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Krumme Type, krumme Type
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eBook408 Seiten5 Stunden

Krumme Type, krumme Type

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Über dieses E-Book

Als die neunzehnjährige Tina Rutherford verschwindet, ist jedem in Chabot, Mississippi klar, wer dafür verantwortlich ist. Denn 25 Jahre zuvor war schon die junge Cindy Walker nach einem Date mit dem Nachbarssohn Larry Ott spurlos verschwunden. Für das Verbrechen konnte Larry aus Mangel an Beweisen nie verurteilt werden, wurde aber fortan gemieden und lebte in ritualisierter Einsamkeit. Erneut unter Verdacht, ist sein Haus vermehrt Ziel betrunkener Rednecks; er wird angeschossen und der junge schwarze Constable Silas Jones mit den lästigen Ermittlungen betraut – eine gemeinsame Vergangenheit und ein dunkles Geheimnis verbinden ihn mit Larry.

Schon Faulkner wusste, dass sich die Vergangenheit nicht beerdigen lässt, und in Franklins Südstaaten-Roman um Freundschaft, Verrat und Alltagsrassismus brechen alte Wunden auf und offenbaren, dass man, getrieben von Furcht und Feigheit, schlimme Fehler begehen kann.
SpracheDeutsch
HerausgeberPulp Master
Erscheinungsdatum27. Juli 2018
ISBN9783946582038
Krumme Type, krumme Type

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    Buchvorschau

    Krumme Type, krumme Type - Tom Franklin

    21

    Tom Franklin

    Krumme Type, krumme Type

    Für Jeff Franklin

    und

    in liebevollem Gedenken

    an

    Julie Fennelly Trudo

    M – i – Schlangen-s – Schlangen-s – i – Schlangen-s – Schlangen-s – i – hartes b – hartes b - i.

    Wie man Kindern in den Südstaaten beibringt, Mississippi zu buchstabieren

    1

    Die kleine Rutherford wurde seit acht Tagen vermisst, als Larry Ott bei seiner Rückkehr nach Hause feststellte, dass ihn dort ein Monster erwartete.

    In der Nacht zuvor hatte es über weiten Teilen des Süd­ostens gestürmt: in den Nachrichten Sturzfluten, abgeknickte Bäume und Bilder von zerlegten Wohn­­wagen. Larry, einundvierzig und ledig, lebte allein im ländlichen Mississippi, im Haus seiner Eltern, das jetzt sein Haus war, obwohl er es nicht über sich brachte, es so zu sehen. Er benahm sich eher wie ein Kurator, hielt die Zimmer sauber, beantwortete die Post und bezahlte Rechnungen, schaltete abends zu den richtigen Zeiten den Fernseher ein, lächelte mit der Lachkonserve, aß zu dem, was die Sender ihm präsentierten, sein McDonald’s oder Kentucky Fried Chicken und saß dann auf seiner vorderen Veranda, während der Tag sich aus den Bäumen über das Feld verströmte und die Nacht herabsank, immer anders, immer gleich.

    Es war Anfang September. In der Hand einen Becher Kaffee, hatte er an jenem Morgen auf der Veranda ge­standen und schon leicht geschwitzt, während er den gleißenden Vorplatz betrachtete, die schlammige Zu­fahrt, den Stacheldrahtzaun, die aufgeweichte, grüne Wiese dahinter, die auf der anderen Seite, wo der Wald begann, von Disteln, Goldrute, Salbei und Geißblatt über­wuchert war. Bis zu seinem nächsten Nachbarn waren es fast zwei Kilometer und zwei weitere bis zum Laden an der Kreuzung, der schon vor Jahren dichtgemacht hatte.

    Am Rand der Veranda hingen mehrere Farnwedel aus der Traufe, in einem hatte sich das Windspiel seiner Mutter verheddert wie eine achtlos weggeworfene Ma­rionette. Er stellte seinen Kaffee auf dem Geländer ab und löste die schlanken Röhren von den Blättern.

