dann bräuchte", erschrak sich die alte Frau, und schaute sich, wie suchend, im Laden um.
„Deswegen bin ich hier. Ich muss für heute Nacht für mich und meinen Hund eine Übernachtungsmöglichkeit finden. Der Sturm ist in der letzten Stunde immer schlimmer geworden, der viele Schnee, so dass die Straßen schon fast nicht mehr passierbar sind." Laura streifte die Handschuhe ab, während sie fragend zu dem Mann hinblickte.
Stirnrunzelnd warf er nochmals einen Blick hinaus auf die Straße, sah den dahinfegenden Schneesturm, und nickte. „Ja, allerhöchste Eisenbahn, dass Sie von der Straße runterkommen. Sein Blick war auf sie gerichtet. „Nun, Zimmer habe ich keine. Seit meine Frau krank ist, seit der Zeit vermieten wir nicht mehr. Das Einzige, was ich Ihnen anbieten kann, ist das einsame Haus am Villageende. Nur, ich sage Ihnen gleich, es ist lange nicht mehr bewohnt worden, von daher, Sie müssten bestimmt erst einmal sauber machen, lüften und all das.
„Das stört mich nicht weiter. Verfügt das Haus auch über Strom?"
„Es verfügt über alles, was man braucht." Er ging und holte den Schlüssel für das Haus. … und über vieles mehr, dachte er, und betrachtete Laura dabei nachdenklich.
„Was soll es kosten?", erkundigte Laura sich.
Er winkte ab. „Machen Sie sich darüber vorerst keine Sorgen. Wichtig ist, dass Sie, während der Zeit dieses höllischen Schneetreibens, sicher unter sind."
Er händigte Laura den Schlüssel aus, und Laura fuhr im Schritttempo, an die von ihm beschriebene Stelle. Dabei sah sie die bunten Lichter, die hinter einigen Fenstern brannten und Weihnachten ankündigten.
Sie parkte ihr Auto vor dem Haus, dessen Fassade sie kaum noch sehen konnte, dermaßen hatte der Schneesturm an Kraft zugenommen, geradeso, als wollte er, dass sie nicht weiter als bis zu diesem Haus gelangte.
Sie holte eilig ihren Koffer aus dem Wagen, und kämpfte, zusammen mit Vivaldi, gegen den Schneesturm an, um die wenigen Stufen zum Haus hochzugehen.
Entgegen den Vorwarnungen des alten Mannes, roch es in dem alten Haus weder abgestanden noch muffig. Eher so, als wäre jeden Tag jemand zum Lüften gekommen.
Lauras Finger suchten im Dunkeln nach dem Lichtschalter. Es flackerte kurz, gleich danach war die Diele in ein spärliches Licht gehüllt. Doch Laura reichte es, um etwas zu sehen.
Gemeinsam mit ihrem Husky ging sie durchs ganze Haus, machte überall Licht an, und sah sich um.
In der oberen Etage gab es ein Schlafzimmer; sie vermutete, dass es einst, als Gästezimmer genutzt worden war. Dennoch war es nichts weiter, als einfach nur eine Ahnung von ihr.
In diesem Zimmer wollte sie die Nacht verbringen. Morgen, bei Tage, würde sie sich dann endgültig für eins der Zimmer entscheiden.
Laura zog die Schultern zusammen. Ihr war kalt. Sie suchte die Tür zum Keller und entfachte das Kellerlicht. Anschließend stieg sie die Stufen hinunter, um auch noch die Heizung in Betrieb zu setzen.
Der Keller roch modrig, der Boden war wie von Ruß übersät. Doch Laura brauchte nicht lange, und sie fand, was sie suchte. Nach einigen Versuchen sprang der Heizkessel an. Er dröhnte und rumorte, als wollte er seiner neuerlichen Inbetriebnahme, widersprechen.