    Hinterm Haus schob er die beiden Flügel des Scheunentors zur Seite, an deren Unterkante je ein Rasenmäherrad angebracht war. Er nahm die schwarz verbrannte Sardinendose vom Auspuff des Traktors, hängte sie an ihren Nagel an der Wand und stieg auf das Fahrzeug. Auf der Metallschale sitzend, trat er mit einem Fuß die Kupplung und mit dem anderen die Bremse, ruckte den Schalthebel des alten Ford in den Leerlauf und drehte den Zündschlüssel. Der Traktor hatte wie alles andere seinem Vater gehört, ein 8N, Kotflügel und gerundete Haube grau lackiert, Motor und Karosserie jedoch feuerwehrrot. Dieser rote Motor sprang nun an, und Larry ließ ihn ein paarmal aufheulen, sodass sich die Luft um seinen Kopf von Abgasschwaden bläute, deren Geruch er angenehm fand. Er stieß rückwärts hinaus, fuhr das Hebewerk hoch und federte auf dem Sitz, während die großen, mit je siebzig Liter Wasser beschwerten Räder des Traktors über das Land rollten. Der Ford walzte durch Unkraut und Wildblumen und ließ Hummeln aufstieben, Schmetterlinge, nasse Gras­­­hüpfer und Libellen, die seine Mutter Teufelsnadel genannt hatte. Der Traktor warf seinen langen Schatten in Richtung des hinteren Zauns, und Larry bog ab und umrundete die Wiese; entlang des Stacheldrahts war der Liguster zurückgeschnitten, die Bäume standen hoch und üppig, das noch im Schatten liegende Südende war taubedeckt und kühl. Von März bis Juli mähte er zweimal im Monat, doch wenn die Herbst-Wildblumen kamen, ließ er sie wachsen. Im September zogen Kolibris durch, umschwirrten den Salbei, den sie offenbar liebten, und verjagten einander von den Blüten.

    Beim Hühnergehege legte er den Rückwärtsgang ein, stieß zurück und senkte dabei die Anhängerkupplung ab. Er warf einen prüfenden Blick in den Himmel und schüttelte den Kopf. Weiter weg drängten sich Wolken über die Bäume, und Regen lag in der Luft. In der Sattelkammer füllte er Futtermittel und Mais in einen Plastikmilchkrug mit verbreiterter Öffnung; von den braunen Pellets und staubigen gelben Körnern stieg ein leicht erdiger Geruch auf. Er fügte noch ein wenig Grieß hinzu, zerkleinerte Kiesel, die den Hühnern beim Verdauen halfen. Das ursprüngliche Gehege, das sein Vater nach Larrys ferner Erinnerung irgendwann als Muttertagsgeschenk gebaut hatte, war knapp sieben Meter breit gewesen und hatte sich die ganze Länge der linken Scheunenwand entlanggezogen, verbunden mit einem Raum im Innern, der zum Stall umfunktioniert worden war. Das neue Gehege war anders. Larry hatte immer gestört, dass die Hühner ihr Leben auf ein und demselben Fleck zubrachten – Staub bei trockenem, Matsch bei nassem Wetter –, zumal die fast fünf Morgen große Wiese um sein Haus nichts als Unkraut hervorbrachte und Ungeziefer anlockte: Wie schade, dass die Hühner nichts davon hatten. Versuchsweise hatte er ein paar frei laufen lassen, in der Hoffnung, dass sie in der Nähe bleiben und die Scheune als Schlafplatz nutzen würden, aber das erste Huhn steuerte den Wald an, schlüpfte unterm Zaun hindurch und ward nie mehr gesehen, und das nächste wurde umgehend Opfer eines Rotluchses. Er ließ sich die Sache durch den Kopf gehen und dachte sich etwas aus. An einem Sommerwochenende baute er einen mannshohen, verschiebbaren Käfig mit offenem Boden und brachte an dessen hinterem Ende einen Satz Rasenmäherräder an. Er baute das Ge­­hege seines Vaters ab und setzte in seines einen Durch­lass, der vor die Außentür des Stalls passte, sodass die Hühner, wenn sie herauskamen, in seinem Käfig landeten. Jeden Morgen verschloss er den Durchlass und zog, sofern das Wetter es zuließ, den Käfig mit dem Traktor auf die Wiese, jedes Mal an eine andere Stelle, sodass die Hühner frisches Futter – Insekten, Pflanzen – bekamen und ihre Exkremente das Gras nicht verdarben, sondern düngten. Den Hühnern jedenfalls gefiel es, und die Dotter ihrer Eier waren inzwischen sehr viel gelber als zuvor und schmeck­ten doppelt so gut.

    Er trat mit dem Futter ins Freie. Über den Bäumen ganz im Norden türmten sich Gewitterwolken wie ein sich blähender Berg, und der Wind frischte bereits so stark auf, dass das Windspiel auf der Veranda sang. Ich lass sie lieber drin, dachte Larry, ging wieder hinein, hob den Holzriegel und betrat den Stall mit seinem Geruch nach Exkrementen und warmem Staub. Er schloss die Tür hinter sich, zu seinen Füßen schwebten Flaumfedern herab. Heute saßen vier von den braunen Hennen mit wachsamem Blick in ihren Sperrholzkisten, tief in Kiefernadelstreu.

    »Guten Morgen, Ladys«, sagte er, drehte den Wasserhahn über dem alten Reifen auf, der längs durchgeschnitten war wie ein halbierter Donut, und schob sich, während Wasser in die Gummirinne einlief, geduckt durch den Durchlass in den Käfig, wie in einem Sog gefolgt von den nicht brütenden Hennen. Vor dem Gehege tuckerte der Traktor im Leerlauf. Larry streute das Futter aus und sah einen Moment lang zu, wie sie es mit roboterhaftem Rucken aufpickten, gackerten, scharrten und zwischen den gefleckten Exkrementen und nassen Federn die Köpfe auf- und ab bewegten. Er kehrte in den Stall zurück, scheuchte die brütenden Hennen aus den Kisten, sammelte die kotbesprenkelten Eier ein und legte sie in einen Korb. »Angenehmen Tag, Ladys«, sagte er im Hinausgehen, drehte den Wasserhahn zu, verriegelte die Tür, hängte den Krug an seinen Nagel. »Wir sehen zu, dass wir morgen rauskommen.«

    Wieder im Haus, schnäuzte er sich die Nase, wusch sich die Hände und rasierte sich vor dem Spiegel des vom Flur abgehenden Badezimmers. Er klopfte den Rasierer am Waschbeckenrand aus; die um den Ausguss verteilten Stoppeln waren eher grau als schwarz, und er wusste, wenn er sich nicht mehr rasieren würde, wäre sein Bart so grau wie der, den sich sein Vater vor dreißig, fünfunddreißig Jahren jedes Mal zur Jagdzeit hatte stehen lassen. Als Kind war Larry pummelig gewesen, doch inzwischen war sein Gesicht hager, sein braunes Haar kurz, aber ungleichmäßig, weil er es selbst schnitt, und das, schon bevor seine Mutter ins River Acres gekommen war, ein Altersheim fernab jedes Flusses, wo man, was Pflegepersonal wie Pflegebedürftige anging, fast nur Schwarze sah. Etwas Besseres wäre ihm lieber gewesen, aber mehr konnte er sich nicht leisten. Er spritzte sich warmes Wasser ins Gesicht und wischte mit einem Waschlappen über sein Konterfei in dem beschlagenen Spiegel.

    Da war er. Ein Mechaniker, aber nur in der Theorie. Er betrieb eine Werkstatt mit zwei Montageplätzen am Highway 11 North, das heruntergekommene weiße Hohlblockgebäude mit grünen Faschen. Er fuhr den roten Ford Pick-up seines Vaters, ein Modell von Anfang der Siebzigerjahre mit einer Laderaumwanne aus Holz, über dreißig Jahre alt, mit nur neunzigtausend Kilometern auf dem Tacho, dem Ori­­gi­­nal-Sechszylindermotor und, von ein paar Windschutzscheiben und Scheinwerfern ab­­gesehen, noch fast allen Teilen, mit denen es aus der Fabrik gekommen war. Der Wagen hatte Trittbretter, und auf der Ladefläche befand sich ein Werkzeugkasten mit Larrys Ratschen, Steck- und Schraubenschlüsseln, falls er zu einer Panne gerufen wurde. Vor der Heckscheibe war ein Ge­wehrständer angebracht, auf dem sein Regenschirm lag – seit 9/11 durfte man Schusswaffen nicht mehr offen transportieren. Doch wegen seiner Vergangenheit hatte Larry schon davor keine Waffe besitzen dürfen.

    In seinem Schlafzimmer, in dem sich Taschenbücher stapelten, setzte er die zu seiner Arbeitskluft gehörende Mütze auf, dann schlüpfte er in die grüne Khakihose und in ein dazu passendes Baumwollhemd — zu dieser Jahreszeit kurzärmelig — mit dem Schriftzug LARRY in einem Oval auf der Brusttasche. Er trug schwarze Ar­beitsschuhe mit Stahlkappen, eine Gewohnheit seines Vaters, der ebenfalls Mechaniker gewesen war. Er briet ein halbes Pfund Schinkenspeck, verrührte im Fett die vorhin eingesammelten Eier, öffnete eine Cola und schaute beim Essen die Nachrichten. Die kleine Rutherford wurde immer noch vermisst. Elf Jungs in Bagdad gefallen. Highschool-Footballergebnisse.

    Er trennte sein Handy vom Ladegerät – keine Anrufe­, steckte es in die Hosentasche, griff sich den Roman, den er gerade las, schloss die Tür hinter sich ab, stieg vorsichtig die nassen Stufen hinunter und ging raschelnd durch das Gras zu seinem Wagen. Er stieg ein, ließ den Motor an, wendete und fuhr los, während bereits Regentropfen auf seiner Windschutzscheibe zerplatzten. Am Ende seiner langen Zufahrt hielt er an seinem Briefkasten, einem ramponierten schwarzen Gehäuse, das schief auf seinem Pfosten saß und dessen Klappe und rotes Fähnchen schon vor langer Zeit abgerissen worden waren. Er kurbelte das Fenster herunter und griff hinein. Ein Päckchen. Er zog es heraus: von einem seiner Buchclubs. Mehrere Kataloge. Die Telefonrechnung. Er legte die Post neben sich auf den Beifahrersitz, schaltete auf Drive und bog auf den Highway ein. Bald würde er bei seiner Werkstatt sein, das Tor hochkurbeln, den Mülleimer hinausbringen, die großen Hintertüren öffnen und den Ventilator so aufstellen, dass die Luft zirkulierte. Einen Moment lang würde er vorn bei den Zapfsäulen stehen, nach Autos Ausschau halten und hoffen, dass vielleicht einer der Mexikaner von dem Motel gegenüber seine Bremsen oder sonst was nachsehen lassen wollte. Dann würde er ins Büro gehen, einen Keil unter die Tür schieben, damit sie offen blieb, das GESCHLOSSEN-Schild auf OFFEN drehen, sich aus dem Automaten in der Ecke eine Cola holen und am Flaschenöffner den Deckel abhebeln. Er würde sich hinter seinen Schreibtisch setzen, von wo er durchs Fenster die Straße – ein oder zwei Autos alle halbe Stunde – sehen konnte. Er würde die unterste Schublade auf der linken Seite herausziehen, die Füße darauf stützen, das Päckchen aufreißen und nachsehen, welche Bücher des Monats man ihm geschickt hatte.