Laura verließ den Keller wieder, schloss die Kellertür hinter sich und suchte gleich darauf, die Küche auf. Sie öffnete den Kühlschrank, der ebenfalls wie frisch gesäubert roch. Wer immer hier als Letzter gewohnt haben mochte, es musste ein reinlicher Mensch gewesen sein, denn nichts wies auf ein länger leergestandenes Haus hin, eher so, als hätte der Bewohner das Haus gerade erst verlassen.
Sie nahm die Packung Eier und den Toast, die ihr der Ladenbesitzer mitgegeben hatte, suchte den Toaster in der Vorratskammer und buk für sich und Vivaldi Rühreier mit Speck auf Toast. Dazu trank sie Instantkaffee, den sie ebenfalls von dem alten Mann bekommen hatte.
Nach dem Essen räumte sie das Geschirr in die Spülmaschine, zog sich ihren dickgefütterten Mantel über und wagte sich noch einmal, mit Vivaldi einige Schritte vors Haus zu tun.
Der Schneesturm war unterdessen noch heftiger geworden, so dass Laura immer wieder die Augen schließen musste, wollte sie nicht, dass ihr die dicken Schneeflocken in die Augen stoben.
Den Blick aufs Haus gerichtet, strahlte es einladende Wärme und Gemütlichkeit aus, in dieser bitterkalten Dezembernacht.
Laura nahm sich vor, unabhängig davon, ob der Schneesturm noch länger anhalten würde, einige Tage, bis Weihnachten, das Haus anzumieten, und hier Heiligabend zu verbringen. Sie würde gleich morgen die Straße zurücklaufen, und sehen, dass sie in einem der Geschäfte weihnachtliche Dekoration kaufte, um die Tage ihres Hier seins so angenehm als möglich zu machen. Auch wenn sie über Franks Tod hinwegkommen musste, so liebte Laura Weihnachten, und wollte sich den Geist der Weihnacht erhalten, auch wenn der Verlust um Frank, ihr das diesjährige Weihnachten sehr schmerzlich sein lassen würde.
Laura ging mit Vivaldi zurück ins Haus. Sie schloss die Tür hinter sich, legte den Riegel vor, und lief mit Vivaldi nach oben.
Gemächlich packte sie ihren Koffer aus. Danach holte sie das Buch, das sie aus der Filmstadt mitgenommen hatte, aus der Tasche und legte es auf den Nachttisch. Anschließend ging sie ins Bad und wusch sich mit kaltem Wasser, da die Heizung noch nicht lange genug in Betrieb war, um das Wasser erhitzt zu haben.
Unterdessen müde geworden, legte sie sich schlafen. Als sie die Augen schloss, sah sie Franks Gesicht vor sich. Lachend, vor Freude strahlend. Es war der Tag, als er ihr Vivaldi mitgebracht hatte. Laura weinte. Sie drehte sich auf den Bauch, vergrub ihr Gesicht im Kissen, das einen feinen Geruch von Jasmin verströmte, und weinte sich in den Schlaf.
So bemerkte sie nicht, dass sich das Buch öffnete, die Seiten umblätterten, und sich ein großer schwarzer Tintenfleck auf einer der Seiten bildete.
4 Der Fleck
Nachts um drei glühte die Heizung auf Hochtouren.
An der Tür bewegte sich der vorgelegte Riegel und öffnete sich lautlos.
In Lauras Zimmer hob Vivaldi den Kopf, sah hoch zu dem Buch und spitzte die Ohren.
Die Buchstaben des Buches pulsierten, die aufgeschlagenen Buchseiten lagen wie in einen Flammennebel gehüllt, da, während sich der schwarze Fleck blutrot verfärbte.
Der Keller war erfüllt von einem Raunen, das an ängstlich wimmernde Stimmen bei stürmischer See, erinnerte. Schatten hoben sich vom rußgeschwärzten Kellerboden ab und zogen zur Treppe hin. Langsam zogen sich die Stufen hoch und schlängelten sich unter dem winzigen Spalt der Kellertür hindurch.
Vivaldi jaulte, lief zur Zimmertür und blieb