    Doch zwei Stunden später war er auf dem Weg zurück nach Hause. Er hatte einen Anruf auf dem Handy be­kommen. Ihr gehe es gut, hatte seine Mutter zu ihm gesagt, und ob er ihr wohl Mittagessen bringen könne.

    »Ja, Ma’am«, hatte er gesagt.

    Außer dem Mittagessen wollte er auch noch ein Fotoalbum holen – eine der Pflegerinnen, die nette, hatte ihm gesagt, das helfe dem Gedächtnis seiner Mutter auf die Sprünge, und sie sei dann öfter und länger, bei sich. Wenn er sich beeilte, konnte er das Album holen, beim Kentucky Fried Chicken vorbeifahren und vor Mittag dort sein.

    Er fuhr schnell, was unklug von ihm war. Die örtliche Polizei kannte seinen Wagen und behielt ihn, Larry, ge­nau im Auge, stand häufig in der Nähe der Eisenbahngleise, wo er täglich vorbeikam. Er bekam nur wenig Besuch, sah man von den Teenagern ab, die mitten in der Nacht eine lärmende Runde vor seinem Haus drehten, johlten und Bierflaschen oder Böller warfen. Und natürlich Wallace Stringfellow, der sein einziger Freund war. Was ihm aber jedes Mal, so wie gestern, an die Nieren ging, waren die gelegentlichen Besuche von Roy French, dem Chefermittler des Gerald County, wenn er mit einem Durchsuchungsbefehl kam. »Sie verstehen das sicher«, sagte French jedes Mal und tippte ihm mit dem Papier gegen die Brust. »Ich muss jede Möglichkeit untersuchen. Sie sind nun mal eine Person von Interesse, wie wir das nennen.« Dann nickte Larry, trat zur Seite, ohne den Durchsuchungsbefehl zu lesen, ließ French herein und setzte sich auf die vordere Veranda, während French die Schubladen in den Zimmern, die Wäschekammer neben der Küche, Schränke und den Dachboden durchwühlte, auf Händen und Knien mit der Taschen­lampe unters Haus leuchtete, sich in der Scheune umsah und die Hühner erschreckte. »Sie verstehen das sicher«, wiederholte French normalerweise, wenn er ging.

    Und Larry verstand es durchaus. Wenn er seine Tochter vermissen würde, käme er auch hierher. Er würde überall hingehen. Das Schlimmste musste das Warten sein, ohne dass man etwas tun konnte, während die Kleine im Wald umherirrte oder gefesselt in irgendeinem Wandschrank steckte, mit ihrem eigenen roten BH an der Stange aufgehängt.

    Klar verstand er das.

    Er hielt vor der Veranda, stieg aus und ließ die Wagentür offen. Er schnallte sich nie an; seine Leute hatten das auch nie getan. Er eilte die Stufen hinauf, öffnete das Fliegengitter und hielt es mit dem Fuß offen, während er seinen Schlüssel hervorkramte, aufschloss, ins Zimmer trat und eine offene Schuhschachtel auf dem Tisch be­merkte.

    Ihm wurde kalt um die Brust. Er drehte sich um und sah das Gesicht des Monsters, erkannte es sofort als die Maske, die er seit seiner Kindheit besaß und die seine Mutter gehasst und sein Vater lächerlich gemacht hatte, einen grauen Zombie mit blutigen Scharten, struppigen Haarbüscheln und einem Plastikauge, das an roten Fäden baumelte. Im Gegensatz zu der Person, die sie jetzt trug, hatte French die in Larrys Schrank versteckte Maske nie gefunden.

    Larry sagte: »Was – «

    Der Mann mit der Maske fiel ihm mit hoher Stimme ins Wort. »Jeder weiß, was du getan hast.« Er hob einen Revolver.

    Larry streckte die Hände zur Seite, während der Mann hinter dem Revolver auf ihn zukam. »Moment«, sagte er.

    Aber er kam gar nicht dazu abzustreiten, dass er vergangene Woche die kleine Rutherford oder vor fünfundzwanzig Jahren Cindy Walker entführt hatte, weil der Mann näher trat und ihm den Lauf in die Brust rammte, sodass Larry einen Moment lang Menschenaugen im Gesicht des Monsters sah, etwas Vertrautes darin er­kannte. Dann hörte er den Schuss.

    Als er die Augen öffnete, lag er auf dem Boden und schaute zur Zimmerdecke. Ihm dröhnten die Ohren. Unter dem Hemd zitterte sein Bauch, und er hatte sich auf die Lippe gebissen. Er drehte den Kopf, und das Monster, das jetzt kleiner aussah als vorhin, lehnte, nach Atem ringend, an der Wand neben der Tür. Es trug weiße Gartenhandschuhe aus Baumwolle, und beide Hände zitterten, sowohl die mit dem Revolver als auch die andere.

    »Krepier«, krächzte es.

    Larry spürte keine Schmerzen, nur Blut, das Herz, das so schnell schlug, dass es immer mehr herauspresste, hellrotes Lungenblut, das er riechen konnte. Irgendetwas brannte. Er konnte den linken Arm nicht bewegen, fasste sich daher mit der rechten Hand an die Brust, die sich hob und senkte, während ihm Blut zwischen den Fingern hindurchquoll und unter dem Hemd an den Rippen hinunterlief. Er schmeckte Kupfer auf der Zun­ge. Er fror, war müde und hatte großen Durst. Er dachte an seine Mutter. Seinen Vater. An Cindy Walker, wie sie im Wald stand.

    Der Mann an der Wand war in die Hocke gegangen und beobachtete ihn durch die Maske, in deren Augenlöchern Augen schimmerten, und Larry empfand eine seltsame Nachsicht mit ihm, weil alle Monster missverstanden wurden. Der Mann nahm den Revolver von der linken in die rechte Hand, berührte die Maske, als hätte er vergessen, dass er sie trug, und hinterließ einen neuen roten Fleck, etwas Echtes im Aufgemalten, auf der grauen Wange. Er trug alte, an den Knien zerfranste Bluejeans und über die Schuhe umgeschlagene Socken, und auf seinem Hemdsärmel war ein hellroter Blutspritzer zu sehen.

    Larrys Kopf und Gesicht waren erfüllt von einem lauten Klapperschlangenrasseln, und er hörte sich etwas flüstern, was wie Still klang.

    Der Mann mit der Maske schüttelte den Kopf und nahm den Revolver von der einen in die andere Hand; inzwischen waren beide Handschuhe rot besudelt.

    »Krepier«, sagte er erneut.

    Larry hatte nichts dagegen.

    2

    Er hieß Silas Jones, aber die Leute nannten ihn 32, nach der Nummer seines Baseballtrikots, oder Constable, seinem Beruf. Er war der einzige Gesetzeshüter von Chabot, Mississippi, Einwohnerzahl plus minus fünfhundert, Fahrer des gemeindeeigenen, museumsreifen Jeeps mit selbsthaftender Blinkleuchte, berechtigter Träger der ebenfalls gemeindeeigenen drei Schusswaffen plus Taser sowie Besitzer einer Dienstmarke, die er normalerweise an einer Schnur um den Hals trug. Heute, am Dienstag, lag sie neben ihm auf dem Beifahrersitz, während er auf dem Weg zurück von seiner Nachmittagsstreife war. Auf einer Nebenstrecke, einer Abkürzung in Richtung Stadt, sah er bei einem Blick aus dem Fenster, wie viele Geier mittlerweile am östlichen Himmel kreisten. Es waren Dutzende, dunkle Flecken vor noch dunkleren Wolken, wie Detonationswolken von Flak-Granaten zwischen Bombern auf Fotos aus dem Zweiten Weltkrieg, die er gesehen hatte.

    Er bremste, schaltete herunter, wendete und bog auf einen schmalen, unbefestigten Fahrweg ein. Er hielt nach einem Hund oder Hirsch Ausschau, der von einem Auto oder Quad angefahren worden war, sah aber nur eine Dosenschildkröte, die wie ein nasser Helm auf der Straße lag. Möglicherweise war es irgendwas am Fluss, knapp zwei Kilometer den Hügel hinunter, versteckt zwischen den Bäumen. Er schaltete in den ersten, lenkte den Jeep in den Modder, rutschte und schlidderte über den Fahrweg und fand schließlich die darin eingeschnittenen Furchen. Er überließ die Lenkung sich selbst, bis der Weg im Wald eine Kurve beschrieb, woraufhin er langsam abzubremsen begann. Schließlich hielt er vor einem Aluminiumgatter, an dem ein gelbes Schild mit der Aufschrift ACHTUNG: JAGEN VERBOTEN und der Unterschrift Rutherford Lumber Company befestigt war. In diesem Teil des Countys (und im nächsten) sah man diese Schilder überall – der reichen Familie Rut­herford gehörten das Sägewerk in Chabot sowie Tausende von Morgen Nutzwald. Manchmal durften hohe Tiere, stets Weiße, auf ausgesuchten Flächen Weißwedelhirsche oder Truthähne jagen, aber hier draußen standen hauptsächlich schlagreife Weihrauchkiefern, manche Stämme waren mit orangefarbenen Strichen gekennzeichnet, an andere waren rote Fähnchen getackert.

    Silas stieg aus, und seine Sonnenbrille beschlug. Er nahm sie ab, hakte sie in den Halsausschnitt seines Hemdes, streckte sich, roch die noch regenfeuchte Hitze und lauschte dem Kreischen der Blauhäher, allein am Rand einer Mauer aus Wald, kilometerweit weg von allem. Wenn er wollte, könnte er seine .45er abfeuern und außer ein paar Hirschen und Waschbären würde nichts und niemand auf der Welt etwas hören. Am allerwenigs­ten Tina Rutherford, die neunzehnjährige Studentin, eine Weiße, die er unter der Wolke von Geiern zu finden und zugleich nicht zu finden hoffte. Sie war die Tochter des Sägewerkbesitzers und am Ende des Sommers von zu Hause weggefahren, zurück in den Norden nach Ox­ford, an die Ole Miss, wo sie im ersten Jahr eingeschrieben war. Zwei Tage waren vergangen, ehe ihre Mutter sich Sorgen gemacht und angerufen hatte. Als Tinas Mitbewohnerinnen bestätigten, dass sie nie angekommen war, wurde eine Vermisstenmeldung herausgegeben. Inzwischen hielt jeder Cop im Staat die Augen offen, besonders die in dieser Gegend: Vergesst alles andere und findet das Mädchen.

    An einem Schlüsselbund suchte Silas den Schlüssel mit dem grünen Schildchen heraus, schloss das Gatter auf, öffnete es, fuhr auf die andere Seite, hielt an, machte das Gatter hinter sich zu und schloss ab.

    In den Jeep zurückgekehrt, kurbelte er das Fenster herunter und glitt zwischen immer gleichen Kiefern hindurch, während das hohe Traubenkraut in der Fahrwegmitte über die Haube wischte wie die Bürsten in einer Waschanlage. Wo das Gelände abfiel, hatten die Bäume ihre Stämme entsprechend ausgerichtet, anmutig wie angewinkelte Arme. Während er dahinholperte und -rutschte, hoffte er beinahe, stecken zu bleiben. Da sich viel von seiner Arbeit in seinem ländlichen Zuständigkeitsbereich auf unbefestigten Straßen abspielte, lag er dem Gemeinderat von Chabot ständig mit der Forderung nach einem neuen Bronco in den Ohren. Bekam keinen und musste sich stattdessen mit dieser Schrottkiste begnügen, die in ihrem früheren Leben ein Postauto gewesen war – an der kleinen Heckklappe konnte man immer noch ein verblasstes US POSTAL erkennen.

    Sein Funkgerät knisterte. »Kommst du, 32?«

    Voncille. Wenn Silas die Polizei von Chabot war, dann war sie die Stadtverwaltung.

    »Geht nicht, Miss Voncille«, sagte er. »Will hier erst noch was überprüfen.«

     Sie seufzte. Wenn er nicht da war, musste sie sich die orange Warnweste anziehen und beim Schichtwechsel den Verkehr an der Einfahrt zum Sägewerk regeln.

    »Dafür schuldest du mir was««, sagte sie. »Ich habe mir gerade die Haare machen lassen.«

    Er beendete das Gespräch, klippte sich das Funkgerät an den Gürtel und schüttelte den Kopf beim Gedanken daran, was er seinen guten Lederstiefeln gleich zumuten würde.

    Er verlangsamte auf weniger als zehn Stundenkilometer. Als der Weg am Fuß des Hügels endete, bremste Silas, doch der Wagen bewegte sich weiter, Silas’ ganz persönliche Schlammrutsche. Der Jeep drehte sich von selbst, Silas drehte sich mit und hatte den Wagen bald zum Stehen gebracht. Er nahm seinen Cowboyhut vom Beifahrersitz, stieg aus, schlug die Tür zu, trat zwischen die Bäume und stieg den Hügel hinunter, stemmte die Absätze in den nassen Laubteppich, glitt einmal aus und hielt sich an einer Ranke fest, die einen ganzen Eimer Wasser auf ihn regnen ließ. Schöneres Land hier unten und, weil zum Abholzen zu steil, auch andere Bäume als Kiefern. Die Stämme waren dunkler vom Regen, einige trugen vorspringende Bänder aus Pilzen oder waren in Moosschichten gehüllt. Die Luft wurde kühler, je weiter hinunter er kam, und unten angelangt, wischte er sich über die Schultern und leerte seine Hutkrempe aus, der tropische Hügel lag hinter ihm, sein Duft nach Regen und Würmern, triefende Bäume, die Luft aufgeladen, als hätte gerade der Blitz eingeschlagen, Eichhörnchen, die sich durch Flecken von Himmel katapultierten, und ein Stück weiter der Trommelwirbel eines Spechts, der Schrei einer Rohrdommel.

    Begleitet vom Quarren der Ochsenfrösche im Röhricht, suchte er sich einen Weg entlang des Ufers. Der Cane Creek ist eher so was wie eine Suhle, dachte er. Das brombeerdunkle Wasser rührte sich kaum, bewegt nur von Fröschen, Bläschen vom Flussgrund oder den Geräuschen von Fischen. Zwischen treibenden Blättern und dunklen schwarzen Ästen hatten sich in Einbuchtungen und Biegungen Schnapsflaschen und verblasste Bierdosen samt ihren Spiegelbildern gesammelt, und er fragte sich, wer zum Teufel den ganzen Weg hierherkam, um alles zu vermüllen. Wieder fächelte er sich das Ge­sicht, wie Spielzeugflieger surrten Insekten zwischen den hohen Ästen umher. Ist vielleicht bloß ein Rotluchs, dachte er. Der zum Sterben zum Fluss gekommen ist. Dieser alte Instinkt: Was sich verletzt hat, strebt zum Wasser.

    Er dachte an seine Mutter, die vor acht Jahren gestorben war. An die Zeit, als sie beide in einer Jagdhütte gewohnt hatten, auf Land, das einem Weißen gehörte. Kein fließendes Wasser, kein Strom, kein Gas. Sie hatten sich noch keine Woche dort niedergelassen, als kurz nach Einbruch der Dunkelheit ein Kater mit nur einem Ohr auf der Veranda erschien, sein Skrotum so groß wie eine Walnuss. Sie scheuchten ihn weg, doch am nächsten Morgen lag er auf der Treppe, eine zuckende Maus im Maul. Mein Gott, sagte seine Mutter, der Kater bewirbt sich um ’nen Job. Sie nahmen ihn auf, und er schmeichelte sich bis ins Bett seiner Mutter, wo er ihr, wie sie sagte, die Füße wärmte. Ein paar Monate später zogen sie aus der Hütte aus, und der Kater kam mit. Er lebte noch jahrelang bei ihnen, doch dann, kurz bevor Silas zu seinem Abschlussjahr nach Oxford ging, verschwand der Kater. Als es Silas auffiel, war der Kater laut seiner Mutter schon fast einen Monat fort.

    »Aber wohin?«

    »Einfach weg, Baby«, sagte sie.

    »Weg?«

    Sie war gerade dabei, im Spülbecken Wäsche zu waschen, trug noch ihr Haarnetz von der Arbeit. »Zum Sterben, Silas«, sagte sie. »Wenn es für ein Tier so weit ist, geht es weg, um zu sterben.«

    Das Unterholz lichtete sich, die Luft wurde heißer und stickiger, und plötzlich hatten die Bäume die Arme auseinandergerissen, sodass ein hoher, weißer Himmel sichtbar wurde, jäh aufschimmernde gefällte Stämme, Ansammlungen dampfender Giftpilze, Mückenwolken, nasse, wie Spiegel funkelnde Blätter und die glühenden Fäden eines Spinnennetzes. Ein Moskito wimmerte an seinem Ohr vorbei, und er klatschte sich auf Arme und Hals, ging, die Stiefel mit feuchten Blättern verklebt, schneller und nahm eine Schärfe in der Luft wahr, dann einen süßlichen Fäulnisgeruch.

    Fünfzig Meter vor ihm begann etwas auf ihn zuzutaumeln. Er blieb stehen und löste den Sicherungsriemen seines Holsters, als sich auch andere Dinge in Bewegung setzten, der Erdboden zum Leben erwachte. Aber das Ding schwenkte ab, flatterte träge in die Luft, bloß ein Geier mit hängenden Füßen, und dann schwangen andere ihre zottigen Leiber übers Wasser oder watschelten die Uferböschung hinauf.

    Der Geruch wurde schlimmer, während er sich der Stelle näherte, wo das feste Land dem Sumpf wich. Weiter unten säumten noch mehr von den Vögeln das Ufer wie Krähen auf Steroiden, ungefiederte Hälse und Köpfe, manche mit roten Gesichtern und Kopfhautlappen wie Hähne, manche von einer schuppigen Klaue auf die andere tretend, manche mit offenem Schnabel.

    Er hoffte, keinen erschießen zu müssen, ging mit quatschendem Geräusch weiter und fächelte sich mit der Hand Luft zu. Er war nun schon zwei Jahre Gesetzeshüter von Chabot und hatte seine Pistole noch nie abgefeuert, außer auf Zielscheiben. Auf dem Schießstand. Nie auf ein lebendes Ziel. Nicht einmal auf eine Schildkröte auf einem gefällten Baumstamm.

    Wieder hob sich einer der unansehnlichen Vögel schwerfällig vom Ufer, zerstörte, als er die Wasseroberfläche streifte, sein eigenes Spiegelbild und flatterte zu dem knorrigen, niedrigen Ast auf, wo er sich, Halt suchend, hin- und herwiegte. Silas erinnerte sich, wie ihm irgendwer – Larry Ott – erzählt hatte, dass ein Baum, den sich ein Schwarm Truthahngeier als Schlafplatz aussuche, zu sterben beginne. Er duckte sich unter einer niedrigen Ranke hindurch, auf der Hut vor Schlangen. Wassermokassins, hatte seine Mutter sie genannt. Fiese Biester, pflegte sie zu sagen. Dick und glänzend wie der Arm eines schwarzen Mannes und ein Maul, so weiß wie die Baumwolle, die er pflückt.

    Silas nahm seinen Hut ab. Weiter weg lagen drei, vier in karierte Stofffetzen gehüllte Klumpen im Wasser, umgeben von einem Panorama aus Zypressen, Kniewurzeln, einer Versammlung schwarzer Truthahngeier und sämtlichen Fliegen, die eine Welt nur brauchen konnte. Ein großer Schatten strich über ihn hinweg und im Aufblicken sah er, teils ganz niedrig, noch mehr Geier kreisen, die, ohne zu kollidieren, durch einander hindurchzufliegen schienen, die Flügel- und Schwanzfedern an den Spitzen von der Sonne versilbert. Sein Mund war trocken.

    Diese frühen Vögel waren schon eine ganze Weile bei der Arbeit, und die Hitze hatte ein Übriges getan. Aus dieser Entfernung und bei diesem Grad von Zersetzung hätte eine Identifizierung eigentlich unmöglich sein müssen. Aber Silas schüttelte den Kopf. Drückte die Taste seines Funkgeräts.

    Es war der karierte Stoff, sollte er später zu French sagen.

    Ein paar Tage zuvor hatte man Silas zu einer abgelegenen Stelle hinter einem erntereifen Baumwollfeld in der Nähe der Dump Road gerufen. Dort brannte ein alter Chevy Impala. Der Fahrer eines vorbeikommenden Müll­wagens hatte Rauch gesehen und es über Funk ge­meldet.

    Silas erkannte den Wagen an den verkohlten Wunschkennzeichen: M&M, Morton Morisettes Spitzname. In der Highschool hatte er neben Silas, dem Shortstop, auf der zweiten Base gespielt. Nach dem Schulabschluss hatte M&M ein Dutzend Jahre im Sägewerk gearbeitet, bis er sich am Rücken verletzte; inzwischen bezog er eine kleine Invalidenrente und verkaufte angeblich ne­benher Gras. Weil er gewieft und vorsichtig war und weil er harte Drogen mied, hatte die Polizei ihn bislang in Ruhe gelassen. Beobachtet, ja: French und der Rauschgiftermittler des Countys schafften es, sämtliche bekannten und mutmaßlichen Dealer im County im Auge zu behalten, aber solange er nicht gewalttätig wurde oder sich jemand über ihn beschwerte oder ihn verpfiff, konnten sie ihm nichts anhaben, und M&M hatte sein Marihuana seit Anfang der Neunziger an vertrauenswürdige schwarze wie weiße Ortsansässige vertickt.

    Was den brennenden Wagen anging, hatte Silas den Chefermittler angerufen – bei allem, was über einfache Körperverletzung hinausging, musste er French verständigen. French war rasch vor Ort, übernahm und hatte binnen vierundzwanzig Stunden eine ältere Frau aufgetrieben, die einen Mann, auf den die Beschreibung eines bekannten Cracksüchtigen passte, mit M&M im Wagen gesehen hatte. French und der Rauschgiftermittler beobachteten diesen Mann – Charles Deacon – schon eine ganze Weile und nutzten die Gelegenheit, um einen Haftbefehl zu erwirken. Doch bis jetzt hatten sie ihn noch nicht gefunden. Genauso wenig wie M&M. Wäh­rend Silas seine Streifenfahrten wieder aufnahm, auf Rutherford-Land nach unbefugten Eindringlingen such­te, Strafzettel ausstellte, den Verkehr regelte und totgefahrene Tiere beseitigte, hatte French M&Ms Haus ­durchsucht und dabei festgestellt, dass dort jemand – vermutlich M&M – angeschossen und dann weggeschafft worden war. Alles war sorgfältig abgewischt worden, aber man hatte dennoch ein paar Blutspritzer gefunden und eine .22er Kugel aus der Wand gestochert, ein Geschoss, das

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